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Märchenbasar

Die drei Märchen des Papagaien

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Des Papagaien zweites Märchen

Es war einmal ein König, der hatte eine einzige Tochter, die war so schön wie die Sonne und der Mond zusammen mit allen Sternen. Da sie achtzehn Jahre alt geworden, kam ein türkischer König und warb um ihre Hand. Sie aber sprach: »Ein Türke? Was fang‘ ich mit einem Türken an? Es fällt mir gar nicht ein, ihn zu nehmen.« Nach einiger Zeit wurde sie schwer krank und kein Arzt vermochte ihre Krankheit zu erkennen. Zuckungen und Krämpfe verdrehten ihre Glieder und die Augen lagen so tief in ihren Höhlen, daß man sie kaum mehr sehen konnte. Der Vater rief in seinem Kummer den Rath zusammen und sprach: »Ihr wißt alle, wie meine Tochter von Tag zu Tag elender wird, rathet mir, was ich zu thun habe.« Die Weisen antworteten: »Herr König, erfahret, daß es ein Mädchen gibt, die dem Könige von Spanien die Tochter gerettet hat. Laßt diese fragen, wenn jemand, so kann sie Euch sagen, wie Euerer Tochter zu helfen ist.«
Da freute sich der König, denn der Rath dünkte ihn gut, und er schickte Schiffe aus, das Mädchen zu holen, und befahl: »So Euch der König von Spanien das Mädchen nicht geben will, werft ihm diesen eisernen Fehdehandschuh vor die Füße und erklärt ihm den Krieg.« Die Schiffe fahren ab und bald sind sie in Spanien. Der Gesandte steigt aus, stellt sich dem Könige vor und übergibt ihm ein versiegeltes Schreiben. Der König öffnet es, liest und liest und fängt zu weinen an: »Die Tochter kann ich nicht hergeben, so sei es Krieg!«
Unterdessen war die Tochter eingetreten und fragte: »Was fehlt Euch, Herr König?« Und wie sie den Brief sah: »Was befürchtet Ihr, gern will ich zu jenem Könige gehen.« Der König erschrak: »Das wolltest du thun und mich allein hier zurücklassen?« Das Mädchen aber beruhigte ihn und sprach: »Bald bin ich wieder bei Euch. Ich gehe und sehe, was dem Mädchen fehlt, und komme zurück.«
Sie nimmt Abschied und reist ab. In dem fremden Lande angekommen, geht ihr der König entgegen und sagt: »Mein Kind, wenn du meine Tochter wieder gesund machst, gebe ich dir meine Krone.« Sie dachte bei sich: »Jetzt wären’s derer zwei«, und laut: »Herr König, ich habe schon eine Krone. Schauen wir lieber, was dem Mädchen fehlt, und lassen wir die Kronen beiseite.« Sie geht und findet die Aermste in einem erbarmenswerthen Zustande und sagt zu dem Vater: »Lasset nur sogleich Suppen und Kraftbrühen zubereiten. Darauf schließe ich mich mit Euerer Tochter ein und öffne erst nach drei Tagen, worauf Ihr mich mit Euerer Tochter entweder lebend oder todt finden werdet. Und merkt wohl auf: auch wenn ich an die Thür pochen sollte, dürft Ihr mir nicht öffnen.«
Als alles bereitet war, schloß sie sich mit der Kranken ein und legte Schlösser und Riegel vor. Aber den Zunder zum Anzünden der Kerzen hatte sie vergessen, und das gab am Abend im Dunkeln eine große Verwirrung. Klopfen wollte sie nicht, schaute zum Kammerfenster hinaus und erblickte in der Ferne ein Licht. Sie nimmt eine seidene Strickleiter, steigt mit einer Kerze in der Hand hinab, um diese anzuzünden, und geht auf das Licht los. Wie sie näher kommt, sieht sie einen großen Kessel auf einem Steinblocke, ein Feuer darunter und daneben einen Türken, der mit einem eisernen Stabe im Kessel herumrührt. Sie fragt: »Was machst du da, Türke?« Der Türke antwortet: »Mein Herr Tochter wollen von König, sie wollen nicht, ich sie behexen.« – »Du armes, gutes Türkchen, du bist so müde, nicht wahr? Weißt du was, lege dich hin, ruhe dich etwas aus, inzwischen will ich den Kessel rühren.« Erfreut rief der Türke: »Ja, bei Mohammed, das wollen wir thun.« So stieg er herunter und sie hinauf und begann mit dem Eisen im Kessel zu rühren. »Gefällt dir’s so?« fragte sie den Türken. Der rief wiederum: »Ja, bei Mohammed!« – »Nun schlafe du jetzt, ich rühre weiter.«
Als er fest eingeschlafen war, steigt sie herunter, packt ihn beim Kragen und wirft ihn in den kochenden Kessel, da wurde er augenblicklich ganz steif. Darauf zündet sie ihre Kerze an und kehrt nach dem Schlosse zurück. Wie sie in die Kammer tritt, findet sie die Kranke ohnmächtig auf dem Boden liegen. Da gibt sie ihr starke Wasser zu riechen, sie erholt sich und in drei Tagen ist sie frisch und gesund. Nun klopft sie an die Thür, der König kommt und ist außer sich vor Freude, seine Tochter gesund zu finden. »O, mein Kind«, sagt er, »wie soll ich dir danken? Aber bleibe bei mir, du sollst es gut haben.« Sie aber spricht: »Das kann nimmermehr sein. Anfangs wolltet Ihr meinem Vater den Krieg erklären, wenn er mich nicht zu Euch ließe, jetzt wird er ihn Euch erklären, so Ihr mich hier behalten wolltet.« So blieb sie nur noch kurze Zeit da, darauf reiste sie heim, beladen mit Reichthümern und Kostbarkeiten, die ihr der König mit auf den Weg gegeben hatte.
So endigt das Märchen.
»Und wie hat es Euch gefallen, o Schöne?« fragte der Papagai die Frau. Diese antwortete: »O, schön, sehr schön!« – »So bitte ich Euch, geht nicht mit der Alten, denn dahinter lauert Verrath.« Sie versprach es; aber nach acht Tagen, wie die Alte mit den Körben wiederkam und sagte: »Lieb Töchterchen, heute müßt Ihr mir unbedingt den Gefallen thun und mit mir kommen« – war sie doch sogleich bereit und sagte: »Ich komme!«
Da wurde der Papagai ganz ungeberdig, schrie, rupfte sich die Federn aus und sagte: »Nein, nein, nein! Ihr dürft mir nicht mit der Alten! Bleibt, ich erzähle Euch auch ein schönes Märchen.« – »Liebe Großmutter«, sagte die Frau, »Ihr seht, wie die Dinge stehen, erspart Euch fürder die Mühe, hierher zu kommen, denn wegen Euch kann ich doch meinen Vogel nicht verlieren!« Hierauf dreht sie das Rad, schließt die Oeffnung, und die Alte geht weg, böse Verwünschungen brummend. Nun setzt sich die Schöne zu dem Papagaien und der hebt zu erzählen an.

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