2
(1)
Es war einmal ein reiches Ehepaar, das hatte zwölf Söhne. Als der jüngste von ihnen herangewachsen war, wollte er nicht länger zu Hause bleiben, sondern wollte fort in die Welt und sein Glück versuchen. Die Eltern sagten, er hätte es ja gut bei ihnen und er sollte doch lieber zu Hause bleiben. Aber er hatte keine Ruhe, er wollte und musste fort, und da ließen sie ihn denn endlich reisen.
Als er nun eine Zeitlang umhergewandert war, kam er auch zu einem Königsschloß; da bat er um einen Dienst, und den erhielt er auch. Die Tochter des Königs von diesem Lande aber wurde von einem Troll in einem Berg zurückgehalten, und der König hatte nur diese einzige Tochter. Darum war er und mit ihm das ganze Land in großer Sorge und Betrübnis, und der König hatte demjenigen, der sie befreien könnte, die Prinzessin und das halbe Reich versprochen; doch obwohl es viele versuchten, gab es niemanden, der das konnte.
Nach ungefähr einem Jahr wollte der Bursche wieder nach Hause und seine Eltern besuchen. Als er aber zu Hause ankam, waren seine Eltern inzwischen gestorben, und die Brüder hatten die Erbschaft unter sich geteilt, so dass nun nichts mehr für den Burschen übrig war. „Soll ich denn gar nichts haben?“ fragte der Bursche. „Wie konnten wir denn wissen, dass du noch am Leben bist, wo du so lange herumgestreift bist?“ fragten die Brüder, „aber das ist nicht so schlimm. Oben auf der Bergkoppel grasen zwölf Stuten, die wir noch nicht unter uns geteilt haben; willst du die für dich haben, so kannst du sie nehmen.“ Ja, damit war der Bursche einverstanden, und er begab sich sogleich zu der Bergkoppel, wo die zwölf Stuten grasten.
Wie er hinkam, da hatte jede Stute ein Füllen; das schönste Füllen aber hatte doch die eine Stute, das war ein großes scheckiges Füllen und so fett und so gut bei Leibe, dass es glänzte. „Du bist ein schönes Tierchen“, sagte der Bursche. „Ja, aber wenn du die anderen Füllen totschlägst, so dass ich ein ganzes Jahr bei allen Stuten saugen kann, dann sollst du mal sehen, wie groß und schön ich werde“, sagte das Füllen. Das tat denn der Bursche auch. Er schlug alle anderen Füllen tot, und darauf ging er fort.
Als er das nächste Jahr wiederkam und sich nach seinem Füllen und seinen Stuten umsehen wollte, da war das Füllen so fett geworden, dass es glänzte und blitzte, und so groß war es, dass der Bursche nur mit genauer Not hinaufkommen konnte. Alle Stuten aber hatten wieder ihr Füllen bekommen. „Ja, es ist wahr, es hat sich gelohnt, dass ich dich bei allen zwölf Stuten saugen ließ“, sagte der Bursche zu dem Einjährigen, „aber jetzt bist du groß genug, nun muss ich dich mitnehmen.“ – „Nein, lass mich noch ein Jahr hier bleiben“, sagte das Füllen, „schlag wieder die zwölf anderen Füllen tot, damit ich auch dieses Jahr bei allen zwölf Stuten saugen kann; dann sollst du mal sehen, wie groß und schön ich im nächsten Sommer bin.“
Der Bursche tat wieder, wie das Füllen ihm gesagt hatte; und als er im nächsten Jahr zu der Koppel kam, da hatte wieder jede Stute ihr Füllen bekommen; das scheckige Füllen aber war so groß geworden, dass der Bursche gar nicht mehr hinauf konnte, und so fett und so blank war es, dass es nur so glitzerte. „Groß und schön warst du voriges Jahr“, sagte der Bursche, „aber dieses Jahr bist du noch stattlicher; ein solches Füllen gibt es nicht in des Königs Schloss. Aber nun muss ich dich mitnehmen.“ – „Nein“, sagte die Schecke, „lass mich noch ein Jahr hier bleiben! Schlag wieder die zwölf anderen Füllen tot, damit ich auch noch dieses Jahr bei allen Stuten saugen kann; dann sollst du mich mal sehen im nächsten Sommer!“
Der Bursche tat wieder, wie das Schecken-Füllen ihm gesagt hatte, schlug alle anderen Füllen tot, und dann ging er fort.
Als er aber nun im nächsten Jahr wiederkam und sich nach seinem Füllen und seinen Stuten umsehen wollte, da wurde der Bursche ganz erschrocken. Er hatte nie geglaubt, dass ein Pferd so groß und so schwer werden könnte; denn die Schecke musste sich auf allen vieren niederlegen, wenn der Bursche hinaufsteigen wollte, und dann hatte er noch genug zu tun, dass er nur hinaufkam. Und so fett und so prall war sie geworden, dass sie glänzte und blitzte wie ein Spiegel, und diesmal hatte die Schecke nichts dagegen einzuwenden, dass der Bursche sie mitnahm. Er setzte sich auf sie und ritt mit ihr nach Hause zu seinen Brüdern, die schlugen die Hände über dem Kopf zusammen und bekreuzigten sich, denn ein solches Pferd hatten sie weder gesehen noch davon reden hören. „Wenn ihr mir mein Pferd beschlagt und ihm einen Sattel und ein Gebiss verschafft, wie man’s schöner nicht haben kann“, sagte der Bursche, „so mögt ihr alle zwölf Stuten nehmen, die da auf der Koppel grasen, und ihre zwölf Füllen dazu.“ – In diesem Jahr hatte nämlich jede Stute wieder ein Füllen bekommen. – Ja, das wollten die Brüder gern, und nun wurde das Pferd des Burschen so beschlagen, dass die Kieselsteine in die Luft flogen, wenn er über den Berg ritt, und es bekam einen Goldsattel und ein Goldgebiß, dass man den Glanz davon schon von weitem sah.
