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Märchenbasar

Eisenkopf

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Es war einmal, der Himmel weiss wo, irgendwo war einmal ein armer Mann und der hatte auch ein kleines Bürschchen von einem Sohne. Einmal sagte der arme Mann zu seinem Sohne:
„Mein liebes Kind, ich habe dich bisher gross gezogen, so gut es eben ging; jetzt kann ich dich nicht länger mehr füttern; denn ich bin selbst, arm. Geh hinaus in die Welt und dinge dich irgendwo ein; denn du kannst mir’s glauben, wer treu dient, der hat es gar gut und bekommt sein Essen und seinen Lohn jeden lieben Tag. Gott sieht meine Seele: wenn es mir nur ein klein wenig besser ginge, wollte ich schon besser für dich sorgen; aber wie die Dinge nun eben stehen, thut man halt, so viel man gerade kann.“
Der arme Peter, denn so hiess der Knabe, steckte also ein Stück Brot in sein Ränzel, warf sich’s dann über den Rücken, nahm einen derben Knotenstock zur Hand und zog so in die Welt hinaus. Er ging nur immer seine Strasse über siebenmal sieben Lande, einen Dienst zu suchen. Eines Tages begegnet er einem alten Mann; er zieht also den Hut und grüsst:
„Gott gebe Euch einen guten Tag, altes Väterchen!“
„Auch dir, mein lieber Sohn, wohin des Weges?“
„Ich gehe, mir einen Dienst zu suchen.“
„Dann stehe nur bei mir ein, ich nehme dich auf.“
Gleich waren sie handelseins, und Peter schlug ein. Nun lebte er ohne Kummer und Sorge; seinen Dienst zu verrichten, fiel ihm nicht schwer, denn im Ganzen hatte er zwei Pferde und eine Kuh zu hüten. Das Jahr hatte drei Tage, und als auch der letzte Abend gekommen war, gab ihm der Alte eine Nuss; er hätte den Knaben auch gerne noch länger in seinem Dienste behalten, aber dem Knaben war das Heimweh stark in die Beine gefahren, er wollte nicht bleiben. Als der Alte sah, dass Peter keine Lust habe, weiter zu dienen, nötigte er ihn nicht länger zum Bleiben, sondern liess ihn mit dem nächsten Tage seiner Wege ziehen.
Ganz betrübt ging nun Peter nach Hause; der Grund seines Kummers aber war der, dass er sich keinen höhern Lohn ausbedungen. Für die eine Nuss konnte er wirklich nicht viel Speck kaufen; er bringt sie am klügsten gar nicht nach Hause; mit oder ohne Nuss, das geht schon so ziemlich auf eins hinaus. Er setzte sich also an einen Graben hin, nahm die Nuss heraus und knackte sie auf. Da – ach du mein lieber Gott! – mögt ihr es nun glauben oder nicht, ich war selbst dabei, wie es erzählt wurde, kamen die vielen Pferde, Ochsen und Schafe nur so herausgeströmt, dass es schier kein Ende nehmen wollte. O weh, da begann der arme Peter zu weinen und zu klagen, was um Himmelswillen er denn mit dem vielen Vieh nur anfangen solle? Wie er es denn nur anstellen solle, das alles nach Hause zu treiben? Vor lauter Betrübnis hätte er sich beinahe Hände und Füsse abgebissen. Aber da kommt auf einmal Eisenkopf des Weges her.
„Junge, warum weinst du? was fehlt dir denn?“ fragt er Peter.
„Ach, mein Bruder, wie sollte ich nicht weinen und jammern. Da habe ich eine Nuss gehabt, und wie ich hergehe und sie aufknacke, kommt diese Menge Vieh nur so herausgeströmt; was soll ich jetzt damit anfangen, und wie soll ich das alles nach Hause treiben?“
„Also, mein Söhnchen, weisst du was, lass ein vernünftiges Wort mit dir reden. Wenn du mir versprichst, Zeit deines Lebens nie zu heiraten, so treibe ich dir das Vieh alles bis zum letzten Stücke wieder in die Nuss hinein.“
In seiner Bedrängnis hätte Peter sich wohl auch zu Schwererem verstanden. Eisenkopf pfiff aber bloss einmal, und da drängte sich das viele Vieh nur so in die Nuss hinein, dass eines an das andere stiess, und kaum hatte das letzte Stück seinen Fuss hineingezogen, so schloss sich die Nuss von selbst; Peter steckte sie in die Tasche und ging so nach Hause. Vor dem Tore seines Vaters angelangt, knackte er die Nuss von Neuem auf, und das Vieh strömte wieder daraus hervor, dass es schier kein Ende nehmen wollte. Als der Vater die Menge Pferde, Ochsen und Schafe sah, riss er die Augen auf, wie die Kuh vor dem neuen Tore. Dann fragte er seinen Sohn, wie er zu dem vielen Vieh gekommen sei, und dieser erzählte ihm die ganze Geschichte haarklein, wie er bei dem Alten eingestanden und wie es ihm mit der Nuss ergangen, die er als Lohn bekommen, wie dann Eisenkopf die ganze Herde wieder hineingetrieben und was er dafür als Entgelt gefordert habe; das alles erzählte er ihm, wie gesagt, Wort für Wort.
