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Der verlorene Hammer

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Einmal des Morgens in der Frühe ging ein junger Bursche durch den Wald. All’ sein Hab’ und gut auf dieser Welt trug er in einem schmalen Ränzlein auf dem Rücken; in seiner Brust aber trug er Freudigkeit, denn er ging in die Fremde, sein Glück zu versuchen als rühriger Gesell, der sein Handwerk aus dem Grunde verstand. Wie nun aber der Weg gar kein Ende nehmen wollte und die Sonne immer höher stieg, da mußte sich der gute Geselle nach einem schattenkühlen und moosreichen Orte umthun, zu rasten eine Stunde oder zwei. An einer Felsenwand traf er, was er nur wünschen mochte. Aus dem Stein sprudelte klares Wasser nieder, und daneben war eine schwellende Moosbank von blühendem Flieder umwölbt. Der Bursche trank von dem Quell, streckte sich auf die Moosbank und war bald eingeschlafen. Nicht lange, da trat aus dem Felsen hervor. Sein düster, trauriges Ansehen konnte der Jugend und Schönheit seiner Gestalt doch nicht Herr werden. Er klopfte dem Burschen auf die Schulter und ging immer hinter dem schweigenden Mann drein, denn es war, als kann er nicht anders. Er klopfte dem Burschen auf die Schulter und winkte ihm zu folgen. Der Gesellte raffte sich auf und ging immer hinter dem schweigenden Mann drein, denn es war, als könnte er nicht anders. Auf den langen Weg, den sie durchwandelten, fiel kein Sonnenstrahl, aber doch war es nicht dunkel. Endlich kamen sie in ein weites, hohes Gemach, und droben war’s als hing ein Kronleuchter herab, aus dessen blitzendem Gestein Kerzenflammen viel tausendfarbige Strahlen hervorlockten. Unter dem Kronleuchter aber lag eine Jungfrau von so wunderbarer Schönheit, daß der junge Geselle kaum hinzublicken wagte. Nun aber trat der ernste Mann auf ihn zu, faßte seine Hand, zog in ein anderes Gemach und sprach: “Hier mach’ ein Ruhebett für die Jungfrau dort. Was Du nötig hast, findest Du.“ Der Geselle war fast erschrocken; er konnte sich erst gar nicht zurechtfinden. Er hatte gemeint, die Jungfrau schlafe nur, und nun war sie doch wohl tot, und doch so schön, fügt er dann endlich die schweren Bretter mit schwerem Herzen zusammen, und als er den letzten Schlag gethan, ging auch die Thür auf. Der ernste Mann trat herein, beide trugen Ruhebett in das große Gemach und füllten es mit weichem Moos. Der Mann hob die Jungfrau hinein, breitete einen Schleier über sie hin, nahm dann den Hammer und beide traten hinaus in den Wald. Der Mann schlug an den Fels mit dem Hammer, gab diesen dem Gesellen in die Hand und sprach: „Das ist Dein Lohn! Brauche ihn recht, das wird Dir auf allen Wegen gut sein.“ Darauf ging der Mann davon und war bald unter den Bäumen verschwunden. Der junge Geselle aber stand noch lange mit dem Hammer in der Hand und wußte nicht, wie ihm geschehen war. Durch denselben Wald schritt einmal ein rüstiger Mann. Er hatte kaum die Felswand erblickt, als er zu selber sprach: „Das ist ja ein alter Bekannter! Da sprudelt noch das Wasser hervor; da ist noch die Moosbank und darüberhin der blühende Flieder.“ Er setzte sich auf die Moosbank, zog einen Hammer aus der Tasche hervor und sprach wieder: „Der hat mir viel Glück gebracht, sogar in dem wüsten Kriegslärm. Ich habe nun so viel erworben, daß ich der Heimat zuwandern und da ein gutes Leben führen kann. Das ist aber auch der Hammer, wie keiner sonst! Schlägt wie eine Wünschelrute!“ Damit hatte er schon zwei kräftige Schläge auf die Steinwand fallen lassen, als er heftig erschrak, denn die Schläge rollten wie Donner durch den Wald. Und auf hohem Roß sprengte durch den Wald ein Reiter daher, der drohte mit blinkendem Schwerte nach dem Klopfen herüber. Dieser sah, daß er dem Reiter nicht entrinnen konnte; die Angst um sein Leben läßt ihn noch einen Schlag auf die Felswand thun, – Aber da stand schon der Reiter vor ihm, und der Klopfer meinte nicht anders, als das Schwert solle nun seine Brust durchbohren und der Hammer fiel ihm aus der Hand. Da ließ der Reitersmann sein Schwert sinken, reichte dem Wanderer die Hand und sprach: „Ich dachte nicht, daß Du wieder kämest; nun aber geht alles Leid zu Ende. Komm’!“