„lass uns jetzt nach des Königs Schloss reiten!“ sagte die Grimsschecke – denn so hieß das Pferd -, „aber du musst den König um guten Stallraum und gutes Futter für mich bitten.“ Ja, er wollt’s nicht vergessen, sagte der Bursche, und dann ritt er fort, dass die Funken stoben, und da kannst du dir wohl denken, dass sie nicht sehr lange Zeit brauchten, um zum Schloss zu kommen.
Als der Bursche dort ankam, stand der König draußen auf der Treppe; er guckte und guckte und konnte nicht begreifen, was das für einer war, der da angeritten kam. „Nein!“ sagte er. „Einen solchen Kerl und ein solches Pferd hab ich mein Lebtag noch nicht gesehen!“ Als der Bursche ihn darauf fragte, ob er nicht einen Dienst im Schloss bekommen könnte, freute sich der König so sehr, dass er hüpfte und sprang, und da bekam der Bursche denn auch einen Dienst. „Ja, aber guten Stallraum für mein Pferd will ich haben und gutes Futter auch“, sagte der Bursche. Einen Stallraum für sein Pferd sollte er bekommen und Hafer und Heu, soviel es nur fressen konnte. Und darauf mussten die anderen Ritter alle ihre Pferde aus dem Stall führen; denn er sollte für die Grimsschecke allein bleiben, damit sie genug Platz drin hätte.
Und nun, kannst du dir wohl denken, dauerte es nicht lange, da wurden die anderen im Schloss neidisch auf den Burschen, und wenn sie es nur gedurft hätten, hätten sie ihm wohl allen möglichen Schabernack angetan. Endlich verfielen sie darauf, zum König zu sagen, der Bursche habe sich gerühmt, dass er die Prinzessin befreien könnte, die der Troll bei sich im Berg eingeschlossen hielt. Sogleich ließ der König ihn zu sich rufen und sagte, so und so hätte er gesagt, und nun sollte er Wort halten. Wenn er es könnte, so würde er die Prinzessin und das halbe Reich bekommen, denn das hätte er dann redlich verdient; könnte er es aber nicht, so solle er das Leben verlieren.
Der Bursche beteuerte zwar, das hätt‘ er nicht gesagt; aber es half nichts, der König wollte auf dem Ohr nicht hören, und es blieb dem Burschen nichts anderes übrig – er musste es versuchen.
Er ging nun in den Stall und war ganz traurig und mutlos. Die Grimsschecke fragte ihn, was ihm fehle, und da erzählte ihr der Bursche denn, was der König von ihm verlangte, und sagte, er wisse nicht, wie er das anfangen sollte, denn die Prinzessin zu befreien, meinte er, wäre wohl ein Ding der Unmöglichkeit. „Die Sache ist gar nicht so gefährlich“, sagte die Grimsschecke. „Ich will dir schon helfen, aber du musst mich gut beschlagen lassen. Zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl musst du verlangen, und einen Schmied zum Schmieden und einen zum Beschlagen.“
Ja, das tat der Bursche, und der König gab ihm Eisen und Stahl und zwei Schmiede, und die Grimsschecke wurde beschlagen hinten und vorn, und darauf ritt der Bursche aus dem Schloss, dass der Staub aufwirbelte. Als er aber zu dem Berg kam, galt es, die steile Wand hinaufzukommen, die war so schroff wie eine Mauer und so glatt wie ein Spiegel. Beim ersten Anlauf kam der Bursche ein kleines Stück hinauf; aber dann glitt die Grimsschecke mit den beiden Vorderfüßen aus und rutschte wieder herunter, dass es donnerte und krachte. Beim zweiten Anlauf kam er ein Ende weiter, aber da glitt die Grimsschecke wieder mit dem einen Vorderbein aus und rutschte herunter, dass der Berg bebte. Das dritte Mal sagte die Grimsschecke: „Jetzt muss es werden!“ Und damit legte sie los, dass die Steine in die Wolken flogen, und diesmal kam sie hinauf. Nun ritt der Bursche in vollem Galopp heran, griff die Königstochter und nahm sie vor sich auf den Sattel, und ehe der Troll sich noch recht besann, waren sie auf und davon – wenn ich aber nicht irre, so schlief der Troll damals -, und nun war die Prinzessin befreit.
Als jetzt der Bursche zurück aufs Schloss kam, freute sich der König nicht wenig, kannst du glauben. Wie dem nun aber auch sein mochte – die anderen auf dem Schloss hatten dem König allerlei vorgeredet, und er war gleichwohl zornig auf den Burschen. „Ich danke dir, dass du meine Tochter befreit hast!“ Das war alles, was er sagte, und damit wollte er seines Weges gehen. Der Bursche aber entgegnete: „Sie gehört mir jetzt ebenso gut wie dir, denn ich hoffe doch, dass du ein Mann von Wort bist.“ – „Nun ja“, sagte der König, „du sollst sie haben, weil ich es dir versprochen habe; aber erst musst du dafür sorgen, dass die Sonne in mein Schloss scheint!“ Es lag nämlich ein großer Berg vor dem Schloßfenster, der schattete so sehr, dass die Sonne nicht hinein scheinen konnte.
„Das hatten wir nun freilich nicht vereinbart“, sagte der Bursche, „aber es hilft nichts, ich will mein Bestes versuchen; denn die Prinzessin möchte ich doch gern haben.“ Er ging nun wieder zu der Schecke und erzählte ihr, was der König von ihm verlangte. Die Grimsschecke meinte, die Sache sei nicht so gefährlich; aber einen neuen Beschlag unter den Füßen müsste sie haben, und dazu wären zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl und zwei Schmiede, einer zum Schmieden und einer zum Beschlagen, notwendig, dann sollte die Sonne schon ins Schloss scheinen. Der Bursche bekam alles, was er verlangte, denn das konnte ihm der König denn doch nicht versagen, und die Grimsschecke wurde nun neu beschlagen und gar nicht schlecht. Wie das geschehen war, setzte der Bursche sich darauf, und bei jedem Schritt, den die Grimsschecke tat, sank der Berg dreißig Fuß tief in die Erde, bis nichts mehr vom Berg zu sehen war.