Ein Teil des Viehes wurde dann verkauft und für den Erlös ein Haus, Weingarten und Feld erworben; in kurzer Zeit hatte es der arme Mann mit Gottes Hilfe so weit gebracht, dass er der erste Landwirt wurde im ganzen Dorfe. So lebten sie eine Zeit lang, da sagt einmal der Vater zu Peter:
„Peter, mein Sohn, es wird über kurz oder lang Zeit für dich sein, an das Heiraten zu denken.“
„Ach, mein lieber Vater, ich kann nicht heiraten, denn ich habe dem Eisenkopf versprochen, ledig zu bleiben bis an mein Ende.“
„Ach was, Versprechen hin, Versprechen her, das tut nichts zur Sache, mein Sohn; wenn es ihm nicht gefällt, dass du ein Weib nimmst, so soll er sich’s anders einrichten. Übrigens, gesetzt den Fall, dass er herkäme, so steht im Stalle ein guter Grauschimmel gesattelt und gezäumt; wenn du dich auf den hinaufschwingst, gibt’s den Menschen nicht auf Gottes Erdboden, der dich einholen könnte. Da wird er schon irgendwo deine Spur verlieren, du aber, mein Sohn, kehrst wieder zu uns zurück, und dann werden wir leben wie der Fisch im Wasser.“
So geschah es denn auch. Der Knabe machte Hochzeit und nahm ein hübsches, braunes Mädchen zum Weibe, das war so schön, dass es eine Lust war. Als die Musik gerade im besten Spielen ist und der Tanz gerade den höchsten Jubel erreicht, – schreit Eisenkopf zum Fenster herein:
„Also, mein Bruder, weisst du noch, was du mir versprochen hast, dass du nie heiraten wirst?“
Kaum hat der Bräutigam, nämlich Peter, den Eisenkopf durch das Fenster erblickt, da springt er wie der Wind zur Thüre hinaus und in den Stall, führt den Schimmel heraus, springt in den Sattel und sprengt davon, dass er längst über alle Berge war, als ihm Eisenkopf – freilich nur mit Hundevorspann – nachrannte.
Peter aber sprengte weit über siebenmal sieben Lande, selbst über die gläsernen Berge hinaus, noch weit über die Stelle, wo das Ferkel mit dem kurzen Schwänzchen wühlt, über jede Grenze hinwärts, von jeder Grenze herwärts und kam dann an ein kleines, weisses Häuschen, in dem eine alte Frau wohnte. Er öffnet die Türe und grüsst:
„Gott gebe Euch einen guten Tag, altes Mütterchen.“
„Auch dir, mein Sohn; was suchst du hier, wo die Welt ein Ende hat?“
„Ich fliehe, altes Mütterchen, hinaus in die weite Welt.“
„Mein Sohn, wenn du gefehlt hast, musst du noch einmal so weit fliehen, als du bis hierher gekommen.“
„Ich bin unschuldig, altes Mütterchen, aber der Eisenkopf ist mir auf den Fersen.“
„Ich habe ein kleines Hündchen, das beginnt zu bellen, wenn er noch sieben Meilen weit von hier ist.“
Dann ging die Alte hinaus, machte Feuer im Herde und kochte und briet für ihren Gast; als Peter sich satt gegessen, begann das kleine Hündchen zu bellen.
