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(3)
Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten, solange sie reich waren, keine Kinder; aber als sie arm geworden waren, da kriegten sie einen kleinen Jungen. Sie konnten aber keinen Paten für ihn bekommen; da sagte der Mann, er wolle einmal nach einem anderen Orte gehen und zusehen, ob er da vielleicht einen kriegte. Wie er da so ging, begegnete ihm ein armer Mann. Der fragte ihn, wo er hinwolle; er sagte, er wolle hin und zusehen, ob er nicht einen Paten fände.
Aber er sei so arm, und da wolle ihm kein Mensch zu Gevatter stehen. „Oh“, sagte der arme Mann, „Ihr seid arm und ich bin arm, ich will Euer Gevatter werden; ich bin aber so arm, ich kann dem Kinde nichts geben. Geht hin und sagt der Wehmutter, sie solle nur mit dem Kinde zur Kirche kommen. Als sie nun zusammen zur Kirche kamen, da war der Bettler schon drin; der gab dem Kinde den Namen „Ferdinand getreu“.
Wie sie aus der Kirche gingen, da sagte der Bettler: „Nun geht nur nach Haus; ich kann Euch nichts geben, und Ihr sollt mir auch nichts geben.“ Der Wehmutter aber gab er einen Schlüssel und sagte ihr, sie möchte ihn, wenn sie nach Hause komme, dem Vater geben; der sollte ihn verwahren, bis das Kind vierzehn Jahre alt wäre. Dann sollte es auf die Heide gehen, da wäre dann ein Schloss, zu dem passte der Schlüssel; und was darin wäre, das sollte ihm gehören. Als das Kind nun sieben Jahre alt und tüchtig gewachsen war, ging es einmal mit anderen Jungen spielen. Da hatte nun der eine noch mehr vom Paten gekriegt als der andere; er aber konnte gar nichts sagen. Da weinte er und ging nach Hause und sagte zu seinem Vater: „Hab ich denn gar
nichts von meinem Paten gekriegt?“ – „O ja“, sagte der Vater, „du hast einen Schlüssel gekriegt; wenn auf der Heide ein Schloss steht, so geh nur hin und schließ es auf.“ Da ging er hin; aber es war kein Schloss zu hören und zu sehen. Wieder nach sieben Jahren, als er vierzehn Jahre alt ist, geht er nochmals hin, da steht ein Schloss auf der Heide. Wie er es nun aufgeschlossen hat, da ist nichts drin als ein Pferd, ein Schimmel. Da wurde der Junge so voller Freuden, dass er das Pferd hatte, dass er sich darauf setzte und zu seinem Vater jagte: „Nun hab ich auch einen Schimmel, nun will ich auch reisen“, sagte er.
Da zog er nun weg. Und wie er unterwegs ist, da liegt da eine Schreibfeder auf dem Wege; er will sie erst aufheben, dann denkt er aber wieder bei sich: „Oh, du könntest sie eigentlich auch liegen lassen; du findest ja doch wohl dort, wo du hinkommst eine Schreibfeder, wenn du eine brauchst.“ Wie er so weggeht, da ruft es hinter ihm: „Ferdinand getreu, nimm sie mit!“ Er sieht sich um, sieht aber niemanden; da geht er wieder zurück und nimmt sie auf. Wie er wieder eine Weile geritten ist, kommt er an einem Wasser vorbei; da liegt dort ein Fisch am Ufer und schnappt gierig nach Luft. Da sagt er: „Wart, mein lieber Fisch, ich will dir helfen, dass du wieder ins Wasser kommst“; greift ihn beim Schwanz und wirft ihn ins Wasser. Da steckt der Fisch den Kopf aus dem Wasser und sagt: „Da du mir aus dem Kot geholfen hast, so will ich dir eine Flöte geben. Wenn du in Not bist, dann spiele darauf, dann will ich dir helfen; und wenn du mal was hast ins Wasser fallen lassen, so flöte nur; und ich hole es dir dann heraus.“ Nun ritt er weg; da kommt so ein Mensch daher, der fragt ihn, wo er hin will. „Oh, nach dem nächsten Orte“, sagte Ferdinand getreu. Und wie er denn heiße? „Ferdinand getreu.“ – „Sieh“, sagt der andere, „da haben wir ja fast den selben Namen; ich heiße Ferdinand ungetreu.“ Sie zogen nun beide zusammen zum nächsten Ort ins Wirtshaus.
