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Der Schmied in Rumpelbach

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Der Schmied in Rumpelbach war stets ein kreuzbraver, arbeitsamer Mann gewesen. Er war aber so unglücklich, sein Geld bei solchen Leuten gut zu haben, deren Beutel zwar vom Gelde nicht leer, deren Herz aber davon noch voller war. Da er nun trotz der sauren Arbeit nichts zu beißen hatte, so wurde er täglich mürrischer und kam in einer Nacht auf den Gedanken, ob denn für die Kargheit seiner Gläubiger nicht einige Klaster unter der Erde ein Kräutlein gewachsen sei. Nur wusste er nicht, wie er den Doktor, der dasselbe bringen sollte, herbeiholen könnte. Doch der Teufel ist bekanntermaßen ein Herr, der sich nicht lange laden lässt. Am andern Morgen ging der Schmied, den Kopf voll Gedanken, in die Werkstätte und griff verdrießlich zum Hammer. Siehe da! ein schmuckes Herrlein im grünen Rock, den Hirschfänger an der Seite und die Flinte auf dem Rücken, tritt zur Türe herein.

„Wie geht’s, Rumpelbacher?“, lautete sein freundlicher Zuruf. „Ach, wie geht’s; Arbeit genug und doch kein Geld!“

„Arbeiten und kein Geld haben, wie ginge das zu, das heißt ja säen ohne zu ernten.“ Der Schmied, zu einem langen Geschwätz nicht aufgelegt, fuhr den Junker barsch an: „Was hilft’s reden, ihr könnt mir doch nicht helfen.“

„Ich nicht helfen können“, spöttelte der Teufel, und schob den Hut ein wenig beiseite, sodass der Rumpelbacher ein krummes Hörnlein wohl wahrnehmen konnte. „Ah, wenn ihr der seid“, entgegnete höflich der Schmied, indem er die schmutzige Kappe abnahm, „dann ließe sich mit euch wohl ein Geschäft machen.“

„Warum denn nicht? Aber wisse, dass ich für alle Dienste, die ich dir erweise, keine geringere Belohnung nehme als deine Seele und diese will ich nicht später holen als nach sieben Jahren.“

Diese Worte fuhren dem Schmied durch Mark und Bein; er stand eine Weile stumm da, wollte dann eine Entschuldigung hervorstottern, hatte aber nicht den Mut, dem Teufel zu widersprechen.

Dieser schaute den Verzagten mit höhnischem Stolz an und machte Miene wegzugehen, als ihn der Rumpelbacher zurückhielt mit dem Ruf: „Nun, so sei’s gewagt. Hör, was ich von dir für meine Seele verlange. Ich möchte eine Bank vor meinem Haus, wer sich auf derselben niedersetzt, der soll ohne meinen Willen nicht wieder wegkommen.“

„Das kann ich dir wohl geben“, fiel der Teufel hastig ein, „also unterschreibe.“

„Oho“, erwiderte der Schmied, „das geht nicht so leicht, für die Bank allein ist mir meine Seele zu teuer. Ich möchte auch noch einen Kirschbaum, wer auf denselben hinaufsteigt, soll ohne meinen Willen nicht wieder herunterkommen. Und weil aller guten Dinge drei sind, so gieb mir auch noch einen Sack, wer in demselben steckt, soll ohne meinen Willen nicht wieder herauskommen. Bringst du mir diese drei Stücke, so will ich dir meine Seele verschreiben.“ Der Teufel willigte mit Freuden ein, zog ein gewaltiges Buch aus der Rocktasche hervor, in dasselbe wurde der Vertrag geschrieben, und der Schmied musste seinen Namen mit seinem eigenen Blut unterzeichnen. Der Teufel entfernte sich und kam bald mit Sack, Bank und Baum zurück. Man mochte sich nur wundern, wie er alles tragen konnte; doch was könnte wohl der Teufel nicht ertragen! Der Sack wurde in der Werkstätte hinterlegt, die Bank vor dem Haus aufgestellt und der Baum in den Garten gepflanzt. Dabei half der Teufel redlich mit und nachdem die Arbeit vorbei war, rief er: „Auf Wiedersehen in sieben Jahren!“ Mit diesen Worten spazierte er von dannen. Kaum war der Teufel weg, als eine dicke Bäuerin des Weges kam, deren Mann nicht selten ein Stück Eisen aus des Schmiedes Werkstätte geholt hatte, ohne seine Geldtasche dafür aufzutun.

