2.6
(7)
In der alten Zeit lebte ein Zar, der hatte drei Söhne. Als die Söhne herangewachsen waren, versammelte er sie um sich und sprach: „Meine lieben Söhne, so lange ich noch nicht alt bin, möchte ich euch verheiraten und mich an euren Kindern, meinen Enkeln, freuen.“ Die Söhne antworteten dem Vater: „Mit wem willst du uns verheiraten, Vater?“ — „Hört zu, meine Söhne, nehmt jeder einen Pfeil, geht aufs freie Feld und schieße den Pfeil ab: Wo der Pfeil hinfällt, dort liegt euer Schicksal!“ Die Söhne verneigten sich vor dem Vater, nahmen jeder einen Pfeil, gingen aufs freie Feld, spannten den Bogen und schossen.
Der Pfeil des ältesten Sohnes fiel auf den Hof eines Bojaren, und dessen Tochter hob den Pfeil auf. Der Pfeil des zweiten Sohnes fiel auf den breiten Hof eines Kaufmannes, und die Kaufmannstochter hob ihn auf. Der Pfeil des jüngsten Sohnes, des Zarewitsch Iwan, hob sich in die Lüfte und flog weit fort. Er ging und ging, erreichte einen Sumpf und sah einen Frosch, der seinen Pfeil hielt. Zarewitsch Iwan sprach: „Fröschlein, Fröschlein, gib mir meinen Pfeil zurück.“ Der Frosch aber antwortete: „Nimm mich zur Frau!“ — „Wo denkst du hin, wie soll ich einen Frosch zur Frau nehmen?“ — „Tu es, dein Schicksal will es so.“ Da grämte sich Zarewitsch Iwan, ihm blieb jedoch nichts übrig, als den Frosch zu nehmen und ihn nach Hause zu bringen. Der Zar ließ drei Hochzeiten feiern: Den ältesten Sohn verheiratete er mit der Bojarentochter, den zweiten mit der Kaufmannstochter und den unglücklichen Zarewitsch Iwan mit dem Frosch.
Das getan, berief der Zar seine Söhne zu sich: „Ich möchte wissen, welche meiner Schwiegertöchter am besten nähen kann. Bis morgen soll mir jede ein Hemd nähen.“ Die Söhne verneigten sich vor dem Vater und gingen davon. Zarewitsch Iwan kam nach Hause, setzte sich hin und ließ den Kopf hängen. Der Frosch hüpfte auf dem Boden herum und fragte ihn: „Warum läßt du den Kopf hängen, Zarewitsch Iwan? Hast du vielleicht einen Kummer?“ — „Väterchen Zar hat verlangt, daß du ihm bis morgen ein Hemd nähst!“ — „Da mach dir keine Sorgen! Leg dich schlafen, der Morgen ist klüger als der Abend.“ Zarewitsch Iwan ging zu Bett, der Frosch hüpfte auf die Vortreppe, warf seine Froschhaut ab und verwandelte sich in die weise Wassilissa, und sie war so schön, daß es nicht einmal in einem Märchen zu beschreiben ist. Die weise Wassilissa klatschte in die Hände und rief: „Ihr Ammen und Mägde, rasch her zu mir! Näht mir bis morgen früh ein Hemd, wie ich es bei meinem Väterchen gesehen habe.“
Als Zarewitsch Iwan am nächsten Morgen erwachte, sah er den Frosch wieder am Boden herumhüpfen, das Hemd aber lag schon fertig genäht auf dem Tisch. Da freute sich Zarewitsch Iwan, nahm das Hemd und brachte es dem Vater. Der Zar ließ sich gerade die Gaben der älteren Söhne zeigen. Der älteste Sohn faltete das Hemd auseinander, das seine Frau genäht hatte, der Zar nahm es entgegen und sprach: „In diesem Hemd kann ich höchstens ins Bad gehen!