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Märchenbasar

Der Prinz, der sein Glück aufs Spiel setzte

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Es gab in einem Land einen König, der hatte einen Sohn, welcher ihn unaufhörlich bat, in die Welt hinausziehen zu dürfen. Letztlich konnte der König ihn nicht mehr zurückhalten, und er gab ihm zum Abschied einen großen Beutel Geld. Nachdem er weit gegangen war, stieß der Prinz, auf ein Wirtshaus, wo er einen anderen Reisenden traf. Sie unterhielten sich, und der Reisende fragte den Prinzen, ob er keine Lust hätte, zu spielen. Einen Augenblick später schon waren sie in das Spiel vertieft. Der Reisende gewann ihm den Beutel Geld ab, und da der Prinz sonst nichts hatte, was er ihm abnehmen könnte, schlug er vor, sie sollten noch einmal spielen, und falls der Prinz gewinnen sollte, würde er ihm den Beutel Geld wieder zurückgeben, und falls der Prinz verlieren sollte, würde er in jenem Haus drei Jahre lang gefangengehalten und müßte ihm drei weitere Jahre als Knecht dienen. Der Prinz ging auf den Vorschlag ein, spielte und verlor. Der Reisende nahm ihn in seine Gewalt, sperrte ihn in einen Verschlag und gab ihm Brot und Wasser eines Tages für drei Jahre.
Der Prinz weinte ob seiner Hitzköpfigkeit. Nach drei Jahren kam man ihn befreien, und er machte sich auf den Weg, um zu dem Haus des Reisenden, der ein König war, zu gelangen, und ihm als Knecht zu dienen. Nachdem er schon weit gegangen war, begegnete er einer Frau, die ein Kind in den Armen trug, das vor Hunger weinte. Der Prinz hatte noch ein Stückchen Brotrinde und einen Krug Wasser bei sich und gab alles der Frau. Zum Dank sagte sie ihm: »Schaut, guter Mann, geht immer geradeaus und wenn Ihr einen wunderbaren Wohlgeruch wahrnehmt, dann seid Ihr an einem Garten angelangt, der am Wege liegt. Geht hinein und versteckt Euch beim Teich. Es werden dann drei Tauben kommen, um zu baden. Nehmt der, die sich als letzte ausziehen wird, das Federkleid weg, und gebt es nicht eher wieder heraus, bis daß sie Euch drei Dinge dafür gibt.« Alles geschah, wie die Frau es gesagt hatte. Er nahm das Federkleid der Taube, und diese gab ihm, um es wiederzuerlangen, einen Ring, ein Halsband und eine Feder, und sie sagte: »Wenn du dich in irgendeiner Bedrängnis siehst und sagst: ‚Die Taube steh‘ mir bei!‘ dann werde ich dir zu Hilfe eilen. Ich bin die Tochter des Königs, dem du dienen wirst, und er hat einen großen Zorn auf deinen Vater, und er hat dir im Spiel alles abgenommen, um dich zugrunde zu richten.« Der Prinz fand sich im Hause des Königs ein, welcher ihm sogleich diesen Befehl gab: »Nimm diesen Weizen, diesen Mais und diese Gerste und säe sie aus, so daß ich morgen Brot aus diesen drei Getreidearten essen kann.« Der Prinz erschrak, aber der König wollte keine Erklärungen hören. Ganz ratlos über sein Leben ging er in sein Zimmer und nahm die Feder zur Hand mit den Worten: »Die Taube steh‘ mir bei!