5
(1)
»Der reiche Peter Larsen« so hieß ein Großbauer, und das war der reichste Mann in der ganzen Gegend; aber er war böse, hart und hochmüthig. Er hatte nur ein einziges Kind, und zwar eine Tochter, welche Karen hieß.
In demselben Orte wohnte auch eine arme Häuslerin, welche einen einzigen Sohn hatte und der hieß Hans.
Beide Kinder liebten einander schon von frühester Jugend auf, sie hatten miteinander gespielt und zusammen gelernt, sowohl in der Schule als in der Kirche. Als sie erwachsen waren, ging Hans eines Tages hinüber zu dem reichen Peter Larsen und sagte ihm, daß er seine Tochter liebe und daß sie ihn wieder liebe, und deshalb wolle er den Peter Larsen fragen, ob sie nicht ein Paar werden dürften.
Darüber wurde der Peter Larsen so wüthend, daß er vor Zorn beinahe platzte; und er spuckte in seine Faust und schlug dem Hans Eine gerade zwischen beide Augen hinein, und sagte dann: »Ja freilich, du sollst die Karen kriegen! Aber da kannst du schon zuerst bis ans Ende der Welt wandern. Dann kriegst du sie, wenn du wieder einmal zurückkommst!«
»Ich will es versuchen!« antwortete Hans und ging darauf zu seiner Mutter heim und sagte ihr, daß er Karen bekäme, wenn er zuerst am Ende der Welt gewesen sei, und daß er sich deshalb sogleich auf den Weg machen wolle. Da fing seine Mutter zu weinen an und bat ihn unter Thränen, sie doch nicht zu verlassen. Aber das half alles miteinander nichts; Hans wollte und mußte fort, und da schnitt ihm denn die Mutter einen Brodsack zurecht, so gut sie es eben konnte; und er begab sich auf seine Wanderschaft.
Er ging immer gerade aus vorwärts: – so mußte er ja doch endlich einmal an das Ende der Welt kommen. Und so lange er einen Bissen in seinem Brodsack hatte, kehrte er nirgends ein; denn er wollte ungern aufgehalten werden, weil es wohl ein sehr weiter Weg war, den er vor sich hatte. Als sich aber keine Brodkrume mehr in seinem Sack befand, mußte er doch in einen Bauernhof hineingehen und um einen Bissen zu essen bitten. Der Mann, dem der Hof gehörte, fragte ihn, wohin er wandern wolle, und Hans antwortete: »Ich muß ans Ende der Welt, denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Tochter nicht.« »Ja, wenn du ans Ende der Welt sollst,« sagte der Bauer, »dann mußt du einen Auftrag von mir mitnehmen und mir die Kundschaft bringen, woher es kommt, daß ich drei schöne Töchter habe und so reich bin, daß es mehr als genug für alle drei ist und doch keine Freier für sie bekommen kann.«
»Ich werde thun, was in meinen Kräften steht, um es zu erfahren,« sagte Hans, und bekam dann seinen Brodsack wohl gefüllt und zog wieder von dannen immer gerade fort, so lange noch ein Stückchen Brod in seiner Tasche war. Als sie aber ganz leer war, ging er wieder an einem Ort in einen großen Herrenhof hinein und bat um einen Bissen zu essen. »Wie weit wanderst du denn?« fragte ihn der Gutsherr. »Ja, ich muß bis ans Ende der Welt,« antwortete Hans, »denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Karen nicht.«
»Ja, wenn du bis ans Ende der Welt sollst, dann mußt du einen Auftrag von mir mitnehmen,« sagte der Gutsherr, »und mir die Kundschaft bringen, woher es kommt, daß sich in meinem Garten ein Baum befindet, der auf der einen Seite rothe, auf der andern weiße Blätter und noch nie eine Frucht getragen hat.«
Hans versprach zu thun, was in seinen Kräften stünde, um ihm die Antwort auf diese Frage zu verschaffen, und bekam seinen Brodsack tüchtig vollgestopft; dann nahm er Abschied und bedankte sich und ging wieder weiter vorwärts, so lange er noch einen Bissen im Sack hatte. Als er abermals leer war, ging er in ein königliches Schloß hinein und bat um etwas zu essen. Der König stand just selbst vor der Thüre draußen, und da fragte er den Hans: »Wohin geht die Reise?« und Hans antwortete wie gewöhnlich: »Ich muß bis ans Ende der Welt, denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Karen nicht.«
»Ja, wenn du bis ans Ende der Welt mußt,« sagte der König, »dann kannst du mir auch die Nachricht verschaffen, wo meine Tochter hingekommen, welche mir vor sieben Jahren gestohlen wurde.«
»Ich will sehen, was ich thun kann,« erwiderte Hans, »und wenn es mir möglich ist, will ich es dir schon wissen lassen.« Da bekam er seinen Brodsack so gut vollgestopft, daß er auf lange Zeit ausreichen konnte; und er ging wieder tüchtig vorwärts, bis er mitten in einem wilden Wald zu einem Schilderhaus hinkam, bei dem ein alter Soldat stand und Wache hielt. Er rief den Hans an und fragte ihn, wohin er wolle.