“ Der zweite Sohn entfaltete sein Hemd, der Zar musterte es und sagte: „In diesem Hemd kann man nur auf dem Viehhof herumlaufen.“ Jetzt war Zarewitsch Iwan an der Reihe. Er wies sein Hemd vor, das mit Gold und Silber bestickt war und die schönsten Muster zeigte. Kaum hatte der Zar das Hemd gesehen, als er ausrief: „Jawohl, das ist ein Hemd, das man an Feiertagen tragen kann!“ Die alteren Brüder gingen nach Hause und sprachen untereinander: „Wir hätten doch nicht über Zarewitsch Iwans Frau spotten sollen: Sie ist kein Frosch, sondern gewiß eine verschlagene Zauberin.“
Erneut rief der Zar nach seinen Söhnen: „Eure Frauen sollen mir bis morgen ein Brot backen. Ich möchte wissen, welche am besten backt.“ Zarewitsch Iwan ließ den Kopf hängen und ging niedergeschlagen nach Hause. Der Frosch fragte ihn: „Warum grämst du dich?“ — „Bis morgen will der Zar ein Brot gebacken haben.“ — „Mach dir keine Sorgen, Zarewitsch Iwan, leg dich schlafen, der Morgen ist klüger als der Abend.“ Die Schwiegertöchter, die anfangs den Frosch verspottet hatten, schickten nun eine alte Dienerin aus, damit sie zusah, wie der Frosch das Brot buk. Aber der Frosch durchschaute sie. Er verrührte den Teig, brach den Backofen oben auf und schüttete den ganzen Teig in das Loch hinein. Die alte Dienerin eilte zu den Schwiegertöchtern des Zaren, erzählte es ihnen, und die machten es nun genauso. Der Frosch hüpfte auf die Vortreppe, verwandelte sich in die weise Wassilissa und klatschte in die Hände: „Ihr Ammen und Mägde, rasch her zu mir! Backt mir bis morgen früh ein frisches Weißbrot, wie ich es bei meinem Väterchen gegessen habe.“
Zarewitsch Iwan freute sich, schlug das Brot in ein Handtuch ein und brachte es dem Vater. Der Zar nahm gerade die Brote der beiden anderen Söhne entgegen. Ihre Frauen hatten den Teig in den Ofen geschüttet, wie es die alte Dienerin gesagt hatte, und nichts gebacken außer angebrannten schmutzigen Krusten. Als Zarewitsch Iwan sein Brot überreichte, sagte der Zar: „Das ist ein schönes Brot, wie man es nur bei hohen Festen essen sollte!“
Nun befahl der Zar den drei Söhnen, sie sollten sich am nächsten Tag mit ihren Frauen bei ihm zu einem Festschmaus einfinden. Wieder kehrte Zarewitsch Iwan niedergeschlagen nach Hause zurück und ließ den Kopf auf die Brust hängen. Der Frosch hüpfte auf dem Boden herum. „Quak, quak, Zarewitsch Iwan, warum so traurig? Hat dir Väterchen Zar etwas Unfreundliches gesagt?“ — „Ach, Fröschlein, Fröschlein, wie sollte ich nicht traurig sein! Väterchen hat befohlen, daß ich mit dir zum Festschmaus komme, aber wie soll ich mich mit dir sehen lassen?“ Der Frosch aber antwortete: „Gräme dich nicht, Zarewitsch Iwan, der Morgen ist klüger als der Abend. Geh getrost zum Festschmaus, ich komme nach. Sobald du ein Krachen und Donnern hörst, erschrecke nicht und sage: Da kommt mein Fröschlein in einem Kästchen gefahren.“