Nun aber war es schlimm, dass Ferdinand ungetreu alles wusste, was ein anderer gedacht hatte und tun wollte; das wusste er durch allerhand so schlimme Künste. Es war aber im Wirtshaus ein wackeres Mädchen; das hatte ein klares Angesicht und trug sich so hübsch. Das verliebte sich in Ferdinand getreu, denn er war ein hübscher Bursche, und fragte ihn, wo er hin wolle. Oh, er wolle so herumreisen, sagte Ferdinand getreu. Da sagte sie, er solle doch nur dableiben; es wäre hierzulande ein König, der nehme wohl gern einen Bedienten oder einen Vorreiter; zu dem solle er in Dienste gehen. Er antwortete, er könne nicht gut zu jemandem hingehen und sich anbieten. Da sagte das Mädchen: „Oh, das will ich dann schon tun.“ Und so ging sie denn auch sogleich hin zum König und sagte ihm, sie wüsste einen hübschen Bedienten für ihm. Der war damit wohl zufrieden und ließ ihn zu sich kommen und wollte ihn zum Bedienten machen. Er wollte aber lieber Vorreiter sein; denn wo sein Pferd wäre, da müsste er auch sein. Da machte ihn der König zum Vorreiter. Wie das Ferdinand ungetreu gewahr wurde, da sagte er zu dem Mädchen: „Wart! Hilfst du dem und mir nicht?“ – „Oh“, sagte das Mädchen, „ich will dir auch helfen.“ Sie dachte: den musst du dir zum Freunde behalten, denn dem ist nicht zu trauen. Sie ging also zum König und bot ihn als Bedienten an; und der König war es zufrieden.
Wenn nun Ferdinand ungetreu des Morgens seinen Herrn anzog, da jammerte der immer: „Ach, wenn ich doch erst meine Liebste bei mir hätte!“ Der Ferdinand ungetreu war aber dem Ferdinand getreu immer aufsässig; und als der König wieder einmal so jammerte, da sagte er: „Sie haben ja den Vorreiter, den schicken Sie hin, der muss sie herbeischaffen; und wenn er es nicht tut, so muss ihm der Kopf vor die Füße gelegt werden.“ Da ließ der König den Ferdinand getreu zu sich kommen und sagte ihm, er hätte da und da eine Liebste, die solle er herbeischaffen; und wenn er das nicht täte, dann sollte er sterben.
Da ging Ferdinand getreu in den Stall zu seinem Schimmel und weinte und jammerte: „Oh, was bin ich für ein unglückliches Menschenkind!“ Plötzlich rief jemand hinter ihm: „Ferdinand getreu, was weinst du?“ Er sieht sich um, sieht aber niemanden und jammert immerfort: „O mein liebes Schimmelchen, nun muss ich dich verlassen, nun muss ich sterben.“ Da ruft es wieder: „Ferdinand getreu, was weinst du?“ Da merkte er erst, dass sein Schimmelchen ihn fragte. „Bist du das, mein Schimmelchen, kannst du reden?“ Und sagt wieder: „Ich soll da und da hin und soll die Braut holen. Weißt du nicht, wie ich das wohl anfange?“ Da antwortete das Schimmelchen. „Geh du nur zum Könige und sage, wenn er dir geben wolle, was du haben müsstest, so wolltest du sie ihm schon herbeischaffen; wenn er dir ein Schiff voll Fleisch und ein Schiff voll Brot geben wollte, so sollte es wohl gelingen. Da wären die großen Riesen auf dem Wasser, wenn du denen kein Fleisch mitbrachtest, so würden sie dich zerreißen; und da wären die großen Vögel, die pickten dir die Augen aus dem Kopfe, wenn du kein Brot für sie hättest.“ Da befahl der König allen Schlächtern im Lande zu schlachten und allen Bäckern zu backen, dass die Schiffe voll wurden.
