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Märchenbasar

Die zwei Reiter

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Zwei Reiter spielten mit einander. Der Eine gewann, der Andere verlor all sein Geld, zuletzt sogar seine Pferde. Da wagte er sich nicht mehr nach Hause und ging trübselig hinaus in den Wald. Es wurde Nacht und da er sein Nachtlager doch nicht auf harter Erde nehmen wollte, stieg er auf eine grosse Eiche mit mächtigen weit ausgebreiteten Aesten und suchte es sich dort bequem zu machen. Allein Kummer und Sorge liessen keinen Schlaf in seine Augen und keinen Trost in sein Herz kommen.
Um Mitternacht hörte er plötzlich Geräusch und ein Lichtschein fiel in seine Augen. Da erblickte er unter dem Baume mehrere Hexen, welche im Kreise sassen und einander von den Thaten des abgelaufenen Tages erzählten. Zuletzt kam auch noch eine kleine besonders hässliche, welche hinkte.
»Und was hast denn du gethan?« fragten die übrigen.
»Ei, grösseres und mehr, als ihr alle zusammen«, antwortete die Kleine lachend. »Da ist in der nächsten grossen Stadt ein König und eine Königin, die haben einen einzigen Sohn, den sie über alles lieben. Ich habe ihn behext und so krank gemacht, dass man meint, er müsse jeden Augenblick den Geist aufgeben. Und sterben muss er auch, denn wer soll ihm helfen?«
»Ja, wäre denn da gar keine Hilfe mehr möglich?« fragte eine der Hexen.
»O ja, ganz leicht,« erwiederte die hässliche Kleine. »Man dürfte nur Pferdeschweiss nehmen und dem kranken Prinzen damit die Brust benetzen und einreiben, so stünde er gleich wieder heil und gesund auf. Aber gerade weil das Mittel so einfach ist, verfällt Niemand darauf und der Prinz muss in’s Gras beissen.«
Die Hexen sprachen noch verschiedenes, bis der Morgen graute und im nächsten Gehöfte der Hahn krähte; dann löschten sie die Fackeln aus und flogen in den Lüften davon.
Der Reiter auf dem Baume hatte sich von dem, was die Hexen gesprochen, kein Wörtchen entgehen lassen. Sobald die Hexen fort waren, stieg er eiligst vom Baume herab und machte sich auf den Weg. Die Sonne stand aber schon hoch am Himmel, als er durch die Thore der in tiefe Trauer versunkenen Hauptstadt wanderte. Rüstig schritt er der Königsburg zu und verlangte Einlass, indem er sich für einen Doktor ausgab, der weit hergekommen sei, um den Prinzen zu retten. Man wollte ihn nicht einlassen, denn der Mann sah eben nicht nach einem Doktor aus; als aber der König davon hörte, liess er ihn dennoch sogleich in das Zimmer führen, wo der Kranke lag und verhiess ihm Gold und Ehren in Hülle und Fülle, wenn er seinen Sohn heilte.
Der Reiter liess sich, nachdem er den Kranken besehen hatte, in den königlichen Marstall führen, suchte das schönste und fetteste Pferd aus und befahl die übrigen hinauszuführen und ihn allein zu lassen. Dann jagte er das Pferd lange im Stalle hin und her, bis es von Schaum überdeckt war, nahm ein Fläschchen heraus und füllte es mit dem Schweisse des Pferdes. Nun eilte er in das Krankenzimmer zurück, bestrich mit dem Pferdeschweisse die Brust des Kranken, rieb und rieb und sah dann ruhig der Genesung entgegen. Der Prinz fühlte sich sogleich erleichtert, in wenigen Tagen war er frisch und gesund und sah blühender aus als je zuvor. Bankbar überhäufte der König den Lebensretter seines Sohnes mit Gold und bot ihm die glänzendsten Ehrenstellen an; allein der Reiter zog es vor, als reicher Herr in seine bescheidene Heimat zurückzukehren. Dort lebte er glücklich und angesehen und kam in die Lage, auch seinem sehr herabgekommenen einstigen Spielgenossen Wolthaten zu erweisen. Einmal erzählte er demselben auch im Vertrauen, wie er zu seinem Gelde und Glücke gekommen sei. Da hatte dieser keine Ruhe mehr und wollte auf dieselbe Weise auch reich werden.
Eines Abends stieg er auf die bewusste Eiche und erwartete dort die Stunde der Mitternacht. Sie schlug und mit ihr kamen auch die Hexen, welche sich im Kreise zusammen setzten und von ihren Thaten erzählten.
»Und was hast denn du uns heute zu sagen?« fragten die andern jene kleine hinkende Hexe, die früher den Königssohn behext hatte.
Diese verzog ihr Gesicht in widerlicher Weise, so dass es noch doppelt so hässlich wurde und rief mit lauter Stimme: »Ich will, dass derjenige, der da oben auf dem Baume sitzt, uns zu belauschen, sogleich herabfalle und sich den Hals breche!«
Und der Unglückliche fiel und brach sich den Hals. Am Morgen fand man ihn todt unter dem Baume liegen. –

[Italien: Christian Schneller: Märchen und Sagen aus Wälschtirol]

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