„Nun, mein Sohn, mein Hündchen bellt; mache, dass du fortkommst!“
Schnell sattelte Peter sein Pferd und sass auf. Wie er davonreiten will, sagt die Alte zu ihm:
„Warte nur ein wenig, mein lieber Sohn, hier ist ein Tuch und ein Kuchen; tue das in dein Ränzel, du wirst es noch brauchen können.“
Peter bedankte sich schön für die Freundlichkeit, steckte Tuch und Kuchen in sein Ränzel und sprengte davon. – Er ritt nur immer weiter über siebenmal sieben Lande, selbst bis über die gläsernen Berge hinaus, noch weit über die Stelle, wo das Ferkel mit dem kurzen Schwänzchen wühlt, über jede Grenze hinwärts, von jeder Grenze herwärts, auf einmal kommt er wieder an ein kleines, weisses Häuschen und auch dieses war nur von einer alten Frau bewohnt. Peter tritt ein und grüsst:
„Gott gebe Euch einen guten Tag, altes Mütterchen.“
„Auch dir, mein lieber Sohn; was suchst du hier, wo die Welt ein Ende hat?“
„Ich fliehe, altes Mütterchen, hinaus in die weite Welt.“
„Mein Sohn, wenn du gefehlt hast, musst du noch einmal so weit fliehen, als du bis hierher gekommen.“
„Ich bin unschuldig, altes Mütterchen, aber der Eisenkopf ist mir auf den Fersen.“
„Ich habe ein kleines Hündchen, das beginnt zu bellen, wenn er noch sieben Meilen weit von hier ist.“
Dann ging die Alte hinaus in die Küche und kochte und briet, damit ihr Gast nicht hungrig weiter ziehen müsse; – als Peter sich satt gegessen, begann das Hündchen zu bellen.
„Nun, mein lieber Sohn, mein Hündchen bellt, mache, dass du fortkommst!“
Schnell sattelte Peter sein Pferd und sass auf. Wie er davonreiten will, sagt die Alte zu ihm:
„Warte nur ein wenig, mein lieber Sohn, hier hast du einen Kuchen und ein Tuch, tue es in dein Ränzel, du wirst es noch brauchen können.“
Peter bedankte sich schön für das Geschenk und steckte beides in sein Ränzel. Jetzt hatte er schon zwei Tücher und zwei Kuchen. Er gab seinem Pferde die Sporen und sprengte davon; wie der Wind flog er über siebenmal sieben Lande, über die gläsernen Berge, noch weit über die Stelle hinaus, wo das kleine Ferkel mit dem kurzen Schwänzchen wühlt, über jede Grenze hinwärts, von jeder Grenze herwärts, auf einmal kommt er wieder zu einem kleinen, weissen Häuschen. Wie er eintritt, da ist in dem ganzen Häuschen keine Seele, ausser einer runzligen, alten Frau; Peter tritt ein und grüsst:
„Gott gebe Euch einen guten Tag, altes Mütterchen.“
„Auch dir, mein lieber Sohn, was suchst du hier, wo die Welt ein Ende hat?“
„Ich fliehe, altes Mütterchen, hinaus in die weite Welt.“
„Mein Sohn, wenn du gefehlt hast, musst du noch einmal so weit fliehen, als du bis hierher gekommen.“
„Ich bin unschuldig, altes Mütterchen, aber der Eisenkopf ist mir auf den Fersen.“
„Oh, mein lieber Sohn, ich habe ein kleines Hündchen, das beginnt zu bellen, wenn er noch sieben Meilen weit von hier ist; bis dahin aber lege dich hierher auf das Bett und ruhe dich aus. Ich gehe unterdessen ein wenig in die Küche und werde dir schon etwas zusammenrichten, damit du deinen Hunger stillen kannst.“
Drauf ging sie auch gleich in die Küche hinaus, machte Feuer und kochte und briet so viel, dass Peter nicht im stande war, das alles aufzuessen. Als das reiche Mahl zu Ende war, begann das kleine Hündchen zu bellen.