»Ich muß bis ans Ende der Welt,« sagte Hans, »denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Tochter nicht. – Habe ich noch weit dahin?« fragte er die Schildwache. »Nein,« bekam er die Antwort, »jetzt hast du nicht mehr besonders weit. Du wirst bald bei einem großen Wasser anlangen, das ist das rothe Meer, und auf der andern Seite desselben liegt das Schloß am Ende der Welt. Aber darin haust ein böser Zauberer,« sagte der alte Soldat. »Ja, das ist mir gleichgültig, wer da wohnt,« sagte Hans, »aber ich soll und muß dahin!«
»Dann kannst du einen Auftrag von mir mitnehmen,« sagte die Schildwache, »und dich erkundigen, wann endlich eine Ablösung kommt, denn jetzt stehe ich auf diesem Posten schon dreihundert Jahre.« – »Ja, das werde ich thun,« versprach Hans, und beeilte sich weiter zu kommen, und bald befand er sich am rothen Meer. Da traf er ein altes Weib am Strande an, die ein kleines Boot hatte, und es sah aus als sei sie dazu da, um die Leute überzusetzen.
»Wo willst du denn hin?« fragte sie. »Ich will ans Ende der Welt,« antwortete Hans. »Dahin gelangst du immer noch früh genug,« sagte das Weib, »denn von da kommst du doch nicht mehr zurück.« – »O ja!« erwiderte ihr Hans, »ich muß ja wieder nach Hause, um des reichen Peter Larsens Karen heimzuführen.« – »Ja,« sagte das Weib, »ich will dich meinetwegen übersetzen, und solltest du zurückkommen, dann kannst du mir sagen, wie lange ich noch da liegen und im Wasser herumpantschen soll. Jetzt habe ich schon siebenhundert Jahre lang die Leute da übergesetzt.«
»Ich will schauen, daß ich es erfahren kann,« sagte Hans, und das Weib fuhr mit ihm über das rothe Meer und hinüber zum Schloß am Ende der Welt. Er fand ein Thor, an dem klopfte er an, und da kam ein junges Mädchen, das ihm aufmachte und das war eine Prinzessin; – sonst war gerade niemand im Schlosse. Er wünschte ihr einen guten Abend und fragte, ob er da nicht über Nacht bleiben könnte. »Nein!« sagte die Prinzessin, »was willst du denn hier? du kommst ja nicht mehr lebend über die Schwelle!« – »Ja,« entgegnete ihr Hans, »ich sollte und mußte hieher, denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Karen nicht!« – »Gut, jetzt ist der Zauberer nicht zu Hause,« sagte die Prinzessin, »aber wenn er heimkommt und Christenblut wittert, dann ist es aus mit dir.« Ja, er müsse mit ihm sprechen, sagte er, denn er habe viele Aufträge bekommen, die er zu besorgen habe; und dann erzählte er der Prinzessin alles, worüber er Erkundigungen einziehen müsse.
Als er auf den König zu sprechen kam, der wissen wollte, wohin seine Tochter gekommen, da brach sie in Thränen aus und sagte, daß dies gewiß ihr Vater sei. »Komm jetzt nur herein!« sagte die Prinzessin, »ich will schon sehen, daß ich dir helfen kann. Ich verwandle dich nun in eine Hechel und hänge dich beim Kopfkissen am Bettpfosten auf, und wenn ich sage: »Hechel, merk‘ auf!« dann mußt du genau Obacht auf alles geben, was gesprochen wird.« Die Prinzessin that, wie sie gesagt, und bald darauf kam der Zauberer heim.
»Huh! …. huh! …. huh!« rief er, »ich rieche Christenblut.« – »Ach nein, Väterchen!« sagte die Prinzessin, »was dir nicht wieder einfällt! Heute flog eine Krähe übers Dach und verlor dabei ein Bein in unserm Hof, welches sie wahrscheinlich von einem Friedhof geholt hatte. Und das wird es auch sein, was du jetzt riechen kannst.« Darauf verzehrte der Zauberer sein Nachtmahl und beide gingen zur Ruhe.
Als sie kurze Zeit dagelegen hatten, begann die Prinzessin so zu schnarchen, daß der Zauberer darüber aufwachte. Er stieß sie und sagte: »Aber Frau, was schnarchst du denn so fürchterlich?« – »O, ich habe etwas geträumt,« erwiderte sie. »So? … was hast du denn geträumt?« fragte er. »Ich träumte von einem Mann, der drei schöne Töchter hatte, denen er eine sehr reiche Mitgift geben konnte und doch keine Freier für sie bekam. Was mag daran wohl Schuld sein?« – »Ja, das weiß ich schon,« sagte der Zauberer, »aber er wird es nie erfahren: er sollte die Thüren zur Hälfte einwärts und zur Hälfte auswärts kehren, dann würden alle Tage ein paar Freier kommen.« – »Hechel, merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Wozu sagst du das?« fragte der Zauberer. »Ach, das sagte ich nur so im Traume,« antwortete ihm die Prinzessin.
