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Die kleine Sardine

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Eine Frau hatte drei Töchter. Mit zweien ging sie zur Arbeit, und die Jüngste blieb im Haus, um sich um das Essen zu kümmern. Sie kaufte für zehn Reis Sardinen und wollte sie auf dem Rost braten. Als sie in der Glut lagen, sprang eine der Sardinen auf den Boden. Das Mädchen hob sie auf und legte sie wieder auf den Rost. Kurz darauf machte sie wieder einen Satz und sie stöhnte auch. Halb erschreckt hob das Mädchen die Sardine vom Boden auf. Diese sagte ihr: »Töte mich nicht! Nimm mich und bring mich an das Meeresufer, und folge dem Weg, der sich dir darbietet.« Das Mädchen machte sich auf den Weg, und sowie sie die kleine Sardine in das Meer geworfen hatte, öffnete sich eine breite Straße. Sie folgte diesem Weg in das Meer hinein und stieß auf einen großen Palast, wo es viele gedeckte Tische gab. Sie ging durch alle Säle, sah viele Juwelen, viele Reichtümer, aber das Meer hatte sich wieder geschlossen, und sie konnte nicht mehr zurückkehren. Sie blieb da und schlief in einem sehr reichen und ganz weichen Bett, das sie fand. Um sich die Zeit zu vertreiben kleidete sie sich aus und zog die äußerst kostbaren Kleider an, die dort aufbewahrt wurden. Alle Tage erschien bei ihr ein Mann in Gestalt eines Negers und fragte sie, ob sie zufrieden sei. »Zufrieden? Was mir Kummer macht ist der Gedanke, daß meine Mutter und meine Schwestern den ganzen Tag arbeiten um etwas essen zu können, und ich bin hier!« »Nun gut,« sagte ihr der Neger, »nimm so viel Geld mit, wie du willst, besuche deine Mutter und deine Schwestern, aber bleibe dort nicht länger als drei Tage.«
Und wiederum öffnete sich die Straße im Meer. Das Mädchen kam nach Hause, erzählte alles, und die Mutter freute sich sehr über das Geld. Die Schwestern stellten ihr tausend Fragen über das, was es in dem Schloß gab, und ob sie keine Angst hatte, nachts allein zu bleiben. Sie antwortete, daß sie einen sehr tiefen Schlaf habe. Die Schwestern entgegneten: »Das liegt daran, daß man dir etwas in den Wein tut, was dich schlafen macht. Tu so, als ob du trinkst, aber schütte den Wein weg, damit du siehst, was nachts im Schloß geschieht.«
Als die drei Tage um waren, kehrte sie durch die im Meer geöffnete Straße zurück und ging in den Palast hinein. Sie aß und speiste und tat so, als ob sie trank. Als sie sich hinlegte, fühlte sie sich schon nicht mehr so schläfrig, und sie merkte, saß jemand sich neben sie legte. Sie bekam einen tüchtigen Schreck und verhielt sich ganz still. Als alles ganz ruhig war zündete sie eine Kerze an um zu sehen, wer das war. Es war ein sehr schöner Prinz. Sie neigte sich über ihn, um ihn besser zu sehen, und dabei fiel ihm ein Tropfen Wachs ins Gesicht. Da wachte er auf:
»Oh, Grausame, es fehlten nur noch acht Tage, um meinen Zauber zu brechen. Damit ich mich jetzt von meinem Zauber befreien kann, ist es erforderlich, daß du meinetwegen große Mühsal erleidest, ohne dich je zu beklagen. Da, nimm dieses Haar. Wenn du dich in irgendeiner Bedrängnis sehen solltest, aus der du dich nicht befreien kannst, dann sage: ‚Der, der mir dieses Haar gegeben hat, steh‘ mir bei!’«
In diesem Augenblick verschwanden der Prinz und der Palast, und das Mädchen befand sich ganz allein inmitten eines freien Feldes. Eine Gruppe Schwarzer kam vorüber, die ihren Spaß mit ihr trieben und sie an den Haaren zogen. Das Mädchen erlitt alles, ohne ein Wort zu sagen. Ein Tagelöhner kam des Wegs, und sie schlug ihm vor, ihre mit Brillanten besetzten Kleider gegen die Sachen des armen Mannes einzutauschen, und so in anderer Kleidung ging sie und stellte sich im Hause des Königs als Gärtner vor. Die Königin fing an, den Gärtner zu mögen, da er ein hübsches Gesicht hatte, aber da er ihre Zuneigung nicht erwiderte, klagte sie beim König, daß es nötig sei, ihn töten zu lassen, denn er habe sich sehr böser Dinge erdreistet. Der König befahl, den Gärtner zu foltern, damit er seine Taten gestand, aber jener litt alles und stritt alles stets ab. Die Königin bestand darauf, daß man ihn aufhing. Als er schon auf dem Wege zum Galgen war, erinnerte er sich und sprach: »Der, der mir dieses Haar gegeben hat, steh‘ mir bei!« Die Hinrichtung wurde beim Lärm einer Kutsche unterbrochen, welche eine hochgestellte Person herbeibrachte, die Befehl gab, mit allem einzuhalten. Diese nahm den Gärtner mit in das Schloß und sagte dem König, daß er unmöglich die Dreistigkeiten begangen haben konnte, deren ihn die Königin beschuldigte; vielmehr möge er die Kammerfrauen befragen. So geschah es, und die Königin wurde auf einen Scheiterhaufen geworfen. Aufgrund der Beständigkeit, mit der das Mädchen alles ertragen hatte, brach der Zauber und der Prinz heiratete sie aus Dankbarkeit.

[Portugal: T. Braga: Contos tradicionaes do povo portuguez]

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