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Der reiche Per Krämer

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Es war einmal ein Mann, den nannten die Leute den reichen Per Krämer, weil er ehedem mit Kram im Lande umhergefahren war und viel Geld verdient hatte, so dass er nun ein reicher Mann geworden war. Dieser reiche Per Krämer hatte eine Tochter, die hielt er so kostbar, dass er alle Freier, die sich um sie bewarben, abwies; denn es schien ihm kein einziger gut genug für sie. Weil es nun so mit allen ging, kamen endlich gar keine mehr, und da nun die Jahre herankamen, befürchtete Per, das Mädchen möchte zuletzt sitzen bleiben. „Es wundert mich“, sprach er zu seiner Frau, „dass gar keine Freier mehr zu unsrer Tochter kommen, die doch so reich ist. Das müsste sonderbar zugehen, wenn sich nicht einer finden sollte, der sie haben will. Denn Geld hat sie, und noch mehr bekommt sie. Ich glaube, ich muss mal zu den Sternguckern reisen und die fragen, wen sie haben soll; denn es kommt hier ja niemand.“ – „Wie können die Sterngucker dir das sagen?“ fragte die Frau. „Oh, das lesen sie alles in den Sternen“, sagte der reiche Per.
Er steckte nun viel Geld zu sich und reiste damit zu den Sternguckern und bat sie, ihm doch den Gefallen zu tun und nach den Sternen zu gucken und ihm dann zu sagen, was seine Tochter für einen Mann haben solle. Die Sterngucker sahen nach den Sternen, aber sie sagten, dass sie nichts sehen könnten. Per bat sie, noch besser hinzusehen und es ihm ja zu sagen. Er wollte ihnen auch viel Geld geben, sagte er. Die Sterngucker sahen nun besser hin, und darauf sagten sie, seine Tochter solle das Müllerkind heiraten, das eben jetzt in der Mühle, die gleich unten bei des reichen Pers Gehöft läge, zur Welt gekommen sei.
Per meinte, es wäre gar zu ungereimt, dass seine Tochter einen zum Mann haben solle, der eben erst zur Welt gekommen sei, und noch dazu einen so geringen Mann. Das sagte er auch zu seiner Frau und fügte hinzu: „Es müsste sonderbar zugehen, wenn sie mir den Buben nicht verkaufen wollten. Alsdann aber wollen wir ihn schon quitt werden.“ – „Ja, das mein ich auch“, sagte die Frau. „Es sind ja nur arme Leute.“ Per Krämer ging nun zur Mühle und fragte die Müllersfrau, ob sie ihm nicht ihren Sohn verkaufen wolle, sie sollte viel Geld dafür haben. Nein, das wollte sie durchaus nicht. „Ich weiß nicht, warum du das nicht willst“, sagte Per Krämer. „Es ist ja nur die liebe Armut bei euch zu Hause, und der Bube, denk ich, wird sie euch nicht leichter machen.“ Aber sie hielt so viel von dem Jungen, dass sie ihn nicht missen wollte. Als darauf der Müller eintrat, sagte Per zu ihm dasselbe und versprach ihm sechshundert Taler für den Buben. Dafür könnten sie sich ein Gehöft kaufen, sagte er, und sie hätten dann nicht mehr nötig, für die Leute zu mahlen und zu hungern, wenn sie kein Mahlwasser hätten. Das deuchte den Müller nicht schlecht, und er sprach mit seiner Frau darüber, und endlich bekam denn der reiche Per den Buben. Die Mutter weinte zwar und gebärdete sich übel. Aber Per tröstete sie und sagte, dass er gut für den Burschen sorgen würde. Nur mussten sie ihm versprechen, niemals nach ihm zu fragen. Denn er wollte ihn weit weg in andre Länder schicken, damit er fremde Sprachen lerne, sagte er. Als Per mit dem Buben nach Hause kam, ließ er einen Kasten verfertigen, den verklebte er inwendig mit Pech, legte den Müllerbuben hinein, drehte den Schlüssel einmal herum und schob dann den Kasten hinaus in den Fluss, so dass er mit dem Strom davon trieb. Nun bin ich mit ihm quitt, dachte Per Krämer.