Wie sie nun voll sind, da sagt das Schimmelchen zu Ferdinand getreu: „Nun setz‘ dich auf mich und reite mit mir zum Schiff; wenn dann die Riesen kommen, so sage: „Still, still, meine lieben Riesechen, Ich hab‘ euch wohlbedacht, Ich habe euch was mitgebracht.“ Und wenn die Vögel kommen, so sagst du wieder: „Still, still, meine lieben Vögelchen, Ich hab‘ euch wohlbedacht, Ich habe euch was mitgebracht.“
Dann tun sie dir nichts; und wenn du dann zu dem Schloss kommst, dann helfen dir die Riesen. Dann geh hinauf zum Schloss und nimm ein paar Riesen mit; da liegt die Prinzessin und schläft. Du darfst sie aber nicht aufwecken, sondern die Riesen müssen sie mit dem Bette aufnehmen und zum Schiffe tragen.“ Und da geschah nun alles, wie das Schimmelchen gesagt hatte, und den Riesen und den Vögeln gab der Ferdinand getreu, was er ihnen mitgebracht hatte; dafür wurden die Riesen willig und trugen die Prinzessin in ihrem Bett ins Schiff. Und als sie zum König kamen, da sagte die Prinzessin, sie könne nicht leben, sie musste ihre Schriften haben, die wären auf dem Schlosse liegengeblieben. Da wurde Ferdinand getreu auf Anstiften von Ferdinand ungetreu gerufen, und der König befahl ihm, er solle die Schriften vom Schlosse holen, sonst müsste er sterben. Da geht er wieder in den Stall und weint und sagt: „O mein liebes Schimmelchen, nun soll ich noch einmal weg. Wie soll ich das machen?“ Da sagt der Schimmel, sie sollten das Schiff nur wieder volladen. Da geht es wieder wie das vorige Mal; und die Riesen und die Vögel werden von dem Fleisch gesättigt und besänftigt. Als sie nun zu dem Schloss kommen, da sagt der Schimmel zu ihm, er solle nur hineingehen in das Schlafzimmer der Prinzessin; auf dem Tische da lägen die Schriften. Da geht Ferdinand getreu hin und holt sie. Als sie nun auf dem Wasser sind, da lässt er seine Schreibfeder ins Wasser fallen. Da sagt der Schimmel: „Nun kann ich dir aber nicht helfen.“ Da fällt ihm seine Flöte ein; er fängt an zu blasen; da kommt der Fisch und hat die Feder im Maul und reicht sie ihm hin. Nun brachte er die Schriften aufs Schloss, wo Hochzeit gehalten wurde.
Die Königin aber mochte den König nicht leiden, weil er keine Nase hatte; den Ferdinand getreu aber mochte sie gern leiden. Wie nun einmal alle Herren vom Hofe beisammen waren, da sagte die Königin, sie könnte auch Kunststücke machen; sie könnte einem den Kopf abhacken und wieder aufsetzen; es solle nur mal einer versuchen. Da wollte aber keiner der erste sein. Schließlich musste Ferdinand getreu heran, wieder auf Anstiften von Ferdinand ungetreu; dem hackte sie nun den Kopf ab und setzte ihn auch wieder auf. Es war auch gleich wieder zugeheilt, dass es aussah, als hätte er einen roten Faden um den Hals. Da sagte der König zu ihr: „Mein Kind, wo hast du denn das gelernt?“ – „Ja“, sagte sie, „die Kunst versteh ich; soll ich es an dir auch einmal versuchen?“ – „O ja“, sagte er. Da hackte sie ihm den Kopf ab, setzte ihn aber nicht wieder auf; sie tat so, als ob sie ihn nicht wieder draufkriegen könnte und als ob er nicht festsitzen wollte. Da wurde der König begraben; sie aber heiratete Ferdinand getreu.
