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Der Müller und die Füchsin

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Es gab in einer Zeit einmal einen Müller, der in seiner Mühle saß und den Weizen und die Gerste des Dorfes mahlte und Mehl draus machte. Dieser Müller sieht nun an einem frühen Morgen, als er eben aus dem Bett aufgestanden ist, dass die Säcke mit dem Weizen und der Gerste auf den Boden ausgeschüttet und durcheinandergemischt sind. Da wurde ihm bedrückt zumute, und dann schwor er sich, dass er den, der ihm diesen Streich gespielt hatte, totschlagen wolle.

Das geschah nun drei Tage lang hintereinander. Am vierten Tag schlief er die ganze Nacht nicht, sondern war auf der Lauer, um den Schuldigen zu erwischen. Da kriegt er um die Mitte der Nacht zu sehen, dass eine Füchsin kommt, die vorsichtig in seine Mühle geht und anfängt, den Weizen und die Gerste durcheinander zumischen. Der Müller packt sie, greift nach einem Knüppel und gibt der so viel Schläge, dass er selber dabei müde wurde, sie zu verhauen. Und so setzte er sich wieder hin, um sich etwas auszuruhen.

Die Füchsin aber begann nun, ihn zu bitten: »Schlag mich nicht tot, Müller! Dann will ich auch zum König gehen, um ihm zu sagen, er soll dich zum Mann seiner Tochter machen.«

Tür heraus. »Was gibt’s?« fragt er. Man sagt ihm: »Eine Füchsin ist hier, die dir einen Besuch machen will.« – »Lasst sie hereinkommen!« sagt der König.

Die Füchsin tritt also ein, sie beginnt mit den Verbeugungen. »Was willst du?« fragt sie der König. »Mein König, ich bin gekommen, um dir einen Vorschlag in Heiratssachen zu machen.« Der König, der sich sehr wundert, fragt sie: »Was für einen Heiratsvorschlag denn?« – »Das ist so, mein König! – Es gibt einen Sohn vornehmer Leute, der so reich und so schön ist, dass jeden Tag Beauftragte in Heiratssachen von Töchtern der Vornehmen und von Prinzessinnen aus anderen Ländern zu ihm unterwegs sind und ihn aufsuchen, aber er will kein Jawort geben. Ich, die ich das alles mit ansehe, hab nun gedacht, warum soll den eigentlich eine fremde Königstochter bekommen, warum nicht unsere Königstochter?« – »Und wo ist denn überhaupt dieser Sohn vornehmer Leute?« fragt der König. »Er ist außerhalb deines Königreichs. Seine Reichtümer aber sind größer als die jedes anderen Königs. « – »Und wie könnte ich glauben, dass, was du mir sagst, auch Wahrheit ist?«

Da holte die Füchsin die Schlüssel hervor, die sie auf eine Kette aufgereiht hatte, die zeigt sie und sagt zum Könige: »Das sind die Schlüssel seines Hauses! Ich hab sie bei mir, denn ich bin seine Vertrauensperson.«

Der König überlegte es sich nun. Dann wendet er sich der Füchsin zu und spricht zu ihr: »Also gut! Bring ihn mal her, und dann wollen wir mal sehn. Wenn das Wahrheit ist, was du sagst, werden wir weiter wissen.«

Fort rennt die Füchsin. Sie läuft zu dem Müller und spricht zu ihm: »Schnell, komm: Wir wollen zum Palast gehen, ich will dich verheiraten.«  »Na du dumme Füchsin, sprich doch vernünftig!«  »Ja so ist’s wirklich«, sagt sie darauf zu ihm, »komm mit, so wie du da bist!«

Der wollte nicht recht, er sagt zu ihr, man würde sie alle beide aufhängen. »Komm mit«, erwidert ihm aber die Füchsin, »und hab gar keine Angst!«