Zarewitsch Iwan tat wie ihm geheißen … Der Zar setzte sich mit seinen Söhnen und Schwiegertöchtern zum Schmaus an die Tische von Eiche mit den Tüchern von Linnen. Plötzlich gab es ein Krachen und Donnern, daß der ganze Palast wankte. Die Gäste erschraken und sprangen von ihren Sitzen, Zarewitsch Iwan aber sagte: „Fürchtet euch nicht, ihr braven Gäste: Da kommt mein Fröschlein in einem Kästchen gefahren.“
In dem Augenblick fuhr eine vergoldete Kutsche vor, aus der die weise Wassilissa stieg. An ihrem türkisfarbenen Kleid funkelten goldene Sterne, auf ihrem Kopf strahlte ein silberner Halbmond, und sie war so schön, daß es nicht zu sagen, nur in einem Märchen zu erzählen ist. Sie nahm Zarewitsch Iwan bei der Hand und führte ihn zu den Tischen von Eiche mit den Tüchern von Linnen. Die Gäste begannen zu schmausen. Die weise Wassilissa trank aus ihrem Glas und schüttete sich die Neige in den linken Ärmel. Sie aß vom Schwan und warf die Knöchelchen in den rechten Ärmel. Die Frauen der älteren. Söhne sahen das und machten es ihr nach. Sie aßen und tranken, und dann wurde getanzt. Die weise Wassilissa umfing Zarewitsch Iwan und begann zu tanzen und sich zu drehn, wie es noch keiner je gesehn. Sie schwenkte den linken Ärmel — plötzlich entstand ein See, dann den rechten — und weiße Schwäne zogen über seinen Spiegel. Der Zar und die Gäste kamen aus dem Staunen nicht heraus. Nun tanzten die älteren Schwiegertöchter los: Sie schwenkten den Ärmel — und bespritzten die Gäste, dann schwenkten sie den anderen — und die Knochen flogen dem Zaren in die Augen. Da ergrimmte er und jagte die beiden Schwiegertöchter davon.
Zarewitsch Iwan stahl sich mittlerweile heimlich nach Hause, fand die Froschhaut auf dem Boden und verbrannte sie. Als die weise Wassilissa nach Hause zurückkehrte, stellte sie erschrocken fest, daß die Froschhaut verschwunden war. Da grämte sie sich und sprach niedergeschlagen: „Ach, Zarewitsch Iwan, was hast du angerichtet! Hättest du noch drei Tage gewartet, wäre ich ewig die Deine. Jetzt aber lebe wohl, suche mich im dreißigsten Zarenreich beim Unsterblichen Kastschej.“
Zarewitsch Iwan weinte und härmte sich, dann verneigte er sich nach allen vier Himmelsrichtungen und brach auf, um seine Frau, die weise Wassilissa, zu suchen. Auf dem freien Feld begegnete er einem Bären. Er wollte ihn erlegen, aber der Bär sprach mit menschlicher Stimme: „Töte mich nicht, ich werde dir noch von Nutzen sein.“ Zarewitsch Iwan hatte Mitleid, ließ den Bären ziehen und ging weiter. Plötzlich sah er einen Enterich vorüberfliegen. Er zielte, aber da sprach der Enterich mit menschlicher Stimme: „Töte mich nicht, Zarewitsch Iwan! Ich werde dir von Nutzen sein.“ Er hatte Mitleid und wanderte weiter. Da lief ein Hase vorbei. Zarewitsch Iwan zielte, aber da sprach der Hase mit menschlicher Stimme: „Töte mich nicht, Zarewitsch Iwan, ich werde dir von Nutzen sein.“ Er hatte Mitleid und zog weiter. So kam er an das blaue Meer und sah: Am Ufer lag ein Hecht im Sand, atmete kaum und sprach: „Ach, Zarewitsch Iwan, habe Mitleid mit mir, wirf mich ins blaue Meer!“ Iwan warf den Hecht ins Meer und ging am Ufer weiter.
