„Wie gebt Ihr diesen Holzbecher?“
„Hundert Gulden,“ sagt der Slovak.
Sepp sagt kein Wort, zählt die hundert Gulden heraus, gibt sie dem Slovaken, und damit steckt er den Holzbecher in die Tasche und geht nach Hause.
Des Abends, als das Nachtmahl vorüber war, aber noch alles beim niederen Tische sass, fragt ihn der Vater:
„Nun, mein Sohn, was hast du denn um die hundert Gulden gekauft?“
„Den kleinen Holzbecher da, lieber Herr Vater.“
„So zeige doch her! lass schauen, was darin ist.“
„Meiner Treu, lieber Herr Vater, ich weiss es selbst noch nicht.“
Damit machte er den Deckel auf: steht da ein zweiter Becher drin, der aber auf ein Haar so aussieht, wie der erste. Er nimmt ihn heraus, macht auch hier den Deckel auf, und da steckt wieder ein dritter Holzbecher drin; wie er auch den öffnet, kommt er auf den vierten, im vierten auf den fünften, im fünften auf den sechsten, im sechsten auf den siebenten, und wie er nun den siebenten Holzbecher öffnet, da springt eine kleine, ganz kleine Kröte heraus, gerade mitten auf den Tisch. Die fällt gleich über die Speisereste her und frisst und frisst, wie wenn man mit Peitschen auf sie einhauen würde. Augenblicklich beginnt sie auch zusehends zu wachsen und anzuschwellen. Anfangs wurde sie wie eine Nuss, dann wie ein Hühnerei, dann wie ein Gänseei, zuletzt, als sie schon rein alles aufgefressen hatte, was nur auf dem Tische war, war sie so dick wie ein echtes, rechtes ungarisches Laib Brot.
Die um den Tisch sassen, rissen nur die Augen auf, was denn aus dem allen werden solle. Auf einmal – ihr würdet es kaum glauben, wenn ich es euch nicht erzählte – fängt die grosse Kröte aber ganz deutlich, mit einer Stimme wie ein Mensch, an zu reden: „Gebt mir noch zu essen, denn ich habe grossen Hunger!“
„Geh in die Kammer, mein Sohn, und hole ein Brot und ein Stück Speck vom Brette.“
Sepp geht und bringt’s. Wie die Kröte auch das aufgefressen hatte, sagt sie:
„Jetzt macht mir im Winkel ein Lager zurecht, ich bin schläfrig.“
So machten sie ihr also das Lager, die Kröte legte sich darauf und schlief wie ein Sack.
Zwei, drei Tage lang wohnte sie also jetzt hier in ihrem Winkel, aber weil sie immer und immer frass, wuchs sie auch in einem fort, und zuletzt war es ihr hier zu enge, so dass man sie hinaustrug in die Strohscheune und ihr hier ein gutes Plätzchen zusammenrichtete. In sieben Tage wuchs sie an wie der grösste Ochse. Da bedankte sie sich schön für die Unterkunft und für die Gastfreundschaft des Hauswirtes und zog in die Welt. Sie geht und geht nur immerzu, endlich kommt sie an einen grossen Teich, und da kroch sie hinein.
Der Bauer aber wurde von diesem Tage an ärmer und ärmer, er mochte tun, was er wollte. Vergebens mühte er sich ab und wühlte mit der Nase fast die Erde auf: es war rein alles umsonst. Zuletzt stand er da, so wie mein Finger! Da sagt er also zu seinem Sohn:
„Mein Sohn, ich kann nicht weiter für dich sorgen; geh hinaus in die Welt, versuche dein Glück, es wird schon irgendwie gehen. Wir beide, ich und deine Mutter, wir werden wohl daheim nicht Hungers sterben, wenn wir tüchtig zugreifen.“
Sepp setzte sich also in Schwung und ging nur immer drauf los, über siebenmal sieben Lande hinaus bis über die gläsernen Berge und noch weiter bis über die Stelle, wo das kleine Ferkel mit dem kurzen Schwänzchen die Erde aufwühlt: endlich kommt er in eine königliche Residenzstadt. Er geht auch gleich an den Hof des Königs, und da wurde er denn Kutscher. Anfangs ging es ganz gut, und er war der Lieblingskutscher des Königs; doch auf einmal ritt den König der Teufel, so dass er durchaus heiraten wollte, und jung war er doch nicht mehr, und hatte das L gewiss schon übersprungen. Er lässt also Sepp zu sich in den Palast hinaufrufen und sagt:
„Nun, mein Sohn! wenn du mir die Feenprinzessin nicht herschaffst, lasse ich dich augenblicklich ohne viel Federlesens aufhängen.“
Bei diesen Worten fiel dem armen Sepp das Kinn herunter; was thun? und jetzt wohin? weiss er ja doch nicht einmal, ob Büh, ob Buh, nicht einmal, wo sie wohnt? Aber wie dem auch sei, es muss nun einmal sein, ob es will oder nicht, denn der König hat es befohlen. Sepp machte sich also zurecht, und der König gibt ihm ein Ränzel voll Geld, drei Laib Brot und ein Pferd mit auf den Weg. „Nun,“ dachte Sepp bei sich, „so lange das hält, werde ich doch wohl einen Menschen finden, der mir auf den richtigen Weg hilft.“ So brachte er denn seine Sachen in Ordnung, sass auf und ritt nur immer in einem weiter über siebenmal sieben Lande; plötzlich begegnet er einem weissen Hund.
