“ Wohl bekomm´s Euch Majestät!“ zu sagen, wenn er einmal niesen musste.
So könnt Ihr Euch vorstellen, wenn der König Schnupfen hatte hörte man überall nur noch:
„Wohl bekomm´s Euch Majestät! – Wohl bekomm´s Euch Majestät! – Wohl bekomm´s Euch Majestät!
Denn alle sagten das. Alle, nur einer nicht.
Und das war der Schäfer mit den Sternenaugen.
Dies kam dem König zu Ohren.
So lies er den Schäfer mit den Sternenaugen zu sich ins Schloss rufen.
Da stand nun der Schäfer mit den Sternenaugen vor dem König, der da saß auf seinem Thron, groß und mächtig.
Der König hob an:
„Wirst Du jetzt wohl augenblicklich sagen, Wohl bekomm´s mir!“
„Aber gern Eure Majestät, Wohl bekomm´s mir!“ antwortete der Schäfer mit den Sternenaugen.
„Nein, mir, miiiir!“ sprach der König ungeduldig und trommelte sich ganz wild auf die Brust.
„Aber ja doch Eure Majestät, mir, mir:“ antwortete der Schäfer mit den Sternenaugen und klopfte sich ganz sanft auf die Brust.
Ob soviel Frechheit verschlug´s dem König die Sprache.
Aber da war ja noch sein Minister, der schaltete sich ein und sprach:“ Wirst Du jetzt wohl augenblicklich sagen, Wohl bekomm´s Euch Majestät!?“
„Nein das sage ich nicht! Das sage ich erst, wenn ich die Königstochter zur Frau bekomme!“
Die Königstochter war gerade in den Thronsaal getreten, hatte sich neben den Thron gestellt und war so schön wie eine goldene Taube.
Sie schmunzelte. Der Schäfer mit den Sternenaugen gefiel Ihr gut.
Viel besser als all die Prinzen und Minister die Ihr bis dahin begegnet waren.
Der König aber schmunzelte nicht. Er fand seine Sprache wieder.
“ Was? Du willst meine Tochter zur Frau? Niemals! Packt Ihn und werft Ihn in den Kerker!“
Da wurde der Schäfer mit den Sternenaugen gepackt und in den Kerker geworfen.
Zu den wilden, weißen Bären!
Die hatten gar schon drei Tage nicht´s mehr zu fressen gehabt. Sie wollten sich auch schon auf den Schäfer mit den Sternenaugen stürzen –
da schaute sie dieser nur mit seinen Sternenaugen an und sie wurden ganz friedlich, zogen sich still in eine Ecke zurück und blieben dort sitzen – die ganze Nacht – denn der Schäfer mit den Sternenaugen lies seine Sternenaugen nicht von ihnen ab. Und damit er nicht einschlief, sang er dabei.
Am anderen Morgen, wie der Kerkermeister kam, saß da der Schäfer mit den Sternenaugen ganz munter und vergnügt.
Aber was geschah? Er wurde sogleich vor den König geführt.
Der sprach:“ Nun hattest Du den Tod vor Augen. Wirst Du jetzt endlich sagen
>Wohl bekomm´s Euch Majestät!!< ?“
„Nein das sage ich nicht, und wenn ich auch zehn Tode sterben müsste!
Das sage ich erst, wenn ich Eure Tochter zur Frau bekomme!“
„So geh hin und stirb Deine zehn Tode! Packt ihn und werft ihn in den Kerker!“
Da wurde der Schäfer mit den Sternenaugen gepackt und in den tiefen Kerker geworfen.
Diesmal zu den Riesenstachelschweinen.
Die hatten schon eine Woche nicht´s mehr zu fressen gehabt und wollten sich schon
auf den Schäfer mit den Sternenaugen stürzen – doch da zog der Schäfer ein Flötchen aus der Tasche und begann darauf zu spielen. Da mussten die Riesenstachelschweine, ob sie wollten oder nicht, sich auf ihre Hinterbeine stellen und zu tanzen beginnen.
Der Schäfer mit den Sternenaugen spielte immer schneller und die Riesenstachelschweine mussten immer schneller tanzen. Er spielte immer schneller und schneller, sie tanzten immer schneller und schneller – bis sie alle ganz erschöpft zu Boden fielen.
So blieben sie liegen bis zum andern Morgen.
Wie nun der Kerkermeister kam, fand er den Schäfer mit den Sternenaugen ganz vergnügt im Kerker sitzen.
Aber was geschah?
Er wurde wieder zum König geführt.
„ Nun hattest Du zehn Tode vor Augen!
Wirst Du jetzt endlich sagen `Wohl bekomm´s Euch Majestät? fragte der König.
„Nein, das sage ich nicht! Und wenn ich auch hundert Tode sterben müsste, das sage ich erst, wenn ich Eure Tochter zur Frau bekomme!“ antwortete der Schäfer mit den Sternenaugen.
„So geh denn hin, und stirb Deine hundert Tode! Packt Ihn und werft Ihn in den tiefen Brunnen!“ rief der König und der Schäfer mit den Sternenaugen wurde gepackt und zu dem tiefen Brunnen geführt.
Der Brunnen war so tief, dass ganz unten auf seinem Grund ein kleines Licht angebracht worden war, auf dass auch jeder sehen konnte wie tief er war.