Als aber der Kasten auf dem Fluss weit weggetrieben war, kam er zuletzt zu dem Wasser einer andern Mühle und geriet ins Mühlrad, so dass die Mühle davon stehen blieb. Der Müller ging hin und wollte zusehen, was die Ursache davon war, und da fand er denn den Kasten und trug ihn ins Haus. „Ich bin doch neugierig, was wohl in diesem Kasten sein mag“, sagte er zu seiner Frau. „Der ist ins Mühlrad geraten und hat mir die Mühle verstopft.“ – „Nun, das können wir bald erfahren“, sagte die Frau, „der Schlüssel steckt ja drin. Mach nur das Schloss auf.“ Als sie nun den Kasten öffneten, lag darin das schönste Kind, das man nur sehen kann, und sie waren beide so erfreut darüber und wollten den Buben als ihr eigenes Kind behalten. Denn selbst hatten sie keine Kinder und waren auch schon in den Jahren, dass sie keine mehr bekommen konnten.
Als nun eine Zeit vergangen war, wunderte Per Krämer sich wieder, dass sich gar keine Freier bei seiner Tochter einfinden wollten, die doch so reich wäre und so viel Geld hätte. Aber es zeigte sich keiner. Und Per reiste darum wieder zu den Sternguckern und bot ihnen Geld über Geld, wenn sie ihm bloß sagen wollten, wen seine Tochter zum Mann haben solle. „Wir haben es dir ja gesagt, dass sieden Müllerbuben haben soll“, antworteten die Sterngucker. „Ja, das ist recht gut“, sagte Per Krämer. „Aber der ist nun gestorben, und wenn ihr mir darum sagen wolltet, wen meine Tochter jetzt zum Mann haben soll, dann wollt ich euch gern zweihundert Taler geben.“ Die Sterngucker sahen nun wieder nach den Sternen, aber da wurden sie ganz zornig und sprachen: „Sie soll gleichwohl den Müllerbuben haben, den du in den Fluss ausgesetzt hast, um ihn zu töten. Denn er lebt und ist in der Mühle da und da.“
Per Krämer gab ihnen die zweihundert Taler und dachte jetzt nur darauf, wie er es, anfangen sollte, um den Müllerbuben loszuwerden. Das erste, was er tat, als er nach Hause kam, war, dass er zur Mühle ging. Da war der Bube schon so groß, dass er eingesegnet war und in der Mühle mithalf, und ein schmucker Bursch war er geworden. „Könntest du mir nicht den Burschen überlassen, du?“ sagte Per Krämer zu dem Müller. „Nein“, antwortete der Müller. „Ich habe ihn als mein eignes Kind erzogen, und er ist so gut in die Art geschlagen, dass ich nun Hilfe und Nutzen von ihm in der Mühle haben kann. Denn selbst werd ich nachgerade schon alt und hinfällig.“ – „Ja, so geht’s mir auch“, sagte Per Krämer. „Und darum wollt ich gern einen haben, den ich zum Handel anlehren könnte. Wenn du ihn mir daher überlassen willst, so will ich dir gern sechshundert Taler geben; dann kannst du dir ein Gehöft kaufen und in deinen alten Tagen ruhig und in Frieden leben.“ Ja, als der Müller das hörte, gab er dem Per Krämer gleich den Burschen.
Nun reisten beide weit umher mit Kram und handelten, bis sie einst zu einem Gehöft kamen, das dicht an einem Walde lag. Von hier aus schickte Per den Burschen nach Hause mit einem Brief an seine Frau – denn wenn man den Richtweg durch den Wald ging, war es nicht so gar weit – und sagte zu ihm, er solle seine Frau von ihm grüßen und ihr sagen, sie solle so bald als möglich tun, was in dem Brief stände. In dem Brief aber stand, sie solle augenblicklich einen Holzstoß errichten und den Müllerburschen darauf verbrennen, und wenn sie das nicht täte, so werde sie selbst lebendig verbrannt. Mit diesem Brief ging der Bursch fort durch den Wald.