„Gott segne dich,“ sagt der weisse Hund, „gib mir doch etwas zum Beissen! Jetzt sind es schon sieben Jahre, dass ich nicht einen Bissen gegessen habe. Ich bin schon so hin, dass mir die Gedärme an die Wirbelsäule trocknen.“
Sepp dauerte der Hund, und er gab ihm eines von seinen Broten.
„Wohltun trägt Zinsen! Hier, ziehe drei Haare aus meinem Schwanze, und geht’s dir schief, so schüttle sie nur: in einem Nu bin ich bei dir.“
Nun gut. Sepp nimmt sich die drei Haare und tut sie in sein Ränzel, dann fragt er:
„Sei doch so gut, könntest du mir nicht sagen, wo es nach Feenland geht? ich möchte gerne hin.“
„Das weiss ich nun gerade nicht, reden hören habe ich zwar schon davon; aber gehe nur immer da geradeaus nach Osten, da kommst du an einen grossen Fluss, und an dessen Ufer ist ein Fisch zwischen den Zweigen eines Dornstrauches festgeklemmt: frage den, der wird es sicher wissen.“
Nun zog Sepp weiter, immer geradeaus gegen Osten; es war schon ein gutes Stück Zeit herum, da kommt er zuletzt endlich an den grossen Fluss, und wie er so das Ufer entlang reitet, da sieht er auf einmal, wie dort in einem Dornenstrauche ein grosser Fisch zappelt und halt durchaus nicht weiter kann. Kaum hat der Fisch den Sepp auf seinem Pferde gesehen, so spricht er ihn auch schon an:
„Gott segne dich! mache mich doch los aus diesem Dornstrauch! Jetzt zapple ich schon volle sieben Jahre hier herum und kann mich nicht herausarbeiten, und die ganze Zeit her ist niemand, aber rein niemand da vorbeigekommen, der mich hätte befreien können.“
Sepp dauerte der Arme, er stieg ab und machte ihn los.
„Ich bitte dich, gib mir doch etwas zu beissen; ich bin so hungrig, dass ich kaum aus den Augen sehe.“
„Da ist ein Brot, das magst du behalten, und dich sattessen daran.“
„Ach, ist wahr! beinahe hätte ich vergessen dich zu fragen: wohin willst du denn eigentlich?“
„Ich suche das Feenland, könntest du mir nicht sagen, wozu das liegt?“
„Das weiss ich nun gerade nicht, reden hören habe ich zwar schon davon. Aber gehe nur immer da gerade nach Osten, da kommst du an einen grossen Berg, auf dessen Gipfel sind zwei Tauben ins Netz gefallen, in der Nacht kann man ihr Gejammer bis hieher hören; die musst du fragen, die werden es sicher wissen. Doch warte nur ein wenig! da von meinem Schwanze nimm dir drei Schuppen; sollte es einmal schlecht um dich stehen, so brauchst du sie nur zu schütteln, und in einem Nu bin ich bei dir.“
Sepp nahm sich die drei Schuppen und tat sie in sein Ränzel, dann setzte er den Fisch ins Wasser, sass auf und ritt seines Weges wohl über siebenmal sieben Lande: auf einmal kommt er zu dem grossen Berg. Hier band er sein Pferd unten zum Grasen an, er selbst aber stieg den Berg hinauf, und da sieht er wirklich die zwei kleinen Tauben, die sich im Netze gefangen und dort jammern.
