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Märchenbasar

Die kluge Hasenmutter

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Ein hungriger Wolf begegnete im strengen Winter einmal einem Hasen und rief ihm zu: „Bleib stehen, altes Hasenweib, ich bin hungrig, ich will dich fressen!“ Die Häsin entgegnete: „Ach, Wolf! Was willst du mit mir? Ich bin selbst halb verhungert und abgemagert. Da hast du nur noch Haut und Knochen! Lass mich leben! Ich verspreche dir, im nächsten Herbst bekommst du all meine Jungen. Das sind andere Leckerbissen! Deinen Hunger aber kannst du schnell stillen. Im nächsten Dorf feiern die Bauern heute eine Hochzeit. Da sind alle betrunken. Die beste Gelegenheit für dich, einige Schafe zu holen!“
„Gut, einverstanden!“ meinte der Wolf, setzte aber drohend hinzu: „Aber wehe, wenn du mir im nächsten Herbst nicht alle deine Jungen hierher bringst. Hier an diesem Ort erwarte ich dich dann!“ Hierauf verabschiedeten sie sich; der Wolf hetzte ins Dorf und die Häsin verschwand in den Büschen.
Der Frühling kam, der Sommer verging und das Laub färbe sich gelb. Da begegnete der Wolf einmal der Häsin und sagte zur ihr: „Ich habe große Lust auf Hasenfleisch. Am nächsten Sonntag nach Sonnenaufgang kommst du zu dem verabredeten Ort und führst mir deine Jungen zu!“
„Ja, Wolf“, sagte die Hasenmutter, „ich werde sie dir alle bringen!“ Am Sonntag weckte die Häsin kurz nach Sonnenaufgang ihre sechs Jungen und machte sich mit ihnen auf den Weg. Als sie an ein Maisfeld kamen, das in der Nähe des verabredeten Ortes lag, hieß die Hasenmutter ihre Jungen ins Maisfeld laufen. Jeder sollte sich einen Maiskolben abbrechen. Als die Jungen die Maiskolben anschleppten, sagte die Hasenmutter: „So ist es gut! Steckt das untere Ende des Maiskolbens jetzt in euer Maul und wartet hier, bis ich euch rufe. Dann kommt ihr langsam heran. Aber lasst die Kolben nicht fallen!“ Daraufhin hoppelte die Häsin zu dem Ort der Verabredung. Der Wolf schrie sie gleich böse an: „Was hast du versprochen? Betrügerin! Wo sind deine Jungen?“ Die Hasenmutter sagte mit beruhigender Stimme: „Von Betrug keine Spur! Du musst dich nur ein Weilchen gedulden. Meine Jungen werden gleich hier sein. Ich bin eigentlich ganz froh, dass du ihnen den Garaus machst, denn es sind wilde und starke Kerle, mit denen ich überhaupt nicht mehr fertig werde: Vor allem, seitdem sie Löwenfett gegessen haben, ist es ganz schlimm mit ihnen. Sie wissen gar nicht mehr wohin vor Übermut!“
„Kommst endlich! Wo bleibt ihr denn?“ rief die Hasenmutter. Da kamen die Jungen langsam näher. Der Wolf stutzte, und als er von Ferne die Maiskolben im Maul der Jungen bemerkte, fragte er die Häsin: „Sag mal, was haben deine Jungen denn in ihren Mäulern?“
„Ach, lieber Wolf“, antwortete die Hasenmutter, „das ist nichts Besonderes. Seit der Zeit, da sie Löwenfett gegessen haben, sind sie so stark geworden, dass sie jedes Tier sofort auffressen, das sie erwischen können. Kürzlich haben sie sechs Wölfe gefangen und verzehrt, und jetzt spielen sie eben mit den Wolfschwänzen, diese Raubeine!“ Der Wolf erschrak bei diesen Worten und suchte eiligst das Weite. Die Hasenmutter aber hoppelte mit ihren sechs Jungen vergnügt durch die Felder nach Hause.

Quelle:
(Armenisches Märchen)

 

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