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Der missratene Gelehrte

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Ein Bauer schickte seinen Sohn, der nicht arbeiten wollte und immer sagte, er sei zu etwas Höherem bestimmt, auf die hohe Schule, damit er hier etwas Ordentliches lerne. Allein der Sohn dachte nicht an das Lernen, sondern lebte in einem fort lustig in den Tag hinein. Seinem Vater aber schrieb er immerfort um Geld, und der verkaufte allmählich seine Kühe und verpfändete zuletzt noch Haus und Hof. Endlich kam der teure Sohn von der Schule nach Hause und in ganz vornehmer Kleidung und stellte sich vor seinem Vater so, als habe er das ganze Buch der Weisheit in seinem Haupte. „Kannst du lateinisch, mein Sohn?“ – „Und wie! Vater, freilich!“ Da ward der Alte erst recht stolz, denn er dachte, wer lateinisch verstehe, könne in der ganzen Welt fortkommen und sei ein gemachter Herr. „Komme nur gleich zum Herrn Pfarrer, dass er sieht und hört, wer du bist. Ich habe schon um die Schule für dich angehalten!“ Jetzt wurde es dem Studenten schwül und angst. Er wollte nicht recht. Allein sein Vater ließ ihm keine Ruhe.
Der alte Bauer hatte dem Pfarrer schon viel von seinem gelehrten Sohne gesagt und wie er sein Vermögen auf ihn verwendet. Sie traten ein, und er Alte grüßte und bat, der Herr Pfarrer solle mit seinem Sohne ein wenig gelehrt reden. „Sprichst du lateinisch?“ – „Jeta!“ antwortete der Student und war ganz verlegen, und auf alle Fragen, die der Pfarrer tat, antwortete er immer nur: „Jeta, jeta, jeta!“ – „Lieber Mann!“ sprach darauf der Pfarrer zum Bauern, „Euer Sohn ist so gelehrt – und schüttelte dabei das Haupt – dass wir ihn nicht brauchen können!“ Der Bauer merkte aber, was das sagen solle. Denn er hatte gesehen und gehört, dass sein Sohn eigentlich nichts wisse. Aber er hielt seinen Zorn zurück. Er führte ihn nun zum Herrn Notarius. Dieser solle ihm auch auf den Zahn fühlen und sehen, ob er zum Schreiber tauge: „Kannst du Kontrakte, Schuldscheine, Quittungen und Testamente schreiben?“ fragte der Notarius den Jungen. „Briefe um Geld an meinen Vater kann ich schreiben, die hat man mir oft diktiert, und Testamente schreiben, wozu? Mein Vater hat ja ein gedrucktes!“ Der Notarius wusste nun genug. „Oh, lieber Mann“, sprach er zum Bauern, „ich bedauere sehr, aber Euern Sohn kann ich in der Schreibstube nicht brauchen!“
Der Bauer wurde jetzt fast wütend vor Zorn. Allein er ließ hier nichts merken. Im Heimgehen aber sprach er bei sich:
„Er ist fast zum Haarausraufen. Meine schönen Kühe und mein Vermögen habe ich geopfert und soll jetzt Spott und Schande erleben!“ Als er mit seinem Sohne in den Hof zurückgelangte, lud eben der Knecht Mist auf einen Wagen. Der Bauer nahm einen Stock, hob ihn jetzt drohend gegen seinen Sohn und schrie. „Kerl, jetzt sage mir gleich, wie heißt der Ochs auf lateinisch?“ – „ochsus“, sagte der Sohn und zitterte am ganzen Leibe? „der Rock?“ – „rockus“: „die Gabel?“ – „gablistus“: „der Mist?“ – „mististus“.
„Alsi, tea ochsus, zech aus de rockus en nomm de gablistus en lad af de mististus. Sonst hiewen ich dese stockus en hän dich iwert Krucifixus, dat de kreischt: ach, Härr Jesus!“ Mit dem Rock war auch der Student bald ausgezogen, und von nun an musste der ungeratene Gelehrte im Stalle und im Miste arbeiten, dass es eine Art hatte – und das war recht!

Quelle: (Josef Haltrich)

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