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Märchenbasar

Die Prinzessinnen aus Witenland

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Es war einmal ein Fischer, der wohnte nicht weit vom Schloss und fischte für des Königs Tisch. Eines Tages, als er wieder auf Fang ausgegangen war, konnte er nicht einen Fisch bekommen; er mochte es anfangen, wie er wollte, und noch so viel fischen und angeln, so hing doch nie eine Gräte am Haken.
Als es aber schon spät am Tage war, tauchte ein Kopf aus dem Wasser hervor und sprach: „Willst du mir das geben, was deine Frau unter dem Gürtel trägt, so sollst du Fische genug haben.“ Der Mann sagte gleich ja, denn er wusste nicht, dass seine Frau schwanger war. Danach fing er an dem Tag aber auch Fische, soviel er nur wollte.
Als er am Abend nach Hause kam und erzählte, wie er all die Fische bekommen, begann die Frau zu jammern und zu weinen und sagte, Gott möge ihr gnädig sein wegen des Versprechens, das der Mann getan hätte; denn sie trüge ein Kind unter dem Gürtel. Man sprach bald auf dem Schloss davon, dass die Frau des Fischers immer so betrübt wäre; und als der König das hörte und die Ursache erfuhr, versprach er dem Fischer, er wolle das Kind zu sich nehmen und es zu retten suchen.
Die Zeit verstrich, und die Frau brachte einen Knaben zur Welt, den nahm der König zu sich und erzog ihn wie seinen eigenen Sohn. Als der Knabe nun herangewachsen war, bat er den König eines Tages, seinen Vater auf den Fischfang, begleiten zu dürfen, er hätte so große Lust zu fischen, sagte er. Der König wollte anfangs nicht, aber weil der Bursch so anhaltend bat, erlaubte er es ihm endlich.
Der Sohn begleitete nun seinen Vater auf den Fischfang, und alles ging den Tag über gut, bis zum Abend, da sie wieder ans Land kamen. Da ward der Bursch gewahr, dass er sein Taschentuch im Boot vergessen hatte, und er wollte hingehen und es sich holen. Kaum aber war er ins Boot gekommen, so sauste es mit ihm fort, dass das Wasser nur so schäumte, und wie sehr der Bursch auch rudern und arbeiten mochte, so half ihm doch alles nichts, das Boot sauste fort, bis es weit weg an ein weißes Sandufer trieb. Da ging der Bursch ans Land, und wie er eine Strecke zurückgelegt hatte, begegnete ihm ein alter Mann mit einem weißen Bart, den fragte der Bursch: „Wie heißt dieses Land?“ – „Witenland“, antwortete der Mann. Darauf fragte er den Burschen, wo er her wäre und wo er hin wolle. Als dieser es ihm gesagt hatte, sprach der Mann: „Wenn du den Strand entlanggehst, so kommst du zu drei Prinzessinnen, welche so weit in der Erde stehen, dass nur der Kopf hervorragt. Sobald sie dich erblicken, wird die erste, welche die älteste ist, wohl rufen und dich bitten, ihr zu Hilfe zu kommen, und ebenso wird es mit der zweiten geschehen. Aber zu keiner von beiden sollst du hingehen. Beeile dich nur, an ihnen vorüber zu kommen, und stelle dich, als ob du sie gar nicht bemerktest. Aber zu der dritten sollst du hingehen und tun, um was sie dich bittet; denn es wird dein Glück sein.“
Als der Bursche nun zu der ersten von den Prinzessinnen kam, rief sie und bat ihn so flehentlich, er möchte doch zu ihr kommen. Aber er ging an ihr vorüber, als ob er sie ganz und gar nicht bemerkte, ebenso auch an der zweiten, aber zu der dritten ging er hin. „Willst du tun, was ich dir sage, so sollst du haben, welche von uns dreien du willst“, sagte die Prinzessin. Ja, das wollte der Bursch gern, und nun erzählte sie ihm, dass sie hier von. drei Trollen versenkt worden wären. Früher aber hätten sie auf dem Schloss gewohnt, das er dort drüben im Walde sehen könne. „Nun musst du“, sagte sie, „in das Schloss gehen und dich von dem Troll eine Nacht für jede von uns peitschen lassen. Kannst du das aushalten, so errettest du uns.“ Ja, antwortete der Bursch, er wollt’s versuchen. „Wenn du in das Schloss gehst“, sagte die Prinzessin weiter, „so stehen da zwei Löwen in der Pforte, aber schreite nur mitten zwischen ihnen hindurch, so tun sie dir nichts. Gehe dann geradeaus in ein kleines Zimmer, und da lege dich nieder. Dann kommt der Troll an und schlägt dich. Aber wenn er dich genug geschlagen hat, so wasche dich nur mit dem Wasser aus der Flasche, die dort an der Wand hängt, dann wirst du sogleich wieder gesund. Und danach nimm das Schwert, das neben der Flasche hängt, und töte damit den Troll.“
Ja, der Bursch tat, wie die Prinzessin ihm gesagt hatte: Er ging mitten zwischen den Löwen hindurch, als ob er sie gar nicht beachte, schritt dann geradeaus in die kleine Kammer, und da legte er sich nieder.