Wie nun die Wächter den Schäfer mit den Sternenaugen gerade über den Brunnenrand werfen wollten rief dieser: “Halt! – Ich will´s mir noch einmal bedenken, vielleicht sag ich´s ja doch1“
Da stellten ihn die Wächter wieder auf seine Füße zurück, ließen von ihm ab und begannen in der Nähe des Brunnens zu plaudern. Sie achteten nicht auf den Schäfer mit den Sternenaugen.
Dieser nun aber stellte seinen Hirtenstab an den Brunnenrand, hängte seinen Mantel darüber, setzte seinen Hut obendrauf, packte seine Hirtentasche in den Mantel, so dass es aussah als würde einer drinstecken und versteckte sich in einem nahen Gebüsch.
Von dort aus rief er:“ Ich hab´s mir überlegt! Ich sag´s doch nicht!“
Da gaben die Wächter dem Ganzen was da am Brunnenrand stand einen Stoß, glaubten es sei der Schäfer mit den Sternenaugen, der da in den Brunnen hinab fiel und gingen davon.
Am anderen Morgen aber, als der Brunnenwächter kam, tanzte der Schäfer mit den Sternenaugen ganz munter und vergnügt um den Brunnen herum.
Und? Was geschah? Er wurde wieder vor den König geführt.
Dieser saß nun aber nicht mehr so groß und mächtig auf seinem Thron. Er hatte wohl gemerkt, dass er mit solchen Methoden nicht gegen den Schäfer mit den Sternenaugen ankam.
So lud der König den Schäfer mit den Sternenaugen zu einer Kutschfahrt ein, in seiner goldenen Kutsche. Wie sie so über Land fuhren kamen sie an einem silbernen Wald vorbei.
Da sprach der König: “Schau, der silberne Wald! Ist er nicht prächtig? – Ich schenke ihn Dir, wenn Du nur einmal sagst, das was ich gerne hören will!“
„Nein, das sage ich nicht! Das sage ich erst, wenn ich Eure Tochter zur Frau bekomme!“ antwortete der Schäfer mit den Sternenaugen.
Da seufzte der König und fühlte sich schon wieder ein wenig schwächer.
Auf ihrer weiteren Fahrt kamen sie an einem goldenen Schloss vorbei. Da sprach der König: “Schau doch nur, das goldene Schloss! Ist es nicht herrlich? Weißt Du was, ich schenke es Dir
– und den Silberwald! Wenn Du nur einmal sagst, das was ich gerne hören will!“
„Nein, das sage ich nicht! Das sage ich erst, wenn ich Eure Tochter zur Frau bekomme!“
Da seufzte der König abermals und fühlte sich wieder ein wenig schwächer.
Doch er wollte nicht aufgeben und ließ die Kutsche weiterfahren.
Da kamen sie an einen See der leuchtete in der Sonne wie der reinste Diamant.
„Schau Dir doch nur den diamantenen See an! Ist er nicht prächtig?
Ich schenke ihn Dir! Und das goldene Schloss – und den Silberwald!
Wenn Du nur einmal sagst, wohl bekomm`s Euch Majestät!“
Der Schäfer mit den Sternenaugen hielt sich mit seinen Händen seine Sternenaugen zu auf dass er nicht verführt werden würde und sprach: „ Nein, das sage ich nicht! Das sage ich erst wenn ich Eure Tochter zur Frau bekomme!“
„Also guuut, “ seufzte der König und fühlte sich sehr schwach, „wenn es denn so sein soll! Nimm meine Tochter zur Frau!“
Da könnt Ihr Euch vorstellen wie sehr sich da der Schäfer mit den Sternenaugen freute!
Ja und die Königstochter, die freute sich auch. Ihr wisst ja, der Schäfer mit den Sternenaugen gefiel ihr gut, viel besser als all die Prinzen und Minister die Ihr bis dahin begegnet waren.
Also wurde Hochzeit gefeiert!
Wie sie nun alle an der großen Hochzeitstafel saßen, bei Speis und Trank, kam ein Diener herein mit einer großen Schüssel voll Meerrettich. Er sprach:
„ Die Suppe habt Ihr nun im Magen,
nun könnt Ihr Meerrettich vertragen!
Der steigt schön scharf Euch in die Nase!
Ein jeder küsse seine Base!“
Er reichte die große Schüssel voll Meerrettich dem König. Der König selbst schöpfte den Meerrettich aus. Dabei stieg ihm der scharfe Meerrettich so sehr in die Nase dass er………..
Haaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaatschi!“
„Wohl bekomm´s Euch Majestät!
Sagte da als Allererster?
Der Schäfer mit den Sternenaugen!
Und darüber freute sich der König so sehr, dass er augenblicklich seine goldene Krone vom Kopf nahm und sie dem Schäfer aufsetzte.
Da ward der Schäfer mit den Sternenaugen an seinem Hochzeitstag gar noch König geworden und er regierte sein Reich, zusammen mit seiner Frau, noch lange Zeiten voller Liebe und Güte.
Und er befahl niemandem, aber auch niemandem, „ Wohl bekomm´s Euch Majestät!“ zu sage, wenn er einmal niesen musste.
Aber – jeder tat´s!
Quelle: Märchen aus Ungarn