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Eine kleine Weihnachtsgeschichte

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Der Mond schickte sein helles Licht in ein kleines, tief verschneites Dorf. Schneeberge türmten sich beidseitig der einzigen Straße, die zum Marktplatz führte. Die vielen Errungenschaften der heutigen Zeit warteten noch darauf, erfunden zu werden. Keine Flugzeuge hinterließen am Himmel weiße Kondensstreifen, keine Autos verpesteten die Luft, es gab weder Radio noch Telefon.
Der Bauer Hans Hauser und seine Frau Ulla saßen gemütlich in der warmen Stube, als draußen ein Gefährt über das Kopfsteinpflaster holperte. Das war ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Zugleich erhoben sich beide von ihren Stühlen und blickten aus dem Fenster. Ein seltsamer Wagen hielt mitten auf dem Dorfplatz. Neugierig warteten sie ab, was nun geschehen würde.
Im Sommer verirrten sich zwar ab und zu fahrende Händler, Musiker oder Gaukler in ihre einsame Gegend. Aber wer kam ausgerechnet mitten im Winter, noch dazu am Heiligabend?
Der armselige Wohnwagen, mehr ein Leiterwagen mit einem Dach, wurde von nur einem Pferdchen gezogen, das ziemlich erschöpft wirkte. Eine Tür wurde von innen aufgestoßen. Ein Mann sprang heraus und warf dem Pferd eine Decke über. Zärtlich strich er ihm über den Kopf. In der Tat war das Pferd alles andere als ein kräftiges Tier und schien schon die besten Jahre hinter sich zu haben. Wie es da so mager, fast unbeweglich vor dem Wagen stand, erzeugte es einfach nur Mitleid.
Der Mann zog eine Mundharmonika hervor und begann zu spielen. Ein Weihnachtslied nach dem anderen entlockte er seinem Musikinstrument. Die Kinder unterbrachen ihr Spiel und rannten herbei, um mucksmäuschenstill dem Spielenden zuzuhören. Auch die Erwachsenen traten hinzu, unter ihnen auch Ulla und Hans Hauser. Ulla blickte in den Himmel.
„Sieh nur“, sagte sie zu ihrem Mann, „die Sterne leuchten heute besonders hell!“
„Ach, was du immer siehst. Die leuchten heute nicht anders als sonst“, antwortete ihr Mann.
Im gleichen Augenblick öffnete sich die Türe des Wagens. Eine Frau stieg vorsichtig die zwei Stufen herunter. Man sah, dass sie ein Kind erwartete. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt. Der Musiker unterbrach sofort sein Spiel. Die Frau nickte ihm zu und zeigte auf ihren Leib.
„Aber es ist zu früh!“, rief er erschrocken aus. „Wir haben noch nicht Januar!“
Die Dorfbewohner blickten auf das Paar und wussten nicht so recht, wie sie sich verhalten sollten. Die Männer gingen zu dem Pferd, dessen Beine zitterten. Jemand bot seinen Stall für das Tier an, damit es ins Warme kam und sich einmal richtig sattfressen konnte. Sie spannten das Pferd aus, um es dort hinzuführen. Doch den Stall erreichte das kleine, zottige Pferd nicht mehr. Es strauchelte, brach zusammen und blieb leblos liegen.
Hilflos standen die Fremden in der Kälte und weinten, als man ihnen die Nachricht brachte. In ihren Gesichtern stand die Frage: „Und was nun?“ Ihr Pferd war tot. Sie konnten nicht weiterreisen und nun kam auch noch das Kind. Wohin sollten sie gehen? Wo sollte das Kind geboren werden?
Die Menschen verließen still den Platz und gingen in ihre warmen Häuser zurück. Auch Ulla und Hans strebten ihrem Haus zu.
Da legte sich die Dunkelheit über das Dorf. Der Mond löschte sein Licht und selbst die Sterne verblassten, so, als ertrügen sie den Anblick nicht. Bevor sie ins Haus trat, blickte Ulla sich noch einmal um und auch Hans verhielt unschlüssig an der Tür. Mitten auf dem Platz stand der Wagen wie auf einer einsamen Insel. Die Frau stand daneben und schluchzte und auch der Musiker bedeckte seine Augen.
Da erbarmten sie sich der Fremden. Sie holten sie zu sich und richteten in ihrem Haus die leere Knechtskammer her. Auch wenn sie neben dem Kuhstall lag, so war sie doch ordentlich und sauber und konnte geheizt werden.
Und dann geschah etwas Wunderbares. Am Heiligabend wurde in ihrem Stall ein kleiner Junge geboren. Genau wie in der Weihnachtsgeschichte von Maria, Josef und dem Jesuskind. Das Kind aber lag nicht auf Heu und Stroh in der Krippe und fror. Auch gab es weder Ochs noch Esel, aber ein paar Kühe im Stall nebenan, die leise muhten.
Das Kindlein lag warm eingepackt und geborgen in den Armen seiner Mutter und schlief. Der Musikant saß auf einem Schemel neben dem Bett und betrachtete glücklich seine kleine Familie. Die Kunde von der Geburt des Kindes flog von Haus zu Haus, als würde ein Engel sie verbreiten. Die Menschen im Dorf waren beschämt und einer nach dem anderen brachte verlegen Geschenke für das Kindlein und seine Eltern. Der Dorfschullehrer und seine Schüler überreichten einen kleinen Tannenbaum. Sie stellten ihn auf ein Tischchen und zündeten die Wachskerzen an. Dann versammelten sie sich im Dämmerlicht des Stalles und sangen das Lied von der Stillen, Heiligen Nacht. Die Lichter des Tannenbaumes spiegelten sich in den Augen der Sänger und leuchteten mit ihnen um die Wette.
Als alle gegangen waren und Frau und Kind schliefen, nahm der Musikant seine Mundharmonika. Er lief hinaus auf den Dorfplatz und spielte so schön wie noch nie in seinem Leben. Die Melodien klangen zum Himmel empor und lockten die Sterne. Der Mond knipste seine Lampe wieder an, sofort erstrahlte sein heller Schein und leuchtete vereint mit seinen Sternenkindern.
Am ersten Weihnachtstag klopfte es leise an die Kammertüre. Der Bürgermeister des Ortes brachte eine freudige Nachricht. Im Dorf und seiner Umgebung hatte man für die Fremden gesammelt. Es war eine gute Summe zusammengekommen, die für ein neues Pferd reichte. Und der Bauer Hans Hauser und seine Frau Ulla bestanden darauf, der kleinen Familie wenigstens bis zum Frühjahr Obdach zu geben. Und wieder ging der Musiker hinaus und dankte dem Dorf, indem er viele Weihnachtslieder spielte.
Da öffneten die Dorfbewohner ihre Fenster und spürten tief in ihrem Herzen, was es bedeutete, ein Menschenpaar froh und glücklich gemacht zu haben und ließen die Weihnacht froh herein.

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