„Ach, befreie uns doch von hier, wenn Mitleid in deiner Seele wohnt! Jetzt sind es schon volle sieben Jahre, dass wir in dieses Netz gefallen, und die ganze Zeit her ist niemand, aber rein niemand, nicht eine erschaffene Seele da vorbeigekommen, die uns hätte befreien können.“
Sepp tat es leid um die Armen, er ging hin, befreite sie aus dem Netze.
„Ich weiss, ihr seid jetzt gewiss hungrig, hier nehmt dieses Brot und esst euch satt daran.“
Die Ausgehungerten fielen denn auch mit dem leeren Bauche, den sie hatten, darüber her, so recht auf gut ungarische Art, bis alles bis auf das letzte Brösel rein verschwunden war.
„Nun, du armer Bursche, du hast uns wirklich einen grossen Dienst erwiesen, aber wir werden dir auch nichts schuldig bleiben: Wohltun trägt Zinsen. Ziehe uns aus dem Schwanze je drei Federn heraus, und wenn du einmal in die Klemme geraten solltest, brauchst du sie bloss zu schütteln: in einem Nu sind wir bei dir, und was nur in unseren Kräften steht, das wollen wir für dich tun.“
Sepp nahm also je drei Schwanzfedern der zwei Tauben und tat sie in sein Ränzel, dann aber frug er:
„Könntet ihr mir nicht sagen, wozu Feenland liegt? ich möchte gerne dorthin.“
„Ei, allerdings! wie denn nicht! wir sind ja gerade von dort. Setze dich nur auf dein Pferd und reite uns nach!“
Sepp sass auf, die zwei Tauben flogen voraus und er immer ihnen nachgeritten wie der Wind. Am siebenten Tage, da waren sie in Feenland.
Eingeborner Sohn Gottes! wenn Sepp je etwas Schönes gesehen, das, was er hier zu sehen bekam, war gewiss das Paar dazu. In den Bächen floss überall nichts wie Milch und Honig, und sogar das Gras war hier aus Seide. Die Gärten waren einer schöner als der andere, und die Blumen darin wetteiferten an Pracht und waren alle ganz aus Edelsteinen zusammengesetzt. Die Bäume hatten silberne Stämme, und auch die Zweige waren aus Silber, die Blätter daran jedoch aus purem Golde; und das viele, viele Obst daran und die Menge Blüten, dass die Zweige schier brechen wollten! Die Tautropfen auf den Blumen aber das waren alles Diamanten.
Nun, da blieben Sepp wohl die Augen stehen vom vielen Schauen, denn das steht nun einmal fest, dass er so etwas in seinem ganzen Erdenleben nicht, nie, seitdem ihn die Mutter aufs Trockene gesetzt, gesehen. Es war aber auch danach, wie er sich umsah! die Guckfenster fielen ihm beinahe heraus. Nachdem er sich dann alles genug angestaunt, machte er sich auf die Beine, und wie er so geht und geht, steht er mit einem Male vor einem ungeheuer schönen Schlosse. War das aber ein Schloss! Was er bisher je an Schlössern gesehen, das war ja dagegen kaum ein Schweinestall zu nennen. Die Wände waren von Silber, die Fenster darin Diamanten, das Dach eitel Gold, das Thor aber und die übrigen Türen waren ausgelegt mit den herrlichsten Juwelen, dass es nur so strotzte! In diesem Palaste nun wohnte die Feenprinzessin Goldhaar ganz mutterseelenallein und sah auch gerade zum Fenster heraus. Sie war so wunderschön zu schauen, dass ihresgleichen gewiss noch kein Mensch gesehen. Ihr Haar war das lauterste Gold und ihre Augen zwei schwarze Käfer, ihr Gesicht wie eine Rose, die Arme und alles andere aber wie frischgefallener Schnee. Kein Maler hätte es schöner zu malen gewusst. Kaum hatte dieses herrliche Geschöpf Sepp erblickt, so kam sie heruntergelaufen zu ihm und umarmte und küsste ihn.