Gegen Abend kam er zu einem Hause, tief im Dickicht, und da ging er hinein. Doch in dem Hause war kein Mensch zu sehen noch zu hören. In einem der Zimmer aber fand der Bursch ein gemachtes Bett, und auf das legte er sich quer hin. Den Brief hatte er an seinem Hut befestigt, und der Hut lag auf seinem Gesicht. Als die Räuber nach Hause kamen – denn das Haus gehörte zwölf Räubern – und den Burschen auf dem Bett liegen sahen, waren sie neugierig, was das für einer wäre, und einer von ihnen nahm den Brief, brach ihn auf und las ihn. „Haha!“ sagte er. „Der ist von dem Per Krämer. Aber nun wollen wir ihm einen Streich spielen. Denn es wäre doch jammer und schade, wenn das alte Weibsstück einen so jungen wackern Burschen ums Leben bringen sollte.“ Sie schrieben nun einen andern Brief an Per Krämers Frau und befestigten ihn an dem Hut, während der Bursch schlief, und in dem Brief hatten sie geschrieben, die Frau solle den Müllerburschen mit der Tochter verheiraten, und es solle augenblicklich die Hochzeit gehalten werden. Und dann solle sie ihnen Pferde und Vieh und Hausgerät geben und sie völlig auf dem Gehöft einrichten, das unten am Berg läge. Und sofern das nicht alles geschehen sei, wenn Per Krämer nach Hause käme, sollt’s ihr schlecht gehen.
Den andern Tag reiste der Bursch weiter, und als er auf Pers Gehöft ankam, übergab er der Frau den Brief und sagte, er solle grüßen von Per Krämer, ihrem Mann, und sagen, sie möchte doch so bald als möglich tun, was in dem Brief stände.
Als die Frau den Brief gelesen hatte, sagte sie zu dem Burschen: „Du musst dich gut aufgeführt haben, dass Per mir einen solchen Brief schreibt. Denn als er abreiste, war er so böse auf dich, dass er nicht wusste, wie er dich ums Leben bringen sollte.“ Sie machte nun sogleich Anstalten zur Hochzeit und gab den jungen Leuten Pferde und Vieh und allerlei Hausgerät und richtete sie vollständig ein auf dem Gehöft unten am Berg. Nicht lange danach kam Per Krämer nach Hause, und das erste, wonach er sich bei seiner Frau erkundigte, war, ob sie getan hätte, wie er in dem Brief geschrieben. „Ja, das, deucht mir, war auch nett!“ sagte sie. „Aber ich durfte ja nicht anders.“ Nun fragte Per, wo denn die Tochter sei. „I nun, das kannst du dir ja wohl denken“, sagte die Frau. „Sie ist bei ihm auf dem Gehöft unten am Berg, so wie in dem Brief stand.“ Als Per nun die ganze Geschichte erfuhr und den Brief sah, ward er so zornig, dass er aus der Haut fahren wollte, und lief sogleich auf das Gehöft zu den jungen Leuten. „Meine Tochter hast du zwar bekommen“, sagte er zu dem Müllerburschen. „Aber wenn du denkst, sie zu behalten, so musst du erst zu dem Drachen von Dübenfahrt und mir drei Federn aus seinem Schwanz holen.“ Denn wer die hatte, konnte alles bekommen, was er sich wünschte. „Wo soll ich aber den Drachen von Dübenfahrt finden?“ fragte der Schwiegersohn. „Das weiß ich nicht“, sagte Per Krämer. „Das mag deine Sorge sein.“
Der Bursch begab sich nun getrost auf den Weg, und als er eine Zeitlang gewandert war, kam er zu einem Königsschloß. Hier will ich einkehren und vortragen, dachte er. Denn solche Leute wissen besser in der Welt Bescheid als unsereiner, vielleicht, dass ich hier den Weg erfahre. Gedacht, getan. Der König fragte ihn, wo er her sei und in welchem Geschäft er reise. „Oh, ich soll zu dem Drachen von Dübenfahrt und drei Federn aus seinem Schwanz holen“, sagte der Bursch. „Dazu will’s viel Glück“, sagte der König, „denn ich habe noch nie gehört, dass einer von solcher Reise zurückgekehrt ist. Wenn du ihn aber antriffst, so kannst du ihn von mir grüßen und ihn fragen, woher es kommt, dass ich niemals reines Wasser in meinem Brunnen habe; ich hab ihn schon so oft säubern und ausmuddern lassen, aber nie kann ich reines Wasser bekommen.“ – „Ja, ich will ihn wohl fragen“, sagte der Bursch. Auf dem Schloss ließ er sich’s wohl sein und bekam noch dazu Lebensmittel und Geld auf den Weg.