« Die Taube erschien und erfuhr alles. Am nächsten Tag brachte sie ihm die drei Sorten Brot, damit der Prinz sie dem König überbrachte. Als der König seine Befehle befolgt sah, sagte er dem Prinzen: »Nun gut, da du fähig warst, dies auszuführen, tauche nun auf den Meeresgrund und hole von dort den Ring, den meine älteste Tochter da verloren hat.« Der Prinz kehrte in sein Zimmer zurück und rief abermals die Taube, welche auch sogleich kam. »Höre,« sagte sie, »geh morgen zum Strand und nimm eine Schüssel und ein Messer mit, und steige dann in ein Boot.« Er tat wie ihm geheißen. Die Taube setzte sich zu ihm ins Boot, und sie fuhren aufs Meer hinaus. Sie waren schon sehr weit hinaus gefahren, da sagte sie zu ihm, er solle ihr den Kopf abschneiden, so daß kein Tropfen Blut auf den Boden fiel, und sie ins Meer werfen. Er führte alles sorgfältig aus. Nach kurzer Zeit tauchte die Taube mit dem Ring im Schnabel aus dem Meer auf, legte ihn in die Hand des Prinzen und badete in dem Blut, das sich in der Schüssel befand. Sie verwandelte sich in den Kopf einer schönen Jungfrau und verschwand. Der Prinz übergab den Ring dem König, welcher seine Hoffnung getrogen sah, und er gedachte, ihm eine noch größere Prüfung aufzuerlegen: »Heute nachmittag sollst du mein Fohlen ausführen und es zureiten.« Der Prinz ging in sein Zimmer und rief wiederum die Taube, die ihm antwortete: »Sieh, mein Vater will sehen, ob er dich auf irgendeine Weise töten kann. Das Fohlen ist er nämlich selbst, der Sattel ist meine Mutter, meine Schwestern sind die Steigbügel und ich bin der Zügel. Vergiß nicht, einen guten Reitstock mitzunehmen, denn mit einer Tracht Prügel, die du ihnen verabreichst, kannst du dich über dein Los trösten.« Der Prinz bestieg das Fohlen, gerbte ihm das Fell mit Schlägen und ließ ihm eine solche Behandlung zuteil werden, daß er bei seiner Rückkehr, als er dem König melden ging, daß das Fohlen zahm sei, diesen mit Essigpflastern im Bett antraf; die Königin war ganz grün und blau und ihre Töchter waren kreuzlahm geschlagen, nur die Jüngste nicht. In derselben Nacht suchte diese den Prinzen auf und sagte ihm: »Jetzt, wo alle krank sind, haben wir eine gute Gelegenheit, um zu fliehen. Geh in den Pferdestall und sattle das magerste Pferd, das du dort findest.« Der Prinz beging die Dummheit, das kräftigste Pferd zu satteln. Als sie sich auf den Weg machten und sie das dicke Pferd sah, wurde sie sehr verdrießlich, denn dieses Pferd rannte schnell wie der Wind, das magere aber so schnell wie ein Gedanke. Indes begaben sie sich auf die Flucht. Des Nachts brauchte der König seine Tochter, damit sie ihn umdrehte, und er rief nach ihr. Vergebens! Die Königin, die eine gerissene Hexe war, begriff sofort, daß ihre Tochter mit dem Prinz geflohen war, und sie sagte ihrem Mann, er solle flugs aus dem Bett springen und ihnen nachsetzen. Der König erhob sich und stöhnte dabei vor Schmerzen, ging in den Pferdestall und als er das magere Pferd erblickte, war er sich sicher, sie wieder einzufangen. Er saß auf und ritt los. Die Tochter, die die ganze Zeit argwöhnte, daß man sie vermissen könnte, erblickte ihren Vater von weitem und verwandelte das Pferd plötzlich in eine Einsiedelei, sich in eine Heilige und den Prinzen in einen Einsiedler.
