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Der wunderstarke Königssohn

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Wo war’s, wo war’s nicht, da war einmal ein König. Der liebte sehr den Wein; er konnte nicht einmal schlafen, wenn an seinem Bettpfosten nicht eine gefüllte Feldflasche aufgehängt war. Er tat gar nichts, und alle seine Pflichten lud er anderen auf. Für ihn hätte es im Reich drunter und drüber gehen können. Er klatschte die Fliegen auf seinem Bein tot und brummte mit seiner Frau und seinem erwachsenen Sohn. Aber einstmals geschah es, dass der Schlag ihn besuchte, und dem beliebte es, ihn so auf den Schädel zu klopfen, dass er auf der Stelle umfiel und tot am Boden liegen blieb.

Seine Frau und sein Sohn grämten sich schrecklich darüber und wussten vor Schimpf und Schande nicht, wohin. Sie wanderten also fort aus dem Land, wo ihr Vater König gewesen war.

Sie wanderten und wanderten, bis sie mitten in einem grossen Walde angelangt waren. Dort nahm der Königssohn das Brot aus seinem Ranzen heraus und bot es seiner Mutter an, und er ass auch. Als sie aber ihren Hunger gestillt hatten, sprach die Königin zu ihrem Sohn:

„Geh, mein Sohn, hole Wasser!“

Der ging auch fort und brachte es in seinem Hut. Dann ging er fort, um aus dem frischen Quell zu trinken. Aber als er hineinschaute in den glatten Spiegel des Quells, was erblickte er da? Über seinem Haupte im Baum war ein Säbel aufgehängt. Er darauf los, raffte sich auf, kletterte auf den Baum, schnitt den Säbel vom Baum und ging so zu seiner Mutter, der Königsgemahlin.

Die Königin staunte sehr, als sie den schönen, mit Gold beschlagenen Säbel erblickte. Aber wie sie schärfer hinschaute, was erblickte sie darauf? Auf seinem Band stand schön gestickt: wer diesen Säbel umschnalle, der werde sehr stark. Gross war nun ihre Freude, und sie sagte ihrem Sohn, er solle es probieren. Darum hing der Jüngling den Säbel um, und auf der Stelle fühlte er grosse Kraft in sich. Er spielte mit den dicksten Eichbäumen wie ich mit meiner grossen Peitsche.

Dann brachen sie auf und begannen aus dem Wald hinauszugehen, und als sie hinausgelangt waren, merkten sie erst, dass die Dunkelheit so dicht war, dass man sie fast mit dem Messer hätte schneiden können. Im Walde wollten sie nicht übernachten, weil sie sich vor den Wölfen fürchteten. Wie sie so in der Dunkelheit gehen, da stolpert plötzlich der Königssohn über etwas. Er fasst es an und will es aufheben. Aber traun, das war schwer! Der Schweiss rann nur so an ihm herunter, fast wie das Wasser vom Rinnenden Brunnen. Und wisst ihr, lieben Leute, was er aufgehoben hatte? Nun, das war nichts anderes als ein grosser Fels. Aber wie sperrte er Augen und Mund auf, als er den grossen Glanz sah, der unter der Steinplatte hervordrang. Er dachte gleich, dass das ein Räubernest sei.

Er stützte also das Felsstück und ging mit seiner Mutter, des Königs Gemahlin, hinein in das Loch und löschte das Feuer aus, das so hell leuchtete. Dann aber sagte er seiner Mutter, des Königs Gemahlin, dass sie sich nicht mucksen solle. Er stellte sich dann an das Loch und stiess von dort die Treppe mit den Füssen fort. Aber er war müde geworden, und schon wollte er gerade einschlafen, als er hörte, dass die Räuber mit lautem Lärm heimwärts kamen. Der Königssohn spitzte die Ohren, was die Räuber wohl reden werden. Die aber ärgerten sich sehr, dass jemand ihr Haus betreten habe, während sie nicht daheim waren, und beratschlagten, was sie thun sollten. Der Hauptmann sagte, dass jeder, der hinabspringe „hopp, ich bin hier!“ rufen solle.