Gegen Abend kam der Bursch zu einem andern Königsschloß. Als er in die Küche eintrat, kam der König heraus und fragte ihn, wo er her sei und in welchem Geschäft er reise. „Oh, ich soll zu dem Drachen von Dübenfahrt und drei Federn aus seinem Schwanz holen“, sagte der Bursch. „Dazu will’s viel Glück“, sagte der König; „denn ich habe noch nie gehört, dass einer von daher zurückgekehrt ist. Wenn du aber zu ihm kommst, so kannst du ihn von mir grüßen und ihn fragen, wo wohl meine Tochter ist, die vor vielen Jahren verschwand. Ich habe nach ihr suchen und forschen lassen überall, aber ich habe nie das Geringste von ihr erfahren können.“ – „Ich will ihn wohl fragen“, sagte der Bursch.
Auf dem Königsschloß lebte er gut und wohl, und als er den andern Tag fort ging, bekam er sowohl Essen als Geld mit auf den Weg. Gegen Abend kam er wieder zu einem Königsschloß. Hier kam die Königin heraus in die Küche und fragte ihn, wo er her sei und in welchem Geschäft er reise. „Ich soll zu dem Drachen von Dübenfahrt und drei Federn aus seinem Schwanz holen“, sagte der Bursch. „Dazu will’s viel Glück“, sagte die Königin; „denn ich habe noch nie gehört, dass einer des Weges zurückgekehrt ist. Aber solltest du ihn antreffen, so kannst du ihn von mir grüßen und ihn fragen, wo ich wohl meine goldnen Schlüssel wieder finden soll, die ich verloren habe.“ – „Ich will ihn wohl fragen“, sagte der Bursch.
Am andern Morgen wanderte er weiter, und als er ein Ende gegangen war, kam er zu einem großen breiten Fluss. Während er nun dastand und nicht wusste, wie er hinüberkommen sollte, kam ein alter, krumm gebückter Mann auf ihn zu und fragte ihn, wo er hinwolle. „Ich soll zu dem Drachen von Dübenfahrt“, sagte der Bursch. „Wenn ich bloß wüsste, wo er zu finden ist.“ – „Das kann ich dir sagen“, sprach der Mann; „denn ich setze hier alle über, die zu ihm wollen. Er wohnt hier grade gegenüber. Wenn du dort oben auf dem Hügel bist, kannst du schon sein Schloss sehen; und wenn du ihn dann zu sprechen bekommst, so kannst du ihn meinetwegen fragen, wie lange ich hier noch übersetzen soll.“ – „Ich will ihn wohl fragen“, sagte der Bursch. Der Mann nahm ihn nun auf den Rücken und trug ihn über den Fluss. Und als der Bursch auf den Hügel gekommen war, sah er das Schloss grade vor sich und ging hinein.