„Gott willkommen, Bäuerin!“ rief der Schmied, „nur nicht so geeilt! Gibt’s nichts Neues im Außerdorf? Komm, setze dich zu mir auf die Bank und erzähl mir etwas.“

Die Bäuerin mochte wohl das Verhältnis nicht ganz kennen, welches zwischen ihrem Hans und dem Schmied bestand, und setzte sich auf die Bank; denn das Plaudern war ihre Sache. Sie erzählte nun alles, von der Anna und Annamaria angefangen bis zum Zapfhannes und Ziegenpeter. Als sie eben ihre Zeitung von vorn wieder anfangen wollte, guckte der Mond schon hinter dem nahen Berg herauf. Nun merkte sie erst, wie lange sie geplaudert hatte, und wollte aufstehen und nach Hause gehen. Doch wie erschrak sie, als sie umsonst sich zu erheben versuchte und der Schmied mit unbändigem Lachen ausrief: „Hab ich dich nun einmal! Nun kommst du mir nimmer Ios, ehe mich dein Mann bezahlt hat.“ Der Rumpelbacher eilte nun ins Haus zum Abendessen und zur Nachtruhe. Am anderen Morgen vernahm er in aller Früh ein ungestümes Gepolter an der Haustür. Er ging hinunter, um nach dem Lärmer zu sehen, und fand den Mann der Bäuerin, der ihm dreifache Bezahlung anbot, wenn er nur die „Urschi“ vom Fleck ließe. Der Rumpelbacher willigte freudig ein und der Bauer eilte mit seiner Ehehälfte beschämt nach Hause. Kaum waren sie weg, kam ein Bub dahergelaufen, dessen Vater beim Schmied nicht in bestem Andenken stand.

„He da, Junge!“, rief der Rumpelbacher, „magst du Kirschen?“ „Wie sollte ich keine Kirschen mögen? Her damit!“

„Steig‘ nur auf den Baum hinauf da draußen im Garten und iss nach Herzenslust!“

Der Knabe ließ sich das nicht zweimal sagen. Im Nu war er hinter dem Haus und auf dem Baum. Da aß er nun Kirschen, es war eine Freude ihm zuzuschauen. Aber oh weh! als er vom Baume herabsteigen wollte, war alle Anstrengung umsonst. Es kam ihm vor, als sei er festgebunden, und er musste oben bleiben, mochte er wollen oder nicht. Bald kam der Schmied, um nach dem neuen Fang zu sehen. Der Bursch bat mit weinerlicher Stimme um Befreiung vom luftigen Kerker, aber es half nichts. Der Schmied sprach: „Bevor mich dein Vater nicht bezahlt hat, sollst du mir vom Baum nicht herunterkommen.“ Erst gegen Mittag ging der Vater des Knaben hinter dem Haus vorbei, um sein Kind zu suchen. Als er dieses auf dem Kirschbaum sah, schrie er zornig: „Gehst nicht herunter, Schleckermaul?“ „Wenn ich nicht kann“, jammerte der auf dem Baum, und zeigte dem Vater, dass alle Anstrengung herunter zu kommen vergeblich sei. Unterdessen kam der Schmied aus dem Haus und lachte aus vollem Herzen. „Aha, hab ich deinen Vogel gefangen; nun mach’schnell und bezahle, sonst bleibt mir der Junge ewig auf dem Baum sitzen.“

Der Bauer merkte wohl, was damit gemeint sei, zog schnell den Beutel heraus und bezahlte dem Schmied das Dreifache von dem, was er schuldig war. Da war es dem Knaben, als ob er Iosgebunden würde, und er eilte mit seinem Vater beschämt nach Hause. Der Schmied schob vergnügt das Geld ein und dachte eben daran, wie er auch von seinem Sack guten Gebrauch machen könnte, als ein Mädchen des Weges kam, das war pudelnärrisch, weil es bald heiraten sollte. Gretes Bräutigam war aber auch einer von denen, die dem Schmied das Bänklein, den Baum und den Sack notwendig gemacht hatten.

Grete lief freundlich auf den Schmied zu: „Guten Nachmittag, Meister Rumpelbacher! Wie geht’s? Wie steht’s?“

„Wie magst du um derlei Dinge fragen? Unsereinem geht’s immer gut, wenn er nur Geld hat. Aber komm, Grete, und schau, was ich heute Neues in der Werkstatt habe. So einen Sack hast du dein Lebtag nicht gesehen.“

Sie gingen nun mitsammen in die Werkstätte und der Schmied zog den ungeheuren Teufelssack aus der Ecke hervor. „Potz Blitz!“ schrie das lachende Mädchen, „da drinnen könnte ich ja mit meinem Peter einen Walzer tanzen.“

„So tanz halt“, spottete der Schmied, indem er ihr den Sack über den Kopf warf, sodass sie von demselben ganz bedeckt war. – Nun half kein Bitten und kein Flehen. Sie musste in dem finsteren Quartier bleiben, bis ihr Bräutigam kommen würde sie auszulösen.