Darauf schliefen sie wieder ein. Aber bald darauf weckte ihn das Schnarchen der Prinzessin abermals auf und er fragte sie, was sie jetzt geträumt habe. »Ach, ich träumte von einem Gutsherrn, der einen Baum in seinem Hofe hat, der auf der einen Seite weiße, auf der andern Seite rothe Blätter trägt und auf dem noch nie eine Frucht gewachsen. Was mag das bedeuten?« – »Ja, das weiß ich schon,« antwortete der Zauberer, »aber er wird es nie erfahren. Er sollte acht Knechte, vier auf jeder Seite, nachgraben lassen, dann würde er unter diesem Baum eine Tonne Gold und eine Tonne Silber finden.« – »Hechel, merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Wozu sagtest du das?« fragte der Zauberer. »Ach, das sagte ich nur so im Traume,« erwiderte die Prinzessin.
Als sie wieder kurze Zeit schliefen, weckte sie ihn zum drittenmal mit ihrem Schnarchen auf, und er sagte: »Aber warum schnarchst du denn jetzt?« – »Ach, ich träumte … ich träumte,« sagte die Prinzessin darauf. »Das ist aber heute eine schauderhafte Träumerei von dir!« rief der Zauberer aus. »Was hast du denn wieder geträumt?« – »Ich träumte von einem König, der besaß eine einzige Tochter, die ihm vor sieben Jahren gestohlen wurde.« – »Das bist ja du selbst,« schrie er so fuchsteufelswild, daß er sie jetzt beinahe gefressen hätte.
Darüber erschrak die Prinzessin fürchterlich und getraute sich nicht sobald wieder zukommen mit ihren Träumen; aber sie mußte ja doch noch die andern Fragen beantwortet bekommen. Deshalb ließ sie ihn eine gute Weile ruhig schlafen, dann aber begann sie auf’s neue zu schnarchen und er wachte darüber auf. »Das ist doch zum Teufel holen mit deinem Geschnarche heute Nacht!« brummte der Zauberer. »Ja, ich bin auch ganz unglücklich über diese Träume,« seufzte sie. »Nun, was hast du denn jetzt für einen gehabt?« fragte er. »Ich träumte von einem alten Soldaten, der draußen im wilden Wald bei einem Schilderhaus Wache steht. Wie viele Jahre muß er wohl noch da stehen bleiben?« – »Ja, das weiß ich schon,« sagte der Zauberer, »aber er wird es nie erfahren. Er könnte schon einmal abgelöst werden; aber da müßte er, wenn es in der Luft saust und in der Erde dröhnt, rufen: Höre, Satan, der du fliegst und flatterst in der Luft! komme jetzt herunter und löse mich ab! Ich stand hier schon so viele lange Jahre, jetzt sollst du in aller Ewigkeit da stehen bleiben!« – da müßte ich hingehen und an seiner statt Schildwacht stehen.« – »Hechel, merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Aber wozu sagst du denn das immer?« fragte er. »Ach, das sagte ich nur so im Traume!« erwiderte die Prinzessin.
Da schliefen sie wieder ein, aber es dauerte nicht lange, da fuhr der Zauberer aufs neue von dem Schnarchen aufgeweckt aus dem Schlafe auf und wollte wissen, was sie jetzt geträumt habe. »Ich träumte von einem alten Weib, das schon, so lange ich mich erinnern kann, die Leute hieher übersetzt. Wie lange wird sie das noch thun müssen?« – »Ja, das weiß ich schon,« sagte er, »aber sie wird es nie erfahren. Wenn sie einen Christenmenschen unter die Hand bekäme, dem sie das Genick brechen könnte und ihm dann drei Tropfen Blut aussaugen würde, dann dürfte sie hingehen, wohin sie wollte.« – »Hechel merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Das will ich nicht mehr hören!« schrie der Zauberer, »und jetzt störe mich nimmer in meiner Nachtruhe oder ich breche dir selber das Genick!« Darauf fiel er in einen tiefen Schlaf und schnarchte, daß das ganze Haus davon erzitterte und bebte.
Morgens stand der Zauberer auf, nahm sein Frühstück ein und fuhr davon. Da verwandelte die Prinzessin die Hechel wieder in den Hans und gab ihm sein Frühstück und sagte ihm, daß er nun voraus zum Strand hinunter solle; sie werde ihm nachkommen, sobald der Zauberer weit genug entfernt sei. Darauf verwandelte sie ihn in ein kleines Rad, das sie an den Strand hinunter rollen ließ; und da blieb es liegen, bis die Prinzessin selbst kam und es wieder in einen Menschen verwandelte. Dann stiegen sie beide in das Boot des alten Weibes. »Tummle dich nur, Mutter, und setz‘ uns über!« rief ihr Hans zu. »Ja, hast du mir auch eine Antwort auf meine Frage gebracht?« erkundigte sich das Weib. »Wenn wir drüben sind, sollst du sie bekommen,« erwiderte Hans. Und als sie wohlbehalten am Ufer angelangt und ein gutes Stück landeinwärts gekommen waren, rief er ihr zurück, was sie zu thun hätte, um ihres Dienstes frei zu werden. »O hättest du mir das nur früher gesagt,« schrie sie ihm nach, »so könnte ich jetzt schon fertig sein!«
Sie liefen immer weiter, bis sie zu dem Schilderhaus kamen und dem alten Soldaten erzählten, wie er von seinem Posten abgelöst werden könnte. Und kaum waren sie gut an ihm vorbeigekommen, da sauste es in der Luft und dröhnte es in der Erde; – und das war der Zauberer, der den Fliehenden nacheilte. Da rief der Soldat, wie er soeben gelernt hatte: »Höre; Satan, der du fliegst und flatterst in der Luft! komme jetzt herunter und löse mich ab! Ich stand hier schon dreihundert lange Jahre, jetzt sollst du in aller Ewigkeit da stehen bleiben!« Nun mußte der böse Zauberer herabkommen und Schildwache stehen; – und da steht er noch.