Es war ein langer Weg, auf den kein Sonnenstrahl fiel, aber doch war es nicht dunkel. Endlich traten sie in ein weites, hohes Gemach, und droben war’s als hing ein Kronleuchter herab, aus dessen blitzendem Gestein Kerzenflammen viel tausendfarbige Strahlen hervorlockten. Unter dem Kronleuchter aber lag auf einem Ruhebett eine Jungfrau von wunderbarer Schönheit. Der Wanderer sah immer noch ganz verwundert umher. Es war ihm, als hätte er das alles schon einmal gesehen, wie in einem Träume damals, als er draußen am Felsen auf der Moosbank unter den Fliedern eingeschlafen war. Jetzt aber hatte er nicht geschlafen und nicht geträumt, und in dem Reiter erkannte er den Mann wieder, der ihn in den Felsen geführt, nur sah er heute nicht mehr düster und traurig aus, und die Jungfrau war so blühend, als schlafe sie nur. Da reckte der Mann seine Hand aus nach der Hand der Jungfrau. Sie schlug die Augen auf, und über ihr Antlitz blühte so ein holdseliges Lächeln dahin, als hätte ein Engel eine Blume des Paradieses ihr auf die Stirn gelegt. Der Wandersmann wußte nicht, wie ihm geschah und wie es gekommen war, daß die Jungfrau nun mit einem Male dastand wie eine Königin im weißen Schimmer eines Seidengewandes und ihr Lockenhaar hingen ihr fast bis zur Erde nieder. Sie neigte das Haupt an die Brust des Ritters und fragte: „Ist nun alles gut?“ Er antwortete: „Der böse Nachbar ist geschlagen und sein Schloß zerstört.“ Da sprach sie wieder: „So laß uns gehen!“ Und als sie hinaustraten in den Wald, waren da viele Diener in glänzenden Kleider, die führten einen weißen Zelter herbei, dessen Sattel war von rotem Sammet und der Zaum glänzte von goldenen Sternen. Als aber die Jungfrau auf dem Zelter saß, schwang auch der Rittersmann sich auf sein Roß und sprach zu dem Wanderer: „Besseres als der Hammer da, weiß ich Dir nicht zu geben zum Lohn. Wenn Dein Haupthaar weiß geworden, magst Du Deinen Kindern erzählen, was Du gesehen und gethan.“ Darauf ritten sie alle davon.

Der Wandersmann war alt geworden und sein Haar silberweiß. Es war ihm alles nach Wunsch gegangen. Er hatte Haus und Hof und drin ein wackeres Weib und gesunde Kinder. Im Hofe stand eine Linde, da saßen die Alten Feierabends gern darunter und erzählten manchmal den Kindern Geschichten. Einmal des Abends saß der Alte hier auch zu seinen Füßen spielte ein rotwangiges Knäblein mit einem Hammer. Da lachte der Alte und sprach: „Das Bübchen hat all’ unser Glück in der Hand und weiß nichts davon!“ Ueber die Worte machte der Sohn ein verwundert Gesicht. Als er aber den Hammer sah in der Hand seines Knaben, sprach er mit Lachen: „Der alte Hammer da?“ „Lache nur darob!“ sagte der Alte und erzählte darauf, wie er zu dem Hammer gekommen, weit da drüben im Walde, wo vom Fels ein klares Wasser niedersprudelnd und daneben unter blühendem Flieder eine Moosbank ist, und wie es ihm ergangen war.
Der Sohn stand mit untergeschlagenen Armen und sah mit traurigem Gesicht und doch ungläubig auf den Alten nieder. Er meinte, der Alte sei nun auch schwach im Kopfe geworden, nahm den Hammer aus der Hand des Knaben, der ihn nicht lassen wollte, besah ihn dann von allen Seiten und sprach: „Von der Geschichte habt Ihr ja niemals ein Wort gesagt, und der Hammer hier, – nun ja! Das ist so ein Hammer, wie jeder andere. Nun aber ist er so alt und abgeschlagen, daß ihm nicht mehr geholfen werden mag. Weg damit!“ Er schleuderte den Hammer fort, und als er darauf nach dem Alten niedersah, erschrak er: der Vater war tot und an seinen Knieen hatte der Knabe sich aufgerichtet. Der Sohn ging in alle Winkel des Hofes, suchte nach dem Hammer und konnte ihn nicht wiederfinden. Es ging ihm kümmerlich sein lebenlang. Jeden Morgen suchte er nach dem alten Hammer und konnte ihn doch nicht wiederfinden, bis er endlich darüber hingestorben ist. Der Knabe, der an den Knieen des Großvaters gestanden, ging als junger Gesell in die weite Welt, und nun, wo er die Geschichte seines Großvaters und vom verlorenen Hammer erzählt, ist er auch schon ein alter Mann, und es mag sein, daß keiner ihm glaubt, denn das ist ja so der Lauf der Welt.

Sage aus Ostpreußen

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