„Nun, mein Sohn, das Hündchen bellt, jetzt kannst du dein Bündel schnüren; aber bevor du weiter ziehst, nimm hier diesen Kuchen und dieses Tuch. Jetzt hast du also schon drei Kuchen und drei Tücher, denn ich weiss, dass dir auch meine Schwestern je einen Kuchen und ein Tuch geschenkt haben. – Reite jetzt sieben Tage und sieben Nächte in einem fort, dann wirst du am achten Tage beim Morgengrauen zu einem grossen Feuer gelangen, in das musst du mit den drei Tüchern dreimal schlagen, dann wird es sich vor dir auseinander teilen; reite ohne Furcht durch die Öffnung, und wenn du mitten im Feuer bist, so wirf die drei Kuchen mit der linken Hand hinter deinen Rücken.“
Peter bedankte sich bestens für den Kuchen und den guten Rat, setzte sich auf den Schimmel und sprengte davon. Er ritt sieben Tage und sieben Nächte in einem fort und gelangte am achten Tage beim Morgengrauen richtig an das grosse Feuer, welches sich, als er mit den drei Tüchern dreimal hineinschlug, alsobald auseinander teilte und zu beiden Seiten anzusehen war wie eine steinerne Wand; als er durch die entstandene Öffnung hindurch ritt, warf er die drei Kuchen mit der linken Hand hinter seinen Rücken und aus jedem Kuchen wurde je ein grosser Hund; diesen drei Hunden gab er nun die Namen: Schwerwieerde, Eisenstark und Höregut. – Kaum war Peter durch das Feuer geritten, da war auch Eisenkopf schon beim Feuer angelangt, aber hindurch konnte er nicht, weil das Feuer vor seiner Nase wieder zusammenschlug. Weil er nun nicht weiter konnte, biss er sich beinahe die Hände und Füsse ab; allein was konnte das helfen, es wären ja doch, nur seine eigenen Hände und Füsse gewesen; so schrie er halt Peter nach:
„Warte nur, Hundekerl, Teufelskerl, vom Wasser ans Land gespülter Bankert! das eine mal bist du meinen Händen entronnen, aber warte nur, warte! wenn ich dich noch einmal erwischen kann, dann weiss ich, dass du die Wehen deiner Mutter verfluchen wirst!“
So viel Verstand hatte aber Eisenkopf doch, dass er vom Feuer nicht wegging, sondern sich dort niederlegte und auf gut Glück wartete. – Als dann Peter sah, dass er nun nichts mehr von Eisenkopf zu fürchten habe, ritt er nicht mehr in einem so wahnsinnigen Galopp, sondern hübsch langsam. Wie er so seine Strasse zieht, kommt er auf einmal zu einem kleinen, weissen Hause; er steigt aus dem Sattel und klinkt die Türe auf, da sitzt in der Mitte des Zimmers eine Frau in grauem Haare auf einem kleinen Schemel und spinnt; am Fenster aber sitzt ein wunderschönes Mädchen mit Wangen, rot wie Rosen, und Augen, glänzend schwarz wie zwei Käfer; das schöne Mädchen ist gerade daran, sein langes Goldhaar zu kämmen, das ihm bis zur Ferse reicht. Peter grüsst, und die beiden danken gar freundlich.
„Was führt dich hierher, mein lieber Sohn?“ fragt ihn sodann die Alte.
„Ich suche einen Dienst, liebes Mütterchen.“
„Gott hat dich gebracht! mein lieber Sohn, gelegener hättest du schon gar nimmer kommen können. Ich nehme dich auf, willst du bei mir einstehen?“
„Ach ja, mein Mütterchen, mit tausend Freuden.“
Die alte Frau nahm also Peter in ihren Dienst. Peters Leben war nun die reine Glückseligkeit; er ackerte und saete, hier und da aber ging er mit seinen Hunden auf die Jagd; brachte er irgend ein Wild nach Hause, so wusste es das schöne Mädchen so schmackhaft zuzubereiten, dass sich Peter nach genossener Mahlzeit noch alle zehn Finger abschleckte.
Als einmal Peter und das Mädchen mutterseelenallein zu Hause geblieben waren, kam es so zwischen ihnen zur Sprache, wo seine Heimat sei; dann fragte ihn das Mädchen, wie es ihm möglich gewesen, durch das Feuer zu kommen? Da erzählte Peter, wie er mit den drei Tüchern dreimal in das Feuer geschlagen habe, worauf sich dieses entzwei geteilt. Halb gläubig, halb ungläubig hörte ihm das Mädchen zu, und als Peter einmal von zu Hause wegging, schlich sie sich zu dem Feuer und schlug mit den drei Tüchern dreimal hinein, worauf sich dieses auseinander teilte wie auf Befehl. Kaum hat das Eisenkopf gesehen, der, seitdem Peter ihm vor der Nase verduftet, fortwährend vor dem Feuer herumgeschwenzelt, so fragt er nicht erst lange, ob es erlaubt sei oder nicht, sondern trollt sich geraden Weges durch die Öffnung hinüber; das Mädchen erschrak aber so sehr vor ihm, dass es nicht recht lebendig und nicht recht tot war; sie lief also aus allen Kräften nach Hause zu und Eisenkopf ihr nach; wie sie nach Hause kommen, da brach das Mädchen in der Türe nieder, Eisenkopf aber ging in die Küche und versteckte sich unter dem Herde.