Wie nun der Bursche zurück zum Schloss kam, fragte er den König, ob er ihm jetzt die Prinzessin geben wollte – denn nun wollte er wohl meinen, dass die Sonne ins Schloss scheine. Aber da hatten die anderen dem König wieder allerlei vorgeredet, und er sagte zu dem Burschen: „Die Prinzessin sollst du wohl haben, denn ich habe meinen Sinn nicht geändert, aber erst musst du ein Brautpferd beschaffen, das so stattlich ist wie das des Bräutigams, das ist nicht mehr als billig.“ Der Bursche sagte, davon habe der König vorher nicht gesprochen, und er meinte, er habe die Prinzessin jetzt verdient. Aber der König blieb bei seiner Forderung, wenn er ihm nicht ein solches Brautpferd scharfen könne, sagte er, dann solle er das Leben dazu verlieren.
Der Bursche ging nun in den Stall, aber ganz traurig und mutlos, und erzählte der Grimsschecke, was der König von ihm verlangte. „Wie soll das aber angehen?“ sagte er, „denn deinesgleichen gibt es wohl nicht mehr in der Welt.“ – „Doch, es gibt meinesgleichen“, sagte die Grimsschecke, „aber es ist schwer, sie zu bekommen, denn sie ist in der Hölle; wir wollen jedoch unser Bestes versuchen.“ – „Und was muss ich denn tun?“ fragte der Bursche. „Erst musst du zum König gehen“, sagte die Grimsschecke, „und einen neuen Beschlag unter meinen Füßen verlangen, und dazu sind zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl und zwei Schmiede notwendig, einer zum Schmieden und einer zum Beschlagen, aber sieh ja zu, dass die Eisen scharf genug werden, und dann musst du zwölf Tonnen Roggen und zwölf Tonnen Gerste verlangen, und zwölf geschlachtete Ochsen müssen wir haben, dazu alle zwölf Ochsenhäute und in jeder Haut zwölfhundert Nägel, denn alles das brauchen wir.“ Der Bursche ging nun zum König und verlangte alles, wie die Grimsschecke ihm gesagt hatte, und der König konnte es ihm nicht gut verweigern und musste ihm alles geben.
Als nun die Grimsschecke gehörig beschlagen war, setzte sich der Bursche darauf und ritt aus dem Schlosshof. Wie er nun ein weites, weites Ende geritten war, über Berge und über Hügel, da fragte die Schecke ihn: „Hörst du etwas?“ – „Ja“, sagte der Bursche, „ich höre ein gewaltiges Sausen in der Luft, so dass mir angst und bange wird.“ – „Das sind all die wilden Vögel des Waldes, die geflogen kommen“, sagte die Grimsschecke. „Sie sind ausgesandt, um uns aufzuhalten; aber schneide jetzt ein Loch in die Kornsäcke, dann haben sie genug zu tun mit dem Korn und vergessen uns darüber.“ Das tat nun der Bursche. Er schnitt ein Loch in die Kornsäcke, so dass der Roggen und die Gerste überall herausliefen. Da kamen die wilden Vögel des Waldes, und es waren so viele, dass die Sonne davon verdunkelt wurde.
Als sie aber das Korn erblickten, schossen sie herunter und fingen an, die Roggen- und Gerstenkörner aufzupicken, und zuletzt, glaube ich, schlugen sie sich sogar, doch das kann ich nicht mit Gewissheit sagen; aber so viel weiß ich wohl, dass sie dem Burschen und der Grimsschecke nichts taten, denn die hatten sie ganz vergessen.
Nun ritt der Bursche wieder eine lange Strecke, über Berge und Täler, durch Sumpf und Moor. Da horchte plötzlich die Grimsschecke auf und fragte den Burschen: „Hörst du etwas?“ – „Ja, ich höre von allen Seiten hier ein entsetzliches Krachen, so dass mir angst und bange wird“, sagte der Bursche. „Das sind all die wilden Tiere des Waldes“, sagte die Grimsschecke. „Sie sind ausgeschickt, um uns aufzuhalten, aber wirf jetzt nur die Rümpfe von den zwölf Ochsen hinaus, dann bekommen sie genug zu tun und vergessen uns.“
Da warf der Bursche die Rümpfe hinaus, und nun kamen alle wilden Tiere, soviel es davon im Wald gab: Bären, Wölfe, Löwen und andere Ungeheuer; als sie aber die Ochsenrümpfe sahen, fielen sie alle darüber her und fingen an sich zu schlagen, dass das Blut floss. Den Burschen aber und die Grimsschecke vergaßen sie ganz.
Darauf ritt der Bursche wieder ein weites, weites Ende, die Wolken sausten an ihm vorüber; denn mit der Grimsschecke ging es nicht langsam, wie man sich wohl denken kann. Plötzlich aber fing die Schecke an zu wiehern und fragte: „Hörst du etwas?“ – „Ja, ich höre in der Ferne ein leises Wiehern wie von einem Füllen“, sagte der Bursche. „Nun, das war kein eben kleines Füllen“, sagte die Schecke, „es hört sich nur so leise an, weil es noch so weit weg ist.“ Darauf reisten sie ein gutes Ende weiter. Endlich wieherte die Grimsschecke wieder. „Hörst du etwas?“ fragte sie. „Ja, nun hör ich es deutlich wiehern wie ein großes Pferd“, sagte der Bursche. „Ja, du musst es noch einmal hören“, sagte die Schecke, „dann wirst du’s schon gewahr werden.“ Nun reisten sie wieder ein gutes Ende weiter, da wieherte die Grimsschecke zum dritten Male; aber noch ehe sie den Burschen fragen konnte, ob er etwas höre, wieherte es so laut, dass der Bursche dachte, der alte Berg würde bersten. „Nun ist es hier!“ sagte die Grimsschecke, „wirf jetzt schnell die Ochsenhäute mit den Nägeln auf mich, und die Teertonne wirf auf die Erde, und dann klettre auf die große Tanne da. Wenn dann das Pferd kommt, schnaubt es Feuer aus beiden Nüstern und zündet die Teertonne an. Dann gib gut Acht: Wenn die Flamme steigt, so gewinne ich – fällt sie, so verliere ich. Siehst du aber, dass ich gewinne, so wirf ihm schnell meinen Zaum über, dann ist es zahm.“
Kaum hatte der Bursche die Häute mit den Nägel auf die Grimsschecke geworfen, die Teertonne auf die Erde gerollt und war auf die Tanne geklettert, da kam das Pferd an, dass ihm die Flammen aus beiden Nüstern fuhren, und sogleich fing die Teertonne Feuer. Darauf begann die Grimsschecke mit dem anderen Pferd einen Kampf, dass die Steine bis zum Himmel flogen, sie bissen sich und schlugen aus mit den Vorder- und Hinterbeinen. Der Bursche sah bald nach ihnen, bald nach der Teertonne, und endlich stieg die Flamme; denn wie sehr das andere Pferd auch beißen und schlagen mochte, es traf immer nur die Häute mit den Nägeln, und da musste es sich denn endlich ergeben. Als der Bursche das sah, sprang er schnell vom Baum herunter, nahm den Zaum von der Grimsschecke und warf ihn auf das andere Pferd, und da wurde es so zahm, dass er es mit einem Zwirnsfaden lenken konnte, und es war ebenso scheckig wie das Grimsfüllen, so dass man sie nicht voneinander zu unterscheiden vermochte. Nun setzte sich der Bursche auf das neue Pferd und ritt wieder zurück zum Königsschloß, und die Grimsschecke lief neben ihm her.