Darauf zogen Hans und die Prinzessin zu dem König hin, dessen Tochter sie war. Hans nahm sie an der Hand und führte sie vor und sagte: »Hier ist Eure Tochter, die Euch vor sieben Jahren gestohlen wurde!« Der König wollte es zuerst nicht glauben, aber da sagte die Prinzessin: »Vater! kannst du dich nicht mehr erinnern, daß ich, als ich noch klein war, einmal hingefallen bin und mich dabei mit einem Federmesser in die rechte Hand stach? – Und hier ist noch die Narbe davon.« Da freute sich der König so sehr, daß er sein Kind wiedergefunden, daß er dem Hans aus Dankbarkeit die Prinzessin zur Ehe und dazu gleich das halbe Königreich und nach seinem Tode das ganze anbot. Aber Hans bedankte sich und sagte, daß er heim müsse, um des reichen Peter Larsens Tochter zu bekommen.
Da gab ihm der König eine Tonne voll Gold und einen prächtigen Wagen mit vier Pferden bespannt und Kutscher und Diener dazu. Dann reiste er damit weiter zu dem Gutsherrn, der den wunderbaren Baum in seinem Garten hatte. Er ertheilte ihm Bescheid; und sogleich wurden acht Knechte geholt, von denen je vier zu beiden Seiten graben mußten. Und da fanden sie richtig eine Tonne voll Gold auf der einen Seite und eine voll Silber aus der andern. Darüber freute sich der Gutsherr ungemein und gab Hans die Hälfte als Finderlohn, also eine halbe Tonne Silber und eine halbe Tonne Gold, und das wurde ihm auf den Wagen gepackt, dann fuhr er weiter. Er mußte noch zu dem reichen Bauern mit den drei schönen Töchtern, die keine Freier bekommen konnten, hinein. Hans sagte ihm, daß er die Thüren halb einwärts und halb auswärts kehren solle, dann würden alle Tage genug Freier kommen. Da sagte ihm der Bauer in der Freude seines Herzens über diese Unterweisung sogleich, er könne eine seiner Töchter haben und welche er wolle? Aber Hans wollte keine von den dreien, denn er sei schon verlobt, sagte er. Dann wollte ihm der Bauer hundert Thaler geben. Aber Hans dankte auch dafür und sagte, er habe ohnehin schon genug Geld.
Darauf fuhr er weiter bis zu seiner Mutter Haus, und hielt davor an; dann ließ er drinnen fragen, ob er nicht da über Nacht bleiben könnte. Da fing die Frau zu weinen an und sagte, es sei schändlich herzlos, mit armen Leuten Spott zu treiben; es sei doch leicht einzusehen, daß sie eine so feine Herrschaft nicht empfangen könne. Aber da sprang Hans aus dem Wagen heraus und sagte: »Weine nicht, Mütterchen! – ich bin es ja, dein eigener Sohn Hans.« Das wollte sie zuerst gar nicht recht glauben; aber zuletzt erkannte sie ihn doch und er erzählte ihr seine ganze Geschichte, und es herrschte eine unsägliche Freude in der kleinen Bauernstube.
Am andern Morgen fuhr Hans in seinem Wagen vierspännig und mit Dienern hinter sich hinauf in den Hof des reichen Peter Larsen. Karen war gerade im Begriffe das Vieh im Stall zu füttern, aber sie mußte natürlicherweise auch gleich sehen, was da so dahergestampft kam. Aber als sie das prächtige Fahrzeug gerade in den Hof einlenken sah, fiel sie vor lauter Ueberraschung nach rückwärts mit einem Bündel Heu in den Armen in einen Düngerhaufen hinein. Und der reiche Peter Larsen kam heraus mit dem Hut in der Hand und machte Bücklinge und Kratzfüße.
Da sagte der Hans: »Ich bin’s nur, Peter Larsen! Kann ich jetzt deine Tochter Karen bekommen? Denn jetzt bin ich am Ende der Welt gewesen. Und du wirst dich ja doch noch erinnern, daß du mich auf Nase und Mund schlugst und sagtest, wenn ich dort gewesen sei, bekäme ich deine Karen.«
Und Hans bekam jetzt auch Karen und sie hielten Hochzeit miteinander; und jetzt hausen sie auf dem Hof des reichen Peter Larsen und haben schon große Kinder, welche herumziehen und Milchrahm nach der Elle und Kautabak maßweise verkaufen, und
In demselben Orte wohnte auch eine arme Häuslerin, welche einen einzigen Sohn hatte und der hieß Hans.
