Es lebten einmal in uralter Zeit zwei Brüder, der eine war reich, und der andere war arm. Als nun das Weihnachtsfest herankam, hatte der arme weder einen Bissen Fleisch noch ein Stück Brot im Hause, er ging darum zu seinem Bruder und bat ihn um eine Kleinigkeit in Gottes Namen. Nun war es aber nicht das erste Mal, dass der reiche Bruder dem armen etwas gegeben hatte, und er war daher nicht sonderlich froh, als er ihn kommen sah. „Wenn du tust, was ich dir sage“, sprach er, „so sollst du einen ganzen Schinken haben, wie er im Rauche hängt.“ Ja, das wollte der Arme gern und bedankte sich. „Da hast du ihn!“ sagte der Reiche und warf ihm einen Schinken zu. „Und nun geh zur Hölle!“ – „Hab ich es versprochen. so muss ich es tun“, sagte der andere, nahm den Schinken und ging damit fort.
Er wanderte wohl den ganzen Tag, und als es dunkel wurde, erblickte er vor sich einen hellen Lichtschimmer. Hier muss es sein! dachte er. Etwas tiefer im Walde aber stand ein alter Mann mit einem langen weißen Bart und schlug Holz. „Guten Abend!“ sagte der mit dem Räucherschinken. „Guten Abend! Wo willst du hin?“ fragte der Mann. „Oh, ich wollte nur zur Hölle, aber ich weiß nicht, ob ich den rechten Weg gegangen bin“, versetzte der Arme. „Ja, du bist ganz richtig“, sagte der alte Mann, „denn das hier ist die Hölle.“ Und weiter sagte er: „Wenn du nun hineinkommst, dann werden sie dir wohl alle deinen Schinken abkaufen wollen, denn Schweinefleisch ist ein seltnes Gericht in der Hölle; aber du darfst ihn nicht für Geld verkaufen, sondern musst dafür die alte Handmühle verlangen, die hinter der Tür steht. Wenn du dann wieder herauskommst, will ich dir auch zeigen, wie du sie stellen musst, denn die Mühle ist zu etwas gut, musst du wissen.“ Der Mann mit dem Schinken dankte für guten Bescheid und klopfte beim Teufel an.
Als er eintrat, geschah es, wie ihm der Alte gesagt hatte; alle Teufel, große und kleine, drängten sich um ihn, und der eine bot mehr als der andere für den Räucherschinken. „Ich wollte ihn freilich zum Weihnachtsabend mit meinem Weib verschmausen“, sagte der Mann, „doch weil ihr alle so erpicht darauf seid, will ich ihn euch wohl überlassen, aber ich verkaufe ihn für keinen anderen Preis als für die alte Handmühle, die da hinter der Tür steht.“ Die wollte der Teufel aber nicht gern herausrücken, und er handelte und feilschte mit dem Mann, doch der blieb bei dem, was er gesagt hatte, und da musste ihm der Teufel denn endlich die Mühle überlassen.
Als der Mann nun wieder aus der Hölle gekommen war, fragte er den alten Holzfäller, wie er denn die Mühle stellen müsse, und als er das von ihm erfahren hatte, bedankte er sich und machte sich wieder auf den Heimweg.
Aber wie sehr er auch ausschritt, er kam doch nicht vor Mitternacht zu Hause an. „Aber wo in aller Welt bist du denn eigentlich gewesen?“ fragte seine Frau, als er eintrat. „Ich hab hier gesessen und von einer Stunde zur anderen gewartet und habe nicht einmal zwei Holzsplitter unter den Grützkessel zu legen, damit ich uns ein Weihnachtsessen kochen kann.“ – „Oh“, sagte der Mann, „ich konnte nicht gut eher kommen, denn ich hatte noch etwas zu besorgen und musste einen weiten Weg machen; aber nun sollst du mal sehen, was ich uns mitgebracht habe!“
Und damit stellte er die Mühle auf den Tisch und ließ sie mahlen, erst Lichter, dann ein Tischtuch und danach Essen und Bier und alles, was zu einem guten Weihnachtsschmaus gehört; und so wie er es der Mühle befahl, so mahlte sie. Seine Frau stand da und schlug die Hände über dem Kopf zusammen und wollte durchaus wissen, woher der Mann die Mühle hätte, aber damit wollte er nicht heraus. „Es kann einerlei sein, woher ich sie habe“, sagte er. „Du siehst, dass die Mühle gut ist und dass das Mahlwasser nicht alle wird, und das ist genug.“ Und er mahlte Essen und Trinken und alles, was gut schmeckt, für das ganze Weihnachtsfest, und am dritten Tag lud er seine Freunde ein, denn er wollte ihnen einen Gastschmaus geben.
Als der reiche Bruder sah, was da alles bereit stand, lief es ihm heiß und kalt über die Haut, denn er gönnte seinem Bruder durchaus nichts. „Am Weihnachtsabend“, sagte er zu den anderen, „war er noch so bettelarm, dass er zu mir kam und mich um eine Kleinigkeit in Gottes Namen bat, und nun auf einmal lässt er’s hochher gehen, als wenn er Graf oder König geworden wäre. Wo beim Satan hast du all den Reichtum herbekommen?“ fragte er den Bruder. „Hinter der Tür“, sagte er, denn er hatte keine Lust, ihm zu beichten. Aber gegen Abend, als er ein bisschen was getrunken hatte, konnte er sich nicht länger halten, sondern kam mit der Mühle zum Vorschein. „Da siehst du die Gans, die mir all den Reichtum gebracht hat“, sagte er und ließ die Mühle bald dies, bald jenes mahlen. Als der Bruder das sah, wollte er ihm die Mühle unbedingt abkaufen; doch der andere wollte anfangs gar nichts davon wissen. Weil der Bruder aber so inständig darum bat, wollte er sie ihm endlich für dreihundert Taler verkaufen; aber bis zum Heumonat wollte er sie noch behalten. Hab ich sie noch so lange, dachte er, kann ich mir Essen damit mahlen für manches liebe Jahr.