Als er beim Schloss ankam, stand der König draußen auf dem Hof. „Kannst du mir jetzt sagen, was für ein Pferd ich gefangen habe, und was für eins ich hatte?“ sagte der Bursche. „Kannst du es nicht, so gehört deine Tochter mir.“ Der König betrachtete beide Schecken von unten bis oben; aber sie unterschieden sich um kein Haar. „Nein“, sagte der König, „das kann ich nicht. Meine Tochter hast du dir jetzt erworben, da du ihr ein so stattliches Brautpferd verschafft hast, aber erst müssen wir sehen, ob es auch so bestimmt ist, dass du sie haben sollst. Meine Tochter soll sich zweimal verstecken, und danach sollst du dich auch zweimal verstecken. Wenn du sie nun die beiden Male finden kannst, und sie dich aber nicht jedes Mal findet, dann ist es so bestimmt, dass du sie haben sollst.“ – „Das war nun freilich auch nicht vereinbart“, sagte der Bursche, „aber weil’s denn so sein soll, wollen wir’s versuchen.“
Nun sollte die Königstochter sich zuerst verstecken, und da verwandelte sie sich in eine Ente und schwamm auf dem Wasser, das dicht bei dem Schloss war. Der Bursche aber ging in den Stall und fragte die Grimsschecke, wo sie sich versteckt habe. „Oh, du brauchst nur dein Gewehr zu nehmen und nach der Ente zu zielen, die auf dem Wasser schwimmt“, sagte die Grimsschecke, „dann wird sie schon zum Vorschein kommen.“ Da nahm der Bursche sein Gewehr und ging damit ans Wasser. „Ich will mir doch mal die Ente holen“, sagte er und legte an. „Nein, nein, schieß nicht! Das bin ich!“ sagte die Prinzessin, und nun hatte er sie das erste Mal gefunden.
Das zweite Mal verwandelte sich die Prinzessin in ein Brot und lag auf dem Tisch zwischen vier anderen Broten, und alle waren ganz gleich, so dass keiner sie zu unterscheiden vermochte. Aber der Bursche ging wieder in den Stall zu der Grimsschecke und fragte, wo er jetzt wohl die Prinzessin suchen sollte.
„Oh, nimm bloß ein Brotmesser und wetze es tüchtig und tu dann so, als ob du das Brot, das von links das dritte auf dem Küchentisch ist, anschneiden wolltest“, sagte die Grimsschecke. „Dann wird sie schon zum Vorschein kommen.“ Da ging der Bursche in die Küche und nahm das größte Brotmesser, das er finden konnte, und wetzte es tüchtig, dann ergriff er das Brot, das von links das dritte war, und setzte das Messer an, als ob er’s mitten durchschneiden wollte. „Ich muss mir doch mal einen Kanten von diesem Brot abschneiden“, sagte er. „Nein, schneide nicht! Das bin ich!“ sagte die Prinzessin; und nun hatte er sie auch das zweite Mal gefunden.
Jetzt sollte der Bursche sich verstecken; da gab ihm aber die Grimsschecke einen so guten Rat, dass er nicht leicht zu finden war. Zuerst verwandelte er sich in eine Roßmücke und verbarg sich in der linken Nüster der Grimsschecke. Die Prinzessin ging und suchte überall, und zuletzt wollte sie auch in den Raum hinein, wo die Grimsschecke stand; die aber fing an zu beißen und um sich zu schlagen, dass sie sich nicht nahen durfte, und da konnte sie ihn denn nicht finden. „Nein, ich kann dich nicht finden“, rief sie, „komm nur hervor!“ Und sogleich stand der Bursche vor ihr in dem Stall. Das zweite Mal verwandelte er sich in einen Klumpen Erde und legte sich zwischen den Huf und das Eisen an dem linken Vorderfuß der Schecke. Die Königstochter ging wieder überall herum und suchte, und zuletzt kam sie auch an den Stall und wollte wieder in den Raum zu der Grimsschecke. Diesmal durfte sie sich auch nahen; aber unter den Huf konnte sie nicht kommen, denn die Schecke stand allzu fest auf ihren Beinen. Da ihr nun alles Suchen nichts half, sagte sie endlich: „Komm nur hervor! Denn ich kann dich doch nicht finden.“ Und da stand der Bursche sogleich wieder neben ihr im Stall. „Nun ist sie mein“, sagte er zum König, „denn nun kannst du sehen, dass es so bestimmt ist.“ – „Ja, wenn es denn so bestimmt ist, so muss es wohl so bleiben“, sagte der König. Und darauf wurde augenblicklich die Hochzeit gehalten. Der Bursche setzte sich auf die Grimsschecke und die Prinzessin auf die andere Schecke, und da kannst du dir denn wohl vorstellen, dass sie nicht sehr lange Zeit brauchten, um zur Kirche zu kommen; und dann lebten sie glücklich und in Freuden.