„Nun, schöne Liebe meines Herzens! du mein, ich dein bis in den Tod! hier werden wir leben wie der Fisch im Wasser.“
„Ach, schöne Liebe meines Herzens! ich kann nicht bei dir bleiben, denn mich hat der und der König ausgesendet, um dich für ihn zu holen; jetzt also: kommst du mit mir oder kommst du nicht?“
„Ach, schöne Liebe meines Herzens! wie ich da einmal in dem und dem Teiche bade, fällt mir mein Ring ins Wasser; bis der nicht wieder zum Vorscheine kommt, kann ich keinen Schritt von hier fort.“
„Oh, schöne Liebe meines Herzens, ist’s nur das? Den will ich dir schon schaffen.“
Dann führte die Feenprinzessin Goldhaar Sepp hinauf in den Palast, setzte ihm Fleisch vor und Wein und hielt ihn gut. Als Sepp sich sattgegessen und ausgeruht, schwang er sich in den Sattel und ritt hinaus an den Teich, wo die Feenprinzessin Goldhaar den Ring verlor. Hier kramte er die drei Fischschuppen aus seinem Ränzel, schüttelte sie, und in dem Augenblick war auch der Fisch schon zur Stelle, den er aus dem Dornstrauche befreit hatte.
„Was gibt’s, lieber Meister, was gibt’s?“
„Nicht mehr und nicht weniger, als dass die Feenprinzessin Goldhaar, da sie hier im Teiche badete, ihren Ring im Wasser verlor, und den sollst du mir jetzt herbeischaffen!“
„Oh weh! bei meiner erschaffenen Seele, das ist leicht gesagt! Denn wie ihr der Ring vom Finger glitt, kam eine riesige Kröte daher und verschluckte ihn.“
„So rufe mir wenigstens diese riesige Kröte her.“
Bei diesem Worte fuhr der Fisch, schwubs, ins Wasser, und es dauert nicht lange, so ist er auch schon wieder da, und die grosse Kröte watschelt hinterdrein. – Eingeborener Sohn Gottes! ist das gerade dieselbe grosse Kröte, welche die Eltern des Sepp bei sich gepflegt hatten, und kaum dass sie diesen erblickte, hatte sie ihn auch schon gleich wieder erkannt.
„Ja, was suchst denn du hier, wo schon kein Vogel mehr fliegt?“
„Ich suche einen verlorenen Ring. Der Fisch da sagt, dass du ihn gefunden hättest.“
„Weiss wirklich nicht, lass mal sehen.“
Und jetzt begann die Kröte sich zu erbrechen, und da war der Ring auch gleich heraus. Sepp will ihn gerade aufheben, aber springt da nicht auf einmal ein Hase aus dem Busch, packt den Ring und damit hallo, hast du nicht gesehen, galoppiert er davon wie aus der Flinte geschossen. Na, Sepp braucht auch nicht mehr! er nimmt die drei Haare aus dem Ränzel, die er vom Hunde bekommen, schüttelt sie, und da steht auch schon der grosse, weisse Hund vor ihm.
„Was gibt’s, lieber Meister, was gibt’s?“
„Siehst du den Hasen dort? er ist mir mit einem Ringe davon; fang‘ ihn!“
Kaum hat der Hund das gehört, hopp – hopp! in einem Nu über Stock und Stein dem Hasen nach und rennt, was das Zeug hält. In einigen Augenblicken hat er ihn eingeholt, in Stücke zerrissen und den Ring wieder zurückgebracht. Sepp aber steckte ihn an seinen Finger und ging damit zurück in den Palast der Feenprinzessin Goldhaar.
„Nun, schöne Liebe meines Herzens, hier ist der Ring, jetzt komm aber auch mit mir.“
„Ach, schöne Liebe meines Herzens, ich kann so lange nicht fort von hier, bis mir nicht jemand aus der Quelle des Lebens und aus der Quelle des Todes je einen Krug Wasser gebracht hat. Die aber sind an einem solchen Ort, dass dorthin kein Mensch gelangen kann, er müsste denn die Flügel des Vogels haben.“
Sepp begann nachzudenken. Da fällt ihm auf einmal ein, dass er ja von den zwei Tauben, die er aus der Falle befreit hatte, je drei Federn erhalten habe. Er suchte sie also aus seinem Ränzel hervor, schüttelte sie recht tüchtig, und schau, da waren auch gleich beide Tauben zur Stelle wie die zehn Gebote Gottes.
