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Der Stöpselwirth

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Er hatte ein schönes Haus und ein schönes Feld – der Stöpselwirth, der da – wir wissen nicht mehr genau, wo – vor Alters lebte und ein Wirthshaus von gutem Rufe sein nannte. Aber der gute Mann hatte ein zu weiches Herz und konnte keinen Armen hungern oder dürsten sehen; lieber gab er den lezten Bissen Brot im Kasten und den lezten Tropfen Wein im Keller her. So kam es denn endlich wirklich so weit, dass er nicht nur kein Brot und keinen Wein für sich selbst mehr hatte, sondern auch so in Schulden stack, dass man ihm sein Haus verkaufen und ihn fortjagen wollte.
Von denen, welchen er Gutes gethan, kam keiner ihm Hilfe oder Trost zu bieten. Dagegen kam ein anderer, den der wackere Wirth in seinen guten Tagen nie hatte leiden mögen, der dachte: »Jezt wird der Wirth mich willkommen heissen und mir keinen Troz mehr bieten, denn er hat genug erfahren.« Das war aber der Teufel, der so dachte und er sagte zum Wirthe: »Ich will dir Geld leihen auf sieben Jahre, denn dein Unglück dauert mich, du hast es wahrlich nicht verdient. Aber nach sieben Jahren musst du es mir zurückzahlen bei Kreuzer und Pfennig, kannst du es nicht oder fehlt auch nur ein rother Häller daran, so ist mir deine Seele verfallen.« Der Wirth sah zwar, mit wem er zu thun hatte, allein er dachte: »die Bedingung ist ganz vernünftig und billig, denn zurückzahlen müsst‘ ich’s den Menschen auch, nicht blos dem Teufel, ich will besser hausen.« Er schlug ein und der Teufel brachte ihm einen grossen Sack voll Geld. Damit bezahlte der Wirth seine Gläubiger, lachte sie aus und sezte sein Haus in einen noch bessern Stand als zuvor.
Aber der Wirth hauste darum nicht besser. Wie zuvor unterstüzte er jeden Armen und konnte seinem mitleidsvollen Herzen keinen Zwang anthun. So kam es, dass es ihm bald wieder recht schlecht erging. Fast waren die sieben Jahre abgelaufen und traurig sass er einmal vor dem Hause. »Ist das auch recht,« sagte er zu sich selbst, »dass meine Seele dem Schwarzen gehören soll, weil ich zu wolthätig bin?« Und so spann er seine trüben Gedanken weiter und weiter und bemerkte es anfangs gar nicht, dass drei arm aussehende Wanderer des Weges kamen, bis sie vor ihm standen und ihn um ein Almosen baten. »Gern gäb‘ ich euch Geld und zu essen und zu trinken«, sagte der Wirth, »aber ich hab‘ in meinem Hause keinen rothen Häller mehr.« Die drei Wanderer aber waren unser Herrgott, St. Petrus und St. Johannes; da sagte unser Herrgott: »Du bist ein wackerer Mann, bitte dir drei Gnaden aus.« Und der Wirth antwortete: »Ich möchte gern drei seltene Stücke haben. Dort steht ein Feigenbaum, da möcht‘ ich, dass der, welcher hinaufsteigt, ohne meinen Willen nicht mehr herabkomme. In meiner Stube steht ein Canapè, da möcht‘ ich, dass der, welcher sich darauf sezt, ohne meinen Willen nicht mehr wegkomme. Endlich steht in der Ecke der Stube eine Kiste, da möcht‘ ich, dass der, welcher die Hände hineinsteckt, sie ohne meinen Willen nicht mehr herausziehe.« Da sagte unser Herr: »Wolan, die drei Stücke sollst du haben, bleib‘ aber auch gut und mildthätig und es wird dir gut gehen.«
Als die sieben Jahre um waren, schickte der Teufel seinen ältesten Sohn hinauf, das Geld oder die Seele des Wirthes zu holen. Dieser stand gerade vor der Thüre, als der Sohn des Teufels kam und sein Geld verlangte. »Das will ich gleich holen«, sagte der Wirth, »du kannst inzwischen dort auf den Feigenbaum steigen und Feigen essen.« Der Sohn des Teufels stieg auf den Baum und ass Feigen, der Wirth ging hinein, kam bald wieder zurück und rief: »Jezt komm und nimm dein Geld!« Der Sohn des Teufels wollte herabsteigen, aber er konnte nicht und schrie in Einem fort: »Ich kann nicht! Ich kann nicht!« »Nun, wenn du nicht kannst«, sagte der Wirth, »so geht’s mich weiter auch nichts mehr an und ich trage mein Geld wieder hinein.« Er trug es hinein und kam mit einem Stocke wieder heraus. »Ist das eine Art«, rief er, »auf fremder Leute Bäume zu steigen und dann gar nicht mehr herabkommen zu wollen?« Darauf bläute er den Sohn des Teufels tüchtig durch und liess ihn laufen.