Über kurz oder lang sah er ein Häuschen auf Hühnerbeinen, das sich um sich selbst drehte. Auf dem Ofen lag Baba-Jaga, die Hexe, die Zähne lang bis zur Wand, die Nase reichte bis zur Decke. „Was wünschst du, mein Braver, warum bist du gekommen?“ fragte Baba-Jaga. Zarewitsch Iwan antwortete: „Du solltest mir zuerst Speis und Trank vorsetzen, das Bad bereiten und dann fragen.“ Baba-Jaga setzte ihm Speis und Trank vor, bereitete ihm das Bad, und dann erzählte ihr Zarewitsch Iwan, daß er seine Frau, die weise Wassilissa, suche. „Ich weiß, ich weiß“, sagte ihm Baba-Jaga, „deine Frau ist jetzt beim Unsterblichen Kastschej. Schwierig, sie zu holen, nicht leicht, Kastschej zu bezwingen: Sein Tod hängt an einer Nadelspitze, die Nadel liegt in einem Ei, das Ei in einer Ente, die Ente in einem Hasen, der Hase sitzt in einer Steintruhe, und die Truhe steht auf einer hohen Eiche, und die Eiche hütet der Unsterbliche Kastschej wie seinen Augapfel.“
Zarewitsch Iwan übernachtete bei Baba-Jaga, und morgens zeigte sie ihm, wo die hohe Eiche stand.
Ober kurz oder lang kam Zarewitsch Iwan hin und sah: Vor ihm erhob sich eine hohe rauschende Eiche, auf ihr stand eine Steintruhe, aber heranzukommen war schwierig. Plötzlich kam der Bär angelaufen und riß die Eiche mit den Wurzeln aus. Die Truhe fiel auf die Erde und zerbrach. Ein Hase sprang heraus und lief davon. Aber da rannte ihm der andere Hase nach, überholte ihn und riß ihn in Stücke. Aus dem Hasen flog eine Ente heraus und stieg hoch zum Himmel empor. Siehe, da stieß der Enterich auf sie herab, und sie verlor ein Ei, das Ei aber fiel ins blaue Meer. Da brach Zarewitsch Iwan in bittere Tränen aus: Wie sollte er das Ei im Meer finden?! Plötzlich kam der Hecht zum Ufer geschwommen und hielt das Ei im Maul. Zarewitsch Iwan zerbrach das Ei, holte die Nadel hervor und begann, ihre Spitze abzubrechen. Der Unsterbliche Kastschej schlug um sich und tobte, aber kein Toben half — Zarewitsch Iwan brach die Nadelspitze ab, und Kastschej mußte sterben.
Zarewitsch Iwan begab sich zu Kastschejs prunkvollen Gemächern. Die weise Wassilissa kam ihm entgegen und kühte ihn auf die zuckersüßen Lippen. Zarewitsch Iwan und die weise Wassilissa kehrten nach Hause zurück und lebten lange und glücklich bis in ihr hohes Alter.
Der Pfeil des ältesten Sohnes fiel auf den Hof eines Bojaren, und dessen Tochter hob den Pfeil auf. Der Pfeil des zweiten Sohnes fiel auf den breiten Hof eines Kaufmannes, und die Kaufmannstochter hob ihn auf. Der Pfeil des jüngsten Sohnes, des Zarewitsch Iwan, hob sich in die Lüfte und flog weit fort. Er ging und ging, erreichte einen Sumpf und sah einen Frosch, der seinen Pfeil hielt. Zarewitsch Iwan sprach: „Fröschlein, Fröschlein, gib mir meinen Pfeil zurück.“ Der Frosch aber antwortete: „Nimm mich zur Frau!“ — „Wo denkst du hin, wie soll ich einen Frosch zur Frau nehmen?“ — „Tu es, dein Schicksal will es so.“ Da grämte sich Zarewitsch Iwan, ihm blieb jedoch nichts übrig, als den Frosch zu nehmen und ihn nach Hause zu bringen. Der Zar ließ drei Hochzeiten feiern: Den ältesten Sohn verheiratete er mit der Bojarentochter, den zweiten mit der Kaufmannstochter und den unglücklichen Zarewitsch Iwan mit dem Frosch.
