To Kabinana schnitzte sich aus Holz einen Thunfisch und warf ihn ins Meer. Dort wurde er lebendig. Und zum Dank dafür trieb er nun immer die Sardinen an den Strand, so daß To Kabinana sie bequem fangen und nach Hause tragen konnte.
Als To Karwuwu die große Menge Fische sah, wollte er auch welche haben und fragte seinen Bruder: »Sag einmal, wo gibt es diese Fische? Ich möchte gern welche essen.« – »Schön, dann mache dir einen Fisch, wie ich ihn mir schnitzte; es muß aber ein Thunfisch sein.«
To Karwuwu machte sich nun einen Fisch; doch tat er nicht, wie sein Bruder sagte, sondern schnitzte einen Hai. Er ließ ihn auf die Sardinen losschwimmen; der Hai fraß sie ohne weiteres auf, und To Karwuwu bekam keine. Weinend ging er wieder zu seinem Bruder und sagte: »Ich konnte keinen Fisch machen, wie du ihn hast; mein Fisch frißt die andern bloß auf.«
Da fragte ihn To Kabinana: »Was für einen Fisch hast du dir denn gemacht?«
»Nun, ich schnitzte mir einen Hai,« antwortete To Karwuwu.
Sein Bruder antwortete ihm darauf nur: »Du bist ein entsetzlicher Dummkopf und unser Verderb. Dein Fisch wird alle andern auffressen und uns wohl nicht verschonen.«
Seitdem frißt der Hai nicht nur die andern Fische, sondern fällt auch den Menschen an.
2. Das Häuten
Eines Tages röstete To Karwuwu Brotfrüchte. Da kam To Kabinana, der gerade spazieren ging, zu ihm und fragte: »Kochst du da?« – »Jawohl.« – »Weshalb tust du es denn heimlich? Soll die Mutter es nicht wissen? Bringe ihr doch auch eine halbe Brotfrucht.«
To Karwuwu ging zur Hütte der Mutter. Sie war wieder eine junges Mädchen geworden und hatte sich gehäutet. Ihr Sohn erkannte sie darob nicht wieder.
Er fragte: »Wo bist du, Mutter?«
»Ich bin hier.«
»Nein,« entgegnete er, »du bist nicht meine Mutter.«
»Du irrst dich,« sagte sie, »ich bin es doch.«
»Aber du siehst nicht so aus wie meine Mutter.«
»Und ich bin es doch; sieh, ich habe mich nur gehäutet.«
Da weinte To Karwuwu bitterlich, daß seine Mutter eine andere Haut bekommen hatte, denn er kannte sie nicht wieder.
»Ich mag dich nicht mehr leiden,« sagte der Sohn, »du gefällst mir so nicht. Sag, wo hast du deine alte Haut gelassen?«
Sie erwiderte: »Ich habe sie ins Wasser geworfen, das sie schon fortgeschwemmt hat.« To Karwuwu weinte weiter: »O, deine neue Haut mag ich gar nicht, ich werde dir die alte wiedersuchen.«
Er stand auf, ging fort und suchte und suchte, bis er sie schließlich in einem Gestrüpp hängen fand; das Wasser hatte die Haut dorthin getragen.
Er nahm sie mit, kehrte wieder zur Mutter zurück und zog sie ihr an.
Am Abend kam To Kabinana heim und fragte seinen Bruder: »Weshalb hast du Mutter wieder die Haut angezogen, die sie abgestreift hatte? Du bist wirklich ein großer Narr! Nun müssen unsere Nachkommen immer sterben. Und nur die Schlangen werden sich häuten.«
To Kabinana war sehr wütend über To Karwuwu, weil er das Häuten der Menschen vereitelte, und nur die Schlangen es verstehen.
Ärgerlich trat er der Schlange auf den Kopf, so daß er breit wurde. »Du hast uns um das Häuten gebracht!« sagte er.