Als der Teufel gehört hatte, wie es seinem ältesten Sohne ergangen sei, schickte er seinen zweiten Sohn hin. Dieser trat in die Stube, wo der Wirth eben war und sagte: »Gebt mir mein Geld!« Da sagte der Wirth spöttisch: »Willst du nicht auch Feigen essen gehen?« Der Sohn des Teufels aber schrie voll Zorn: »Meinst du, du könnest mich auch hintergehen wie meinen Bruder? Ich bin pfiffiger und steige dir nicht auf den Feigenbaum. Jezt aber bringe mir mein Geld oder ich führe deine Seele zur Hölle.« Da sprach der Wirth: »Nun, ich will’s holen, wart‘ ein wenig und setze dich inzwischen da auf das Canapè.« Der Sohn des Teufels sezte sich nieder, der Wirth aber ging in die Kammer, kam mit dem Gelde und legte es auf den Tisch. »Da hast du das Geld, jezt sieh, dass du damit weiter kommst!« Aber der Sohn des Teufels rief kläglich: »Ich kann nicht! Ich kann nicht!« »Nun, wenn du nicht kannst oder nicht willst, scher‘ ich mich auch nicht darum, ich will mein Geld wieder hintragen, wo ich’s hergenommen habe.« Er trug das Geld wieder in die Kammer und liess den Teufel bis spät in die Nacht sitzen. Dann aber sagte er: »Höre, jezt ist die Stunde, wo alle Leute heimgehen, geh‘ du auch!« Aber der Sohn des Teufels schrie: »Ich kann nicht! Ich kann nicht!« – »Wenn du nicht kannst oder nicht willst«, sagte der Wirth, »so will ich wol ein wenig nachhelfen.« Und er holte wieder den Stock, bläute den Teufel durch, bis er windelweich wurde und als er glaubte, es sei genug, liess er ihn laufen.
Als der Teufel davon gehört hatte, kam er selbst in grosser Wuth zum Wirthe und verlangte sein Geld. Der Wirth sagte: »Nun, hab‘ ich’s nicht schon Euern beiden Söhnen geben wollen und sie haben es nicht genommen? Möchtet Ihr nicht auch einige Feigen, sie sind so süss?« Der Teufel aber schrie: »Meinst du, du könnest mich auch hintergehen wie meine zwei Söhne? Ich will keine Feigen, sondern mein Geld.« Da sagte der Wirth: »Nun, dann will ich’s Euch wol aufzählen, sezt Euch doch auf das Canapè, Ihr seid gewiss müde.« Aber der Teufel wurde noch zorniger und schrie: »Setze sich auf dein Canapè, wer da will, ich will nur mein Geld!« Da versezte der Wirth: »Nun, wenn Ihr keine Feigen wollt und vom Wege nicht müde seid, so sollt Ihr das Geld haben; zählt es Euch nur selbst aus jener Kiste heraus, es wird bis auf einige lumpige Kreuzer alles darin sein!«
Da fuhr der Teufel mit grossem Ungestüm mit beiden Händen in die Kiste, merkte aber bald, dass er der Betrogene sei. »Nehmt Euch das Geld doch heraus!« sagte der Wirth. »Ich kann nicht! Ich kann nicht!« schrie der Teufel und stampfte vor Wuth. Der Wirth aber schmunzelte und griff nach dem Stocke. Da erschrack der Teufel und verlegte sich auf das Bitten, indem er versprach, auf das Geld verzichten zu wollen, wenn er ihn frei lasse. »Wollt Ihr aber auch für immer und ewig auf meine Seele verzichten und allen Anschlägen auf mich und mein Haus entsagen?« fragte der Wirth. »Das will ich«, versprach der Teufel. Da liess ihn der Wirth frei und der Teufel fuhr mit Gestank von dannen zur Hölle.
Der Wirth aber lebte noch lange Jahre als wackerer Mann; endlich starb er. Er ging zum Himmelsthore und verlangte Einlass, aber St. Petrus erkannte ihn nicht mehr oder der Wirth hatte doch etwas verschuldet – kurz, St. Petrus wollte ihn nicht einlassen. Nun ging er zur Hölle, aber die Teufel heulten schon, als sie ihn von weitem sahen und schlugen das Höllenthor ihm vor der Nase zu. Da ging er wieder zum Himmelsthor und wartete, bis einige fromme Seelen kamen. Als St. Petrus diesen das Thor aufmachte, warf der Wirth seinen Hut hinein und wollte selbst mitgehen, aber St. Petrus hielt ihn zurück. »So lass mich doch meinen Hut holen!« sagte der Wirth und als St. Petrus dies erlaubte, ging er hinein und stellte sich auf seinen Hut. »Nun steh‘ ich auf meinem Eigen!« rief er und St. Petrus musste ihn darauf lassen. Und so sizt er noch heute darauf gerade neben dem Schmiede von Rumpelbach und beide sind andächtiglich versunken in den Anblick der himmlischen Freuden und Seligkeiten.

[Italien: Christian Schneller: Märchen und Sagen aus Wälschtirol]

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