Beide Kinder liebten einander schon von frühester Jugend auf, sie hatten miteinander gespielt und zusammen gelernt, sowohl in der Schule als in der Kirche. Als sie erwachsen waren, ging Hans eines Tages hinüber zu dem reichen Peter Larsen und sagte ihm, daß er seine Tochter liebe und daß sie ihn wieder liebe, und deshalb wolle er den Peter Larsen fragen, ob sie nicht ein Paar werden dürften.
Darüber wurde der Peter Larsen so wüthend, daß er vor Zorn beinahe platzte; und er spuckte in seine Faust und schlug dem Hans Eine gerade zwischen beide Augen hinein, und sagte dann: »Ja freilich, du sollst die Karen kriegen! Aber da kannst du schon zuerst bis ans Ende der Welt wandern. Dann kriegst du sie, wenn du wieder einmal zurückkommst!«
»Ich will es versuchen!« antwortete Hans und ging darauf zu seiner Mutter heim und sagte ihr, daß er Karen bekäme, wenn er zuerst am Ende der Welt gewesen sei, und daß er sich deshalb sogleich auf den Weg machen wolle. Da fing seine Mutter zu weinen an und bat ihn unter Thränen, sie doch nicht zu verlassen. Aber das half alles miteinander nichts; Hans wollte und mußte fort, und da schnitt ihm denn die Mutter einen Brodsack zurecht, so gut sie es eben konnte; und er begab sich auf seine Wanderschaft.
Er ging immer gerade aus vorwärts: – so mußte er ja doch endlich einmal an das Ende der Welt kommen. Und so lange er einen Bissen in seinem Brodsack hatte, kehrte er nirgends ein; denn er wollte ungern aufgehalten werden, weil es wohl ein sehr weiter Weg war, den er vor sich hatte. Als sich aber keine Brodkrume mehr in seinem Sack befand, mußte er doch in einen Bauernhof hineingehen und um einen Bissen zu essen bitten. Der Mann, dem der Hof gehörte, fragte ihn, wohin er wandern wolle, und Hans antwortete: »Ich muß ans Ende der Welt, denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Tochter nicht.« »Ja, wenn du ans Ende der Welt sollst,« sagte der Bauer, »dann mußt du einen Auftrag von mir mitnehmen und mir die Kundschaft bringen, woher es kommt, daß ich drei schöne Töchter habe und so reich bin, daß es mehr als genug für alle drei ist und doch keine Freier für sie bekommen kann.«
»Ich werde thun, was in meinen Kräften steht, um es zu erfahren,« sagte Hans, und bekam dann seinen Brodsack wohl gefüllt und zog wieder von dannen immer gerade fort, so lange noch ein Stückchen Brod in seiner Tasche war. Als sie aber ganz leer war, ging er wieder an einem Ort in einen großen Herrenhof hinein und bat um einen Bissen zu essen. »Wie weit wanderst du denn?« fragte ihn der Gutsherr. »Ja, ich muß bis ans Ende der Welt,« antwortete Hans, »denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Karen nicht.«
»Ja, wenn du bis ans Ende der Welt sollst, dann mußt du einen Auftrag von mir mitnehmen,« sagte der Gutsherr, »und mir die Kundschaft bringen, woher es kommt, daß sich in meinem Garten ein Baum befindet, der auf der einen Seite rothe, auf der andern weiße Blätter und noch nie eine Frucht getragen hat.«
Hans versprach zu thun, was in seinen Kräften stünde, um ihm die Antwort auf diese Frage zu verschaffen, und bekam seinen Brodsack tüchtig vollgestopft; dann nahm er Abschied und bedankte sich und ging wieder weiter vorwärts, so lange er noch einen Bissen im Sack hatte. Als er abermals leer war, ging er in ein königliches Schloß hinein und bat um etwas zu essen. Der König stand just selbst vor der Thüre draußen, und da fragte er den Hans: »Wohin geht die Reise?« und Hans antwortete wie gewöhnlich: »Ich muß bis ans Ende der Welt, denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Karen nicht.«
»Ja, wenn du bis ans Ende der Welt mußt,« sagte der König, »dann kannst du mir auch die Nachricht verschaffen, wo meine Tochter hingekommen, welche mir vor sieben Jahren gestohlen wurde.«
»Ich will sehen, was ich thun kann,« erwiderte Hans, »und wenn es mir möglich ist, will ich es dir schon wissen lassen.« Da bekam er seinen Brodsack so gut vollgestopft, daß er auf lange Zeit ausreichen konnte; und er ging wieder tüchtig vorwärts, bis er mitten in einem wilden Wald zu einem Schilderhaus hinkam, bei dem ein alter Soldat stand und Wache hielt. Er rief den Hans an und fragte ihn, wohin er wolle.
