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Es war einmal ein Bauer, der hatte drei Söhne, zwei kluge und einen, den sie den Dummen nannten. Derselbe Bauer hatte auch eine goldene Wiese. Jeden Morgen, wenn der Bauer auf die Wiese kam, sah er, daß da getanzt war, denn das Gras war im Kreise zertreten. Er schickte daher seinen ältesten Sohn, die Nacht über auf der Wiese zu wachen. Der aber bemerkte nichts, vermuthlich weil er eingeschlafen war. Darnach wachte der zweite, aber es erging ihm nicht besser. Da sagte der Dumme: Vater, laß mich nur wachen, ich werde schon etwas herausfinden. Und richtig, als er wachte, um 12 Uhr Nachts kamen drei goldene Tauben geflogen, die verwandelten sich in eine Prinzessin und zwei Dienerinnen, legten ihre Flügel in das Gebüsch und fingen an zu tanzen, so daß immer eine sang und die beiden andern tanzten. Da schlich der Dumme in das Gebüsch, nahm ihnen die Flügel und sagte, als sie die Flügel zurückverlangten: Ich gebe euch eure Flügel nicht eher zurück, als bis jede von euch mir etwas geschenkt hat. Da schenkte ihm die Prinzessin einen goldenen Ring, eine der Dienerinnen einen goldenen Apfel, die andere Dienerin … (Was diese schenkte, hatte die Mährchenerzählerin vergessen). Er fragte die Prinzessin, ob sie ihn heirathen möchte; sie ging darauf ein. So fuhren sie also zu seinen Eltern und machten Hochzeit. Als sie nun nach ihrem Schloß zurück wollte, schickte er sich an, sie zu begleiten, sie bat ihn aber, noch ein Jahr bei seinen Eltern zu bleiben, sie wollte mit ihren Mädchen vorausfliegen. Er fragte sie, wo ihr Schloß liege, sie antwortete ihm darauf: mein Schloß liegt da, wo die Sonne untergeht, und wo immer Winter ist. Darauf flog sie davon, er aber blieb noch ein Jahr bei seinen Eltern. Als das Jahr um war, machte er sich auf den Weg nach dem goldenen Schloß. Er hatte weit zu gehen über Berg und Thal, durch Feld und Wald; endlich erreichte er eine Wiese, auf der sich zwei Riesen um einen Stiefel prügelten. Er fragte sie: »Warum prügelt ihr euch«. Da sagte der eine der Riesen: »Wir haben von unserem Vater einen Stiefel geerbt, der mit jedem Schritt hundert Meilen macht; wir wissen aber nicht, wer von uns beiden ihn haben soll«. Da machte der Dumme ihnen kurzweg den Vorschlag und sagte: »Wißt ihr was?« Dann gebt ihn mir.« Die Riesen gaben ihm auch wirklich den Stiefel, und er zog ihn an, und machte nun mit jedem Schritte hundert Meilen. Darauf kam er wieder nach einer Wiese, auf der sich wieder zwei Riesen prügelten, und zwar um einen Mantel. Er fragte sie: »Weshalb prügelt ihr euch, und was hat denn der Mantel zu bedeuten?« Da sagte der eine der Riesen: »Wir haben den Mantel geerbt, und er besitzt die Kraft, denjenigen, der ihn umnimmt, unsichtbar zu machen.« Da sagte der Dumme: »Gebt den Mantel mir, dann habt ihr Frieden.« Richtig, er bekam auch den Mantel und nahm ihn sich um. Darauf wanderte er weiter und kam wieder an eine Wiese, wo sich zwei Riesen um einen Säbel prügelten. Auf seine Frage, was der Säbel für eine Kraft habe, sagte ihm einer der Riesen: »Der Säbel hat die Kraft, was man mit demselben berührt, das wird lebendig.« Er bekommt den Säbel auf dieselbe Weise, wie vorher den Stiefel und den Mantel, und geht weiter und kommt an ein Häuschen im Walde, in dem eine alte Hexe wohnte. Er bittet um Nachtquartier, und sie nimmt ihn auch auf. Auch fragt er sie nach dem Wege zum goldenen Schloß, worauf sie ihm sagt: »Das goldene Schloß liegt da, wo die Sonne untergeht, und wo nie Sommer ist.