Die erste Nacht kam ein Troll mit drei Köpfen und drei Ruten und peitschte den Burschen gottsjämmerlich. Aber dieser hielt alles ruhig aus, bis der Troll fertig war. Da nahm der Bursch die Flasche und wusch sich damit die Wunden, ergriff dann das Schwert und haute dem Troll die Köpfe ab. Als er nun am anderen Morgen zu den Prinzessinnen kam, standen diese bis zum Gürtel über der Erde. Die zweite Nacht ging es ebenso; aber der Troll, der jetzt kam, hatte sechs Köpfe und sechs Ruten und peitschte ihn noch weit ärger als der vorige. Als der Bursch am Morgen zu den Prinzessinnen kam, standen diese nur noch bis ans Schienbein in der Erde.
In der dritten Nacht kam ein Troll, der hatte neun Köpfe und neun Ruten und schlug und peitschte den Burschen so lange, bis dieser zuletzt ohne Bewusstsein umfiel. Da nahm ihn der Troll und warf ihn gegen die Wand, aber bei der Gelegenheit fiel die Flasche herunter und bespritzte den Burschen über und über, so dass er augenblicklich wieder gesund ward. Er nun nicht faul, ergriff das Schwert und hieb damit dem Troll die Köpfe ab. Und als er darauf am Morgen zu den Prinzessinnen kam, standen diese mit dem ganzen Leibe über der Erde. Nun heiratete er die jüngste von ihnen und wurde darauf König und lebte mit ihr eine lange Zeit glücklich und zufrieden.
Einmal bekam er so große Lust, wieder nach Hause zu reisen und seine Eltern zu besuchen. Das gefiel aber der Königin, seiner Gemahlin, gar nicht. Weil er nun durchaus fort wollte und musste, sagte sie zu ihm: „Eins versprich mir, dass du nämlich bloß das tun wirst, um was dein Vater dich bittet, aber nicht das, um was deine Mutter dich bittet“; und das versprach er ihr dann auch. Darauf gab sie ihm einen Ring, der hatte die Eigenschaft, dass der, welcher ihn am Finger trug, zwei Wünsche tun konnte.
Er wünschte sich nun nach Hause, und als die Eltern ihn sahen, konnten sie sich nicht genug darüber verwundern, wie stattlich und prächtig er aussah. Als er nun einige Tage zu Hause gewesen war, wollte seine Mutter, er sollte aufs Schloss gehen und dem König zeigen, was für ein Mann aus ihm geworden sei. Der Väter aber sagte: „Nein“, das solle er nicht; „denn alsdann können wir nicht länger die Freude haben, ihn zu sehen.“ Aber es half nichts, die Mutter bat und quälte ihn so lange, bis er endlich ging.
Als er nun aufs Schloss kam, war er weit stattlicher an Kleidern und in allem als der andere König. Das war diesem nun gar nicht recht, und er sagte daher: „Ja, aber nun sollst du meine Gemahlin sehen; ich glaube nicht, dass deine so schön ist wie meine.“ – „Gott gäbe, sie stände hier, so solltest du es sehen!“ sagte der junge König, und sogleich stand sie da. Aber sie war sehr betrübt und sagte: „Warum hast du mir nicht gehorcht und nur auf das gehört, was dein Vater dir sagte? Nun muss ich wieder fort, und du hast keine Wünsche mehr.“ Darauf knüpfte sie ihm einen Ring ins Haar, auf dem ihr Name stand, und wünschte sich wieder nach Hause.
Da ward der junge König sehr betrübt und dachte an nichts anderes, als wie er nur wieder zu seiner Gemahlin kommen sollte. Ich muss sehen, ob ich nicht irgendwo erfahren kann, wo Witenland liegt, dachte er und begab sich auf den Weg.
Als er ein Ende gegangen war, begegnete ihm einer, der war Herr über alle Tiere im Walde, und sie kamen zu ihm, wenn er nur in sein Horn blies. Den fragte der König nach Witenland. „Ich weiß nicht, wo es liegt“, sagte der Mann. „Aber ich will meine Tiere fragen.“ Darauf blies er sie herbei und fragte, ob nicht einer von ihnen wüsste, wo Witenland läge, aber es wusste keiner. Da gab der Mann ihm ein Paar Schneeschuhe. „Wenn du die anhast“, sagte er, „kommst du zu meinem Bruder, der über hundert Meilen weit von hier wohnt. Der ist Herr über alle Vögel in der Luft, den kannst du fragen. Wenn du aber dort angekommen bist, so kehre die Schuhe nur um, so dass die Spitzen nach hier weisen. Dann gehen sie von selbst wieder nach Hause.“ Als der König an Ort und Stelle gekommen war, kehrte er die Schneeschuhe um, wie der Herr über die Tiere ihm gesagt hatte, und darauf machten sie sich von selbst auf den Heimweg.
