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Märchenbasar

Die Vogelhexe

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Es waren einmal zwei Geschwister, Elisa und ihr jüngerer Bruder Max. Die beiden Kinder wohnten in einem kleinen Dorf am Rande eines Eichenwaldes.
Die Eltern hatten ihren Kindern verboten, allein in den Wald zu gehen, denn dort sollte eine böse Hexe leben.
Der kleine Max fand den Wald so schön und so lief er, trotz der Wahrung, eines Tages in ihn hinein.
Elisa, die auf ihren Bruder aufpassen sollte, lief hinterher und wollte ihn zurückholen. Doch der Kleine war schon zu tief hineingelaufen. Dort traf er ein zahmes Eichhörnchen und er spielte mit dem Tier.

Die Schwester suchte ihren kleinen Bruder und lief immer tiefer in den Wald. Plötzlich kam sie zu einer Lichtung. Dort stand ein kleines schönes Haus. Davor saß eine freundliche alte Frau.
Als das Mädchen sie sah, fragte diese nach ihrem Bruder.
Die Alte antwortete: „Dein Bruder ist bei mir im Haus. Geh hinein und hole in heraus.“
So ging Elisa in das Haus und rief nach ihm. Doch sie bekam keine Antwort und wollte das Häuschen wieder verlassen. Da stand ihr plötzlich die Hexe, vor der die Eltern sie immer gewarnt hatten, gegenüber und krächzte: „Du kommst hier nicht heraus und wirst jetzt für immer mein Haus in Ordnung halten, mir Essen kochen, Holz hacken und alle meine Vögel füttern. Nun werde ich dich in einen Vogel verhexen und oben in den leeren Käfig einsperren. Jeden Morgen werde ich dich zurückverwandeln, damit du deine Arbeit machst.“
Nach diesen Worten verzauberte die Hexe Elisa in einen gelben Kanarienvogel. Sie sperrte das Tier in den leeren Käfig und befahl ihrem schwarzen Kater, auf den neuen Vogel besonders gut aufzupassen.

Zu Hause in Dorf wurde es dunkel. Die Eltern bemerkten, dass ihre Kinder nicht nach Hause kamen. Der Vater holte ein paar Männer aus dem Dorf und sie gingen in den Wald, um die Kinder zu suchen. Sie fanden aber nur Max. Er hatte sich unter einen Busch gelegt, im Arm das Eichhörnchen und schlief. Der Vater brachte seinen Sohn nach Hause. Die anderen Männer suchten weiter. Doch sie fanden das Mädchen nicht. Am anderen Tag gingen noch mehr Männer in den Wald und suchten weiter, wieder ohne Erfolg.

So vergingen die Jahre und aus Max wurde ein großer Junge. Eines Tages fragte er seine Eltern, warum sie immer so traurig sind. Da erzählte der Vater Max die Geschichte von Elisas Verschwinden. Der Junge konnte sich kaum noch an seine Schwester erinnern, beschloss, sie zu suchen und erzählte am nächsten Tag in der Schule davon.

Seine Gefährten, Heinz und Franz, wollten ihm suchen helfen. So zogen die drei Freunde los und kamen zu der Lichtung, an der das Hexenhaus stand. Eine Alte saß vor dem kleinen Häuschen. Max fragte, ob sie vor ein paar Jahren Max` Schwester gesehen hätte. Das alte Weib verneinte, so wollten die drei Freunde schon weiter gehen. Doch plötzlich hörten sie den herrlichen Gesang eines Kanarienvogels. Dieser war so schön, dass Max fragte, wo der liebreizend singende Vogel sei. Die Alte wurde böse, rief ihren Kater, welcher sich in einen schwarzen Panther verwandelte und die Jungen vertrieb.
Die drei Schulkameraden liefen wieder zurück ins Dorf und erzählten ihrem alten Dorfschullehrer von dem Vorfall. Der holte ein altes dickes Buch hervor, las ein paar Seiten und erzählte: „Es gibt eine Sage, dass einmal im Schwarzwald eine Vogelhexe lebte. Sie hätte junge Mädchen gefangen, die sie in Kanarienvögel verzauberte und in Käfige sperrte. Tagsüber soll sie die Vögel wieder zurückverwandelt haben, damit sie ihre Arbeit verrichten konnten. Zudem hätte ein Kater dort auf die Mädchen aufgepasst, welcher sich in einen schwarzen Panther verwandeln konnte. Doch soll ein Förster den schwarzen Panther erschossen haben. Das tote Tier wurde aber nicht im Wald gefunden. Die Hexe verließ angeblich den Schwarzwald fluchtartig und nahm den leblosen Körper ihrer Katze mit. Die Mädchen wären durch die gute Fee erlöst worden und zu ihren Familien zurückgekehrt. Es heißt auch, dass sie durch den Zauber nicht älter geworden seien.“
Max überlegte laut: „Sicher gibt es diese böse Frau schon seit ewigen Zeiten und diesmal hat sie sich unseren Wald ausgesucht, in den vor lauter Angst niemand gern hineingeht. Doch zuerst müssen wir die gute Fee der Vögel finden. Doch wo sollen wir suchen?“
Der Lehrer nahm nochmals sein dickes Buch zur Hand und las: „Die Fee lebt meistens im Wald als Eichhörnchen. So kann sie auf die Vogelnester gut aufpassen, da sie ja von Ast zu Ast springen kann.“
„Woran erkennen wir das richtige Eichhörnchen“, wollten Franz und Heinz wissen.
„Das Eichhörnchen hat einen weißen Fleck unter den Hals und ist zu Menschen ganz zahm“, erinnerte sich Max plötzlich.
Der Lehrer hatte eine gute Idee. „Ihr müsstet Wall- und Haselnüsse an den Waldrand legen, dann wird das Eichhörnchen die Nüsse finden und kommt bestimmt jeden Tag zurück, um welche zu fressen. Wenn es dann noch ganz zahm ist und einen weißen Fleck unter den Hals hat, dann ist es die gute Fee.“