Als er nun eine Zeitlang umhergewandert war, kam er auch zu einem Königsschloß; da bat er um einen Dienst, und den erhielt er auch. Die Tochter des Königs von diesem Lande aber wurde von einem Troll in einem Berg zurückgehalten, und der König hatte nur diese einzige Tochter. Darum war er und mit ihm das ganze Land in großer Sorge und Betrübnis, und der König hatte demjenigen, der sie befreien könnte, die Prinzessin und das halbe Reich versprochen; doch obwohl es viele versuchten, gab es niemanden, der das konnte.
Nach ungefähr einem Jahr wollte der Bursche wieder nach Hause und seine Eltern besuchen. Als er aber zu Hause ankam, waren seine Eltern inzwischen gestorben, und die Brüder hatten die Erbschaft unter sich geteilt, so dass nun nichts mehr für den Burschen übrig war. „Soll ich denn gar nichts haben?“ fragte der Bursche. „Wie konnten wir denn wissen, dass du noch am Leben bist, wo du so lange herumgestreift bist?“ fragten die Brüder, „aber das ist nicht so schlimm. Oben auf der Bergkoppel grasen zwölf Stuten, die wir noch nicht unter uns geteilt haben; willst du die für dich haben, so kannst du sie nehmen.“ Ja, damit war der Bursche einverstanden, und er begab sich sogleich zu der Bergkoppel, wo die zwölf Stuten grasten.
Wie er hinkam, da hatte jede Stute ein Füllen; das schönste Füllen aber hatte doch die eine Stute, das war ein großes scheckiges Füllen und so fett und so gut bei Leibe, dass es glänzte. „Du bist ein schönes Tierchen“, sagte der Bursche. „Ja, aber wenn du die anderen Füllen totschlägst, so dass ich ein ganzes Jahr bei allen Stuten saugen kann, dann sollst du mal sehen, wie groß und schön ich werde“, sagte das Füllen. Das tat denn der Bursche auch. Er schlug alle anderen Füllen tot, und darauf ging er fort.
Als er das nächste Jahr wiederkam und sich nach seinem Füllen und seinen Stuten umsehen wollte, da war das Füllen so fett geworden, dass es glänzte und blitzte, und so groß war es, dass der Bursche nur mit genauer Not hinaufkommen konnte. Alle Stuten aber hatten wieder ihr Füllen bekommen. „Ja, es ist wahr, es hat sich gelohnt, dass ich dich bei allen zwölf Stuten saugen ließ“, sagte der Bursche zu dem Einjährigen, „aber jetzt bist du groß genug, nun muss ich dich mitnehmen.“ – „Nein, lass mich noch ein Jahr hier bleiben“, sagte das Füllen, „schlag wieder die zwölf anderen Füllen tot, damit ich auch dieses Jahr bei allen zwölf Stuten saugen kann; dann sollst du mal sehen, wie groß und schön ich im nächsten Sommer bin.“
Der Bursche tat wieder, wie das Füllen ihm gesagt hatte; und als er im nächsten Jahr zu der Koppel kam, da hatte wieder jede Stute ihr Füllen bekommen; das scheckige Füllen aber war so groß geworden, dass der Bursche gar nicht mehr hinauf konnte, und so fett und so blank war es, dass es nur so glitzerte. „Groß und schön warst du voriges Jahr“, sagte der Bursche, „aber dieses Jahr bist du noch stattlicher; ein solches Füllen gibt es nicht in des Königs Schloss. Aber nun muss ich dich mitnehmen.“ – „Nein“, sagte die Schecke, „lass mich noch ein Jahr hier bleiben! Schlag wieder die zwölf anderen Füllen tot, damit ich auch noch dieses Jahr bei allen Stuten saugen kann; dann sollst du mich mal sehen im nächsten Sommer!“
Der Bursche tat wieder, wie das Schecken-Füllen ihm gesagt hatte, schlug alle anderen Füllen tot, und dann ging er fort.
Als er aber nun im nächsten Jahr wiederkam und sich nach seinem Füllen und seinen Stuten umsehen wollte, da wurde der Bursche ganz erschrocken. Er hatte nie geglaubt, dass ein Pferd so groß und so schwer werden könnte; denn die Schecke musste sich auf allen vieren niederlegen, wenn der Bursche hinaufsteigen wollte, und dann hatte er noch genug zu tun, dass er nur hinaufkam. Und so fett und so prall war sie geworden, dass sie glänzte und blitzte wie ein Spiegel, und diesmal hatte die Schecke nichts dagegen einzuwenden, dass der Bursche sie mitnahm. Er setzte sich auf sie und ritt mit ihr nach Hause zu seinen Brüdern, die schlugen die Hände über dem Kopf zusammen und bekreuzigten sich, denn ein solches Pferd hatten sie weder gesehen noch davon reden hören. „Wenn ihr mir mein Pferd beschlagt und ihm einen Sattel und ein Gebiss verschafft, wie man’s schöner nicht haben kann“, sagte der Bursche, „so mögt ihr alle zwölf Stuten nehmen, die da auf der Koppel grasen, und ihre zwölf Füllen dazu.“ – In diesem Jahr hatte nämlich jede Stute wieder ein Füllen bekommen. – Ja, das wollten die Brüder gern, und nun wurde das Pferd des Burschen so beschlagen, dass die Kieselsteine in die Luft flogen, wenn er über den Berg ritt, und es bekam einen Goldsattel und ein Goldgebiß, dass man den Glanz davon schon von weitem sah.
„lass uns jetzt nach des Königs Schloss reiten!“ sagte die Grimsschecke – denn so hieß das Pferd -, „aber du musst den König um guten Stallraum und gutes Futter für mich bitten.“ Ja, er wollt’s nicht vergessen, sagte der Bursche, und dann ritt er fort, dass die Funken stoben, und da kannst du dir wohl denken, dass sie nicht sehr lange Zeit brauchten, um zum Schloss zu kommen.