Abends war im „Grauen Bären“ ein Tanz angesagt. Peter wollte auch dabei erscheinen, ging den ganzen Nachmittag herum, seine Grete zu suchen, fand sie aber nirgends. Als er ungeduldig an der Werkstätte des Schmiedes vorbeikam, hörte er seine Grete bitten und weinen. „Wo bist du denn? Was fehlt dir?“, fragte Peter erstaunt. Da kam schon der Schmied des Weges daher und fuhr ihn barsch an: „Da heißt’s einmal bezahlen, sonst kriegst du deine Grete bis zum jüngsten Tag nimmer.“

Peter war erstaunt, wusste aber wohl, wo hinaus das Wort „zahlen“ wollte, und als er seine Grete im Sack fand, bezahlte er schnell das Dreifache und eilte mit seiner Liebsten davon. Solche Streiche machte nun der Schmied gar viele und er war in kurzer Zeit ein reicher Mann. Ein Jahr verstrich nach dem anderen, endlich ging auch das siebente Jahr zu Ende und es nahte der Tag, an welchem der Teufel den Schmied holen sollte. Dieser aber war immer guter Dinge. Am ersten Tag des achten Jahres kam das Herrlein im grünen Anzug in die Werkstätte und lud den Schmied höflich ein, ihm zu folgen.

„Ach, ich bin schnell fertig“, entgegnete der Rumpelbacher, „ich möchte nur noch das Hufeisen fertig schmieden; setzt euch indessen ein wenig auf die Bank da draußen, denn ihr seid gewiss müde.“

Der Teufel war ein dummer Teufel und setzte sich auf die Bank. Bald merkte er aber, dass vom Wegkommen nicht so leicht die Rede sei. Er fing nun an, den Schmied um seine Freilassung zu bitten. Dieser meinte aber: „Wenn du mir noch sieben Jahre hierzubleiben vergönnst, so lasse ich dich Ios.“ – Der Teufel ging endlich auf die Bedingung ein und machte sich verdrießlich aus dem Staub. Auch in den folgenden sieben Jahren vergaß der Rumpelbacher nicht, seine drei Stücke gehörig zu gebrauchen. Aber die Zeit flog vorüber wie der Wind und der erste Tag des achten Jahres nahte. Das grüne Herrlein kam wieder früh morgens in die Werkstätte und tat noch freundlicher.

„Nun, Herr Schmiedemeister, wollen wir uns auf den Weg machen?“ „Nur eine Viertelstunde noch“, versetzte der Rumpelbacher, „und dann bin ich mit dieser Kette fertig. Ich habe einen schönen Kirschbaum im Garten, der steht voll der süßesten Kirschen. Tut euch indessen einwenig gütlich; denn ihr seid gewiss müde und durstig. Ich will euch die Leiter zurechtstellen.“ – Wie gesagt, so getan. In einer Minute stand der Teufel auf dem Kirschbaum und spürte, dass er in die Falle geraten war. Er musste nun dem Schmied abermals versprechen, dass er erst in sieben Jahren kommen werde, ihn zu holen. So war er wieder der Betrogene und musste sich abermals allein auf den Rückweg machen. Auch in den kommenden sieben Jahren mussten Bank, Baum und Sack gar oft ihre Dienste tun. Bald aber kam es so weit, dass niemand mehr beim Schmied etwas schuldig blieb aus Furcht vor den verrufenen Stücken. Der Rumpelbacher war nun der reichste Mann weitum und es quälte ihn nur die Sorge, ob es ihm glücken würde, den Teufel auch zum dritten Mal daran zu bekommen. Der gefürchtete Tag kam heran und der Teufel erschien wieder in seiner vollen Tracht.

„Nun, Herr Schmied, sind’s sieben Jahre. Heute wollen wir zusammen zu meiner Großmutter wandern.“ Der Rumpelbacher wusste sich in aller Eile zu fassen. „Aber mein lieber Herr! Geduldet doch einen Augenblick! Ich habe meinem Nachbar versprochen, heute noch sein Ross zu beschlagen, und wäre ein Lump, wenn ich mein Versprechen nicht halten würde. Ich werde geschwind hinüber laufen und den Schimmel holen. Damit es aber schneller geht, habt ihr wohl die Güte, indessen aus dem Sack da drüben 32 Nägel herauszufinden.

