Ein Töpfer fuhr mit seiner Ware des Weges und nickte darüber ein. Der Zar, Iwan Wassiljewitsch, kam in seinem Wagen an ihm vorbei und sagte:
»Frieden auf den Weg.«
Der Töpfer schaute auf:
»Ich danke ergebenst und wünsche dasselbe.«
»Du hast geschlafen!«
»Ja, Herr, traut dem, der Lieder singt, nicht dem, der schläft.«
»Du bist kühn, Töpfer, solche Leute habe ich gern. Kutscher, fahr langsamer! Töpfer, sag an, treibst du dein Gewerbe schon lange?«
»Seit meiner Jugend, und ich bin jetzt in den mittleren Jahren.«
»Kannst du deine Kinder damit erhalten?«
»Ja, und doch pflüge ich nicht und mähe nicht und ernte nicht und kein Frost schadet mir.«
»Schon recht, Töpfer, aber es gibt doch noch Unglück auf der Welt.«
»Ja, ich kenne dreierlei.«
»Was für drei?«
»Das erste ist ein böser Nachbar, das zweite ein böses Weib, das dritte ein schwacher Verstand.«
»Jetzt sag mir, was ist davon das schlimmste Übel?«
»Dem bösen Nachbar kann man entgehen. Dem bösen Weibe auch, wenn man schon genug Kinder hat, aber vom schwachen Verstande kann man nicht loskommen, der bleibt einem immer.«
»Das ist wahr, Töpfer, du bist klug! Hör an, du für mich und ich für dich. Wenn Gänse über Rußland hinfliegen, wirst du ihnen ein Federchen ausrupfen, oder wirst du sie in Ruhe fliegen lassen?«
»Paßt es mir, laß ich sie fliegen, wie es sich schickt, sonst aber rupfe ich sie ganz kahl.«
»Töpfer, halt dein Pferd ein wenig an! Ich will dein Geschirr ansehen.«
Der Töpfer blieb stehen und legte seine Ware aus.
Der Zar sah sie an und wählte drei Teller aus Ton.
»Kannst du mir solche machen?«
»Wie viele braucht Ihr?«
»Zehn Fuhren.«
»Wie viel Zeit gebt Ihr mir?«
»Einen Monat.«
»Ich kann sie schon in zwei Wochen in die Stadt bringen. Ich für dich und du für mich.«
»Danke, Töpfer.«
»Wirst du in der Stadt sein, Herr, wenn ich die Ware bringe?«
»Ja, ich werde beim Kaufmann zu Gast sein.«
Der Zar fuhr in die Stadt und gab Befehl, daß bei allen Gelagen das Geschirr weder aus Silber noch aus Blei, weder aus Kupfer noch aus Holz, sondern immer nur aus Ton sein dürfe.
Der Töpfer führte des Zaren Bestellung aus und brachte seine Ware in die Stadt. Ein Bojar ritt auf dem Markte zum Töpfer hin und sagte zu ihm:
»Gott mit dir, Töpfer.«
»Danke untertänigst.«
»Verkauf mir deine ganze Ware.«
»Unmöglich, sie ist bestellt.«
»Was macht das? Nimm mein Geld dafür. Du tust kein Unrecht, solange du keine Angabe für deine Arbeit bekommen hast. Was verlangst du?«
»Jeden Teller mit Geld angefüllt.«
»Hör auf, Töpfer, das ist zu viel.«
»Nun gut, einen voll Geld, einen umsonst. Willst du?« So wurden sie handelseins.
»Du für mich und ich für dich.«
Sie füllten Teller an und leerten sie wieder aus.
Sie füllten solange Teller an, bis kein Geld mehr da war, aber Teller gab es noch viele. Der Bojar sah, daß es ihm schlecht ging und holte neues Geld von zu Hause. Sie häuften weiter Teller an, aber das Geld war bald weg und noch viel Ware vorhanden.
»Was kann man da machen, Töpfer?«
»Weshalb warst du so gierig? Da ist nichts zu machen. Ich achte dich zwar hoch, aber weißt du was? Zieh meinen Wagen ins Schloß, dann gebe ich dir die Ware und außerdem dein Geld zurück.«
Der Bojar wand sich und wand sich – leid war es ihm um sein Geld und um sich selbst. Es war aber nichts zu machen, so kamen sie überein.
Sie spannten das Pferd aus, der Bauer setzte sich in den Wagen und der Bojar zog an.
Der Töpfer sang ein Lied und der Bojar zog ihn immer weiter.
»Bis wohin muß ich dich ziehen?«
»Bis zu diesem Hof, vor jenes Haus.«
Fröhlich sang der Töpfer und stand vor dem Hause hoch auf im Wagen. Der Zar hörte ihn singen und lief auf die Rampe. Da erkannte er den Töpfer.
»Ha, sei willkommen, Töpfer.«
»Danke, Euer Gnaden!«
»Mit was fährst du?«
»Mit der Dummheit.«
»Nun, kluger Töpfer, du hast es verstanden, deine Ware zu verkaufen. Bojar, zieh dein prächtiges Gewand aus und die Stiefel und du, Töpfer, den Kaftan und die Bastschuhe. Zieh dir den Bauernkittel an, Bojar, und du, Töpfer, das Bojarengewand. Du hast deine Ware gut verkauft, Töpfer. Wenig getan und viel erworben. Aber du, Bojar, konntest deinen Rang nicht bewahren! – Nun, Töpfer, kamen Gänse geflogen?«
»Ja.«
»Hast du ihnen ein Federlein ausgerupft oder sie in Ruhe gelassen?«
»Herr, ich habe sie ganz kahl gerupft.«
[Rußland: A.N. Afanaßjew: Russische Volksmärchen]