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Märchenbasar

Die neidische Schwester

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Es war einmal ein Mann, der war sehr arm. Er hatte eine Frau, die ein Kind erwartete. Die Frau hatte eine Schwester, welche auch in guter Hoffnung war. Obwohl sie sehr reich war, war sie hartherzig und verspottete die arme Schwester, ja sie betrachtete die Arme gar nicht als ihre Schwester. Es kam nun die Zeit für die Frau, da sie gebären sollte, aber da sie aus Armut nichts im Haus hatten, sagte der Mann, man solle sie ins Bad bringen, obwohl das zwei Wegstunden weit weg war. So brachte man die arme Frau dorthin, und sie gebar mitten in der Nacht ein Mädchen. In derselben Nacht brachte die reiche Schwester ebenfalls eine Tochter zur Welt.
Zu der armen Schwester kamen die drei Feen, um das Schicksal des Kindes zu bestimmen. Als sie ins Zimmer getreten waren, begannen sie darüber zu sprechen, was die Mutter des Kindes heimlich mit anhörte. Die jüngste Fee sagte: „Ich werde machen, daß diesem Mädchen Diamanten aus dem Haar fallen, Wenn sie es kämmt.“ Die zweite bestimmte: „Wenn sie weint, sollen ihr Perlen aus den Augen fallen“. Die dritte sagte: „Wenn sie lacht, soll ihr eine leuchtende Rose aus den Wangen kommen, und der Königssohn wird sie zur Frau nehmen.“
Einige Zeit später brach die Mutter auf, um nach Hause zurückzukehren. Unterwegs begegnete sie dem Sohn des Königs, ohne zu wissen, wer er ist. Er bemerkte, daß das Mädchen, das in der Wiege lag, geweint hatte und daß ihm dabei Perlen über die Wangen gerollt waren. Er bat die Mutter, ihm das Mädchen zur Frau zu geben. Die Mutter aber erwiderte, daß das Mädchen, dem Diamanten aus dem Haar fallen und Perlen aus den Augen rollen, wenn es weint, für den Sohn des Königs bestimmt sei. Da antwortete er ihr: „Ich bin der Königssohn!“ Darauf sagte sie: „Wenn du es bist, Herr, so gebe ich sie dir.“ Darauf nahm er seinen Ring, gab ihn der Mutter und befahl ihr, Wort zu halten. Sie kam nun zu Hause an, und es verbreitete sich das Gerücht, daß sie ein wunderschönes Mädchen geboren habe, das der Königssohn zur Frau nehmen werde. Als die Schwester, die niemals das Haus der Armen betreten hatte, von diesem Gerücht hörte, kam sie eilig zu ihr, um mit großer Freude zu gratulieren.
Als das Mädchen herangewachsen war, kam die Zeit, wo es zum Schwiegersohn gebracht werden sollte. Wiederum kam die Schwester zu der Mutter und sagte: „Laß uns beide zusammen gehen und das Mädchen hinbringen.“ Und sie machten sich beide mit ihren Töchtern auf den Weg. Auf ihrer Reise kamen sie in ein Dorf und machten dort halt, denn sie wollten etwas zu essen kaufen, da sie nichts bei sich hatten. Da sagte die reiche Schwester: „Geh du und kauf etwas im Dorf, ich werde auf die Mädchen aufpassen.“ Die andere vertraute ihr, ließ die Tochter zurück und ging. Da nahm die böse Frau das Mädchen, stach ihr beide Augen aus und warf sie blind auf einen Misthaufen in jenem Dorf. Als dann die Mutter zurückkam, sagte sie zu ihr: „Deine Tochter ist verrückt geworden und davongelaufen. Um sie einzufangen, lief ich ihr so eilig nach, daß ich hinfiel, aber ich konnte sie nicht einholen.“ Die beiden Augen des Mädchen hatte sie an ihrem Busen versteckt. Die unglückliche Mutter glaubte ihr und fing an zu weinen, die andere seufzte auch, als ob sie traurig wäre. Schließlich, als die arme Mutter sich etwas erholt hatte, sagte sie: „Wir haben jetzt nichts mehr bei dem Königssohn zu tun, komm, laß uns umkehren.“ Aber die Schwester erwiderte: „Wir haben ja mein Mädchen hier, laß uns ihm die bringen an Stelle deiner Tochter.“
