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Märchenbasar

Ei oder Pferd

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In jener Zeit als die Elfen bei den Menschen noch ein und aus gingen und die Menschen sich nicht scheuten, die Zauberer um Hilfe zu bitten, da trafen sich ein Bauer und ein Troll in einer Gastwirtschaft um miteinander ein Bier zu trinken und dies und das zu bereden. Sie hatten so schon an etlichen Abenden zusammen gesessen und kamen doch jedes Mal auf dasselbe Thema. Der Troll behauptete, es gäbe keinen Mann, der nicht unter den Pantoffeln seiner Frau stünde, doch der Mann stritt immer wieder dagegen.
Nun endlich war es der Bauer Leid, dass der Troll immer wieder davon anfing und stellte seinen Bierkrug krachend auf den Tisch, so dass der Schaum überschwappte. „Ich werde mich morgen auf den Weg machen und dir einen Mann bringen, der noch die Hosen an hat in seinem Haus!“, versprach der Bauer dem Troll. Dieser schlug sich mit den Händen auf die Schenkel und erwiderte: „Das tu nur, aber ich sage dir, morgen werden wir hier noch nicht zusammen sitzen. Wir werden froh sein, wenn wir uns in einigen Jahren hier wiedertreffen.“
„Kein Sorge, so lange wird das nicht dauern!“, versicherte der Bauer.
„Dann sollst du morgen zwei Pferde vor den Wagen spannen und ihn mit so vielen Eiern beladen, wie das Gespann ziehen kann. Schenke dem Mann, der das Sagen über Haus und Hof hat eines der Pferde. Aber allen anderen, die sich von der Frau regieren lassen, schenke zum Trost ein Ei.“
Der Bauer wollte es sich mit dem Troll nicht verscherzen und versprach, alles so zu machen, wie er es verlangte.

Am nächsten Morgen spannte er einen Apfelschimmel und einen Rappen vor seinen Karren und belud ihn so gut es ging mit Eiern. Dann schnalzte er mit der Zunge und trieb die Pferde an. Von Hof zu Hof, von Dorf zu Dorf, durch Stadt und über Land ging es – und die Eier auf dem Wagen schmolzen dahin wie Butter in der Sonne. Aber die beiden Pferde waren noch immer ins Geschirr gespannt. Da gelangte der Bauer schließlich auf einen Hof, da schien der Herr noch der Herr im Hause zu sein. Die Wirtschaft war aufgeräumt bis in den letzten Winkel und das Gesinde arbeitete emsig ohne zu Murren und zu klagen. Alles wurde von einem stattlichen, kräftigen Mann dirigiert, dessen Stimme über den Hof und das Feld schallte, dass dem Bauern das Herz im Leibe hüpfte.
‚Dieser Kerl könnte wohl ein ganzes Regiment befehlen. Nun muss ich nur noch sehen, ob auch im Hause alles nach seiner Pfeife tanzt’, dachte sich der Bauer und bat um ein Nachtlager, das man ihm gern gewährte. Des Abends kamen alle in der großen Stube zum Abendbrot zusammen. Auch hier gab der Mann den Ton an. Er kommandierte die Knechte, kaltes Bier zu bringen, schimpfte darüber, wer das Salz an den falschen Platz gestellt hätte oder hieß die Mägde sich besser um den Gast zu kümmern. Dabei saß die Frau still und leise am Tische und reichte ihm nur freundlich das Brot und den Schinken zu.
Das gefiel dem Gast und zufrieden schlief er ein. Dabei träumte ihm, er käme nun endlich nach Hause, wo ihn der Troll bereits dickköpfig erwartete, sich dann aber doch eingestehen musste, dass er den Rechten gefunden hätte.
Am nächsten Morgen trat der Bauer auf den Hausherrn zu und schüttelte ihm herzlich die Hand. „Zum Dank dafür, dass ihr mir so ein gutes Mahl und Nachtlager gewährt habt, möchte ich euch eines meiner Pferde schenken, sagt nur, welches Ihr haben wollt.“
Der Mann aber wehrte bescheiden ab: „Das kann ich doch nicht annehmen. So ein wertvolles Geschenk, nur weil ihr eine Nacht unter meinem Dach verbracht habt.“
„Seht meine Karre ist leer, wählt nur eines der Pferde, Ihr habt es verdient!“, ermunterte der Troll den Mann.
Dieser besah sich das Gespann, kratzte sich hinterm Ohr und sprach schließlich:
„Nun ja, wenn Ihr unbedingt wollt, so möchte ich wohl gern den Apfelschimmel …“
Doch er konnte seinen Satz kaum beenden, da fiel ihm seine Frau ins Wort: „Was willst du den Apfelschimmel! Sieh doch wie feurig der Rappe ist, du Dummkopf!“
Da sprach der Mann: „Da hast du Recht. Also nehmen wir den Rappen.“
Da wurde der Bauer traurig. Schweigend nahm er ein Ei vom Wagen und überreichte es dem Hausherrn. Dann setzte er sich auf den Bock und trieb das Gespann mit der Peitsche an.
Wie es heißt, fährt er noch immer durch die Lande und sucht nach einem Mann, der noch das Sagen hat in seinem Haus. Dabei hat er schon kaum noch Eier geladen, doch der Apfelschimmel und der Rappe gehen immer noch im Geschirr.

Quelle:
Märchen aus Dänemark

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