„Was gibt’s, lieber Meister?“
„Ach, der liebe Gott allein kann sagen, wie gross mein Unglück ist! … Aber wisst ihr auch, wo die Quelle des Lebens und die Quelle des Todes ist?“
„Die kennen wir wohl.“
„Nun also, so bringt mir von jeder ein kleines Krüglein voll.“
„Ach, das ist keine so leichte Sache! Besonders aus der Quelle des Todes, denn worauf davon auch nur ein Tropfen fällt, das ist verbrannt und gestorben im selben Augenblicke! Doch sei’s drum! Wenn es nur irgendwie möglich ist, so sollst du davon haben, kost‘ es was immer.“
Damit gab Sepp den beiden Tauben zwei silberne Krüge, mit welchen diese davon flogen; sie schossen durch die Luft schnell wie der Gedanke oder vielleicht noch schneller, auf einmal kommen sie zu einem grossen Berge, und nicht genug, dass dieser aus eitel Glas war, war er auch obendrein so steil, dass, wenn man darauf hätte herumklettern wollen, man sich den Hals tausendmal hätte brechen müssen, selbst wenn der Berg eine gewöhnliche Form gehabt hätte so wie andere. Wie ich also sage, waren ganz, aber ganz am Gipfel dieses furchtbar hohen Berges zwei Quellen; aus der einen floss das Wasser des Lebens, aus der andern das Wasser des Todes, und beide brausten und sprudelten wie ein eiserner Topf, in dem Wasser gekocht wird. Die beiden Tauben flogen also da hinauf und schöpften jetzt den ersten Krug aus der einen und dann den zweiten aus der andern Quelle voll. Wie sie nun damit fertig waren, nahmen sie sich sozusagen gar keine Zeit auszuruhen, sondern flogen wieder den Weg zurück und übergaben Sepp die zwei Krüge Wasser. Der brauchte auch nicht mehr und wie ihn seine Beine nur tragen konnten, lief er damit hinauf in den Palast.
„Na, schöne Liebe meines Herzens! hier ist, was du verlangt hast, und jetzt komm aber mit mir.“
„Ach, schöne Liebe meines Herzens! ich kann nicht fort von hier, wenn wir nicht dieses Schloss samt Garten und allem, so wie es dasteht, mit fort nehmen, so, dass aber auch nicht ein Nägelchen davon zurückbleibt!“
Nun, wenn der arme Sepp bis zur Stunde nie einen Kummer gehabt hätte, jetzt war er drin. Das Kinn fiel ihm herunter wie einem, den man zum Galgen führt. Er grämte sich ab und zerhärmte sich, nicht einmal das Essen wollte ihm mehr recht schmecken. Was thun? was anfangen? Das weiss der gute Gott allein! denn das ist ja doch eine Arbeit, dass selbst tausend Wagen hundert Jahre lang nur immer hin und her zu fahren hätten, und selbst dann noch nicht alles bis auf das letzte Restchen von der Stelle geräumt wäre. – Auf einmal fällt ihm ein, dass er ja da so einige Dinger habe; wie, wenn das eine oder das andere ihm gar helfen könnte? Er nimmt sein Ränzel vor, nimmt die Federn heraus und schüttelt sie, und siehst du, da sind auch schon die zwei Tauben da.
„Was gibt’s, lieber Meister, was ist dir zugestossen?“
„Ach, der liebe Gott allein kann sagen, wie gross mein Unglück ist! … Sagt mir doch, wie soll ich denn, ganz mutterseelenallein, diesen Palast da wegtragen?“
„Ja, das wissen wir wahrlich nicht. Warum sollten wir dir’s nicht sagen, wenn wir’s wüssten!“
Nun, hier war er also auch um nichts klüger geworden. Jetzt waren nur noch die drei Haare zurück, die ihm der Hund gegeben, aber in diese hatte er auch ein Vertrauen, wie in die Steinmauer! Er nimmt sie also heraus, schüttelt sie, da steht auch schon der grosse, weisse Hund vor ihm.
„Was gibt’s, lieber Meister, was ist dir zugestossen?“
„Ach, der liebe Gott allein kann sagen, wie gross mein Unglück ist! … Sage mir doch, wie soll ich denn, ganz mutterseelenallein, diesen Palast da wegtragen?“
„Ach, ist das alles? deswegen brauchst du wirklich nicht so schrecklich betrübt zu sein. Ich habe zu Hause eine goldene Rute – warte nur, ich werde sie gleich herbringen – mit dieser musst du je dreimal an alle vier Ecken des Palastes schlagen, dann wird der ganze Palast zu einem goldenen Apfel werden. Wenn du nachher wieder einen Palast daraus machen willst, so beklopfe den goldenen Apfel rund herum mit der Rute, und augenblicklich steht wieder der Palast vor dir.“
Nun gut! Kaum hatte der Hund das gesagt, so war er verschwunden, doch kaum hätte einer bis hundert zählen können, so war er auch schon wieder da.