So machten sie sich von neuem auf den Weg und gelangten in die Stadt des Königs. Dort stellte die böse Schwester die andere sogleich zum Gänsehüten an. Das unglückliche Mädchen, das ohne Augen auf dem Misthaufen lag, wurde von einem Eseltreiber gefunden, der dort vorbeikam. Als er sah, daß Diamanten in ihrem Haar hingen, nahm er sie mit nach Hause und gab ihr erst einmal zu essen, damit sie etwas zu sich käme. Da er und seine Frau das Mädchen gut behandelten, konnte sie eines Tages wieder lachen, und da kam ihr eine Rose aus dem Gesicht; die wie ein Blitzstrahl leuchtete. Sie erstaunten und freuten sich sehr über das Glück in ihrem Haus. Da sagte die Frau zu dem Eseltreiber: „Nimm die Rose, geh in die Stadt und bring sie zum Königspalast. Dort sollst du sie um einen hohen Preis verkaufen, aber nicht für Geld, sondern für ein Menschenauge.“
Er ging dorthin, und da die Rose wie ein Sonnenstrahl leuchtete, verbreitete sich die Nachricht, und auch die Tante des Mädchens erfuhr davon. Sie ging eilig hinaus und kaufte die Rose für das eine Auge des Mädchens, das sie immer noch heimlich am Busen trug. Sie ging dann sogleich mit der Rose zum Königssohn und zeigte sie ihm sowie einige Perlen, die sie von den Tränen des Mädchens hatte. Sie wollte ihn betrügen und ihm ihre eigene Tochter geben, indem sie vortäuschte, daß diese seine wirkliche Verlobte wäre. Aber der Königssohn glaubte ihr nicht, denn er dachte an den Ring, den er der Mutter gegeben hatte. Der glückliche Eseltreiber brachte dem Mädchen das Auge und setzte es ihr so ein, wie es vorher war. Das Mädchen freute sich so sehr, daß sie vor Freude hellauf lachte und ihrem Gesicht noch eine Rose entfiel, ebenso leuchtend wie die erste. Die Frau schickte den Eseltreiber sogleich wieder in die Stadt, um auch diese Rose wie die erste für ein Menschenauge einzutauschen. Er ging also und verkaufte der Tante des Mädchens wieder die Rose für das andere Auge; das brachte er schleunigst dem Mädchen und setzte es ihr so gut ein, daß sie ihre beiden Augen wieder hatte wie früher.
Da nun der Eseltreiber und seine Frau das Mädchen mit so wunderbaren Gaben sahen, sagten sie, daß ihr nichts anderes gebühre, als daß der Sohn des Königs sie zur Frau nähme. So machte sich der Eseltreiber mit dem Mädchen auf und brachte es in den Palast, wo der Königssohn das Mädchen sofort erkannte, als er es sah, und sich auch an den Ring erinnerte, den er ihm zur Verlobung gegeben hatte. Darauf nahm er das Mädchen zur Frau und gab dem Eseltreiber, der es gerettet hatte, viele herrliche Geschenke. Dann holte er seine Schwiegermutter, und als er all das Schlechte gehört hatte, das die Tante des Mädchens getan hatte, befahl er, sie zu töten. Der Königssohn und das Mädchen mit den Diamanten im Haar, den Perlen in den Augen und der Rose auf den Wangen lebten seither herrlich und in Freuden.
Ich wollte euch nicht mit einem Märchen erfrischen,
ich wollte euch nur eine Lüge auftischen.

Quelle:
(Die Schöne der Erde – Albanische Märchen und Sagen)

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