Das getan, berief der Zar seine Söhne zu sich: „Ich möchte wissen, welche meiner Schwiegertöchter am besten nähen kann. Bis morgen soll mir jede ein Hemd nähen.“ Die Söhne verneigten sich vor dem Vater und gingen davon. Zarewitsch Iwan kam nach Hause, setzte sich hin und ließ den Kopf hängen. Der Frosch hüpfte auf dem Boden herum und fragte ihn: „Warum läßt du den Kopf hängen, Zarewitsch Iwan? Hast du vielleicht einen Kummer?“ — „Väterchen Zar hat verlangt, daß du ihm bis morgen ein Hemd nähst!“ — „Da mach dir keine Sorgen! Leg dich schlafen, der Morgen ist klüger als der Abend.“ Zarewitsch Iwan ging zu Bett, der Frosch hüpfte auf die Vortreppe, warf seine Froschhaut ab und verwandelte sich in die weise Wassilissa, und sie war so schön, daß es nicht einmal in einem Märchen zu beschreiben ist. Die weise Wassilissa klatschte in die Hände und rief: „Ihr Ammen und Mägde, rasch her zu mir! Näht mir bis morgen früh ein Hemd, wie ich es bei meinem Väterchen gesehen habe.“
Als Zarewitsch Iwan am nächsten Morgen erwachte, sah er den Frosch wieder am Boden herumhüpfen, das Hemd aber lag schon fertig genäht auf dem Tisch. Da freute sich Zarewitsch Iwan, nahm das Hemd und brachte es dem Vater. Der Zar ließ sich gerade die Gaben der älteren Söhne zeigen. Der älteste Sohn faltete das Hemd auseinander, das seine Frau genäht hatte, der Zar nahm es entgegen und sprach: „In diesem Hemd kann ich höchstens ins Bad gehen!“ Der zweite Sohn entfaltete sein Hemd, der Zar musterte es und sagte: „In diesem Hemd kann man nur auf dem Viehhof herumlaufen.“ Jetzt war Zarewitsch Iwan an der Reihe. Er wies sein Hemd vor, das mit Gold und Silber bestickt war und die schönsten Muster zeigte. Kaum hatte der Zar das Hemd gesehen, als er ausrief: „Jawohl, das ist ein Hemd, das man an Feiertagen tragen kann!“ Die alteren Brüder gingen nach Hause und sprachen untereinander: „Wir hätten doch nicht über Zarewitsch Iwans Frau spotten sollen: Sie ist kein Frosch, sondern gewiß eine verschlagene Zauberin.“
Erneut rief der Zar nach seinen Söhnen: „Eure Frauen sollen mir bis morgen ein Brot backen. Ich möchte wissen, welche am besten backt.“ Zarewitsch Iwan ließ den Kopf hängen und ging niedergeschlagen nach Hause. Der Frosch fragte ihn: „Warum grämst du dich?“ — „Bis morgen will der Zar ein Brot gebacken haben.“ — „Mach dir keine Sorgen, Zarewitsch Iwan, leg dich schlafen, der Morgen ist klüger als der Abend.“ Die Schwiegertöchter, die anfangs den Frosch verspottet hatten, schickten nun eine alte Dienerin aus, damit sie zusah, wie der Frosch das Brot buk. Aber der Frosch durchschaute sie. Er verrührte den Teig, brach den Backofen oben auf und schüttete den ganzen Teig in das Loch hinein. Die alte Dienerin eilte zu den Schwiegertöchtern des Zaren, erzählte es ihnen, und die machten es nun genauso. Der Frosch hüpfte auf die Vortreppe, verwandelte sich in die weise Wassilissa und klatschte in die Hände: „Ihr Ammen und Mägde, rasch her zu mir! Backt mir bis morgen früh ein frisches Weißbrot, wie ich es bei meinem Väterchen gegessen habe.“
Zarewitsch Iwan freute sich, schlug das Brot in ein Handtuch ein und brachte es dem Vater. Der Zar nahm gerade die Brote der beiden anderen Söhne entgegen. Ihre Frauen hatten den Teig in den Ofen geschüttet, wie es die alte Dienerin gesagt hatte, und nichts gebacken außer angebrannten schmutzigen Krusten. Als Zarewitsch Iwan sein Brot überreichte, sagte der Zar: „Das ist ein schönes Brot, wie man es nur bei hohen Festen essen sollte!“
