Suche

Die Farnblüte

0
(0)
Am Vorabend des Johannistages schritt ein Bauer durch den Wald. Plötzlich sah er unter einer Eiche etwas aufblitzen gleich einem Häufchen Sterne. Er lief hin und fand blanke, neue Dukaten. Ihm wurde aber etwas unheimlich zumute. Wieder blickte er um sich, da war die ganze Welt unter ihm wie Glas, und als er genauer hinsah, nahm er allenthalben bald Silber, bald Gold wahr, hier in Kesseln, dort in Truhen, anderwärts in Töpfen; und wenn auch manche Geldstücke mit Asche bestäubt waren, so hing diese Asche doch nur wie Rauch darüber, und auf dem Grunde blinkte gleich einem Feuer das Gold. Während der Landmann auf all diesem Reichtum starrte und starrte, zog sich dieser auf einer Stelle zusammen, zum Greifen nahe, dass er alles mit Hand hätte fassen können. Doch dann plötzlich stupste ihn jemand von hinten.

Er drehte sich um und erblickte einen Geistlichen, wie’s schien, einen Bernhardinermönch, dessen linkes Bein aber nackt war.
Der Priester redete alsbald zu ihm: „Weißt du, verkauf mir einen von deinen Schuhen, den linken“, (wohlgemerkt, er bot ihm kein „Gelobt sei Jesus Christus) „Mir ist“, fuhr er dann fort, „ein Unglück widerfahren. Ich schlief in einer Scheune in einem Dorf, und in der Nacht brach ein Gewitter los, und es begann zu wetterleuchten, die Donner grollten, und der Blitz schlug in die Scheune ein. Obwohl die Leute gleich dahergelaufen, rettete doch niemand etwas, denn jeder hielt es für die Strafe Gottes. Ich fuhr schnell aus dem Schlaf auf, aber im Schreck konnte ich nur einen Schuh fassen, hatte auch keine Zeit, an den zweiten zu denken, sondern dankte dem Herrgott, daß er mich vor dem plötzlichen Tode gerettet hatte.“

Freilich überlegte der Bauer, „das, was der Herr Jesus selbst angezündet hat, darf man nicht löschen, das ist Wahrheit, und die Güte Gottes hat Hochwürden vor dem Tode bewahrt; ich hab’s nicht weit von hier nach Hause und werde auch ohne den einen Schuh gesund nach dorthin gelangen.“ Darauf wiederum der Geistliche, als ob es ihm recht dringlich wäre: „Ich bezahle dich dafür gut, mein lieber Bauer, denn siehst du, ich bin’s nicht gewohnt, des Nachts barfüßig durch den Wald zu gehen, und mir schmerzen bereits die Füße.“

Und kaum, daß der Bauer sich niedergelegt hatte, zog ihm der Priester schon den Schuh ab und warf ihm einige Münzen zu; in dem Augenblick, hörte der Bauer einen Hahn um Mitternacht krähen. Da lachte der Geistlich fürchterlich auf, und warf ihm den Schuh ins Gesicht; sogleich erscholl im ganzen Wald ein so schreckliches Pfeifen und Knallen, daß die Eichen barsten und all die Reichtümer wie von der Erde verschluckt verschwanden.

Dem Bauern war eben eine Farnblüte hinter den Stiefelschaft geflogen, und diese Blume „Unheil“ bringt jeden in die Hölle. Weil der Mann aber nicht wissentlich, sondern durch Zufall in ihren Besitz gekommen war, hatte der Teufel keine Macht über ihn, sondern mußte eine List ersinnen, um ihm die Blüte abzunehmen. Als der Bauer aber zu Hause ankam und sich das Geld besah, daß er von dem Geistlichen erhalten hatte, mußte er feststellen, daß es sich in Pferdedreck verwandelt hatte.

 
Quelle: Kolberg Krakow 1884 Piaski /Lublin

Wie hat dir das Märchen gefallen?

Zeige anderen dieses Märchen.

Gefällt dir das Projekt Märchenbasar?

Dann hinterlasse doch bitte einen Eintrag in meinem Gästebuch.
Du kannst das Projekt auch mit einer kleinen Spende unterstützen.

Vielen Dank und weiterhin viel Spaß

Skip to content