Es währte nicht lange, so kam Peter von der Jagd nach Hause, steckte die drei Tücher, welche das Mädchen, das auch jetzt noch in tiefer Ohnmacht in der Küche auf dem Boden lag, in der Hand hielt, zu sich, hob das wunderschöne Geschöpf in seine Arme und trug sie in das Haus; dort legte er sie auf das Bett, liebkoste und küsste sie und rief sie mit hundert süssen Namen, bis sie endlich wieder ins Leben zurückkehrte. Schwerwieerde aber legte sich, als er zu Hause angelangt war, auf den Herd und drückte Eisenkopf beinahe zu Tode.
Am folgenden Tage sperrte Peter seine Hunde in den Stall, er selbst aber ging hinaus in den Wald. Kaum hatte das Eisenkopf bemerkt, als er ihm auch gleich auf den Fersen war. Peter versah sich dess erst spät, dass er verfolgt werde, und hatte kaum so viel Zeit, dass er auf einen hohen Baum hinaufklettern konnte; Eisenkopf blieb also nichts besseres übrig, als sich unter den Baum zu stellen.
„Komme nur herunter, du Galgenstrick!“ sagt Eisenkopf zu Peter, „komme nur herunter; weisst du noch, was du mir versprochen, dass du nie heiraten wirst?“
„Gott stehe mir bei,“ sagt Peter, „ich sehe schon, dass es aus ist mit mir; gestatte nur, dass ich noch dreimal eins rufe!“
„Meinetwegen, was mich anbetrifft, so magst du auch hundertmal rufen, so lange bis dir die Kehle platzt; aber das ist einmal sicher, dass ich dir gleich das Fell gerbe.“
Peter begann also zu rufen:
„Eisenstark, Schwerwieerde, Höregut! meine lieben Hunde, kommt mir zu Hilfe!“
Höregut vernahm den Ruf seines Herrn; er sagt daher zu den anderen zweien:
„Holla, hört ihr, unser Herr ruft uns.“
„Was du dir nicht einbildest, du Narr,“ sagt Schwerwieerde „weisst du nicht, dass er jetzt beim Essen sitzt?“ und damit gab er dem Höregut eine tüchtige Ohrfeige, weil er so gelogen habe.
Peter aber schrie wieder:
„Eisenstark, Schwerwieerde, Höregut! meine lieben Hunde, kommt mir zu Hilfe!“
Jetzt hatte auch Schwerwieerde das Rufen gehört; er sagt daher zu den anderen zweien:
„Holla, hört ihr, jetzt hat uns unser Herr aber wirklich gerufen.“
„Was dir nicht einfällt!“ sagt Eisenstark, „ihr wisst ja gut, dass er um diese Zeit mittagmahlt,“ und damit gibt er dem Schwerwieerde eine Ohrfeige, weil er die anderen nur zum Narren haben wollte.
Peter war beinahe schon ganz verzweifelt, dass seine Hunde selbst auf sein zweimaliges Rufen noch nicht zum Vorschein kommen wollten; er schrie also noch einmal aus voller Kehle und mit aller Kraft, die ihm nur zu Gebote stand:
„Eisenstark, Schwerwieerde, Höregut! meine lieben Hunde, kommt mir zu Hilfe!“
Jetzt hatte aber auch Eisenstark das Rufen gehört und sagt daher zu den anderen:
„He, es ist aber doch wahr, dass unser Herr uns ruft; darum sage ich, gehen wir!“ – Im Augenblicke hatte Eisenstark den Stall in Trümmer geschlagen, in den sie eingesperrt waren, und nun liefen alle drei in die Richtung, woher das Rufen gekommen war. Wie sie in den Wald und unter den Baum kamen, sagte Peter nur ein Wort, und alle drei fielen über Eisenkopf her und hatten ihn in einem Hui so zerrissen, dass jedes Stückchen, jedes Bröselchen, das von ihm übrig blieb, nicht grösser war als ein Mohnkörnchen. Seit dieser Stunde ist Mohn auf der Welt.