»Ich muß bis ans Ende der Welt,« sagte Hans, »denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Tochter nicht. – Habe ich noch weit dahin?« fragte er die Schildwache. »Nein,« bekam er die Antwort, »jetzt hast du nicht mehr besonders weit. Du wirst bald bei einem großen Wasser anlangen, das ist das rothe Meer, und auf der andern Seite desselben liegt das Schloß am Ende der Welt. Aber darin haust ein böser Zauberer,« sagte der alte Soldat. »Ja, das ist mir gleichgültig, wer da wohnt,« sagte Hans, »aber ich soll und muß dahin!«
»Dann kannst du einen Auftrag von mir mitnehmen,« sagte die Schildwache, »und dich erkundigen, wann endlich eine Ablösung kommt, denn jetzt stehe ich auf diesem Posten schon dreihundert Jahre.« – »Ja, das werde ich thun,« versprach Hans, und beeilte sich weiter zu kommen, und bald befand er sich am rothen Meer. Da traf er ein altes Weib am Strande an, die ein kleines Boot hatte, und es sah aus als sei sie dazu da, um die Leute überzusetzen.
»Wo willst du denn hin?« fragte sie. »Ich will ans Ende der Welt,« antwortete Hans. »Dahin gelangst du immer noch früh genug,« sagte das Weib, »denn von da kommst du doch nicht mehr zurück.« – »O ja!« erwiderte ihr Hans, »ich muß ja wieder nach Hause, um des reichen Peter Larsens Karen heimzuführen.« – »Ja,« sagte das Weib, »ich will dich meinetwegen übersetzen, und solltest du zurückkommen, dann kannst du mir sagen, wie lange ich noch da liegen und im Wasser herumpantschen soll. Jetzt habe ich schon siebenhundert Jahre lang die Leute da übergesetzt.«
»Ich will schauen, daß ich es erfahren kann,« sagte Hans, und das Weib fuhr mit ihm über das rothe Meer und hinüber zum Schloß am Ende der Welt. Er fand ein Thor, an dem klopfte er an, und da kam ein junges Mädchen, das ihm aufmachte und das war eine Prinzessin; – sonst war gerade niemand im Schlosse. Er wünschte ihr einen guten Abend und fragte, ob er da nicht über Nacht bleiben könnte. »Nein!« sagte die Prinzessin, »was willst du denn hier? du kommst ja nicht mehr lebend über die Schwelle!« – »Ja,« entgegnete ihr Hans, »ich sollte und mußte hieher, denn sonst bekomme ich des reichen Peter Larsens Karen nicht!« – »Gut, jetzt ist der Zauberer nicht zu Hause,« sagte die Prinzessin, »aber wenn er heimkommt und Christenblut wittert, dann ist es aus mit dir.« Ja, er müsse mit ihm sprechen, sagte er, denn er habe viele Aufträge bekommen, die er zu besorgen habe; und dann erzählte er der Prinzessin alles, worüber er Erkundigungen einziehen müsse.
Als er auf den König zu sprechen kam, der wissen wollte, wohin seine Tochter gekommen, da brach sie in Thränen aus und sagte, daß dies gewiß ihr Vater sei. »Komm jetzt nur herein!« sagte die Prinzessin, »ich will schon sehen, daß ich dir helfen kann. Ich verwandle dich nun in eine Hechel und hänge dich beim Kopfkissen am Bettpfosten auf, und wenn ich sage: »Hechel, merk‘ auf!« dann mußt du genau Obacht auf alles geben, was gesprochen wird.« Die Prinzessin that, wie sie gesagt, und bald darauf kam der Zauberer heim.
»Huh! …. huh! …. huh!« rief er, »ich rieche Christenblut.« – »Ach nein, Väterchen!« sagte die Prinzessin, »was dir nicht wieder einfällt! Heute flog eine Krähe übers Dach und verlor dabei ein Bein in unserm Hof, welches sie wahrscheinlich von einem Friedhof geholt hatte. Und das wird es auch sein, was du jetzt riechen kannst.« Darauf verzehrte der Zauberer sein Nachtmahl und beide gingen zur Ruhe.
Als sie kurze Zeit dagelegen hatten, begann die Prinzessin so zu schnarchen, daß der Zauberer darüber aufwachte. Er stieß sie und sagte: »Aber Frau, was schnarchst du denn so fürchterlich?« – »O, ich habe etwas geträumt,« erwiderte sie. »So? … was hast du denn geträumt?« fragte er. »Ich träumte von einem Mann, der drei schöne Töchter hatte, denen er eine sehr reiche Mitgift geben konnte und doch keine Freier für sie bekam. Was mag daran wohl Schuld sein?« – »Ja, das weiß ich schon,« sagte der Zauberer, »aber er wird es nie erfahren: er sollte die Thüren zur Hälfte einwärts und zur Hälfte auswärts kehren, dann würden alle Tage ein paar Freier kommen.« – »Hechel, merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Wozu sagst du das?« fragte der Zauberer. »Ach, das sagte ich nur so im Traume,« antwortete ihm die Prinzessin.