Als der Bursche dort ankam, stand der König draußen auf der Treppe; er guckte und guckte und konnte nicht begreifen, was das für einer war, der da angeritten kam. „Nein!“ sagte er. „Einen solchen Kerl und ein solches Pferd hab ich mein Lebtag noch nicht gesehen!“ Als der Bursche ihn darauf fragte, ob er nicht einen Dienst im Schloss bekommen könnte, freute sich der König so sehr, dass er hüpfte und sprang, und da bekam der Bursche denn auch einen Dienst. „Ja, aber guten Stallraum für mein Pferd will ich haben und gutes Futter auch“, sagte der Bursche. Einen Stallraum für sein Pferd sollte er bekommen und Hafer und Heu, soviel es nur fressen konnte. Und darauf mussten die anderen Ritter alle ihre Pferde aus dem Stall führen; denn er sollte für die Grimsschecke allein bleiben, damit sie genug Platz drin hätte.
Und nun, kannst du dir wohl denken, dauerte es nicht lange, da wurden die anderen im Schloss neidisch auf den Burschen, und wenn sie es nur gedurft hätten, hätten sie ihm wohl allen möglichen Schabernack angetan. Endlich verfielen sie darauf, zum König zu sagen, der Bursche habe sich gerühmt, dass er die Prinzessin befreien könnte, die der Troll bei sich im Berg eingeschlossen hielt. Sogleich ließ der König ihn zu sich rufen und sagte, so und so hätte er gesagt, und nun sollte er Wort halten. Wenn er es könnte, so würde er die Prinzessin und das halbe Reich bekommen, denn das hätte er dann redlich verdient; könnte er es aber nicht, so solle er das Leben verlieren.
Der Bursche beteuerte zwar, das hätt‘ er nicht gesagt; aber es half nichts, der König wollte auf dem Ohr nicht hören, und es blieb dem Burschen nichts anderes übrig – er musste es versuchen.
Er ging nun in den Stall und war ganz traurig und mutlos. Die Grimsschecke fragte ihn, was ihm fehle, und da erzählte ihr der Bursche denn, was der König von ihm verlangte, und sagte, er wisse nicht, wie er das anfangen sollte, denn die Prinzessin zu befreien, meinte er, wäre wohl ein Ding der Unmöglichkeit. „Die Sache ist gar nicht so gefährlich“, sagte die Grimsschecke. „Ich will dir schon helfen, aber du musst mich gut beschlagen lassen. Zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl musst du verlangen, und einen Schmied zum Schmieden und einen zum Beschlagen.“
Ja, das tat der Bursche, und der König gab ihm Eisen und Stahl und zwei Schmiede, und die Grimsschecke wurde beschlagen hinten und vorn, und darauf ritt der Bursche aus dem Schloss, dass der Staub aufwirbelte. Als er aber zu dem Berg kam, galt es, die steile Wand hinaufzukommen, die war so schroff wie eine Mauer und so glatt wie ein Spiegel. Beim ersten Anlauf kam der Bursche ein kleines Stück hinauf; aber dann glitt die Grimsschecke mit den beiden Vorderfüßen aus und rutschte wieder herunter, dass es donnerte und krachte. Beim zweiten Anlauf kam er ein Ende weiter, aber da glitt die Grimsschecke wieder mit dem einen Vorderbein aus und rutschte herunter, dass der Berg bebte. Das dritte Mal sagte die Grimsschecke: „Jetzt muss es werden!“ Und damit legte sie los, dass die Steine in die Wolken flogen, und diesmal kam sie hinauf. Nun ritt der Bursche in vollem Galopp heran, griff die Königstochter und nahm sie vor sich auf den Sattel, und ehe der Troll sich noch recht besann, waren sie auf und davon – wenn ich aber nicht irre, so schlief der Troll damals -, und nun war die Prinzessin befreit.
Als jetzt der Bursche zurück aufs Schloss kam, freute sich der König nicht wenig, kannst du glauben. Wie dem nun aber auch sein mochte – die anderen auf dem Schloss hatten dem König allerlei vorgeredet, und er war gleichwohl zornig auf den Burschen. „Ich danke dir, dass du meine Tochter befreit hast!“ Das war alles, was er sagte, und damit wollte er seines Weges gehen. Der Bursche aber entgegnete: „Sie gehört mir jetzt ebenso gut wie dir, denn ich hoffe doch, dass du ein Mann von Wort bist.“ – „Nun ja“, sagte der König, „du sollst sie haben, weil ich es dir versprochen habe; aber erst musst du dafür sorgen, dass die Sonne in mein Schloss scheint!“ Es lag nämlich ein großer Berg vor dem Schloßfenster, der schattete so sehr, dass die Sonne nicht hinein scheinen konnte.
„Das hatten wir nun freilich nicht vereinbart“, sagte der Bursche, „aber es hilft nichts, ich will mein Bestes versuchen; denn die Prinzessin möchte ich doch gern haben.“ Er ging nun wieder zu der Schecke und erzählte ihr, was der König von ihm verlangte. Die Grimsschecke meinte, die Sache sei nicht so gefährlich; aber einen neuen Beschlag unter den Füßen müsste sie haben, und dazu wären zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl und zwei Schmiede, einer zum Schmieden und einer zum Beschlagen, notwendig, dann sollte die Sonne schon ins Schloss scheinen. Der Bursche bekam alles, was er verlangte, denn das konnte ihm der König denn doch nicht versagen, und die Grimsschecke wurde nun neu beschlagen und gar nicht schlecht. Wie das geschehen war, setzte der Bursche sich darauf, und bei jedem Schritt, den die Grimsschecke tat, sank der Berg dreißig Fuß tief in die Erde, bis nichts mehr vom Berg zu sehen war.
