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Märchenbasar

Die Neugierige

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In einem Dorf war einmal eine sehr neugierige Frau. Jedes Mal wenn sie irgendeinen Lärm hörte oder ein Geräusch, so unbedeutend es auch sein mochte, lief sie die Treppe hinunter, um zu sehen, was da vor sich ginge. Es machte ihr nichts aus, selbst um Mitternacht aufzustehen, wenn sie nur ihre Neugier befriedigen konnte.
Eines Nachts hörte sie wieder ein Geräusch, und sie dachte, dass auf dem Platz etwas vor sich gehen müsse. Sie stand auf und lief hinunter, und da sah sie, dass eine große Menge von Leuten die Straße vor ihrem Hause dahinzog. Sie blieb am Fenster, in der Erwartung, zu sehen, was es da gäbe. Und allmählich wurde ihr klar, dass es sich um eine Prozession handeln müsse. Alle Vorbeiziehenden stimmten schwermütige Weisen an, deren Worte die Neugierige freilich nicht verstehen konnte.
Als die Menge nah genug war, versuchte die Frau alles mögliche, um jemand von den Vorbeiziehenden zu erkennen, aber es gelang ihr nicht, denn die einen hatten – so schien es – keine Nasen, die andern keine Augen, die dritten keinen Mund. Die Neugierige erschrak, aber sie zog sich nicht zurück.
Unterdessen näherte sich ihr ein Mann mit einem Licht in der Hand, und das gab er ihr mit den Worten: „Wenn die Prozession zu Ende ist, dann lösch das Licht und verwahre es in einem Koffer!“
Die Frau machte es so, wie ihr gesagt worden war, aber sie war voll Angst. Und am nächsten Morgen ging sie zum Pfarrer des Dorfes und erzählte ihm, was sich zugetragen hatte. Der Pfarrer aber sagte ihr, es müsse sich um den Teufel gehandelt haben. Und damit er sie nicht mitschleppe, zur Strafe für ihre Neugier, müsse sie sich eine Anzahl von Säuglingen ins Haus holen, weiter Rosmarin und geweihte Palmzweige sowie etwas Weihrauch. Und er riet ihr, sie solle – wenn jener Mensch in der Nacht wiederkehre – den Weihrauch anzünden, den Rosmarin und die geweihten Palmzweige um sich legen und die Kinder weinen machen. Später solle sie sich mit einem Kind auf dem Arm ans Fenster begeben und das Licht mitnehmen, das nichts anderes war als ein Totenknochen.
Zitternd vor Furcht befolgte die Neugierige die Angaben, die ihr der Pfarrer gegeben hatte. Und genau um Mitternacht hörte sie wieder die Prozession vorbeigehen. Und es näherte sich auch wieder jener Mann und forderte von ihr das Licht zurück. Und dank der Kinder und der andern Mittel konnte sie der Teufel nicht mitnehmen.
Das war ein gutes Mittel, um die Frau von ihrer Neugier zu heilen.

Quelle:
(Ecuador) In einem Dorf war einmal eine sehr neugierige Frau. Jedes Mal wenn sie irgendeinen Lärm hörte oder ein Geräusch, so unbedeutend es auch sein mochte, lief sie die Treppe hinunter, um zu sehen, was da vor sich ginge. Es machte ihr nichts aus, selbst um Mitternacht aufzustehen, wenn sie nur ihre Neugier befriedigen konnte.
Eines Nachts hörte sie wieder ein Geräusch, und sie dachte, dass auf dem Platz etwas vor sich gehen müsse. Sie stand auf und lief hinunter, und da sah sie, dass eine große Menge von Leuten die Straße vor ihrem Hause dahinzog. Sie blieb am Fenster, in der Erwartung, zu sehen, was es da gäbe. Und allmählich wurde ihr klar, dass es sich um eine Prozession handeln müsse. Alle Vorbeiziehenden stimmten schwermütige Weisen an, deren Worte die Neugierige freilich nicht verstehen konnte.
Als die Menge nah genug war, versuchte die Frau alles mögliche, um jemand von den Vorbeiziehenden zu erkennen, aber es gelang ihr nicht, denn die einen hatten – so schien es – keine Nasen, die andern keine Augen, die dritten keinen Mund. Die Neugierige erschrak, aber sie zog sich nicht zurück.
Unterdessen näherte sich ihr ein Mann mit einem Licht in der Hand, und das gab er ihr mit den Worten: „Wenn die Prozession zu Ende ist, dann lösch das Licht und verwahre es in einem Koffer!“
Die Frau machte es so, wie ihr gesagt worden war, aber sie war voll Angst. Und am nächsten Morgen ging sie zum Pfarrer des Dorfes und erzählte ihm, was sich zugetragen hatte. Der Pfarrer aber sagte ihr, es müsse sich um den Teufel gehandelt haben. Und damit er sie nicht mitschleppe, zur Strafe für ihre Neugier, müsse sie sich eine Anzahl von Säuglingen ins Haus holen, weiter Rosmarin und geweihte Palmzweige sowie etwas Weihrauch. Und er riet ihr, sie solle – wenn jener Mensch in der Nacht wiederkehre – den Weihrauch anzünden, den Rosmarin und die geweihten Palmzweige um sich legen und die Kinder weinen machen. Später solle sie sich mit einem Kind auf dem Arm ans Fenster begeben und das Licht mitnehmen, das nichts anderes war als ein Totenknochen.
Zitternd vor Furcht befolgte die Neugierige die Angaben, die ihr der Pfarrer gegeben hatte. Und genau um Mitternacht hörte sie wieder die Prozession vorbeigehen. Und es näherte sich auch wieder jener Mann und forderte von ihr das Licht zurück. Und dank der Kinder und der andern Mittel konnte sie der Teufel nicht mitnehmen.
Das war ein gutes Mittel, um die Frau von ihrer Neugier zu heilen.

Quelle:
(Ecuador)

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