Als die Prinzessin, die nur allein zu Hause war, ihn erblickte, rief sie: „Ist es möglich? Darf denn eine Menschenseele hierher kommen? Das ist noch nicht geschehen, solange ich hier bin. Für dich ist es aber am besten“, sagte sie, „du siehst zu, dass du wieder fort kommst, so schnell wie möglich; denn kommt der Drache nach Hause, so riecht er dich und frisst dich sogleich auf, und mich machst du dazu unglücklich.“ – „Nein“, sagte der Bursch. „Ich kann nicht eher fort, als bis ich drei Federn aus seinem Schwanz habe.“ – „Die bekommst du nun und nimmermehr“, sagte die Prinzessin. Aber der Bursch ging nicht fort. Er wollte warten, bis der Drache nach Hause käme, und wollte die Federn aus seinem Schwanz und Antwort auf seine Fragen haben. „Ja, wenn du denn durchaus darauf bestehst, so will ich zusehen, ob ich dir helfen kann“, sagte die Prinzessin. „Versuche aber, ob du das Schwert aufheben kannst, das dort an der Wand hängt.“ Nein, der Bursch konnt’s nicht vom Fleck rühren. „So musst du einen Trunk aus dieser Flasche tun“, sagte die Prinzessin. Als nun der Bursch einen Trunk aus der Flasche genommen hatte, konnte er das Schwert ein wenig bewegen. „Du musst noch einen Trunk tun“, sagte die Prinzessin. „Und dann erzähle mir ausführlich deinen Auftrag.“ Der Bursch tat nun noch einen Trunk, und darauf erzählte er der Prinzessin: Ein König hätte ihn gebeten, den Drachen zu fragen, woher es käme, dass er kein reines Wasser in seinen Brunnen bekommen könne; für einen andern solle er fragen, wo seine Tochter geblieben sei, die vor vielen Jahren verschwunden wäre; und für die Königin solle er den Drachen fragen, wo ihre goldnen Schlüssel geblieben wären; und endlich solle er für den Fährmann fragen, wie lange der noch die Leute über den Fluss setzen müsse.
Als der Bursch nun das Schwert anfasste, konnte er es aufheben; und als er endlich noch einen Trunk getan hatte, konnte er es schwingen.
Gegen Abend sagte die Prinzessin: „Nun kommt der Drache bald nach Hause, und damit er dich nicht sogleich umbringt, musst du unter das Bett kriechen. Und da musst du ganz still liegen, dass er dich nicht bemerkt. Wenn wir uns dann niedergelegt haben, werde ich ihn ausfragen. Du musst aber gut zuhören und genau darauf Acht geben, was er antwortet; und unter dem Bett musst du liegen bleiben, bis alles still und der Drache eingeschlafen ist. Alsdann kriech leise hervor und nimm das Schwert zu dir. Und wenn er danach aufsteht, musst du mit einem Hieb ihm den Kopf abschlagen und im selben Augenblick die drei Federn aus seinem Schwanz zupfen. Denn sonst reißt er sie sich selbst aus, damit sie keinem andern zugute kommen sollen.“ Als nun der Bursch unters Bett gekrochen war, kam auch. schon der Drache an. „Es riecht hier so nach Menschenfleisch!“ rief er, als er eintrat. „Oh, es kam ein Rabe geflogen mit einem Knochen im Schnabel und setzte sich auf das Dach“, sagte die Prinzessin. „Das muss es sein, was du riechst.“ – „Na so!“ sagte der Drache. Nun trug die Prinzessin das Essen auf, und als sie gegessen hatten, legten sie sich zu Bett.