In dieser Zeit nun wurde die Mühle, wie man sich wohl denken kann, nicht rostig, und als der Heumonat herankam, erhielt der Bruder sie. Der andere hatte sich aber gehütet, ihm zu sagen, wie er sie stellen müsse. Am Abend brachte nun der Reiche die Mühle nach Hause, und am Morgen sagte er zu seiner Frau, sie solle mit den Schnittern auf die Wiese gehen und das Heu hinter ihnen zusammentragen, er wolle derweilen das Mittagessen bereiten.
Als es nun so gegen Mittag war, stellte er die Mühle auf den Küchentisch. „Mahl Hering und Milchsuppe, dass es nur so eine Art hat!“ sprach er. Da fing die Mühle an, Hering und Milchsuppe zu mahlen, erst alle Schüsseln und Töpfe voll, und dann so viel, dass die ganze Küche davon schwamm. Der Mann stellte und drehte die Mühle; aber was er auch mit ihr anstellte – die Mühle hörte nicht auf zu mahlen, und zuletzt stand die Milchsuppe so hoch, dass der Mann beinahe darin ertrank. Nun riss er die Stubentür auf, aber es dauerte nicht lange, so hatte die Mühle auch die Stube voll gemahlen, und nur mit genauer Not konnte der Mann noch die Türklinke in der Flut von lauter Milchsuppe ergreifen. Wie er nun die Tür aufgemacht hatte, stürzte er hinaus ins Freie, und Hering und Milchsuppe immer hinter ihm drein, so dass der ganze Hof und das Feld darin schwammen.
Indessen meinte die Frau, die das Heu auf der Wiese zusammentrug, es dauerte ziemlich lange, ehe der Mann käme und sie zum Mittag riefe. „Wir wollen nach Hause gehen“, sagte sie zu den Schnittern, „denn ich kann mir denken, dass er mit der Milchsuppe nicht allein fertig werden kann, und da muss ich ihm wohl helfen.“
Sie machten sich also auf und gingen nach Hause. Wie sie aber hinter den Berg kamen, schwamm ihnen Hering und Milchsuppe und Brot entgegen, alles durcheinander, und der Mann lief immer voran. „Gott gebe, dass jeder von euch hundert Bäuche hätte, um das in sich hinein zu schlingen!“ rief er. „Nehmt euch aber in Acht, dass ihr in meinem Mittagessen nicht ersauft!“ Und damit fuhr er an ihnen vorbei, als wäre der Teufel hinter ihm her und hinüber zu seinem Bruder; den bat er, er möchte doch um Gottes willen sogleich die Mühle wieder nehmen. „Denn mahlt sie noch eine Stunde“, sprach er, „so vergeht das ganze Dorf in lauter Hering und Milchsuppe.“ Der Bruder aber wollte die Mühle nur dann wieder nehmen, wenn der andere ihm noch dreihundert Taler dazu bezahlte. Weil nun durchaus kein anderer Rat war, so musste der Reiche das Geld herausrücken.
Nun hatte der Arme sowohl Geld als die Mühle, und da dauerte es denn nicht lange, so hatte er sich ein Haus gebaut, noch weit prächtiger als das, in dem der Bruder wohnte. Mit der Mühle mahlte er so viel Gold zusammen, dass er die Wände mit lauter Goldplatten bekleiden konnte, und da das Haus nahe am Strande lag, konnte man den Glanz davon schon von weitem auf dem Meer sehen. Alle, die da vorbeisegelten, hielten an, um den reichen Mann in dem goldenen Haus zu besuchen und die wunderbare Mühle zu sehen, denn es wurde davon geredet weit und breit.
Einmal kam auch ein Schiffer vorbei, der wollte ebenfalls die Mühle sehen. und als er sie gesehen hatte, fragte er, ob sie auch wohl Salz mahlen könnte. „Ja, Salz kann sie auch mahlen“, sagte der Mann; und nun wollte der Schiffer sie ihm durchaus abkaufen, sie mochte kosten, was sie wollte. „Denn hab ich die“, meinte er, „dann brauch ich nicht immer so weit übers wilde Meer zu segeln, um Salz zu holen, sondern kann mir einen guten Tag machen.“ Anfangs aber wollte der Mann sie durchaus nicht verkaufen, aber der Schiffer bat ihn so lange und so flehentlich, dass er sie ihm endlich für viele tausend Taler verkaufte. Als nun der Schiffer die Mühle bekommen hatte, blieb er nicht lange in der Gegend, denn er dachte, dem anderen könnte der Handel wieder leid werden. Er ließ sich auch nicht einmal so viel Zeit, dass er ihn fragte, wie er die Mühle stellen müsste, sondern ging schnell auf sein Schiff und legte ab.
Als er ein Ende in die große See hinausgekommen war, nahm er seine Mühle hervor. „Mahl Salz, dass es nur so eine Art hat!“ rief er. Da fing die Mühle an und mahlte Salz, dass es knisterte und sprühte. Als der Schiffer sein Schiff voll hatte, wollte er die Mühle stoppen, aber was er auch mit ihr anstellte, die Mühle mahlte immerfort, und der Salzhaufen wuchs höher und immer höher, und zuletzt versank das ganze Schiff im Meer. Da steht nun die Mühle auf dem Meeresgrund und mahlt noch den heutigen Tag, und daher kommt es, dass das Meerwasser salzig ist.
Quelle:
(Unbekannt-Norwegen)