So häuten wir uns nicht, sondern die Schlangen. Eigentlich hätten wir es ursprünglich tun sollen, dann wären wir immer wieder jung geworden.
3. Die Brotfrucht
Eines Tages ging To Kabinana aus und fing sich sechs lebende Schlangen, die er mit einer Schnur zusammenband. Dann ging er in den Wald, wo an einer Stelle Brotfruchtbäume standen, die allerdings den Teufeln gehörten. Er stieg auf einen Baum hinauf und wollte sich einige Früchte herabholen. Die Teufel paßten aber auf und hüteten ihre Brotfruchtbäume sorgfältig, damit ihnen niemand die Früchte stehle. To Kabinana pflückte trotzdem eine Brotfrucht ab, zog aus dem Bündel eine Schlange heraus und warf beide nach unten, so daß sie mit Gewalt auf den Boden schlugen. Die Teufel hörten das Geräusch und dachten, es wäre jemand bei ihren Brotfrüchten. Als sie aber die Schlange sahen, jagten sie hinter ihr her; auf die Brotfrucht achteten sie weiter nicht.
To Kabinana pflückte eine andere Brotfrucht und warf sie zugleich mit einer Schlange hinab; und die Teufel jagten ihr wieder nach.
So machte er es noch mehrmals, bis die Schlangen aufgebraucht waren. Dann stieg er vom Baum herab.
Während nun die Teufel hinter den lebenden Schlangen im Walde herjagten, las To Kabinana die Brotfrüchte auf und ging heim zu seinem Bruder To Karwuwu. Der fragte ihn: »Bruder, was hast du da für Früchte?« – »Das sind Brotfrüchte!« – »Wo kann man die bekommen?« – »Dort unten.«
»Schön, ich werde mir einige holen, ich werde auch auf den Baum steigen.«
»Du wirst wieder schöne Dummheiten anstellen.«
»Hoho, ich werde schon einige für mich und dich herbeischaffen.«
»Gut, geh nur! Fange dir aber zuvor einige lebendige Schlangen!«
To Karwuwu ging fort; er schlug jedoch die Schlangen tot und stieg damit auf den Baum. Er pflückte eine Brotfrucht ab und warf sie gleichzeitig mit einer toten Schlange hinunter.
Die Teufel jagten ihr nicht nach, weil die Schlange nicht floh; sie blieb auf dem Boden liegen, denn sie war ja tot.
So bemerkten die Teufel auch die Brotfrucht und sagten: »Wer holt da unsere Brotfrüchte herunter und will uns noch obendrein anführen? Kommt, den wollen wir uns kaufen!«
Sie kriegten nun den To Karwuwu zu fassen und verprügelten ihn jämmerlich. Er schrie um Hilfe: »O weh, To Kabinana, mein Bruder! Komm, steh mir bei, blase das Tritonshorn und rühre die Trommeln!«
Als dann To Kabinana ins Muschelhorn stieß und die Trommeln rührte, flohen die Teufel. To Karwuwu konnte vom Baum herabsteigen und begab sich zu seinem Bruder. Der fragte ihn: »Was hast du denn bloß mit den Brotfrüchten gemacht?«
»Ich habe die Schlangen totgeschlagen, und als ich dann eine Brotfrucht und eine tote Schlange hinabwarf, da jagten sie nicht hinterher.«
»O, solch einen Toren wie dich hat die Welt noch nicht gesehen. Ich habe dir doch ganz genau gesagt, es sollten lebendige Schlangen sein. Was sollten sie denn auch hinter einer toten Schlange herlaufen? Nun werden sich unsere Kinder vor dem Teufel fürchten, und er wird sie verfolgen. Und weil du eine tote Schlange vom Baum herabwarfst, werden alle, die vom Baum abstürzen, sich zu Tode fallen.«
Und so ist es gekommen, wer von einem Baum herabfällt, bleibt tot.
[Malinesien: Märchen der Welt ]