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Der Tod auf dem Apfelbaum

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Es war einmal ein alter Mann, der hatte ein kleines Haus. Eines Abends kamen drei Männer und gingen durchs Dorf, und da sie nirgends ein Nachtlager erhielten, so kamen sie auch zu jenem alten Mann. Sie baten ihn um ein Nachtlager, und der Alte antwortete ihnen, sie sollten sich nur hinlegen, aber ein Bett könne er ihnen nicht anbieten. Die Männer waren’s zufrieden und legten sich dort hin. Der alte Mann machte sich an sein Abendessen – er hatte nur vertrocknete Brotkrusten und Krebsfüße – und bat seine Gäste, mitzuessen, wenn es ihnen schmecke. Und so aßen sie denn alle. Am Morgen, als die Fremden sich zum Fortgehen anschickten, fragten sie den alten Mann, was sie zu zahlen hätten. Der Mann antwortete, daß er keinen Lohn verlange; er habe aber einen Apfelbaum: wenn nur die Äpfel an diesem Baum hängenbleiben wollten! Er habe selbst noch niemals von diesen Äpfeln essen können, denn wenn sie zu reifen anfingen, so verschwänden sie immer alle vom Baume. Die Männer versicherten ihm, daß seine Äpfel von nun an nicht mehr verschwinden würden.
Eines Morgens ging der alte Mann hinaus, um zu harnen, und sah – der Apfelbaum war voll kleiner Knaben, und im Wipfel saß auch noch ein erwachsener Mann. Der Alte fragte ihn: »Freund, wie bist du hierher geraten?« Der Mann antwortete nichts. Nun ließ der Alte die Knaben vom Baume heruntersteigen, aber den großen Mann ließ er nicht frei. Der Mann begann aber ihn zu bitten, und da ließ er ihn ebenfalls gehen.
Darauf kam der Tod zum Alten und sagte, es sei Zeit, daß der Alte mit ihm gehe. Dieser bat, der Tod möge ihm erlauben, noch einige Äpfel mit auf den Weg zu nehmen, und der Tod erlaubte es auch. Aber die Äpfel hingen hoch oben, und der alte Mann konnte nicht hinauflangen. Da kletterte der Tod mit seinen langen Beinen selbst auf den Baum und holte die Äpfel, als er aber hinabsteigen wollte, da wurde er nicht mehr frei: wohl schüttelte er den Baum, konnte aber vom Baume nicht loskommen. Nun begann er den alten Mann zu bitten, dieser möge ihn hinabsteigen lassen. Der Alte sagte, er wolle das tun, wenn der Tod ihm noch einige Jahre zu leben vergönne. Und als der Tod endlich vom Baume herabkam, da wußte er nicht, wohin er vor jenem Manne fliehen solle.
Und deshalb liebt es der Tod bis auf den heutigen Tag nicht, alte Leute zu holen.

[Estland: August von Löwis of Menar: Finnische und estnische Märchen – Livische Märchen]

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