« Sie hatte aber Macht über die Thiere im Walde und blies in ein Horn. Da kam ein Löwe, und sie sagte ihm, er möchte den Fremden im Walde beschützen und nicht zu Schaden kommen lassen. Richtig, er kommt auch ganz gut durch den großen Wald und wieder an ein Häuschen, wo wieder eine alte Hexe wohnt. Die nimmt ihn sehr gut auf und sagt ihm, sie habe Macht über alle Vögel. Sie bläst in ein Horn, da kommt der Zaunkönig geflogen. Dem sagt sie, er solle den Fremden auf den Rücken nehmen und mit ihm nach dem goldenen Schloß fliegen, dieser aber mußte dabei, um unsichtbar zu sein, den Mantel umnehmen. Der Zaunkönig fliegt mit ihm über Meere, Wälder, Seen und Städte und fragt ihn alle Augenblick: »Was siehst du da?« Er antwortet: »Ich sehe die Wolken da in der Ferne.« Der Vogel aber erwiederte: »Nein, das ist das goldene Schloß, wo die Prinzessin wohnt.« So kommen sie denn nach langer Reise bei dem Schlosse an, aber die Thüren sind zugeschlossen, und auf dem Hofe ist Alles todt, Thiere und Pflanzen sind wie verzaubert. Er bullert an die Thür und denkt: »Ich kann mich hier zerbullern, es wird doch nicht gehört!« Endlich ruft er: »Ewe, Ewe (d.h. Ewa, Ewa), mach‘ die Thüre auf!« Da schickt sie ihr Dienstmädchen hinaus, und er sagt dieser, er sei der Mann von der Prinzessin, das Jahr sei verflossen, und so komme er denn zu ihr. Das Mädchen verlangt von ihm ein Zeichen, daß er es sei; da kollert er den Apfel in das Schloß. Darauf geht das Mädchen zur Prinzessin und zeigt ihr an, daß ihr Mann da sei. Die Prinzessin lacht und sagt: »Das ist doch nicht möglich, daß der hierher gefunden hat, es wird ein andrer sein!« Das Mädchen zeigt ihr aber den goldenen Apfel, und so glaubte sie und ließ ihn ein. Als er eingetreten war, sagte sie ihm: »Du kannst hier nicht eher Ruhe haben, als bis du die zweimal zwölf Teufel hier im Hause bestanden hast; im ersten Zimmer sind ihrer zwölf, eilf haben einen Kopf, der zwölfte hat zwölf Köpfe; wenn du diesem einen seiner zwölf Köpfe abhaust, wachsen an der Stelle desselben immer gleich zwölf neue, wenn du ihn aber besiegst, dann verschwinden auch die übrigen zwölf [so]. Im zweiten Zimmer sind wieder zwölf Teufel, von denen der eine vierundzwanzig Köpfe hat, und da mußt du, was sie dich auch fragen, nicht darauf hören und nichts antworten.« Er kommt in das erste Zimmer und besiegt die zwölf Teufel. Dann kommt er in das zweite Zimmer; da kommt ihm einer der Teufel entgegen und fragt ihn, was er da zu suchen habe? Er ist aber ganz stumm und sagt nichts; da kommt ein zweiter und sagt: »Warum hast du nicht geantwortet, wenn du gefragt wirst?« Er sagt aber wieder kein Wort und bleibt stumm, was sie ihn auch fragen. So besiegt er auch diese. Nun kommt er in das dritte Zimmer, da liegt der König und die Königin todt. Er berührt sie mit dem Schwerte, da bekommt das ganze Schloß mit Allem, was darinnen ist, einen Ruck, auch er selbst, daß die Gedärme im Leibe sich ihm umdrehten, der König und die Königin wurden lebendig, ebenso alle Thiere und Pflanzen. Er führte den König und die Königin zu seiner Frau und lebte mit derselben sehr glücklich. Sie mögen auch noch leben.
Aus Klein Jerutten
[Polen: M. Toeppen: Aberglauben aus Masuren]