Darauf schliefen sie wieder ein. Aber bald darauf weckte ihn das Schnarchen der Prinzessin abermals auf und er fragte sie, was sie jetzt geträumt habe. »Ach, ich träumte von einem Gutsherrn, der einen Baum in seinem Hofe hat, der auf der einen Seite weiße, auf der andern Seite rothe Blätter trägt und auf dem noch nie eine Frucht gewachsen. Was mag das bedeuten?« – »Ja, das weiß ich schon,« antwortete der Zauberer, »aber er wird es nie erfahren. Er sollte acht Knechte, vier auf jeder Seite, nachgraben lassen, dann würde er unter diesem Baum eine Tonne Gold und eine Tonne Silber finden.« – »Hechel, merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Wozu sagtest du das?« fragte der Zauberer. »Ach, das sagte ich nur so im Traume,« erwiderte die Prinzessin.
Als sie wieder kurze Zeit schliefen, weckte sie ihn zum drittenmal mit ihrem Schnarchen auf, und er sagte: »Aber warum schnarchst du denn jetzt?« – »Ach, ich träumte … ich träumte,« sagte die Prinzessin darauf. »Das ist aber heute eine schauderhafte Träumerei von dir!« rief der Zauberer aus. »Was hast du denn wieder geträumt?« – »Ich träumte von einem König, der besaß eine einzige Tochter, die ihm vor sieben Jahren gestohlen wurde.« – »Das bist ja du selbst,« schrie er so fuchsteufelswild, daß er sie jetzt beinahe gefressen hätte.
Darüber erschrak die Prinzessin fürchterlich und getraute sich nicht sobald wieder zukommen mit ihren Träumen; aber sie mußte ja doch noch die andern Fragen beantwortet bekommen. Deshalb ließ sie ihn eine gute Weile ruhig schlafen, dann aber begann sie auf’s neue zu schnarchen und er wachte darüber auf. »Das ist doch zum Teufel holen mit deinem Geschnarche heute Nacht!« brummte der Zauberer. »Ja, ich bin auch ganz unglücklich über diese Träume,« seufzte sie. »Nun, was hast du denn jetzt für einen gehabt?« fragte er. »Ich träumte von einem alten Soldaten, der draußen im wilden Wald bei einem Schilderhaus Wache steht. Wie viele Jahre muß er wohl noch da stehen bleiben?« – »Ja, das weiß ich schon,« sagte der Zauberer, »aber er wird es nie erfahren. Er könnte schon einmal abgelöst werden; aber da müßte er, wenn es in der Luft saust und in der Erde dröhnt, rufen: Höre, Satan, der du fliegst und flatterst in der Luft! komme jetzt herunter und löse mich ab! Ich stand hier schon so viele lange Jahre, jetzt sollst du in aller Ewigkeit da stehen bleiben!« – da müßte ich hingehen und an seiner statt Schildwacht stehen.« – »Hechel, merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Aber wozu sagst du denn das immer?« fragte er. »Ach, das sagte ich nur so im Traume!« erwiderte die Prinzessin.
Da schliefen sie wieder ein, aber es dauerte nicht lange, da fuhr der Zauberer aufs neue von dem Schnarchen aufgeweckt aus dem Schlafe auf und wollte wissen, was sie jetzt geträumt habe. »Ich träumte von einem alten Weib, das schon, so lange ich mich erinnern kann, die Leute hieher übersetzt. Wie lange wird sie das noch thun müssen?« – »Ja, das weiß ich schon,« sagte er, »aber sie wird es nie erfahren. Wenn sie einen Christenmenschen unter die Hand bekäme, dem sie das Genick brechen könnte und ihm dann drei Tropfen Blut aussaugen würde, dann dürfte sie hingehen, wohin sie wollte.« – »Hechel merk‘ auf!« sagte die Prinzessin. »Das will ich nicht mehr hören!« schrie der Zauberer, »und jetzt störe mich nimmer in meiner Nachtruhe oder ich breche dir selber das Genick!« Darauf fiel er in einen tiefen Schlaf und schnarchte, daß das ganze Haus davon erzitterte und bebte.
Morgens stand der Zauberer auf, nahm sein Frühstück ein und fuhr davon. Da verwandelte die Prinzessin die Hechel wieder in den Hans und gab ihm sein Frühstück und sagte ihm, daß er nun voraus zum Strand hinunter solle; sie werde ihm nachkommen, sobald der Zauberer weit genug entfernt sei. Darauf verwandelte sie ihn in ein kleines Rad, das sie an den Strand hinunter rollen ließ; und da blieb es liegen, bis die Prinzessin selbst kam und es wieder in einen Menschen verwandelte. Dann stiegen sie beide in das Boot des alten Weibes. »Tummle dich nur, Mutter, und setz‘ uns über!« rief ihr Hans zu. »Ja, hast du mir auch eine Antwort auf meine Frage gebracht?« erkundigte sich das Weib. »Wenn wir drüben sind, sollst du sie bekommen,« erwiderte Hans. Und als sie wohlbehalten am Ufer angelangt und ein gutes Stück landeinwärts gekommen waren, rief er ihr zurück, was sie zu thun hätte, um ihres Dienstes frei zu werden. »O hättest du mir das nur früher gesagt,« schrie sie ihm nach, »so könnte ich jetzt schon fertig sein!«
Sie liefen immer weiter, bis sie zu dem Schilderhaus kamen und dem alten Soldaten erzählten, wie er von seinem Posten abgelöst werden könnte. Und kaum waren sie gut an ihm vorbeigekommen, da sauste es in der Luft und dröhnte es in der Erde; – und das war der Zauberer, der den Fliehenden nacheilte. Da rief der Soldat, wie er soeben gelernt hatte: »Höre; Satan, der du fliegst und flatterst in der Luft! komme jetzt herunter und löse mich ab! Ich stand hier schon dreihundert lange Jahre, jetzt sollst du in aller Ewigkeit da stehen bleiben!« Nun mußte der böse Zauberer herabkommen und Schildwache stehen; – und da steht er noch.