Als Peter seinen Verfolger los war, stieg er vom Baume herunter, ging nach Hause; daheim nahm er unter heissen Thränen Abschied von seiner Wirtin und ihrer schönen, goldblonden Tochter, die ihm einen schönen, goldenen Ring mit einem Diamanten zum Geschenke gab. Das war ein Zauberring, aber das wusste weder das Mädchen noch Peter.
Hierauf sattelte Peter seinen Schimmel, sass auf und machte sich auf den Weg. Aber ach, wie schwer fiel es ihm, sich von dem kleinen, weissen Häuschen zu trennen, das Herz im Leibe brach ihm beinahe, wenn er an das schöne, goldlockige Mädchen dachte. Aber was half’s, er musste nun einmal fort, denn er hatte zu Hause Vater und Weib, die seitdem weiss Gott in wie grosser Betrübnis auf ihn warten und vielleicht in heisser Sehnsucht nach ihm seufzen.
Wie er an das Feuer gelangt war, nahm er die drei Tücher heraus und schlug damit dreimal in die Flamme, worauf diese schön auseinander wich; als er hindurch gegangen, wurden die drei Hunde, die ihm auf Schritt und Tritt gefolgt waren, wieder zu drei Kuchen, welche Peter mitsamt den drei Tüchern in sein Ränzel steckte. Unterwegs kehrte er bei jeder der drei alten Frauen ein, gab jeder ihr Tuch und ihren Kuchen zurück und bedankte sich wieder gar schön für ihre Freundlichkeit.
Als Peter zu Hause ankam, war seine erste Frage:
„Wo ist meine Frau?“
„Ach, mein lieber Sohn, als du hinausgeflohen warst in die weite Welt, da wurde die Arme ganz kopfhängerisch, weder Speise noch Trank konnte ihr munden, sie wurde blass und blässer und welk wie das Laub im Herbste; es dauerte auch nicht lange, da konnte sie sich nicht mehr auf den Füssen erhalten, wurde bettlägerig, und als ein Monat verstrichen war, da hatte sie der viele Gram, das viele Weinen und Wehklagen und die Sehnsucht nach dir unter die Erde gebracht.“
Wie Peter das hörte, begann er zu weinen und weinte und schluchzte bitterlich wie ein Kind; zuletzt aber beruhigte er sich und fügte sich in sein Schicksal, weil er wusste, dass es nun einmal so sein muss, wie Gott in seiner Weisheit bestimmt.
Es mochte seitdem etwa ein halbes Jahr verflossen sein, da träumte Peter eines Nachts, er solle den goldenen Ring mit dem Diamanten, den er von dem schönen, goldlockigen Mädchen zum Andenken bekommen, von der rechten Hand, an der er ihn immer getragen, herunternehmen und an den Goldfinger der linken Hand stecken. Kaum war er erwacht, so zog er den Ring also richtig von der rechten Hand herunter und steckte ihn an den Goldfinger der linken Hand. Und in diesem Augenblicke, Herr in deinem Reiche! mögt ihr es nun glauben oder nicht, ich war selbst zugegen, wie es erzählt wurde, steht das schöne Mädchen mit den goldenen Locken vor ihm. Hallo, Peter hat auch nicht mehr gebraucht, er umarmt sie, küsst sie, und sie ihn wieder; darauf haben sie zu einander gesagt:
„Nun, Herzensschatz, du mein, ich dein jetzt und in Ewigkeit; nicht Spaten und Grabscheit kann uns fürderhin trennen.“
Gleich wurde Priester, Henker und Eisenhut gebracht, der Priester traute sie, der Henker strich sie mit Ruten, der Blitz schlug fortwährend neben ihnen ein, konnte sie aber nie treffen. Dann wurde grosse Hochzeit gehalten; ich war selbst bei dem Gelage und habe Sporen aus Stroh mit Rädchen aus Hafer angehabt. Theiss und Donau waren hinter der Türe in einen Sack gesperrt; wie ich da nun meine Possen treibe, reisse ich mit meinen Sporen von ungefähr ein Loch in den Sack: von dieser Stunde an fliesst die Theiss und die Donau.
Aus ist’s, ein Märchen war’s, vielleicht ist’s gar nicht wahr gewesen!

Quelle:
(Elisabet Sklarek, Ungarische Volksmärchen, Leipzig 1901)

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