Nun befahl der Zar den drei Söhnen, sie sollten sich am nächsten Tag mit ihren Frauen bei ihm zu einem Festschmaus einfinden. Wieder kehrte Zarewitsch Iwan niedergeschlagen nach Hause zurück und ließ den Kopf auf die Brust hängen. Der Frosch hüpfte auf dem Boden herum. „Quak, quak, Zarewitsch Iwan, warum so traurig? Hat dir Väterchen Zar etwas Unfreundliches gesagt?“ — „Ach, Fröschlein, Fröschlein, wie sollte ich nicht traurig sein! Väterchen hat befohlen, daß ich mit dir zum Festschmaus komme, aber wie soll ich mich mit dir sehen lassen?“ Der Frosch aber antwortete: „Gräme dich nicht, Zarewitsch Iwan, der Morgen ist klüger als der Abend. Geh getrost zum Festschmaus, ich komme nach. Sobald du ein Krachen und Donnern hörst, erschrecke nicht und sage: Da kommt mein Fröschlein in einem Kästchen gefahren.“
Zarewitsch Iwan tat wie ihm geheißen … Der Zar setzte sich mit seinen Söhnen und Schwiegertöchtern zum Schmaus an die Tische von Eiche mit den Tüchern von Linnen. Plötzlich gab es ein Krachen und Donnern, daß der ganze Palast wankte. Die Gäste erschraken und sprangen von ihren Sitzen, Zarewitsch Iwan aber sagte: „Fürchtet euch nicht, ihr braven Gäste: Da kommt mein Fröschlein in einem Kästchen gefahren.“
In dem Augenblick fuhr eine vergoldete Kutsche vor, aus der die weise Wassilissa stieg. An ihrem türkisfarbenen Kleid funkelten goldene Sterne, auf ihrem Kopf strahlte ein silberner Halbmond, und sie war so schön, daß es nicht zu sagen, nur in einem Märchen zu erzählen ist. Sie nahm Zarewitsch Iwan bei der Hand und führte ihn zu den Tischen von Eiche mit den Tüchern von Linnen. Die Gäste begannen zu schmausen. Die weise Wassilissa trank aus ihrem Glas und schüttete sich die Neige in den linken Ärmel. Sie aß vom Schwan und warf die Knöchelchen in den rechten Ärmel. Die Frauen der älteren. Söhne sahen das und machten es ihr nach. Sie aßen und tranken, und dann wurde getanzt. Die weise Wassilissa umfing Zarewitsch Iwan und begann zu tanzen und sich zu drehn, wie es noch keiner je gesehn. Sie schwenkte den linken Ärmel — plötzlich entstand ein See, dann den rechten — und weiße Schwäne zogen über seinen Spiegel. Der Zar und die Gäste kamen aus dem Staunen nicht heraus. Nun tanzten die älteren Schwiegertöchter los: Sie schwenkten den Ärmel — und bespritzten die Gäste, dann schwenkten sie den anderen — und die Knochen flogen dem Zaren in die Augen. Da ergrimmte er und jagte die beiden Schwiegertöchter davon.
Zarewitsch Iwan stahl sich mittlerweile heimlich nach Hause, fand die Froschhaut auf dem Boden und verbrannte sie. Als die weise Wassilissa nach Hause zurückkehrte, stellte sie erschrocken fest, daß die Froschhaut verschwunden war. Da grämte sie sich und sprach niedergeschlagen: „Ach, Zarewitsch Iwan, was hast du angerichtet! Hättest du noch drei Tage gewartet, wäre ich ewig die Deine. Jetzt aber lebe wohl, suche mich im dreißigsten Zarenreich beim Unsterblichen Kastschej.“
Zarewitsch Iwan weinte und härmte sich, dann verneigte er sich nach allen vier Himmelsrichtungen und brach auf, um seine Frau, die weise Wassilissa, zu suchen. Auf dem freien Feld begegnete er einem Bären. Er wollte ihn erlegen, aber der Bär sprach mit menschlicher Stimme: „Töte mich nicht, ich werde dir noch von Nutzen sein.“ Zarewitsch Iwan hatte Mitleid, ließ den Bären ziehen und ging weiter. Plötzlich sah er einen Enterich vorüberfliegen. Er zielte, aber da sprach der Enterich mit menschlicher Stimme: „Töte mich nicht, Zarewitsch Iwan! Ich werde dir von Nutzen sein.“ Er hatte Mitleid und wanderte weiter. Da lief ein Hase vorbei. Zarewitsch Iwan zielte, aber da sprach der Hase mit menschlicher Stimme: „Töte mich nicht, Zarewitsch Iwan, ich werde dir von Nutzen sein.“ Er hatte Mitleid und zog weiter. So kam er an das blaue Meer und sah: Am Ufer lag ein Hecht im Sand, atmete kaum und sprach: „Ach, Zarewitsch Iwan, habe Mitleid mit mir, wirf mich ins blaue Meer!“ Iwan warf den Hecht ins Meer und ging am Ufer weiter.