Nun sprang der erste hinab; aber wahrlich, der hatte keine Zeit, das zu rufen, was der Hauptmann befohlen hatte; denn der Königssohn liess sein Schwert ihm so aufs Genick fallen, dass sein Kopf hinrollte in den Winkel. Darauf rief dann er, der Königssohn: „hopp, ich bin hier!“ Kam der zweite; auch dem hieb er den Kopf ab und sagte wieder: „hopp, ich bin hier.“

Schon hatte der Königssohn allen elf Räubern den Kopf abgeschlagen; jetzt kam nun der Hauptmann. Aber der Hauptmann hatte um den Hals das Tuch von seiner verstorbenen Frau gewunden, das hielt den Streich auf und schützte sein Haupt vor dem Abschlagen. An seinem Hals erprobte der Königssohn auch seine Kraft; doch des Hauptmanns Kopf fiel nicht herab, sondern der Hauptmann legte sich nur schön ruhig neben die anderen elf toten Räuber, als Toter. Wenigstens glaubte das der Königssohn. Aber der Hauptmann stellte sich nur wie der Stier, als ob er totgeschlagen worden wäre; denn wirklich war ihm kein Haar gekrümmt.

Der Königssohn schleppte jetzt die Räuber in ein Zimmer auf einen Haufen und schloss hinter ihnen die Thür zu. Seine Mutter kochte dann Abendbrot, und nachdem sie gegessen hatten, legten sie sich schlafen.

Als es Morgen wurde, sah der Königssohn, dass sie in einem grossen Schloss waren, das sehr viele schöne Zimmer hatte. Er schloss alles zu, und den Schlüssel gab er seiner Mutter, des Königs Gemahlin, dass sie Sorge dafür trage; er aber ging fort, zu jagen.

Doch des Königs Gemahlin, wie all dergleichen Weibsbilder, war neugierig zu erfahren, was in den vielen Zimmern sei, und öffnete alle, bis sie zu jenem Zimmer kam, wo die Räuber lagen. Aber da hat sie fast das Fieber bekommen, wie sie den blutigen Boden sah; doch noch mehr erschrak sie vor dem Hauptmann, der gemächlich im Zimmer auf und ab spazierte und seine Pfeife rauchte. Geschwind schloss sie die Tür und lief in ihr Zimmer. Ihr Sohn erwartete sie dort schon und hielt einen schrecklich grossen, toten Bären in der Hand, und als sie eintrat, sagte er zu des Königs Gemahlin:

„Nun, meine liebe Mutter, Ihr tätet gut, wenn Ihr diesen Meister Petz zum Abendbrot anrichtetet.“

Und so geschah’s.

Anderntags streifte der Königssohn wieder im Schloss umher und fand einen Weg, der hinaus führte. Er verfolgte ihn und ging und ging, bis er bei einer Glasburg anlangte. Er klopfte mit der Faust an das Tor und rief, dass jemand öffne. Aber der Riese, dem die Burg gehörte, rief von drinnen:

„Ich kenne euch schon; wenn ihr euch nicht gleich davon macht, werde ich’s euch schon lehren! Mit Räuberleuten habe ich nichts zu schaffen.“

„Ich bin weder ein Räuber noch ein Dieb! ich bin ein Königssohn, und die Räuber habe ich schon alle zusammen getötet. Aber jetzt öffne das Tor, sonst schlage ich es ein, und dann würde deinem Kopf das Aufstehen schwer fallen.“

Nachdem er das gesagt hatte, wartete er noch ein Weilchen, aber das Tor wollte sich nicht auftun. Da drückte er die Schulter dagegen, und das Tor begann zu knattern und zu krachen. Nun eilte der Riese mit Jammergeschrei herbei und sprach zu dem Jüngling:

„Ich sehe, dass du ein wackerer Bursche bist. Drum ist’s nicht nötig, dass du dies Tor einschlägst; denn ich öffne es selbst. Zwischen uns sei Friede und Freundschaft.“

Und von jenem Tage an kam der Königssohn oft zum Riesen, umso lieber, weil dieser eine zauberschöne Tochter hatte.

Aber des Königssohns Mutter ging in das Zimmer und redete mit dem Hauptmann; der sagte ihr, er wollte sie zur Frau nehmen. Die Frau ging freudig darauf ein und sagte dem Räuberhauptmann, wenn ihr Sohn ein Bad nehme, dann solle er kommen, seinen Säbel ihm wegnehmen und ihr Sohn würde wieder nur ein armseliger Wicht werden.