Der Schmied ging und der dumme Teufel kroch in den Sack, um die Nägel, die ganz in der Tiefe lagen, herauszubekommen. Als der Rumpelbacher mit dem Schimmel kam, schrie der Teufel im Sack aus voller Brust: „O weh, o weh, ich komme nimmer Ios! Lass‘ mich gehen. ich will gern alles tun, was du haben willst.“ Dem Schmied lachte das Herz, als er sah, dass seine List geglückt war, und er begann: „Nun wenn du mir versprichst, all das Recht, was du auf mich hast, aufzugeben, so will ich dich Ioslassen. Willst du mir das nicht versprechen, so kannst du ewig in dem Sack sitzen und wirst noch dazu jeden Morgen tüchtig geklopft.“ Der Teufel schrie voll Zorn: „Ja, ja! Mach nur, dass ich loskomme, ich verlange kein Haar von dir!“

Der Teufel wurde nun freigelassen und fuhr in seiner Höllengestalt mit furchtbarem Geräusch und Gestank durch die Lüfte hinweg. Der Schmied lebte noch viele, viele Jahre, er wurde tagtäglich reicher und dachte nicht viel an’s Sterben. Aber auch ihm blieb sein Stündchen nicht aus. Als er diese Erde verlassen hatte, wandelte er zuerst wohlgemut, pfeifend und singend der Hölle zu; denn drunten, meinte er, muss es lustiger sein als im Himmel droben. Als er zur großen Höllenpforte kam, pochte er mit seinem Hammer, den er als Andenken von der Welt mitgenommen hatte, so gewaltig an, dass er sie beinahe einschlug. Des Teufels Großmutter, die eben allein zu Hause war und den Morgenkaffee trank, stellte ihre Schale beiseite und hinkte verdrießlich zum Tor: „Wer ist da draußen?“

„Der Schmied von Rumpelbach.“

„Ah so! Kommst du jetzt, du Schurke! Glaubst du, du kannst die Teufel immer zum Besten haben. Pack dich nur, für dich ist hier kein Platz.“

Während sie dies sagte, stellte sie schnell einige Kessel zur Tür, damit der Rumpelbacher diese nicht so leicht einrennen könne. Dieser aber dachte sich: „Was liegt daran, lässt man mich hier nicht ein, so gehe ich in den Himmel.“ Er kehrte schnell um und stieg einen langen und steilen Weg empor. Als er vor dem Himmelstor stand, klopfte er ganz sittlich an dasselbe – denn er hatte wohl gesehen, dass man mit Grobem nichts ausrichte. „Wer ist draußen?“, rief St. Petrus, der himmlische Torwärter. „Der Rumpelbacher Schmied“, ertönte laut die Antwort.

„Was glaubst du denn, Lumpen, die mit dem Teufel einen Pakt machen, könnten wir im Himmel brauchen? – Geh‘ du nur abwärts.“

Das war nun dem Schmied ein wenig zu arg. – „Dass ich zu schlecht bin für die Hölle und zu schlecht für den Himmel – das hätte ich doch nie geglaubt“, murmelte er ärgerlich vor sich hin – und ging wieder abwärts. Als er nun wieder an das Höllentor kam und sich als Schmied aus Rumpelbach anmeldete, war eben die ganze Teufelsfamilie zu Hause, und kleine wie große Teufel schrien zusammen: „Lasst ihn nicht herein, lasst ihn nicht herein! Bei dem könnte es uns übel ergehen!“

Der arme Schmied musste nun wieder umkehren, um auch an der Himmelstür das zweite Mal sein Glück zu versuchen. Er klopfte wieder ganz sittlich an und bat um Einlass. Petrus wies ihn aber mit noch herberen Worten zurück als das erste Mal.

„So lasst mich doch einen Augenblick in den Himmel hineinschauen!“, flehte der Schmied. „Nun, das will ich dir gönnen, damit du uns einmal vom Halse bleibst“, murrte Petrus und tat die goldene Himmelstür ein wenig auf. Kaum gewahrte der Schmied die kleine Öffnung, warf er seine alte Kappe in den Himmel hinein. Petrus wollte ihm diese herausreichen, aber der Rumpelbacher sagte: „Ich kann mir meine Sache schon selber holen.“ Er wurde nun hineingelassen, um seine Kappe herauszutragen. Aber – kaum war er drinnen, so setzte er sich auf derselben nieder und rief frohlockend: „Nun sitze ich auf meinem Eigentum“ und niemand konnte ihn wegschaffen.

Und wo ist denn jetzt der Schmied von Rumpelbach? Er sitzt noch im Himmel droben auf seiner Kappe und hört der englischen Musik zu.

Quelle:
(Kinder- und Hausmärchen aus Tirol)

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