Der König kam zu der Kapelle und fragte, ob sie nicht ein Mädchen mit einem Edelmann dort hätte vorbeikommen sehen. Der Einsiedler erhob langsam seine Augen vom Boden und sagte, daß dort nicht eine Menschenseele vorüber gekommen sei. Der König ging mißmutig fort und berichtete seiner Frau, daß er nur eine Einsiedelei mit einer Heiligen und einem Einsiedler gefunden habe. »Aber das waren sie!« rief die Alte enttäuscht. »Hättest du mir einen Fetzen von dem Kleid der Heiligen und ein bißchen Kalk von der Wand zurückgebracht, dann hätte ich sie jetzt hier in meiner Gewalt.« Und sie schickte den Alten wieder mit dem Pferd los, das flinker war als ein Gedanke. Wieder wurde der Alte schon von weitem von seiner Tochter gesehen, und sie machte aus dem Pferd einen Garten, aus sich einen mit Rosen bedeckten Rosenstrauch und aus dem Prinzen einen Gärtner. Es spielte sich wieder das gleiche ab, der Alte ritt nach Haus und die alte Hexe hielt ihm vor: »Wenn du mir eine Rose von diesem Rosenstrauch gebracht hättest, oder eine Handvoll Erde, dann hätte ich sie hier bereits in meiner Gewalt. Aber laß gut sein, denn diesmal komme ich mit.«
Als das Mädchen seine Mutter erblickte, bekam es große Furcht, denn sie wußte von der Macht, die diese hatte, sie hatte kaum die Zeit, um das Pferd in einen tiefen Brunnen zu verwandeln. Sich selbst verwandelte sie in einen Esel und den Prinzen in eine Schildkröte. Die Alte kam zu dem Brunnen und erkannte sie sogleich. Sie fragte ihre Tochter, ob sie keine Reue zeige und ob sie nicht nach Haus zurückkommen wolle, denn sie würde ihr verzeihen. Da sagte der Esel mit dem Schwanze »nein«. Die Alte bat ihren Mann, er möge einen Stiefel in den Brunnen werfen, um damit einen Tropfen Wasser heraufzuholen, denn nur damit hätte sie die Macht, ihre Tochter zu packen. Als der König den mit Wasser gefüllten Stiefel heraufzog, sprang die Schildkröte hinein und vergoß alles Wasser. Mit dem anderen Stiefel geschah dasselbe. Da schleuderte die Königin voller Zorn den Fluch auf die Schildkröte, daß sie die Prinzessin vergessen würde. Sie setzten ihren Weg fort, aber das Mädchen war die ganze Zeit sehr traurig. Und als der Prinz sie nach dem Grund für ihre Traurigkeit fragte, antwortete sie ihm: »Es ist, weil ich die Gewißheit habe, daß du mich vergessen wirst.« Schließlich kamen sie in das Land, in dem der Prinz beheimatet war. Er ließ das Mädchen in einem Wirtshaus zurück und ging seinen Vater um Erlaubnis bitten, ihm seine Braut vorstellen zu dürfen. Doch vor Freude, seine Familie wiederzusehen, vergaß er das Mädchen. Der Vater trug Sorge, seinen Sohn zu verheiraten. Als das Mädchen davon erfuhr, war es sehr bekümmert und rief: »Meine Schwestern stehen mir bei!« Diese erschienen vor ihr und die Älteste sprach: »Sei guten Muts, alles soll gut werden.« Und sie trug der Wirtsfrau auf, in das Zimmer der Schwester zu gehen, wenn irgendein Diener des Königs vorüberkäme, um Geflügel zu kaufen, und ihm drei Tauben zu verkaufen, die sich dort befinden würden. So geschah es, der Diener des Königs kaufte die drei Tauben, und da sie sehr hübsch waren, ging er sie dem Prinzen zeigen. Der Prinz war erstaunt, und als er sie ergreifen wollte, flog eine zum Fenster hoch und sagte: »Wenn Ihr uns anhört, werdet Ihr noch erstaunter sein.« Eine andere Taube flog auf einen Tisch und sagte: »Sprich weiter, sprich weiter, er wird sich schon erinnern.« Die Taube, die ihm in der Hand verblieben war, setzte sich auf seine Schulter und fragte ihn: »Seht, Prinz, ob dieser Ring Euch paßt.« Der Prinz sah, daß er paßte. Danach gab sie ihm ein Halsband, und auch das paßte. Schließlich gab sie ihm die Feder, und erst als der Prinz den Namen der Taube las, erinnerte er sich wieder, und da heiratete er sie.

[Portugal: T. Braga: Contos tradicionaes do povo portuguez]

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