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Märchenbasar

Die eisernen Ringe

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Das Volk an der unteren Donau erzählt in seinen legendenhaften Überlieferungen, daß die Banater Ebene in den ältesten Zeiten von dem sogenannten Weißen oder Süßen Meer bedeckt gewesen sei, und es hätten Schiffe darauf verkehrt, die bei den Schlössern auf dem Avalaberg bei Belgrad und auf dem Schlossberg gelandet hätten, und dort an eiserne, im Mauerwerk befestigten Ringe angebunden worden seien. Der römische Kaiser Hadrian sei es gewesen – erzählt die Sage weiter – , der bei Orschowa die Felsen durchbrochen und das Wasser ins Schwarze Meer abgeleitet habe.

Die Felsen von Bosniak.

Das ist kein Märchen, das ist eine Tatsache: dort, wo man Maria – Schnee und Kohldorf gegen Bosniak hinunterfährt, stehen an der Straße sehr hohe, spitze Felsen; und oben ist ein felsiges Hochplateau – ich bin dort herumgestiegen – und dort kann man Steine sehen, in der Gestalt von Pfählen, so wie die Marine sie an den Landungsstellen hat, ungefähr ein Halbmeter hoch, rund und ganz abgeglättet, so wie poliert, wie Marmor; und wo man genau sehen kann, wie daran mit Stricken die Kähne sind festgebunden worden. Die Stricke haben den Stein glattgewetzt. Jemals, vor tausend Jahren, war hier im Banat ein Becken, wo die ganzen Gewässer des Südens gestaut waren. Das Wasser floß an dem Rand der Gebirgskämme über. Nun weiß man, daß das Gebirge bei uns vulkanisch veranlagt ist, das sieht man auch an den heißen Schwefelquellen von Herkulesbad – durch eine Explosion also, durch eine Ansammlung von unterirdischen Gasen, durch eine Naturkatastrophe also, ist ein Sprung entstanden – das Gebirge ist entzweigegangen – , und das Becken, das Süße Meer hatte sich entleert. Auf dem Grunde waren lange Zeit Sümpfe zurückgeblieben, mit Schilf, Schlangen und Drachen!

Der Rat der Sträflinge

In den alten Zeiten wurde einmal ein Räuberhauptmann zum Tode verurteilt. Als er schon unter dem Galgen stand, erbat er sich das Wort und sagte zu seinen Richtern: „Liebe Herren, wenn Ihr mir das Leben schenkt, könnte ich der Menschheit einen großen Dienst leisten. Ich weiß ein Geheimnis, wodurch Tausende und aber Tausende von Menschen zu Land, Arbeit und Brot kommen könnten.“ Die Herren wollten ihm zuerst nicht glauben; schließlich siegte in ihnen doch die Neugier. Sie nahmen dem Räuber die Ketten von den Füßen ab. Die Hände aber blieben gefesselt. So sollte er sie zu der Stelle führen,, wo er ihnen sein Geheimnis verraten wollte. Sie hielten ihn unter strenger Bewachung; sie trauten ihm nicht! Der Räuber aber führte die Heeren drei Tage lang durch einen großen dichten Wald, auf Pfaden, die nur er kannte, durch Dickicht, Morast und Fels. Am dritten Tage hörten sie von weitem ein gewaltiges Tosen und Rauschen. Es war ein riesiger Wasserfall. Das Wasser des Sees stürzte hier schäumend und brausend über einen scharfen, steilen Felsrand in ein tiefer gelegenes Gelände. Der Räuber zeigte auf den Felsen: „Wenn ihr diesen Felsen sprengt, könnt ihr das ganze Gebiet des oberen Sees entwässern. Auf dem Boden des Sees würde ein neues, fruchtbares Land entstehen!“ Den Herren leuchtete der Gedanke des Räubers ein. Sie schenkten ihm das Leben und die Freiheit. Eine ganze Armee von Arbeitern wurde an jene Stelle kommandiert. In der Wildnis entstand ein Barackenlager. Man sprengte den Felsriegel, der das Wasser eingeschlossen hielt. Durch das so entstandene Felsentor ist das Wasser abgelaufen. Auf seinem Grunde blieben noch lange Zeit ausgedehnte Sümpfe zurück. Nachdem diese nach und nach ausgetrocknet waren, verwandelte sich dieser in fruchtbares Ackerland. Wer von der Donau nach Orschawa fährt, kann noch heute auf der serbischen Seite die Sprenglöscher erkennen. Man hatte die Bohrlöscher senkrecht in den Felsen getrieben. Als nun der abgespaltene Teil des Felsens ins Wasser gefallen war, blieben am Uferrand die halben Bohrschächte in der Gestalt von senkrecht herunterlaufenden Rinnen zurück.