Wie nun der Bursche zurück zum Schloss kam, fragte er den König, ob er ihm jetzt die Prinzessin geben wollte – denn nun wollte er wohl meinen, dass die Sonne ins Schloss scheine. Aber da hatten die anderen dem König wieder allerlei vorgeredet, und er sagte zu dem Burschen: „Die Prinzessin sollst du wohl haben, denn ich habe meinen Sinn nicht geändert, aber erst musst du ein Brautpferd beschaffen, das so stattlich ist wie das des Bräutigams, das ist nicht mehr als billig.“ Der Bursche sagte, davon habe der König vorher nicht gesprochen, und er meinte, er habe die Prinzessin jetzt verdient. Aber der König blieb bei seiner Forderung, wenn er ihm nicht ein solches Brautpferd scharfen könne, sagte er, dann solle er das Leben dazu verlieren.
Der Bursche ging nun in den Stall, aber ganz traurig und mutlos, und erzählte der Grimsschecke, was der König von ihm verlangte. „Wie soll das aber angehen?“ sagte er, „denn deinesgleichen gibt es wohl nicht mehr in der Welt.“ – „Doch, es gibt meinesgleichen“, sagte die Grimsschecke, „aber es ist schwer, sie zu bekommen, denn sie ist in der Hölle; wir wollen jedoch unser Bestes versuchen.“ – „Und was muss ich denn tun?“ fragte der Bursche. „Erst musst du zum König gehen“, sagte die Grimsschecke, „und einen neuen Beschlag unter meinen Füßen verlangen, und dazu sind zwanzig Pfund Eisen und zwölf Pfund Stahl und zwei Schmiede notwendig, einer zum Schmieden und einer zum Beschlagen, aber sieh ja zu, dass die Eisen scharf genug werden, und dann musst du zwölf Tonnen Roggen und zwölf Tonnen Gerste verlangen, und zwölf geschlachtete Ochsen müssen wir haben, dazu alle zwölf Ochsenhäute und in jeder Haut zwölfhundert Nägel, denn alles das brauchen wir.“ Der Bursche ging nun zum König und verlangte alles, wie die Grimsschecke ihm gesagt hatte, und der König konnte es ihm nicht gut verweigern und musste ihm alles geben.
Als nun die Grimsschecke gehörig beschlagen war, setzte sich der Bursche darauf und ritt aus dem Schlosshof. Wie er nun ein weites, weites Ende geritten war, über Berge und über Hügel, da fragte die Schecke ihn: „Hörst du etwas?“ – „Ja“, sagte der Bursche, „ich höre ein gewaltiges Sausen in der Luft, so dass mir angst und bange wird.“ – „Das sind all die wilden Vögel des Waldes, die geflogen kommen“, sagte die Grimsschecke. „Sie sind ausgesandt, um uns aufzuhalten; aber schneide jetzt ein Loch in die Kornsäcke, dann haben sie genug zu tun mit dem Korn und vergessen uns darüber.“ Das tat nun der Bursche. Er schnitt ein Loch in die Kornsäcke, so dass der Roggen und die Gerste überall herausliefen. Da kamen die wilden Vögel des Waldes, und es waren so viele, dass die Sonne davon verdunkelt wurde.
Als sie aber das Korn erblickten, schossen sie herunter und fingen an, die Roggen- und Gerstenkörner aufzupicken, und zuletzt, glaube ich, schlugen sie sich sogar, doch das kann ich nicht mit Gewissheit sagen; aber so viel weiß ich wohl, dass sie dem Burschen und der Grimsschecke nichts taten, denn die hatten sie ganz vergessen.
Nun ritt der Bursche wieder eine lange Strecke, über Berge und Täler, durch Sumpf und Moor. Da horchte plötzlich die Grimsschecke auf und fragte den Burschen: „Hörst du etwas?“ – „Ja, ich höre von allen Seiten hier ein entsetzliches Krachen, so dass mir angst und bange wird“, sagte der Bursche. „Das sind all die wilden Tiere des Waldes“, sagte die Grimsschecke. „Sie sind ausgeschickt, um uns aufzuhalten, aber wirf jetzt nur die Rümpfe von den zwölf Ochsen hinaus, dann bekommen sie genug zu tun und vergessen uns.“
Da warf der Bursche die Rümpfe hinaus, und nun kamen alle wilden Tiere, soviel es davon im Wald gab: Bären, Wölfe, Löwen und andere Ungeheuer; als sie aber die Ochsenrümpfe sahen, fielen sie alle darüber her und fingen an sich zu schlagen, dass das Blut floss. Den Burschen aber und die Grimsschecke vergaßen sie ganz.
Darauf ritt der Bursche wieder ein weites, weites Ende, die Wolken sausten an ihm vorüber; denn mit der Grimsschecke ging es nicht langsam, wie man sich wohl denken kann. Plötzlich aber fing die Schecke an zu wiehern und fragte: „Hörst du etwas?“ – „Ja, ich höre in der Ferne ein leises Wiehern wie von einem Füllen“, sagte der Bursche. „Nun, das war kein eben kleines Füllen“, sagte die Schecke, „es hört sich nur so leise an, weil es noch so weit weg ist.“ Darauf reisten sie ein gutes Ende weiter. Endlich wieherte die Grimsschecke wieder. „Hörst du etwas?“ fragte sie. „Ja, nun hör ich es deutlich wiehern wie ein großes Pferd“, sagte der Bursche. „Ja, du musst es noch einmal hören“, sagte die Schecke, „dann wirst du’s schon gewahr werden.“ Nun reisten sie wieder ein gutes Ende weiter, da wieherte die Grimsschecke zum dritten Male; aber noch ehe sie den Burschen fragen konnte, ob er etwas höre, wieherte es so laut, dass der Bursche dachte, der alte Berg würde bersten. „Nun ist es hier!“ sagte die Grimsschecke, „wirf jetzt schnell die Ochsenhäute mit den Nägeln auf mich, und die Teertonne wirf auf die Erde, und dann klettre auf die große Tanne da. Wenn dann das Pferd kommt, schnaubt es Feuer aus beiden Nüstern und zündet die Teertonne an. Dann gib gut Acht: Wenn die Flamme steigt, so gewinne ich – fällt sie, so verliere ich. Siehst du aber, dass ich gewinne, so wirf ihm schnell meinen Zaum über, dann ist es zahm.“
Kaum hatte der Bursche die Häute mit den Nägel auf die Grimsschecke geworfen, die Teertonne auf die Erde gerollt und war auf die Tanne geklettert, da kam das Pferd an, dass ihm die Flammen aus beiden Nüstern fuhren, und sogleich fing die Teertonne Feuer. Darauf begann die Grimsschecke mit dem anderen Pferd einen Kampf, dass die Steine bis zum Himmel flogen, sie bissen sich und schlugen aus mit den Vorder- und Hinterbeinen. Der Bursche sah bald nach ihnen, bald nach der Teertonne, und endlich stieg die Flamme; denn wie sehr das andere Pferd auch beißen und schlagen mochte, es traf immer nur die Häute mit den Nägeln, und da musste es sich denn endlich ergeben. Als der Bursche das sah, sprang er schnell vom Baum herunter, nahm den Zaum von der Grimsschecke und warf ihn auf das andere Pferd, und da wurde es so zahm, dass er es mit einem Zwirnsfaden lenken konnte, und es war ebenso scheckig wie das Grimsfüllen, so dass man sie nicht voneinander zu unterscheiden vermochte. Nun setzte sich der Bursche auf das neue Pferd und ritt wieder zurück zum Königsschloß, und die Grimsschecke lief neben ihm her.