„Ich habe nicht schneller zurück sein können, die Kinder haben die Rute beim Spielen verlegt und verräumt, und so musste ich sie erst suchen. Da, nimm! – und dann tue nur genau so, wie ich dir gesagt habe!“
Jetzt ging Sepp hinauf in den Palast zur Feenprinzessin Goldhaar und sagte zu ihr:
„Nun, schöne Liebe meines Herzens, vorbei ist alle Trauer und kein Grund mehr, den Kopf hängen zu lassen. Komm mit mir, wir nehmen auch den Palast mit uns samt Garten und allem!“
Dann aber umarmte und küsste er sie, ging hinunter in den Stall, sattelte sein Ross und hob die Feenprinzessin Goldhaar hinauf, er selbst jedoch ging hierauf rund um den Palast und schlug mit der goldenen Rute je dreimal gegen alle vier Ecken. Da war von Garten, Palast und allem mit einem Male nur die leere Stelle zu sehen, und er war auf der kahlen Heide allein mit dem Mädchen auf dem Rosse; zu seinen Füssen aber lag ein goldener Apfel. Sepp hob den goldenen Apfel auf, that ihn in sein Ränzel, schwang sich dann auch auf das Ross, und so ritten sie denn und ritten immer zu über siebenmal sieben Lande, bis sie endlich nach Hause kamen, an den Hof des Königs.
Wessen Freude konnte grösser sein als die des Königs, da er die schöne Feenprinzessin erblickte? Er wäre imstande gewesen, mit der blossen Hand Hasen fangen zu wollen, der alte Narr! Gab das jetzt ein Herumhetzen der Diener dahin und dorthin, um Gäste zu sich zu laden! Aber augenblicklich müssten sie kommen, denn es werde Hochzeit gehalten. Dann liess er Sepp zu sich in den Palast rufen. Wie es nun gekommen, wie nicht, kurz, die Feenprinzessin Goldhaar spritzte einige Tropfen von dem Wasser, das aus der Quelle des Todes war, auf ihn, und in dem Augenblicke war der arme Sepp auf einmal verbrannt und gestorben. Den alten König traf beinahe der Schlag vor lauter Kummer, und er zergrämte sich und härmte sich ab, so leid that es ihm um den braven Knecht.
„Ach, um den brauchst du dich wirklich nicht so abzuhärmen“, sagt die Feenprinzessin Goldhaar, „der wird gleich wieder ganz heil und gesund sein!“
Da nahm sie den zweiten Krug und goss das Wasser über den toten Sepp: gleich war er wieder lebendig und noch siebenmal schöner als zuvor. Da kam den alten König auch die Lust an, und er bat die Feenprinzessin Goldhaar, auch ihn wieder jung zu machen; diese schüttete also das Wasser des Todes auf ihn, und da war er auch schon verbrannt wie dürres Reisig – ja, aber im anderen Kruge war nun auch nicht ein Tropfen mehr, und daher vermochte sie ihn auch nicht wieder ins Leben zu rufen. Was konnte man anderes thun als ihn begraben – und das tat man denn auch und noch dazu gar prächtig.
Weil aber der König selig nicht Kind noch Kegel hatte, so blieb das ganze Land dem Sepp. Der liess dann – das heisst nämlich, als er schon König war – den alten Palast abreissen, kramte den goldenen Apfel aus seinem Ränzel und beklopfte ihn rund herum mit der goldenen Rute: da – Herr, du mein Gott! mögt ihr es nun glauben oder mögt ihr es nicht glauben, steht da nicht mit einem Male an der Stelle des alten Palastes dieser wunderschöne Palast hier, in welchem die Feenprinzessin Goldhaar gewohnt hatte, mit Gärten und allem, ganz so wie er dort gewesen, und auch hier so schön zu schauen, dass die Leute aus sieben Landen kamen, ihn anzustaunen! Nun nahm Sepp die Feenprinzessin Goldhaar zum Weibe. Bevor sie aber Hochzeit hielten, gingen sie noch, Vater und Mutter der Prinzessin zu sich zu holen in das silberne Schloss. Nun führten die beiden ein glückliches Leben miteinander; die Königin bekam wunderschöne, goldlockige Kinder, und sie leben alle vielleicht noch bis auf den heutigen Tag – wenn sie nicht gestorben sind.
Quelle:
(Ungarische Volksmärchen)