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Der neidische Arzt

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Es war einmal ein Zar, bei dem war ein Arzt; der konnte viel, war aber sehr neidisch und hielt nicht einmal einen Diener, damit niemand von ihm lernen könnte. Es gab aber einen klugen Burschen, der stellte sich stumm, ging in die Welt, sein Glück zu suchen, und kam auch zu dem Arzt. Als der sah, daß der Bursche stumm war, sagte er zu sich selbst: „Ah! das ist ein Diener für mich, und wenn er auch die Kunst lernt, kann er mir doch nicht gleichkommen, da er stumm ist.“ Und so behielt er ihn bei sich.

Der Bursche blieb sieben Jahre bei ihm, und niemand merkte, daß er sprechen konnte. Der Arzt hatte kein Geheimnis vor ihm, so daß er gelehrt wurde wie der Arzt und fast noch mehr.

Der Zar hatte eine Tochter, die schon eine Zeitlang an Kopfschmerzen litt. Da befahl der Zar dem Arzt, alles mögliche zu tun, um sie zu heilen. Der Arzt aber sagte dem Zaren: „Erhabener Zar! ihre Krankheit ist sehr schlimm; es bleibt nur die Hoffnung auf ein Mittel, das man noch versuchen kann; aber das ist schrecklich; sie kann auch daran sterben. Deswegen gib mir eine Schrift, daß du mir nichts Böses tun wirst, wenn – was Gott verhüte – deine Tochter stirbt; dann soll es versucht werden.“ Der Zar fragte nun seine Tochter, die aber sagte: „Mag ich sterben oder gesund werden, ich kann die Schmerzen nicht länger aushalten.“

Der Zar gab dem Arzt die Erlaubnis; der schloß sich mit dem Zaren und der Tochter in ein Zimmer ein und nahm alles mit, was er brauchte, aber den Burschen ließ er nicht zusehen, daß der nicht auch das lerne; denn es war eine sehr seltene Krankheit. Der Bursche aber, der das größte Verlangen hatte, auch das zu lernen, konnte nicht davon abgehen zuzusehen. Er stieg ganz leise auf den Boden und machte dort ein Loch in die Decke, gerade so groß, daß er sehen konnte, was der Arzt machen wird. Der legte die Zarentochter auf einen Tisch, band sie ordentlich fest, daß sie sich nicht rühren konnte, betäubte sie dann, spaltete den Kopf mit einem Schnitt und öffnete ihn an der Stirn. Und was sieht er? Einen Käfer, der sich mit den Füßen im Gehirn festgeklammert hatte. Da nahm er die Zange, um ihn wegzureißen, aber sowie er ihn fassen wollte, ließ sich eine Stimme von der Decke hören: „Um Gottes willen, höre! Zieh den Käfer nicht mit der Zange heraus, sonst wird er das Gehirn zerreißen, und das Mädchen wird sterben. Sondern mach eine Nadel heiß und stich den Käfer von hinten mit der Nadel, dann wird er von selbst die Füße loslassen und abfallen, ohne das Gehirn zu verletzen.“ Der Arzt sah ein, daß es wirklich so besser sei, und tat, wie ihm die Stimme von der Decke anbefahl. Dann schloß er ganz sanft den Kopfspalt wieder zu und verband den Kopf mit den passenden Mitteln. Das Mädchen erwachte und fühlte, daß ihm besser war als vorher. Als sie nun wieder hübsch gesund war, rief der Zar den Arzt und sagte zu ihm: „Was willst du von mir dafür haben, daß du meine Tochter geheilt hast?“ Der Arzt antwortete: „Ich verlange, daß du meinen Lehrling tötest.“

Als der Zar das hörte, wunderte er sich und sagte zu dem Arzt: „Verlange etwas anderes, nur das nicht.“ Aber der Arzt blieb dabei. Der Bursche aber sprach zu dem Zaren: „Erhabener Zar, ich sehe, daß du mir nichts Übles antun willst und Mitleid mit mir hast; aber der Arzt läßt nicht nach, er will, daß ich umkomme. Darum befiehl, daß er selbst mich vergifte, und wenn ich nicht an dem bestimmten Tage sterbe, den er angibt, daß ich dann für ihn ein Gift bereite, und wir sehen, ob er sich davon retten kann wie ich.“ Der Zar willigte ein, einmal, weil er nicht wollte, daß der Bursche umkomme, zum andern, weil er so den besten von ihnen zum Arzt wählen konnte. Also gab er den Befehl, und am nächsten Tage brachte der Arzt das allerschärfste Gift für den Burschen und gab es ihm vor den Augen des Zaren. Der Bursche aber fragte den Arzt: „Wieviel Stunden werde ich noch leben, nachdem ich das Gift getrunken habe?“ Der antwortete: „Sieben Stunden!“ Der Bursche aber, der vorher ein Mittel gegen Vergiftung eingenommen hatte, trank das Gift und ging hinaus. Darauf nach sieben Stunden trat er wieder vor den Zaren frisch und gesund und sprach: „Jetzt ist die Reihe an mir, Gift für meinen Meister zu bereiten, aber ich bitte dich, erhabener Zar, befiehl, daß ein Ausrufer auf dem Markt verkünde, es solle drei Tage und drei Nächte keiner aus dem Hause gehen, solange ich das Gift koche, denn schon von seinem Dampf fallen die Vögel zur Erde.“ Damit gingen er und der Arzt hinaus.

Am vierten Tag erschien er wieder vor dem Zaren, nahm vor dessen Augen ein wenig Wasser, tat es in eine Flasche und versiegelte sie. Dann sagte er zum Zaren, er möge den Arzt rufen lassen. Als der da war, gab er ihm die Flasche zu trinken, und als der Arzt ihn fragte: „Wieviel Stunden werde ich noch leben, wenn ich das ausgetrunken habe?“, antwortete er: „Sowie du die Flasche in die Hand nimmst, wirst du sterben.“ Und wirklich, sobald der Arzt sie ergriff, fiel er tot hin.

Quelle:
(Balkanmärchen aus Bulgarien)

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