Darauf zogen Hans und die Prinzessin zu dem König hin, dessen Tochter sie war. Hans nahm sie an der Hand und führte sie vor und sagte: »Hier ist Eure Tochter, die Euch vor sieben Jahren gestohlen wurde!« Der König wollte es zuerst nicht glauben, aber da sagte die Prinzessin: »Vater! kannst du dich nicht mehr erinnern, daß ich, als ich noch klein war, einmal hingefallen bin und mich dabei mit einem Federmesser in die rechte Hand stach? – Und hier ist noch die Narbe davon.« Da freute sich der König so sehr, daß er sein Kind wiedergefunden, daß er dem Hans aus Dankbarkeit die Prinzessin zur Ehe und dazu gleich das halbe Königreich und nach seinem Tode das ganze anbot. Aber Hans bedankte sich und sagte, daß er heim müsse, um des reichen Peter Larsens Tochter zu bekommen.
Da gab ihm der König eine Tonne voll Gold und einen prächtigen Wagen mit vier Pferden bespannt und Kutscher und Diener dazu. Dann reiste er damit weiter zu dem Gutsherrn, der den wunderbaren Baum in seinem Garten hatte. Er ertheilte ihm Bescheid; und sogleich wurden acht Knechte geholt, von denen je vier zu beiden Seiten graben mußten. Und da fanden sie richtig eine Tonne voll Gold auf der einen Seite und eine voll Silber aus der andern. Darüber freute sich der Gutsherr ungemein und gab Hans die Hälfte als Finderlohn, also eine halbe Tonne Silber und eine halbe Tonne Gold, und das wurde ihm auf den Wagen gepackt, dann fuhr er weiter. Er mußte noch zu dem reichen Bauern mit den drei schönen Töchtern, die keine Freier bekommen konnten, hinein. Hans sagte ihm, daß er die Thüren halb einwärts und halb auswärts kehren solle, dann würden alle Tage genug Freier kommen. Da sagte ihm der Bauer in der Freude seines Herzens über diese Unterweisung sogleich, er könne eine seiner Töchter haben und welche er wolle? Aber Hans wollte keine von den dreien, denn er sei schon verlobt, sagte er. Dann wollte ihm der Bauer hundert Thaler geben. Aber Hans dankte auch dafür und sagte, er habe ohnehin schon genug Geld.
Darauf fuhr er weiter bis zu seiner Mutter Haus, und hielt davor an; dann ließ er drinnen fragen, ob er nicht da über Nacht bleiben könnte. Da fing die Frau zu weinen an und sagte, es sei schändlich herzlos, mit armen Leuten Spott zu treiben; es sei doch leicht einzusehen, daß sie eine so feine Herrschaft nicht empfangen könne. Aber da sprang Hans aus dem Wagen heraus und sagte: »Weine nicht, Mütterchen! – ich bin es ja, dein eigener Sohn Hans.« Das wollte sie zuerst gar nicht recht glauben; aber zuletzt erkannte sie ihn doch und er erzählte ihr seine ganze Geschichte, und es herrschte eine unsägliche Freude in der kleinen Bauernstube.
Am andern Morgen fuhr Hans in seinem Wagen vierspännig und mit Dienern hinter sich hinauf in den Hof des reichen Peter Larsen. Karen war gerade im Begriffe das Vieh im Stall zu füttern, aber sie mußte natürlicherweise auch gleich sehen, was da so dahergestampft kam. Aber als sie das prächtige Fahrzeug gerade in den Hof einlenken sah, fiel sie vor lauter Ueberraschung nach rückwärts mit einem Bündel Heu in den Armen in einen Düngerhaufen hinein. Und der reiche Peter Larsen kam heraus mit dem Hut in der Hand und machte Bücklinge und Kratzfüße.
Da sagte der Hans: »Ich bin’s nur, Peter Larsen! Kann ich jetzt deine Tochter Karen bekommen? Denn jetzt bin ich am Ende der Welt gewesen. Und du wirst dich ja doch noch erinnern, daß du mich auf Nase und Mund schlugst und sagtest, wenn ich dort gewesen sei, bekäme ich deine Karen.«
Und Hans bekam jetzt auch Karen und sie hielten Hochzeit miteinander; und jetzt hausen sie auf dem Hof des reichen Peter Larsen und haben schon große Kinder, welche herumziehen und Milchrahm nach der Elle und Kautabak maßweise verkaufen, und
Schnipp, Schnapp, Schnaus,
Das Mährlein ist jetzt aus.
Und Fuchs und Henn‘ und Hahn:
Jetzt fängt ein andres an!
[Dänemark: Svend Grundtvig: Dänische Volksmärchen]