Aber als sie eine Weile gelegen hatten, schlief die Prinzessin so unruhig, und plötzlich wachte sie auf. „Au! Au!“ schrie sie. „Was fehlt dir?“ fragte der Drache. „Oh, ich schlafe so schlecht“, sagte die Prinzessin. „Und dann hatte ich einen so wunderlichen Traum.“ – „Was träumte dir denn?“ fragte der Drache. „Oh, mir träumte, es käme ein König hierher und fragte dich, wie er es anfangen soll, um reines Wasser in seinen Brunnen zu bekommen“, sagte die Prinzessin. „Ach, das könnte er wohl von selbst wissen“, sagte der Drache. „Wenn er bloß den Brunnen umgräbt und den alten verfaulten Stock herausnimmt, der auf dem Boden liegt, dann wird er schon reines Wasser bekommen. Aberliege jetzt ruhig und träume nicht wieder!“
Als die Prinzessin eine Weile still gelegen hatte, ward sie unruhig, warf sich im Bett hin und her und wachte endlich wieder auf. „Au! Au!“ – „Was ist denn nun wieder los?“ rief der Drache. „Oh, ich schlafe so schlecht, und dann hatte ich einen so wunderlichen Traum“, sagte die Prinzessin. „Das ist doch auch gewaltig mit deiner Träumerei!“ sagte der Drache. „Was hat dir denn jetzt geträumt?“ – „Oh, mir träumte, es käme ein König hierher und fragte dich, wo seine Tochter geblieben wäre, die vor vielen Jahren verschwunden sei“, sagte die Prinzessin. „Das bist du“, sagte der Drache. „Aber dich bekommt er in seinem Leben nicht mehr zu sehen. lass mich aber jetzt in Ruhe, bitt ich dich, und träume nicht wieder, sonst brech ich dir die Rippen entzwei.“
Die Prinzessin hatte nicht lange geschlafen, als sie wieder anfing, unruhig zu werden, und dann aufwachte. „Au! Au!“ rief sie. „Nun, schon wieder? Was ist denn jetzt wieder los?“ rief der Drache und war so wild, dass er beinahe aus der Haut fahren wollte. „Oh, du musst nicht böse werden“, sagte die Prinzessin. „Aber ich hatte einen so wunderlichen Traum.“ – „Das ist doch auch zum Kuckuck mit deiner Träumerei! Was träumte dir denn jetzt?“ – „Oh, mir träumte, es käme eine Königin hierher, die fragte dich, wo sie ihre goldnen Schlüssel wieder finden kann, die sie verloren hat.“ – „Oh, sie soll nur zusehen zwischen den Büschen, wo sie lag, damals, wie sie wohl weiß, dann wird sie sie wohl finden“, sagte der Drache. „Aber lass mich nun endlich in Ruhe mit deinen Träumen!“
Beide schliefen nun eine Weile. Aber danach begann die Prinzessin wieder unruhig zu werden, und plötzlich wachte sie auf. „Au! Au!“ – „Ich merk wohl, du wirst nicht eher ruhig, als bis ich dir das Genick zerbreche“, sagte der Drache und war so wütend, dass ihm Funken aus den Augen sprühten. „Was hast du denn nun wieder?“ – „Oh, du musst nicht böse auf mich sein“, sagte die Prinzessin. „Ich kann ja nicht dafür, aber ich hatte einen so wunderlichen Traum.“ – „Eine solche Träumerei ist mir doch noch nicht vorgekommen!“ sagte der Drache. „Was träumte dir denn jetzt?“ – „Mir träumte, der Fährmann hier unten am Sund sei gekommen und fragte dich, wie lange er noch die Leute über den Fluss setzen müsse.“ – „Der dumme Kerl! Davon könnte er bald befreit werden“, sagte der Drache. „Wenn jemand kommt, der hinüber will, so braucht er ihn nur mitten in den Fluss zu werfen und zu sagen: ‚Setz nun du über, bis du abgelöst wirst!‘, dann wird er frei. Aber lass mich jetzt in Ruhe mit deinen Träumen, sonst wird es ein andrer Tanz!“
Die Prinzessin ließ ihn nun in Frieden schlafen. Sobald es still ward und der Müllerbursche hörte, dass der Drache schnarchte, kroch er hervor und nahm das Schwert von der Wand. Ehe es noch Tag geworden war, stand der Drache auf; und kaum war er mit beiden Füßen aus dem Bett gekommen, als der Bursch ihm den Kopf abhieb und die drei Federn aus seinem Schwanz riss.
Das war eine große Freude.
