Bald darauf brach ein Krieg mit den Türken aus und der Prinz wurde schon nach der ersten Schlacht gefangen genommen. Als das seine Gemalin hörte, legte sie Pilgerkleider an, nahm ihre Harfe und fuhr auf einem Schiffe nach Constantinopel. Sie sang in den Höfen ihre Lieder für ein Almosen. Da feierte der Sultan ein großes Fest, bei dem alle Sänger und Sängerinnen des Landes erscheinen mußten. Da sang der arme Pilger am schönsten unter Allen, so daß der Sultan ihm gestattete, einen Wunsch auszusprechen. Der Pilger verlangte die Freiheit des Prinzen und der Sultan mußte es gewähren. So kehrte der Prinz nach Portugal zurück, den Pilger aber behielt der Sultan bei sich.
Als der Prinz heimkehrte, wurde seine Gemalin von seinen Verwandten schändlich verleumdet. Sie aber lebte bei dem Sultan traurige Jahre; alle Tage ging sie ans Ufer, um zu sehen, ob nicht ein Schiff aus der Heimat komme. Endlich kam eines, und es gelang ihr, heimlich zu entfliehen. In Portugal aber wurde sie ins Gefängniß geworfen und durfte nur ihre Harfe mit hineinnehmen. Oftmals hörte der Prinz ihre Lieder, aber er glaubte den Verleumdern und blieb ungerührt. Da hörte er sie einst ein Lied singen von dem Pilger, dem er seine Befreiung verdankte. Er ließ sie fragen, was sie davon wisse, und nun erzählte sie ihm, daß sie der Pilger gewesen war. Sie wurde nun aus dem Gefängniß befreit und wieder des Prinzen liebes Gemal, ihre Verleumder aber erfuhren die gerechte Strafe.
Karl (Friedrich Adolf Konrad) Bartsch 1832–1888
[Märchen und Legenden aus Meklenburg]