So geschah es. Der Königssohn badete und hatte unterdessen seinen Säbel an einen Nagel gehängt; wie das der Räuberhauptmann sah, stürzte er hinzu und umgürtete sich damit. Der badende Königssohn war schrecklich traurig darüber und bat den Hauptmann auf den Knieen um sein Leben. Aber der war nur um einen Messerrücken besser als der Teufel. Er stach dem Jüngling die beiden Augen aus, drückte sie ihm in die Hand und sprach mit lautem Lachen:

„Trag sie in deiner Hand; du siehst ja auch so.“

Traurig steckte der blinde Königssohn seine beiden Augen in die Tasche, und tastend ging er in die Glasburg zu seinem Freund, dem Riesen, dem er weinend sein Leid klagte.

Der Riese bedauerte erst den armen Königssohn sehr; dann aber fragte er ihn, wo er die beiden Augen habe. Darauf holte der Königssohn seine beiden Augen aus seiner Tasche vor und gab sie dem Riesen; der aber schloss den Königssohn in eine ganz dunkle Kammer ein; von den beiden Augen jedoch wusch er den Schmutz schön ab und setzte sie aufs Neue in des Königssohns Antlitz. Drei ganze Tage hielt er ihn so im dunklen Zimmer; dann machte er es nach und nach heller und heller, bis der Königssohn sich langsam an das Licht gewöhnt hatte.

„Meine Augen hätte ich nun wohl; aber mein Schwert ist noch dort bei dem Vagabunden.“

„Fürchte nichts, mein Freund; auch das schaffe ich dir wieder!“ sagte der Riese und rief seinem ersten Diener, dem Affen, und sprach zu ihm:

„Sage dem Fuchs und dem Eichhörnchen, dass sie mit dir gehen, und bringt auf der Stelle dieses Jünglings Säbel!“

Da machten sich die drei Diener auf den Weg, einer immer schön auf dem Rücken des andern; zu oberst sass der Affe. Als sie dort unterm Fenster anlangten, sprang der Affe vom Rücken des Eichhörnchens und des Fuchsen und kletterte am Fensterrahmen entlang. Dann ging er hinein ins Zimmer und stahl ganz leise das Schwert aus dem Zimmer, gürtete es sich selbst um und sprang hinab auf das Eichhörnchen und den Fuchs. In grossem Aufzug traten sie dann vor ihren Herrn, den Riesen, der den Säbel dem Königssohn überreichte. Der ging, nachdem er ihn umgeschnallt hatte, dorthin, wo die Räuber gewohnt hatten, und geradewegs in das Zimmer, wo der Räuberhauptmann mit des Königs Gemahlin in einem Bette schlief. Er stiess die Tür ein und blieb in der Mitte des Zimmers stehen.

„Nun, jetzt gnade dir Gott! Komm nur, du Hallunke! Du hast mich zum Krüppel gemacht, und jetzt schläfst du noch dazu mit meiner Mutter! Brauchst einen Säbel, nicht wahr? Hinaus auf den Rasen, dass ich dir zeige, wer Herr im Hause ist!“

Von diesem Lärm erwachte der Räuber und blickte sich nach seinem Schwert um; aber der Schlag hätte ihn fast gerührt, als er es dort in des Königssohns Händen sah. Er bettelte auch auf den Knien um Gnade beim Königssohn, und der Königssohn begnadigte ihn; zur Vergeltung jedoch stach er ihm auch die beiden Augen aus und drückte sie ihm in die Hand. Als der Räuber aber längs der Wand ging und ging, kam er zum Rande einer steilen Treppe; die kugelte er hinunter, und da dampfte seine schlechte Seele in die Hölle ab, die so ist wie ein Tintenfass. Seine Mutter jedoch schloss der Königssohn so lange bei den Räubern ein, bis sie all deren Fleisch verzehrt und mit ihren Tränen die neben sie aufgestellte Bütte voll geweint habe.

Dann ging der Königssohn zu seinem Freund, dem Riesen, und sprach zu ihm:

„Mein Freund, du hast mir schon so viel Gutes getan, erfülle mir auch dies noch, um was ich dich bitte. Gib mir deine Tochter zur Gemahlin!“

Rasend schnell redete der Königssohn, damit er um so schneller das wichtigste hinter sich habe. Der Riese aber willigte ein und gab dem Königssohn seine Tochter. Und das Ende vom Lied war, dass sie eine Hochzeit hielten, von der man siebenmal sieben Königreiche weit hörte, und dann lebten sie glücklich, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.

Quelle:
(Elisabet Sklarek, Ungarische Volksmärchen, Leipzig 1901)

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