Und der Bursch und die Prinzessin nahmen so viel Gold und Silber und Geld und andre Kostbarkeiten mit, als sie nur fortschaffen konnten, und als sie zu dem Sund kamen, setzten sie den Fährmann durch alles, was er für sie hinübertragen musste, so in Erstaunen und Verwirrung, dass er ganz und gar vergaß, zu fragen, was der Drache gesagt hätte, bis alles Gepäck und der Bursch und die Prinzessin dazu hinüber waren. „Es ist wahr“, sagte er, als sie eben fortgehen wollten. „Fragtest du den Drachen, wie ich dir sagte?“ – „Ja“, antwortete der Bursch. „Er sagte, wenn jemand käme und hinüber wolle, so solltest du ihn nur mitten in den Fluss werfen und sagen: ‚Setz nun du über, bis du abgelöst wirst!‘ So würdest du frei.“ – „Oh, twi!“ sagte der Sundmann. „Hättest du mir das früher gesagt, dann hättest du mich ablösen sollen.“
Als sie zu dem ersten Königsschloß kamen, fragte ihn die Königin, ob er den Drachen nach ihren goldnen Schlüsseln gefragt hätte. „Ja“, sagte der Bursch und flüsterte ihr ins Ohr: „Er sagte, wo du lagst, damals, wie du wohl weißt.“ – „Still! Still! Sag ja nichts!“ sagte die Königin und gab dem Burschen hundert Taler.
Als er zu dem zweiten Königsschloß kam, fragte der König ihn, ob er sich bei dem Drachen nach seiner Tochter erkundigt hätte. „Ja“, sagte der Bursch, „das hab ich, und hier ist deine Tochter!“ Darüber war der König so froh, dass er dem Müllerburschen gern die Prinzessin und das halbe Reich gegeben hätte. Aber da dieser schon eine Frau hatte, gab er ihm zweihundert Taler und Pferde und Wagen und so viel Gold und Silber, wie er nur fortschaffen konnte.
Wie er nun zu dem dritten Königsschloß kam, fragte ihn der König, ob er seinen Auftrag bei dem Drachen ausgerichtet hätte. „Ja“, versetzte der Bursche. „Er sagte, du solltest nur den Brunnen umgraben und den alten verfaulten Stock herausnehmen, der auf dem Boden liegt, dann würdest du schon reines Wasser bekommen.“ Da gab der König ihm dreihundert Taler.
Von hier reiste der Bursch gradewegs nach Hause, und er war so ausstaffiert mit Gold und mit Silber und so prächtig gekleidet, dass es nur so glitzerte. Als nun der reiche Per die Federn aus dem Drachenschwanz erhielt, hatte er nichts weiter gegen die Heirat einzuwenden. Da er aber all den Reichtum sah, den sein Schwiegersohn mitgebracht hatte, fragte er ihn, ob noch mehr da wäre. „Ja“, sagte der. „Es sind noch ganze Wagen voll da. Und wenn du nur hinreisen willst, so wirst du wohl so viel finden, wie du gebrauchst.“ Ja, Per Krämer wollte gleich hinreisen.
Nun sagte ihm sein Schwiegersohn den Weg so genau, dass er nicht nötig hatte, weiter danach zu fragen. „Aber die Pferde“, sagte er, „lässt du am besten an dieser Seite des Flusses; denn der Sundmann hilft dir schon wieder herüber.“ Per reiste nun fort und nahm einen guten Schnappsack voll Esswaren mit und viele Pferde, die ließ er aber an dieser Seite zurück, wie der Bursch ihm gesagt hatte. Als er nun zu dem Fluss kam, nahm ihn der Sundmann auf den Rücken und trug ihn fort bis in die Mitte, da warf er ihn ins Wasser und sprach: „Nun kannst du hier übersetzen, bis du abgelöst wirst!“
Und wenn keiner ihn abgelöst hat, so geht der reiche Per Krämer bis auf den heutigen Tag und setzt die Leute über.

Quelle:
(Unbekannt-Norwegen)

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