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Die einundvierzig Brüder

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Es war einmal ein Vater, der hatte einundvierzig Söhne. Und als er sterben mußte, teilte er sein Hab und Gut unter sie und gab einem jeden ein gutes Roß, nur für den einundvierzigsten Sohn war keines mehr da; dem gab er eine alte Mähre an Stelle eines mutigen Rosses. Als der Vater tot war, sprachen die Söhne zueinander: »Laßt uns zum Freitag reiten, Brüder, und bei ihm Hochzeit halten.« Der älteste Bruder aber meinte: »Der Freitag hat nur vierzig Töchter, da ist eine zu wenig.« Die Brüder antworteten: »Dann laßt uns zum Mittwoch reiten, der hat einundvierzig Töchter: da bekommt ein jeder die seine.« Sie ritten davon, langten an und wählten sich die Mädchen aus. Der Älteste nahm die Älteste, der Jüngste – die Jüngste, und so nahm jeder eine für sich. Der jüngste Bruder sagte dabei: »Ich will mir die Kleine mit dem Tuch nehmen, die dort auf dem Ofen sitzt!« Dann brachten die Burschen Schnaps, und die Brautwerbung wurde begossen. Als sie den Kauftrunk getrunken hatten, legten sie sich mit den Mädchen schlafen. Der jüngste Bruder aber dachte bei sich: »Ich will mein Pferd lieber in den Flur stellen.« Er führte es dorthin, kehrte wieder zurück und legte sich schlafen. Sein Mädchen lag da mit ihrem Tuch, und er fing an zu bitten, sie möge es ihm geben, und schließlich bekam er es auch.
Als der Mittwoch merkte, daß alles eingeschlafen war, ging er auf den Hof hinaus, um seinen Säbel zu schleifen. Das Pferd aber sprach zum jüngsten Bruder: »Ach, mein liebes Herrchen, komm heraus zu mir!« Da ging der Jüngste hinaus, und das Pferd sprach: »Nimm den schlafenden Burschen die Hemden fort und zieh sie den Mädchen an, und der Mädchen Hemden zieh den Burschen an, denn viel Schreckliches wird sich ereignen!« Und der Jüngste tat, wie ihn das Pferd geheißen hatte. Der Mittwoch schärfte seinen Säbel, schlich sich in den Schlafraum, und wo er den Hemdkragen eines Burschen zu fassen kriegte, da schlug er den Kopf herunter! So schlug er allen seinen Töchtern die Köpfe ab und legte sich darauf schlafen. Das Pferd aber sprach: »Mein liebes Herrchen, weck die Burschen auf und schau, daß wir uns fortmachen von hier!« Der Jüngste weckte die Brüder und schickte sie voraus; er selbst aber setzte sich auf sein Pferd und ritt hinterher. Da sagte das Pferd: »Schau dich um, ob der Mittwoch uns nachjagt!« Er sah sich um und sprach: »Er jagt schon heran!« – »Wink mit dem Tuch!« befahl das Pferd. Und kaum fing er an zu winken, da entstand mit einemmal ein Meer hinter ihnen. Sie ritten weiter, und wieder sagte das Pferd: »Jagt er uns nach?« Der Bursch sah sich um und sagte: »Ja, er ist hinter uns her.« – »Dann wink mit dem Tuch zur linken Seite!« sprach das Pferd. Er winkte, und es entstand ein so dichter Wald, daß keine Maus durchkriechen konnte. Wieder ritten sie weiter, und abermals fragte das Pferd: »Schau dich um; kommt der Mittwoch uns nach?« Er sah sich um: der Verfolger lief hinterher, und er war nicht mehr weit. »Wink mit dem Tuch!« sagte das Pferd. Er winkte, und es entstand ein steiler, steiler Berg. Wieder ritten sie weiter, und das Pferd fragte: »Schau dich um, jagt der Mittwoch uns nach?« Er sah sich um und sagte: »Jetzt ist er nicht mehr da.«
Nun ritten sie weiter und weiter und waren schon nah bei ihrem Hause. Da sprach der jüngste Bruder zum ältesten: »Reitet ihr nach Hause, ich aber will mir eine Frau suchen.« Er machte sich nun auf und ritt lange Zeit. Plötzlich sah er eine Feder vom Feuervogel am Boden liegen. »Ich will sie einstecken«, sprach er vor sich hin. Das Pferd aber sagte: »Heb die Feder nicht auf; denn sonst wird dir Übles und Gutes begegnen.« Der Bursch jedoch meinte: »Was für ein Esel wär ich, wenn ich die Feder nicht nähme!« Er kehrte um und hob die Feder auf. Weiter ritt er und erblickte eine Erdhütte; er ging hinein, sah dort ein Weib sitzen und bat es: »Laß mich über Nacht bei dir bleiben!« Sie antwortete ihm: »Ich hab aber nichts zu essen und auch kein Licht.« Da ging er ganz in die Erdhütte hinein und legte die Feder auf das Fensterbrett, und sie erleuchtete die ganze Hütte. Danach schlief er ein, die Frau jedoch lief zum Zaren und erzählte ihm: »Zu mir ist ein fremder Mann gekommen und hat eine Feder ins Fenster gelegt, die leuchtet gar hell!« Der Zar erriet, daß es eine Feder vom Feuervogel sein müsse, und befahl seinen Soldaten: »Geht hin und ruft mir diesen Mann her.« Da ergriffen ihn die Soldaten und führten ihn zum Zaren. Und der Zar fragte ihn: »Willst du nicht bei mir in den Dienst treten?« – »Ich will«, antwortete er, »doch muß ich alle Schlüssel bei mir tragen.« Der Zar gab ihm die Schlüssel und wies ihm ein eigenes Häuschen zum Wohnen an.
Eines Tages befahl der Zar seinen Dienern: »Kocht mir einen Bottich Milch.« Die Diener taten es. Dann nahm er einen goldenen Ring, warf ihn hinein und sprach zu dem Fremden: »Hast du die Feder vom Feuervogel zu erlangen gewußt, so kannst du mir auch den Ring aus der kochenden Milch herausholen.« Da antwortete jener: »Führt mein Roß herbei; mag es mit ansehen, wie ich den Tod erleide in der kochenden Milch!« Sie führten das Pferd herbei. Doch kaum stieg sein Herr in die kochende Milch hinein, da prustete das Pferd, daß die Milch überfloß. Der Jüngste ergriff den Ring und gab ihn dem Zaren; die Milch aber floß wieder zurück. Als der Zar sah, daß der Mann jung und schön aus der kochenden Milch herausgekommen war, sagte er: »Laßt mich auch versuchen, den Ring herauszuholen.« Er warf den Ring in die Milch hinein und sprang ihm nach. Seine Leute aber wunderten sich, daß er so lange nicht herauskam, und gossen die Milch aus. Doch da war der Zar schon ganz verbrüht. Der Jüngste aber sprach: »Nun, Zarin, jetzt bist du mein und ich bin dein!« Und sie lebten fortan miteinander.

[Ukraine: August von Löwis of Menar: Russische Volksmärchen]

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