Auf dem Wege sagt er dann zu ihr: »Wenn das also stimmen sollte, was du sagst, und ich bekomme die Königstochter, so will ich dich wie meine Mutter behandeln, und wenn du einmal verendest, will ich goldene Totenspeise für dich bereiten. Wie aber könnte ich in diesen Kleidern dorthin gehen?« – »Du«, spricht sie zu ihm, »sollst überhaupt dort nichts sprechen, lass nur mich reden.«

Sie kommen am Palast an. Die Wächter kannten die Füchsin schon und ließen sie daher eintreten. Und kaum hatte sie den König erblickt, so brach sie in Weinen aus. »Mein König! – Ach, was uns zugestoßen ist: das Schiff, mit dem wir gekommen sind, ist untergegangen, und all die guten Dinge, die der Bräutigam für dich und die Braut mitgebracht hatte, gingen verloren. Nur unser Leben haben wir gerettet. Und ein Müller hat dann seine Kleider hergegeben und der Bräutigam sie angezogen und ihm seine überlassen, die durchnässt waren. «

Da weist der König seine Diener gleich an, man solle ihm königliche Kleider geben, dass er sich ankleiden könne. Und da er auch noch schön war, verlor die Königstochter schon den Verstand, als s sie ihn zu sehen bekam. Schließlich wurde also königliche Hochzeit gefeiert, und der Müller ließ sich mit der Füchsin zusammen im Palast nieder.

Als mehrere Monate danach vergangen sind, spricht aber der König: »Jetzt wollen wir doch einmal ins Haus des Schwiegersohnes gehen!« – »Mit Freuden, mein König!« ruft die Füchsin, sie springt nur so herbei. »Wann brechen wir auf?« – »Ich werde meinem Gefolge sagen, es soll sich fertig machen, und dann brechen wir in drei Tagen auf.«

Der Müller hört es, und er sinkt in trübe Grübelei. »Du, Füchsin! Was machen wir Jetzt? Wo soll ich die jetzt hinführen – in die Mühle vielleicht?« – »Lass nur«, sagt sie zu ihm, »damit werd ich schon fertig, so wie ich fertig gekriegt hab, dich mit vierzig vorgetäuschten Schlüsseln zu verheiraten.«

Die drei Tage gingen herum, und sie brachen also auf – der König mit seinem Jungvermählten Schwiegersohn und seiner Tochter und seinem ganzen Gefolge. Die Füchsin lief schon voraus, um ihnen den Weg zu zeigen. Sie waren schon ziemlich weit gegangen und aus seinem Königreich herausgekommen.

Da erblickt die Füchsin mit einem Mal eine unendlich große Wiese, auf der Tausende von Kühen und Schafen weideten. Ganz außer Atem rennt sie zu den Hirten und spricht zu ihnen: »Ach, arme Kerle, ihr tut mir leid! Seht ihr das Heer da unten, das kommt?« „Das sehen wir«, sagen die Hirten ganz erschrocken. »Die kommen her, um euch totzuschlagen – euch genauso wie euren Herrn. Wo ist euer Herr?« – »In seinem Schloss«, erwiderten die Hirten. »Also damit ihr gerettet werdet – ihr tut mir ja leid -, müsst ihr, wenn der _König kommt und euch fragt: >Wem gehört all dieses Vieh?<, sagen: >Deinem Schwiegersohn, König!< und dann tut euch der König nichts Böses an!« – »Nur das brauchen wir zu sagen?« fragen die Hirten. »Ja«, antwortet ihnen die Füchsin, »ich werde auch dabeisein, um es ihnen auch zu sagen. « – »Also – in Ordnung«, sagen darauf die Hirten.

Und als dann der König mit seinem Gefolge herankam, blieben alle stehen und fragten die Füchsin: »Wem gehört dies ganze Vieh?« »Deinem Schwiegersohn, mein König!« – »Deinem Schwiegersohn!« riefen auch die Hirten. »Sehr schön«, sagte der König und ging weiter.