Als er beim Schloss ankam, stand der König draußen auf dem Hof. „Kannst du mir jetzt sagen, was für ein Pferd ich gefangen habe, und was für eins ich hatte?“ sagte der Bursche. „Kannst du es nicht, so gehört deine Tochter mir.“ Der König betrachtete beide Schecken von unten bis oben; aber sie unterschieden sich um kein Haar. „Nein“, sagte der König, „das kann ich nicht. Meine Tochter hast du dir jetzt erworben, da du ihr ein so stattliches Brautpferd verschafft hast, aber erst müssen wir sehen, ob es auch so bestimmt ist, dass du sie haben sollst. Meine Tochter soll sich zweimal verstecken, und danach sollst du dich auch zweimal verstecken. Wenn du sie nun die beiden Male finden kannst, und sie dich aber nicht jedes Mal findet, dann ist es so bestimmt, dass du sie haben sollst.“ – „Das war nun freilich auch nicht vereinbart“, sagte der Bursche, „aber weil’s denn so sein soll, wollen wir’s versuchen.“
Nun sollte die Königstochter sich zuerst verstecken, und da verwandelte sie sich in eine Ente und schwamm auf dem Wasser, das dicht bei dem Schloss war. Der Bursche aber ging in den Stall und fragte die Grimsschecke, wo sie sich versteckt habe. „Oh, du brauchst nur dein Gewehr zu nehmen und nach der Ente zu zielen, die auf dem Wasser schwimmt“, sagte die Grimsschecke, „dann wird sie schon zum Vorschein kommen.“ Da nahm der Bursche sein Gewehr und ging damit ans Wasser. „Ich will mir doch mal die Ente holen“, sagte er und legte an. „Nein, nein, schieß nicht! Das bin ich!“ sagte die Prinzessin, und nun hatte er sie das erste Mal gefunden.
Das zweite Mal verwandelte sich die Prinzessin in ein Brot und lag auf dem Tisch zwischen vier anderen Broten, und alle waren ganz gleich, so dass keiner sie zu unterscheiden vermochte. Aber der Bursche ging wieder in den Stall zu der Grimsschecke und fragte, wo er jetzt wohl die Prinzessin suchen sollte.
„Oh, nimm bloß ein Brotmesser und wetze es tüchtig und tu dann so, als ob du das Brot, das von links das dritte auf dem Küchentisch ist, anschneiden wolltest“, sagte die Grimsschecke. „Dann wird sie schon zum Vorschein kommen.“ Da ging der Bursche in die Küche und nahm das größte Brotmesser, das er finden konnte, und wetzte es tüchtig, dann ergriff er das Brot, das von links das dritte war, und setzte das Messer an, als ob er’s mitten durchschneiden wollte. „Ich muss mir doch mal einen Kanten von diesem Brot abschneiden“, sagte er. „Nein, schneide nicht! Das bin ich!“ sagte die Prinzessin; und nun hatte er sie auch das zweite Mal gefunden.
Jetzt sollte der Bursche sich verstecken; da gab ihm aber die Grimsschecke einen so guten Rat, dass er nicht leicht zu finden war. Zuerst verwandelte er sich in eine Roßmücke und verbarg sich in der linken Nüster der Grimsschecke. Die Prinzessin ging und suchte überall, und zuletzt wollte sie auch in den Raum hinein, wo die Grimsschecke stand; die aber fing an zu beißen und um sich zu schlagen, dass sie sich nicht nahen durfte, und da konnte sie ihn denn nicht finden. „Nein, ich kann dich nicht finden“, rief sie, „komm nur hervor!“ Und sogleich stand der Bursche vor ihr in dem Stall. Das zweite Mal verwandelte er sich in einen Klumpen Erde und legte sich zwischen den Huf und das Eisen an dem linken Vorderfuß der Schecke. Die Königstochter ging wieder überall herum und suchte, und zuletzt kam sie auch an den Stall und wollte wieder in den Raum zu der Grimsschecke. Diesmal durfte sie sich auch nahen; aber unter den Huf konnte sie nicht kommen, denn die Schecke stand allzu fest auf ihren Beinen. Da ihr nun alles Suchen nichts half, sagte sie endlich: „Komm nur hervor! Denn ich kann dich doch nicht finden.“ Und da stand der Bursche sogleich wieder neben ihr im Stall. „Nun ist sie mein“, sagte er zum König, „denn nun kannst du sehen, dass es so bestimmt ist.“ – „Ja, wenn es denn so bestimmt ist, so muss es wohl so bleiben“, sagte der König. Und darauf wurde augenblicklich die Hochzeit gehalten. Der Bursche setzte sich auf die Grimsschecke und die Prinzessin auf die andere Schecke, und da kannst du dir denn wohl vorstellen, dass sie nicht sehr lange Zeit brauchten, um zur Kirche zu kommen; und dann lebten sie glücklich und in Freuden.
Quelle:
(Unbekannt-Norwegen)