Lacul Dracului

Es war ein Ziegenhalter, ein Hirt, der hütete einem Bauern die Ziegen. Da kam aus dem Wasser, aus dem Teufelsloch, ein Mann heraus und hielt in der Hand einen Fisch. „Guten Tag.“ „Guten Tag.“ „Brat mir, Hirt, diesen Fisch, aber so, daß er sich am Feuer nicht krümmt.“ Wie sollte der Hirt das zuwege bringen? Es ist eine bekannte Sache, daß sich beim Braten jeder Fisch krümmt. Der Hirt schnitt einer Ziege den Kopf ab und sagte zu dem Teufel: „Brat du mir diesen Kopf, aber so, daß er im Feuer nicht grinst.“ Im Feuer nämlich, beim Braten, schrumpft das Fleisch über den Kiefern von der Wärme zusammen und legt die Zähne los: der Kopf zeigt die Zähne, grinst. Was tat der Hirt. Er spießte den Fisch der Länge nach, vom Schwanz bis zum Kopf, hielt ihn so über das Feuer und briet ihn, ohne daß der Fisch sich krümmte. Der Teufel aber mühte sich umsonst ab: wie fest er auch den Kopf mit Affenstricken um und um und in die Kreuz und Quere wickelte:
Das Fleisch zog sich beim Schmoren zusammen und es zeigten sich die Zähne: der Kopf grinste. Da sprang der Teufel im Zorn darüber, daß er die Wette verloren hatte, ins Wasser. Und seither heißt der See, Lacul Dracului, also Teufelssee.

Die Burg bei Sokular

In jener Zeit war Maria Theresia Kaiserin. Sie hatte im Gemeindeland von Sokular eine Burg, und eine andere stand an der Donau, darin saß ihre Schwester. Die Burg von Sokular hatten die Soldaten erbaut. Sie nahmen dazu Steine aus dem Bachbett. Sie bildeten vom Bach bis hinauf eine Kette und reichten die Steine von Hand zu Hand. Und das ist ein garstiger Platz: nichts als Felsen und Gestrüpp. Es war unter den Soldaten ein Vater und dessen Sohn, aber sie kannten einander nicht. Der Vater stand oben, der Sohn eine Stelle tiefer. Der Vater empfing die Steine vom Sohn. Da fragt der Vater den Sohn, wie er im Dorfe heiße und wem er gehöre. „Hast du Eltern?“ Da sagte der Sohn: „Ich wurde geboren, als mein Vater zum Militär aushob. Er ließ das Weib im Haus und das Kind in der Wiege und ist seitdem nicht mehr zu Hause gewesen.“ Und wer ist deine Mutter?“ Siehe, da entdeckte er, daß es sein Sohn ist. Da überkam den Mann eine große Bitterkeit darüber, daß er so lange nicht mehr zu Haus gewesen, daß er einen erwachsenen Sohn hatte, den er noch nicht gesehen und nicht gekannt hatte, und daß dieser nun auch schon Soldat geworden und zu dem selben jammervollen Leben bestimmt war wie er selbst. Und er hob den Stein, den ihm der Sohn heraufgereicht hatte, und er schlug mit dem Stein den eigenen Sohn. „Ich habe ihn getötet, denn er soll lieber tot sein, als daß er sich quäle, wie ich mich gequält habe. So hat er später bei den Richtern ausgesagt. Es war damals große Not in der Knechtschaft, es gab keine Gerechtigkeit. Der Militärdienst dauerte lebenslänglich, und es war kein Entkommen davon.

Sagen aus dem Banater Bergland

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