Die Füchsin rannte wieder voran – und erblickt dann ein Feld voller Pferde. Sie geht wieder zu den Männern, die die Pferde hüteten, und sagt ihnen das gleiche. Als der König in die Nähe kommt, fragt er wieder die Leute, und sie antworten wie aus einem Mund: »Deinem Schwiegersohn, König!«

Noch einmal rennt die Füchsin voraus und erblickt eine große Herde Truthennen, und auch dort geschieht das gleiche und ebenso vor den Hühnergehegen.

Und dann erblickt die Füchsin in einer Waldlichtung, in einer Gegend, wie man sie nur erträumt, ein großes Schloss. Sie läuft hin und erblickt einen Drachenmenschen – der schläft mit offenen Augen. Sie weckt ihn, fragt: »Warum liegst du dort?« Da erhebt sich das Menschenungeheuer, erblickt die Füchsin und fragt sie, warum sie ihn geweckt hätte.

»Dreh dich um und guck dir das Heer an, das kommt – ich habe gehört, die sind darauf aus, dich totzuschlagen und bin gekommen, dir zu helfen.« – »Was kann ich da machen?« fragt der Drachenmensch ganz erschrocken. Sie antwortet ihm: »Um dich retten zu können, musst du dich verstecken! « – »Wo?« fragt er sie. »Denen komm ich nicht mehr zuvor.« Die Füchsin zeigt ihm den Brunnen und spricht zu ihm: »Schnell, steig in den Brunnen hinunter, ich mach ihn dann zu. « Das Menschenungeheuer klettert in den Brunnen hinunter, die Füchsin verschließt ihn von oben.

Und dann läuft sie schnell zum König, um ihn ins Schloss seines Schwiegersohns zu führen. Das war so groß, dass von dem ganzen Gefolge jeder sein eigenes Zimmer bekam – abgesehen von den Gemächern mit den Schätzen. Dort verweilten sie ziemlich lange. Und als der König zum Aufbruch rüstete, sagte er seiner Tochter, dass sie die Füchsin „Mutter nennen sollte, denn wäre die nicht gewesen, hätte sie nicht solch einen Mann bekommen – jung, schön und ganz über alle Maßen reich.

Der Müller jagte nun in den Wäldern, die dem Menschendrachen gehört hatten und nun ihm gehörten, denn das im Brunnen verschlossene Menschenungeheuer war vor Wut und Schmerz zerplatzt.

Eines Tages sagt nun die Füchsin zu sich selber: >Ich will doch mal die Verreckte spielen, um zu sehen, ob der wohl die goldene Totenspeise für mich macht!< Als der Müller also eines Tages von der Jagd wiederkommt, sieht er, dass seine Frau verweint ist. »Was hast du?« fragt er sie. »Ach«, sagt sie unter Schluchzen und Schlucken zu ihm, »die Mutter ist gestorben.« Und sie zeigte auf die Füchsin, welche die Verreckte spielte.

Da ruft der Müller: »Pack sie an der Pfote und schmeiß sie zum Fenster raus!«

Das bekommt die Füchsin zu hören. Sie steht wieder auf: »He, he Müller, aber, aber … !« ruft sie, »das also war die goldene Totenspeise, die du für mich machen wolltest? jetzt geh ich zum König, um dem zu sagen, wer du eigentlich bist.«

Da fing der Müller an, ihr nach dem Munde zu reden, damit auch ja seine Frau nicht merkte, dass er kein Sohn vornehmer Leute ist. »Das kommt ja noch in Ordnung«, redet er ihr zu, »wenn du einmal verendest, erricht ich dir ein Grabmal und lasse auch goldene Totenspeise für dich bereiten und auf dein Grabmal lass ich schreiben: >Hier liegt die gerissenste Füchsin der ganzen Welt begraben<.«

Und als die Füchsin dann nach Jahren wirklich verendete, errichtete er ihr wirklich ein Grabmal und ließ auch goldene Totenspeise für sie bereiten.

Und Kinder und wieder Kinder kamen dann,

die Nachbarschaft füllte sich mit ihm.

Quelle:
(Märchen griechischer Inseln)

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