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Die drei Zaubergaben

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Es war einmal ein Mann namens Hanspeter. Er hatte viele Kinder und mußte hart arbeiten, um für sie den Lebensunterhalt zu erwerben. Eines Tages begegnete er einem alten, zerlumpten Bettler, der ihn um ein Almosen bat. Von Mitleid beim Anblick dieses armen Elenden ergriffen, gab er ihm den letzten Groschen, den er noch hatte. Aus Dankbarkeit schenkte ihm jener eine Bohne, die war so groß, wie er noch nie eine gesehen hatte, und befahl ihm, dieselbe in die warme Asche seines Herdes zu pflanzen. Als Hanspeter heimgekommen war, pflanzte er die Bohne in die Herdasche. Er war sehr erstaunt, als er dieselbe augenblicklich keimen sah, dann wuchs sie, schlang sich rings um die Feuerstätte, stieg im Kamin empor, überragte die Kappe des Schornsteins und erhob sich schließlich, dick wie ein Baum geworden, gen Himmel.
Als es Winter geworden war, wußte Hanspeter nicht mehr, was er tun solle, um das für die Ernährung seiner Kinder nötige Geld zu verdienen; da fiel es ihm ein, an seiner Bohnenranke in die Höhe zu klettern. Er kam an das Tor des Paradieses. »Poch poch!« »Wer ist draußen?« fragte ihn St. Peter. »Hanspeter, der eine Schar Kinder hat und der Euch fragen will, womit er sie ernähren soll.« »Ich weiß, daß du ein braver Mann bist. Hier, nimm dieses Tischtuch, du brauchst es nur auf den Tisch zu legen und zu sagen: ‚Es komme Gekochtes, Gebratenes, Kaffee und ein Schnäpschen dazu!’« »Danke, heiliger Petrus!« Die Speisen kamen wirklich im Überfluß, wie es St. Peter vorausgesagt hatte, und die Kinder stopften sich die Mäuler wie nie zuvor; und das ging alle Tage von neuem vor sich.
Eines Tages aber trat Hanspeter in die Schenke nebenan, um einen Schoppen Bier zu trinken. »Du siehst jetzt gut aus, Hanspeter!« sagte die Wirtin, »du hast gewiß einen Schatz gefunden?« »Beinahe, beinahe!« entgegnete ihr Hanspeter. Und er erzählte der Wirtin alles, was ihm zugestoßen war, ja, er gab ihr sogar das Tischtuch in die Hand. Aber er bemerkte nicht, daß die schlitzöhrige Gevatterin, welche ganz ähnliche hatte, ihm das Seinige vertauschte, bevor sie es ihm wiedergab. Jetzt konnte er es ruhig auf den Tisch breiten und sagen: »Es komme Gekochtes, Gebratenes, Kaffee und ein Schnäpschen dazu!« Es kam rein gar nichts mehr. Ganz niedergeschlagen kletterte er zum zweiten Male an seiner Bohnenranke empor und klopfte wieder an das Tor des Paradieses. »Poch poch!« »Wer ist draußen?« »Hanspeter, der eine Schar Kinder hat und der Euch fragen will, womit er sie ernähren soll.« »Ah, du bist es,« sagte St. Peter, »du bist zweifellos im Wirtshaus gewesen. Mir geht ein Licht auf! Nun, meinetwegen, diesmal will ich dir noch etwas geben. Nimm diesen Esel, welcher Goldstücke scheißt. Du brauchst nur ein Bettuch unter ihm auszubreiten, wenn ihm Not dazu ist. Aber vor allem laß mich künftighin in Ruhe.« »Danke, heiliger Petrus!« Als Hanspeter heimgekehrt war, tat er, wie ihm der Heilige gesagt hatte, und bekam eine solche Menge Goldstücke, daß er das Scheffelmaß der Wirtin entlehnen mußte, um sie zu messen, anstatt sich lange mit Zählen zu plagen. Als er den Scheffel zurückstellte, sagte die Wirtin zu ihm: »Der Teufel! Hanspeter, missest du oft solches Korn?« Und sie zeigte ihm einen Louisdor, der zwischen dem Holz und einem Reifen des Scheffels steckengeblieben war. Hanspeter erzählte ihr, woher sein Vermögen stamme. »Komm, Nachbar!« sagte daraufhin die Wirtin zu ihm, »ich zahle dir einen starken Kaffee, aber du mußt deinen Esel holen und ihn scheißen lassen, hier in der Stube!« »Mit Vergnügen, Nachbarin!« Gesagt, getan. Der Esel schiß Louisdors, als ihm Not dazu war. Aber die zahlreichen Schnäpschen, die dem Kaffee folgten, taten ihre Wirkung: Hanspeter schlief unter dem Tische ein. Indessen führte die Wirtin den Esel fort und stellte einen andern, ganz ähnlichen an seinen Platz. Hanspeter war wieder einmal ausgeschmiert, statt Louisdors gab sein Esel nur noch Eselsdreck von sich. Trotz St. Peters Verbot wagte unser Mann nochmals eine Himmelfahrt an seiner Bohne und gelangte wieder zum Paradies. »Poch poch!« »Wer ist draußen?« »Hanspeter, der eine Schar Kinder hat, und der Euch fragen will, womit er sie ernähren soll.« »Ah! Schon wieder da? Keine Kunst, zu merken, daß du wieder im Wirtshaus gewesen bist! Du mußt auf deine Kosten erfahren, daß die Frauen spitzbübischer sind als du. Ich will dir ein letztes Geschenk geben, denn von nun ab werde ich nicht mehr öffnen, wenn du jemals wiederkommen solltest. Die Wirtin hat dein Tischtuch und deinen Esel vertauscht. Jetzt nimm diesen Stock und gehe, beides zurückzuverlangen. Wenn sie es nicht herausrücken will, sagst du: ‚Knüppel, tu deine Pflicht!‘ Dann wirst du sehen, was geschieht.« »Danke, heiliger Petrus!« Sobald Hanspeter unten angekommen war, lief er mit seinem Knüppel zur Wirtin: »Das ist noch nicht alles, Nachbarin!« sagte er zu ihr, »du wirst mir jetzt mein Tischtuch und meinen Esel zurückgeben.« »Ich habe nichts von dir!« »Du hast nichts von mir?« »Nein, tausendmal nein!« »Eins – zwei – drei …« »Nein, Nein!« »Also dann: Knüppel, tu deine Pflicht!« Sogleich begann der Knüppel die Hinterseite der Wirtin nach allen Regeln der Kunst zu dreschen. »Hanspeter, Hanspeter, halte doch deinen Stock fest!« »Gib mir mein Tischtuch und meinen Esel!« »Ich habe es nicht!« »Also dann: Knüppel, tu deine Pflicht!« Und der Knüppel bläute noch ärger die Hinterseite der Wirtin. »Auauau,« schrie sie, »auauau! Ich will es dir zurückgeben, Hanspeter. Halte nur deinen Stock fest!« Hanspeter brachte seinen Stock zum Stehen und nahm sein Tischtuch und seinen Esel wieder mit. Von nun an lebte er glücklich mit seiner Schar Kinder und es fehlte ihm an nichts mehr.

[Ernst Tegethoff: Französische Volksmärchen]

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