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Märchenbasar

Der Wahrsager

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Es war einmal ein Zigeuner, der hatte viele, viele Kinder, so viele als Löcher in einem Sieb sind und noch eines mehr. Die Kinder waren immer hungrig. Jetzt ging er einmal, um etwas zu essen zu schaffen, für so viele Mäuler braucht es viel, wer keine Kinder hat, der kann es gar nicht glauben. Er ging und ging bis ans Ende des Dorfes. Dort fand er ein totes Pferd, über dem viele wilde Gänse. Er fing eine, die andern flogen fort, dann wandte auch er sich heimwärts, aber die Nacht bekam ihn, und er ging in das erste Haus und bat um Herberge. Die Frau war allein zu Hause und sagte, in der Stube könne sie ihn nicht dulden. »Dann laß mich meinetwegen auf den Boden, diesen Sack stelle ich hinter die Türe.« – »Na, steig denn hinauf.« Der Zigeuner stieg hinauf und stellte sich an ein Loch, von dem aus er alles sehen konnte, was die Frau trieb. Da der Mann in der Mühle war, hatte sie die Absicht, ihren Geliebten zum Abendessen zu rufen, nun briet sie Fleisch, backte Kletiten (Pfannkuchen) und brachte eine Maß Wein. Nur einmal hörte sie ihren Mann kommen. Geschwind versteckte sie das Fleisch in die Almerei, die Pletschinten in das Lädchen des Tisches, den Wein unter den Tisch. Als der Mann hereinkam, sah er den Sack hinter der Türe und fragte seine Frau, wen sie im Zimmer habe. »Es schläft ein Zigeuner oben auf dem Boden.« Sie habe ihn in der Stube nicht halten wollen, und er habe um Herberge gebeten. Da machte die Gans im Sacke »krr, krr«. Da dachte der Rumäne, was sollte der im Sack haben. »He, Kamerad, komm herunter.«
Der Zigeuner kam. »Guten Abend.« – »Ich danke. Was hast du dort im Sack?« – »Ich habe einen Wahrsager.« – »Laß sehen, was kann er wahrsagen.« Der Zigeuner nahm die Gans, schlug ihr mit dem Finger auf den Schnabel, da schrie sie »krr«., krr »Mein Wahrsager sagt, es sei in der Almerei gebratenes Fleisch.« – »Du Frau, geh und sieh, ist es wahr?« Die Frau wurde zornig, ging aber und brachte es herbei. Der Rumäne und der Zigeuner setzten sich an den Tisch und aßen. »Höre, Freund, geh noch einmal und frage ihn etwas.« Der ging und schlug die Gans mit dem Finger auf den Schnabel, wieder machte sie: »krr, krr«. »Jetzt sagt er, es wäre in der Tischlade eine Schüssel Pletschinten.« – »Komm, Frau, und sieh nach, hat er recht gesagt?« Sie nahm aus der Tischlade eine Schüssel voll heraus. »Du Mensch, frag noch einmal, ist nicht irgendwo auch Wein?« Der Zigeuner schlug wieder der Gans auf den Schnabel, und sie machte wieder »krr, krr«. »Sie sagt, es wäre eine Maß Wein unter dem Tisch.« Er bückte sich hinunter und fand wirklich die Flasche mit dem Wein. Jetzt aßen sie und tranken, und beide Männer waren fröhlich, aber die Frau hätte am liebsten beide umgebracht, zumal als sie hörte, was für einen Jahrmarkt sie miteinander machten.
Der Rumäne sagte: »Mein Freund, mir gefällt dein Wahrsager, was soll ich dir dafür geben?« – »Ich möchte ihn niemandem für 100 Gulden geben, aber weil du mich so geehrt hast mit Speise und Trank und Herberge, so würde ich ihn dir in dem Preise geben.«
Gut. Der Rumäne gab ihm 100 Gulden, der gab ihm die wilde Gans und ging fröhlich nach Hause. Mit 100 Gulden konnte er seine Kinder gut füttern. Seinen Namen hatte er nicht gesagt, auch nicht aus welchem Dorf er sei, daher konnte niemand wegen der Betrügerei hinter ihm kommen.

Nuta Cuchila, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]

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