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Der Zauberlehrling

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Ein Mann, der sich auf große Künste verstand, hatte in seiner Gesellschaft einen Neffen, der ihm das Haus bewachte, wenn er ausgehen mußte. Einmal gab er ihm zwei Schlüssel und sagte: »Diese Schlüssel sind von jenen zwei Türen. Daß du sie mir um nichts in der Welt öffnest, sonst stirbst du.« Sowie der Junge sich allein sah, vergaß er die Drohung und öffnete eine der Türen. Er sah nur ein dunkles Feld und einen Wolf, der herbeilief, um sich auf ihn zu stürzen. Voller Furcht schlug er die Tür zu. Kurz darauf kam der Zauberer. »Unglückseliger! Warum hast du jene Tür aufgemacht, wo ich dich doch gewarnt hatte, daß du das Leben verlieren würdest?« Der Junge vergoß so viele Tränen, daß der Zauberer ihm vergab. Der Onkel ging ein andermal weg und ermahnte ihn in gleicher Weise. Er war noch nicht weit fort, da drehte der Neffe den Schlüssel der anderen Tür und er sah nur eine Flur, auf der ein Schimmel weidete. In diesem Augenblick erinnerte er sich an die Drohung seines Onkels, und da er diesen schon die Treppe heraufkommen hörte, fing er an zu schreien: »Ach, jetzt bin ich verloren!« Da sprach der Schimmel zu ihm: »Nimm von diesem Boden einen Zweig, einen Stein und eine Handvoll Sand, und besteige mich so schnell du kannst.« Kaum waren die Worte gesagt, da öffnete der Zauberer die Haustür. Der Junge springt auf den Schimmel und schreit: »Flieh! denn hier kommt mein Onkel um mich zu töten!« Der Schimmel stob durch die Lüfte hinaus. Aber als sie schon sehr weit entfernt waren, schrie der Junge von neuem: »Lauf, mein Onkel packt mich schon um mich zu töten!« Der Schimmel galoppierte schneller, und als der Zauberer sie schon fast gepackt hatte, sagte er zu dem Jungen: »Wirf den Zweig weg!« Sofort entstand ein sehr dichter Wald, und während der Zauberer sich einen Weg hindurch bahnte, entfernten sie sich weit. Abermals schrie der Junge: »Lauf, hier ist mein Onkel schon und er wird mich töten!« Der Schimmel sagte: »Wirf den Stein fort!« Sogleich erhob sich dort ein hohes Gebirge voller Felsen, die der Zauberer erklimmen mußte, während sie Abstand gewannen. Hoch weiter schrie der Junge von neuem: »Lauf, mein Onkel holt uns ein!« »Dann wirf die Handvoll Sand in den Wind,« antwortete ihm der Schimmel. Sogleich entstand dort ein grenzenloses Meer, das der Zauberer nicht durchqueren konnte. Sie gelangten zu einem Ort, wo großes Wehklagen herrschte. Der Schimmel setzte dort den Jungen ab und sagte ihm, daß er ihn rufen solle, wenn er sich in großer Bedrängnis befände, niemals aber solle er sagen, wie er dort hingekommen sei. Der Junge zog los, und fragte für wen man so große Klage erhöbe.
»Es ist, weil die Königstochter von einem Riesen geraubt wurde, der auf einer Insel lebt, wohin niemand gelangen kann.« »Nun, ich bin in der Lage, dorthin zu kommen.« Man ging und sagte dies dem König. Der König verpflichtete ihn bei Verlust seines Lebens das zu erfüllen, was er gesagt hatte. Der Junge bediente sich des Schimmels und es gelang ihm, die Insel zu erreichen und die Prinzessin von dort zu holen, denn er überraschte den Riesen im Schlaf. Sobald die Prinzessin im Palast angekommen war, weinte sie ununterbrochen. Der König fragte sie: »Warum weinst du, mein Kind?« »Ich weine, weil ich den Ring, den mir meine Patentante, die Fee, gegeben hat, verloren habe, und solange ich ihn nicht wiederfinde, ist mir bestimmt, wieder entführt zu werden, oder aber für immer verzaubert zu sein.«
Daraufhin ließ der König ausrufen, daß er dem, der den Ring wiederfinden würde, die Hand der Prinzessin gäbe. Der Junge rief den Schimmel herbei, und dieser holte ihm vom Meeresgrund den Ring. Aber der König hatte sich anders besonnen und wollte ihm die Hand der Prinzessin nicht mehr geben. Diese jedoch erklärte, daß sie den Jungen heiraten würde, damit man immer sagte: Das Wort eines Königs ist unwiderruflich.

[Portugal: T. Braga: Contos tradicionaes do povo portuguez]

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