Über kurz oder lang sah er ein Häuschen auf Hühnerbeinen, das sich um sich selbst drehte. Auf dem Ofen lag Baba-Jaga, die Hexe, die Zähne lang bis zur Wand, die Nase reichte bis zur Decke. „Was wünschst du, mein Braver, warum bist du gekommen?“ fragte Baba-Jaga. Zarewitsch Iwan antwortete: „Du solltest mir zuerst Speis und Trank vorsetzen, das Bad bereiten und dann fragen.“ Baba-Jaga setzte ihm Speis und Trank vor, bereitete ihm das Bad, und dann erzählte ihr Zarewitsch Iwan, daß er seine Frau, die weise Wassilissa, suche. „Ich weiß, ich weiß“, sagte ihm Baba-Jaga, „deine Frau ist jetzt beim Unsterblichen Kastschej. Schwierig, sie zu holen, nicht leicht, Kastschej zu bezwingen: Sein Tod hängt an einer Nadelspitze, die Nadel liegt in einem Ei, das Ei in einer Ente, die Ente in einem Hasen, der Hase sitzt in einer Steintruhe, und die Truhe steht auf einer hohen Eiche, und die Eiche hütet der Unsterbliche Kastschej wie seinen Augapfel.“
Zarewitsch Iwan übernachtete bei Baba-Jaga, und morgens zeigte sie ihm, wo die hohe Eiche stand.
Ober kurz oder lang kam Zarewitsch Iwan hin und sah: Vor ihm erhob sich eine hohe rauschende Eiche, auf ihr stand eine Steintruhe, aber heranzukommen war schwierig. Plötzlich kam der Bär angelaufen und riß die Eiche mit den Wurzeln aus. Die Truhe fiel auf die Erde und zerbrach. Ein Hase sprang heraus und lief davon. Aber da rannte ihm der andere Hase nach, überholte ihn und riß ihn in Stücke. Aus dem Hasen flog eine Ente heraus und stieg hoch zum Himmel empor. Siehe, da stieß der Enterich auf sie herab, und sie verlor ein Ei, das Ei aber fiel ins blaue Meer. Da brach Zarewitsch Iwan in bittere Tränen aus: Wie sollte er das Ei im Meer finden?! Plötzlich kam der Hecht zum Ufer geschwommen und hielt das Ei im Maul. Zarewitsch Iwan zerbrach das Ei, holte die Nadel hervor und begann, ihre Spitze abzubrechen. Der Unsterbliche Kastschej schlug um sich und tobte, aber kein Toben half — Zarewitsch Iwan brach die Nadelspitze ab, und Kastschej mußte sterben.
Zarewitsch Iwan begab sich zu Kastschejs prunkvollen Gemächern. Die weise Wassilissa kam ihm entgegen und kühte ihn auf die zuckersüßen Lippen. Zarewitsch Iwan und die weise Wassilissa kehrten nach Hause zurück und lebten lange und glücklich bis in ihr hohes Alter.
Quelle:
(russisches Märchen, nacherzählt von Alexej Tolstoi)