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Märchenbasar

Die Falschgesichter

2.3
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Nachdem Guter Geist die Welt eingerichtet hatte für die Menschen, folgte er eines Tages der Sonne auf ihrer Bahn, um sich sein Werk zu besehen. Er prüfte Berge und Flüsse auf ihre Nützlichkeit und kam schließlich an eine Waldlichtung. Hier gewahrte er mit einem Male ein seltsames Wesen, das in diesem Walde zu hausen schien. Nie zuvor hatte er solch ein Antlitz geschaut, und er war sicher, dass solche Hässlichkeit nicht von ihm gewollt war. Lang und strähnig hingen die Haare um die furchterregende Fratze, deren Nase ganz auf die rechte Seite verschoben zu sein schien, während der linke Mundwinkel nach der entgegengesetzten Richtung strebte. Groß und gespenstisch standen die Augen in dem dunkelbraunen Gesicht.
„Wer bist du, und was machst du hier?“ fragte Guter Geist die seltsame Gestalt, die nur aus einem riesigen Kopf zu bestehen schien, unter dem der Körper fast völlig verschwand.
„Ich bin der wahre Herr dieser Welt“, war die Antwort, „denn ich war bereits hier, als du noch nicht einmal geboren warst. Ich war schon, als die Gehörnte Schlange noch nicht war; ich war schon alt, als die welttragende Schildkröte noch nicht einmal aus dem Weltenschlamm entstanden war. Dies war mein Reich, als selbst die Welt ein Nichts war.“
Guter Geist erwiderte: „Mir gehört diese Welt, denn ich habe sie geschaffen. Ich habe gewollt, dass diese Berge, diese Wälder entstehen sollten. Darum sind sie mein wie alles, was meinem Willen entsprungen ist.“
Darauf antwortete der Fremde, der niemand anderes war als das Falschgesicht: „Das mag schon sein, denn die Welt ist jung, verglichen mit mir. Ich bin hier gewesen von Anbeginn, und niemand wird mich von dieser Stelle vertreiben, denn ich bin mächtig, vielleicht mächtiger als du, der du behauptest diese Welt gewollt zu haben.“
Da forderte Guter Geist das Falschgesicht auf, seine Kräfte unter Beweis zu stellen. Sogleich hob das Falschgesicht die Hand und zeigte auf einen Berg. „Komm her zu mir, denn ich bin älter als du.“, redete er ihn an. Und sogleich stand der Berg neben dem Sprecher. Guter Geist versuchte nun ebenfalls; seine Macht zu zeigen, und bedeutete eine zweiten Berge, zu ihm, seinem Schöpfer, zu kommen. Bald darauf standen die beiden Berge so dicht zusammen, dass für das Falschgesicht und den Guten Geist kaum Platz blieb. Beide waren nun überzeugt, dass der andere über besondere Macht verfügen müsse.
„Ich glaube nicht.“ sprach Guter Geist, „dass es gut ist, wenn dich die Menschen sehen, denn sie werden sich vor dir fürchten. Du bist so hässlich, dass sich niemand allein forttrauen würde, wenn er wüsste, dass du in der Nähe sein könntest. Bleibe im dunklen Walde und halte dich dort versteckt.“
Das Falschgesicht versprach, dem Guten Geiste diese Bitte zu erfüllen, wenn die Menschen seine Enkel genannt werden dürften. „Denn ich bin so alt wie die Welt die du den Menschen geben willst, und noch einiges älter. Da ist es nur Recht, wenn sie in mir ihren Großvater sehen. Zum Dank will ich ihnen helfen und sie vor Krankheiten bewahren. Auch will ich sie heilen, wenn sie dennoch krank werde sollten. Auch den Sturm will ich von ihnen abhalten und in den höchsten Himmel lenken, wo er ihnen nichts antun kann,“
Guter Geist war einverstanden, denn er wusste wohl, da das Falschgesicht über große Zauberkräfte verfügte und nicht leicht zu vertreiben sein würde. Daher sagte er: „Die Menschen sollen in dir und den Deinen ihre Ahnen sehen, die ihnen wohlgesinnt sind. Zum Dank für diese Hilfe, die du ihnen angedeihen lassen willst, sollen sie einen besondere Tanz veranstalten, den Tanz der Falschgesichter. Zeige dich daher den Menschen ab und zu, damit sie wissen, wie du aus siehst. Danach sollen sie sich Masken schnitzen, die sie beim Tanze tragen. So erkennt jeder deine Macht. Solange die Menschen dieses Gebot befolgen, sollst du ihnen beistehen in ihren Krankheiten, wenn sie dich darum bitten. Falls die Menschen dich aber vergessen sollten, darfst du ihnen Krankheiten und Seuchen senden, damit sie deine Macht spüren und ihre Gedanken zu dir zurückkehren. Denn dein Vorschlag soll gelten, solange du und ich, die Menschen und die Erde bestehen.“

Quelle:
(Nordamerika – Irokesen)

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