Der Herbst kam und die drei Freunde sammelten in den Gärten sehr viele Nüsse und legten sie an den Waldrand. Sie warteten mehrere Tage, bis plötzlich etwa zehn Eichhörnchen aus dem Wald kamen und den Futterplatz fanden. Doch welches der Eichhörnchen war nun die gute Fee der Vögel? Max hatte eine Idee. Er lief auf den Futterplatz zu. Schon rannten die Eichhörnchen ängstlich davon. Nur eines blieb sitzen und fraß weiter. Max nahm es auf seinen Arm, streichelte es und fragte: „Bist du die gute Fee der Vögel?“
Das Eichhörnchen antwortete: „Ja, die bin ich. Wie kann ich dir helfen?“
„Ich suche meine Schwester Elisa. Die böse Hexe hält sie gefangen und meine Eltern und ich sind darüber sehr traurig. Ich muss sie befreien!“
Die Fee hatte aufmerksam zugehört und sprach: „Ich kenne zwei ganz schlaue Mäuse, die werden euch helfen. Eines musst du noch wissen. Die Hexe hat ohne ihren Kater keine Zauberkraft und der Kater verliert die seine, wenn er weiter als einhundert Meter vom Haus entfernt ist. “
Die Fee und die Jungen verabredeten sich für den nächsten Tag.

Das Eichhörnchen war, wie abgesprochen, zur Stelle und hatte die beiden Haselnussmäuse mitgebracht. Sie gingen gemeinsam zum Hexenhaus. Gut einhundert Meter vor dem Haus blieben die Jungen zurück. Die Fee und die Mäuse liefen weiter. Diese machte vor dem Hexenhaus lauten Rabatz, sodass die Hexe es hörte. Die Alte rief sofort ihren Kater. Beide kamen heraus, um zu sehen, was los war. Da entdeckte der Kater die beiden Mäuse. Die Nager liefen schnell wie der Blitz in Richtung der Jungen. Der Kater jagte sofort hinterher, konnte die verlockende Mahlzeit jedoch nicht einholen. Schon wollte er umkehren, als die Mäuse stehen blieben. Nun nahm der Kater die Verfolgung wieder auf. Als er zum Fangsprung ansetzte, liefen sie plötzlich weiter. In diesem Moment sprangen die Freunde aus ihrem Versteck hervor. Heinz schnappte den Kater, dessen Zauberkraft erlöschen war, stopfte ihn in den Sack, den Max bereithielt und Franz band ihn flink mit einem dicken Strick zu. Die Jungen brachten ihn zum Dorf und sperrten das Tier in den Stall. Danach gingen die Drei wieder zurück zum Hexenhaus. Davor saß die Alte und jammerte. Max fragte, wo die Vögel seien. Er bekam keine Antwort. Da stürzten sich die Kinder auf die Hexe und fesselten sie an einen Baum. Im Haus hingen fünf Vogelkäfige. In jedem war ein Vogel. Das Eichhörnchen, die gute Fee, verwandelte alle Vögel zurück und so wurden aus den Tieren die vermissten Mädchen.
Max` Schwester war auch dabei und wie es im Buch des Lehrers stand, nicht älter geworden. Sie fielen sich um den Hals. Max freute sich. Auch seine Schwester war überglücklich, dass ihr Bruder sie befreit hatte.
Gemeinsam gingen sie zurück ins Dorf. Der Gandarm sperrte die Hexe ins Gefängnis und der Kater wurde getötet. Die Mädchen kamen wieder zu ihren Familien. Die Geschwister brachten dem Eichhörnchen und den Haselnussmäusen einen riesengroßen Sack Nüsse und bedankten sich nochmals.
Sie lebten glücklich mit ihren Eltern und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch.

Quelle: Friedrich Buchmann

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