Er fragte nun abermals nach Witenland, und der Mann blies alle Vögel herbei und fragte sie, ob nicht einer von ihnen wüsste, wo Witenland läge. Nein, das wusste wieder keiner. Lange nach den anderen Vögeln kam noch ein alter Adler, der zehn Jahre lang in der Fremde gewesen war, aber der wusste es auch nicht. „Nun“, sagte der Mann, „dann will ich dir ein Paar Schneeschuhe leihen; wenn du die anhast, kommst du zu meinem Bruder, der hundert Meilen weit von hier wohnt. Er ist Herr über alle Fische im Meer, den musst du fragen. Vergiß aber nicht, die Schuhe wieder umzukehren, wenn du dort angekommen bist.“ Der König dankte dem Mann und legte die Schuhe an. Als er nun zu dem gekommen war, der Herr über alle Fische im Meer war, kehrte er die Schuhe wieder um, worauf sie, ebenso wie die andern, wieder nach Hause gingen.
Der König fragte nun abermals nach Witenland. Da blies der Mann alle Fische herbei; aber auch von ihnen wusste keiner Bescheid. Endlich kam ein alter, alter Hecht. Der Mann hatte viel Mühe, ihn herbei zu blasen, und als er ihn nach Witenland fragte, antwortete der Hecht: „Ja, da bin ich gut bekannt; denn ich bin da zehn Jahre lang Koch gewesen. Morgen soll ich wieder hin; denn die Königin, die ihren Gemahl verloren hat, macht morgen Hochzeit.“ – „Wenn es sich so verhält, so will ich dir einen guten Rat geben“, sagte der Mann. „Hier draußen auf einem Erlenmoor stehen drei Brüder, die haben da schon hundert Jahre gestanden und sich um einen Hut, einen Mantel und ein Paar Stiefel gebalgt. Wenn einer die drei Dinge hat, so kann er sich unsichtbar machen und sich so weit weg wünschen, als er will. Du kannst sagen, du wolltest die Sachen probieren und nachher zwischen ihnen das Urteil sprechen.“
Der König dankte dem Mann und tat, wie er ihm geraten hatte. „Was steht ihr hier beständig und balgt euch?“ sagte er, als er zu den drei Brüdern gekommen war. „lasst mich die Dinge probieren, dann will ich das Urteil zwischen euch sprechen.“ Ja, das wollten sie gern. Als er aber den Hut, den Mantel und die Stiefel bekommen hatte, sagte er: „Wenn wir uns das nächste Mal wieder sehen, sollt ihr das Urteil erfahren“, und damit wünschte er sich fort.
Als er durch die Luft fuhr, traf er mit dem Nordwind zusammen. „Wo willst du hin?“ fragte ihn der Nordwind. „Nach Witenland“, sagte der König und erzählte ihm, was ihm begegnet war. „Ja, du fährst wohl etwas schneller als ich“, sagte der Nordwind. „Ich muss nun in jeden Winkel und wehen und pusten. Wenn du aber an Ort und Stelle kommst, so stell dich nur auf die Treppe neben der Tür hin. Dann werde ich gesaust kommen, als wollte ich das ganze Schloss umwehen. Wenn dann der Prinz, der deine Gemahlin haben soll, herauskommt und sehen will, was es gibt, so Fass ihn nur beim Kragen und wirf ihn hinaus. Dann will ich schon zusehen, wie ich ihn fortschaffe.“
Ja, der König tat, wie ihm der Nordwind gesagt hatte: Er stellte sich auf die Treppe hin, und als der Nordwind gesaust und gebraust kam und einen Griff ins Schloßdach tat, so dass es bebte und krachte, ging der Prinz zur Tür und wollte sehen, was es gab. Aber in demselben Augenblick ergriff der König ihn beim Kragen und warf ihn hinaus. Da nahm ihn der Nordwind und fuhr mit ihm davon.
Als der König so mit guter Manier des Prinzen ledig geworden war, ging er ins Schloss. Anfangs erkannte die Königin ihn nicht, weil er durch das lange Wandern und seinen heftigen Kummer so bleich und mager geworden war. Als er ihr aber den Ring zeigte, ward sie herzlich froh. Und nun wurde mit großem Jubel erst die rechte Hochzeit gefeiert.

Quelle:
(Unbekannt-Norwegen)

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