Er aber ritt immer seinen Schimmel; und als er einmal darauf saß, da sagte der zu ihm, er sollte einmal auf eine andere Heide, die er ihm zeigen würde, reiten und da dreimal mit ihm herumjagen. Wie er das tat, da stellte sich der Schimmel auf die Hinterbeine und verwandelte sich in einen Königssohn.
Aber er sei so arm, und da wolle ihm kein Mensch zu Gevatter stehen. „Oh“, sagte der arme Mann, „Ihr seid arm und ich bin arm, ich will Euer Gevatter werden; ich bin aber so arm, ich kann dem Kinde nichts geben. Geht hin und sagt der Wehmutter, sie solle nur mit dem Kinde zur Kirche kommen. Als sie nun zusammen zur Kirche kamen, da war der Bettler schon drin; der gab dem Kinde den Namen „Ferdinand getreu“.
Wie sie aus der Kirche gingen, da sagte der Bettler: „Nun geht nur nach Haus; ich kann Euch nichts geben, und Ihr sollt mir auch nichts geben.“ Der Wehmutter aber gab er einen Schlüssel und sagte ihr, sie möchte ihn, wenn sie nach Hause komme, dem Vater geben; der sollte ihn verwahren, bis das Kind vierzehn Jahre alt wäre. Dann sollte es auf die Heide gehen, da wäre dann ein Schloss, zu dem passte der Schlüssel; und was darin wäre, das sollte ihm gehören. Als das Kind nun sieben Jahre alt und tüchtig gewachsen war, ging es einmal mit anderen Jungen spielen. Da hatte nun der eine noch mehr vom Paten gekriegt als der andere; er aber konnte gar nichts sagen. Da weinte er und ging nach Hause und sagte zu seinem Vater: „Hab ich denn gar
nichts von meinem Paten gekriegt?“ – „O ja“, sagte der Vater, „du hast einen Schlüssel gekriegt; wenn auf der Heide ein Schloss steht, so geh nur hin und schließ es auf.“ Da ging er hin; aber es war kein Schloss zu hören und zu sehen. Wieder nach sieben Jahren, als er vierzehn Jahre alt ist, geht er nochmals hin, da steht ein Schloss auf der Heide. Wie er es nun aufgeschlossen hat, da ist nichts drin als ein Pferd, ein Schimmel. Da wurde der Junge so voller Freuden, dass er das Pferd hatte, dass er sich darauf setzte und zu seinem Vater jagte: „Nun hab ich auch einen Schimmel, nun will ich auch reisen“, sagte er.
Da zog er nun weg. Und wie er unterwegs ist, da liegt da eine Schreibfeder auf dem Wege; er will sie erst aufheben, dann denkt er aber wieder bei sich: „Oh, du könntest sie eigentlich auch liegen lassen; du findest ja doch wohl dort, wo du hinkommst eine Schreibfeder, wenn du eine brauchst.“ Wie er so weggeht, da ruft es hinter ihm: „Ferdinand getreu, nimm sie mit!“ Er sieht sich um, sieht aber niemanden; da geht er wieder zurück und nimmt sie auf. Wie er wieder eine Weile geritten ist, kommt er an einem Wasser vorbei; da liegt dort ein Fisch am Ufer und schnappt gierig nach Luft. Da sagt er: „Wart, mein lieber Fisch, ich will dir helfen, dass du wieder ins Wasser kommst“; greift ihn beim Schwanz und wirft ihn ins Wasser. Da steckt der Fisch den Kopf aus dem Wasser und sagt: „Da du mir aus dem Kot geholfen hast, so will ich dir eine Flöte geben. Wenn du in Not bist, dann spiele darauf, dann will ich dir helfen; und wenn du mal was hast ins Wasser fallen lassen, so flöte nur; und ich hole es dir dann heraus.“ Nun ritt er weg; da kommt so ein Mensch daher, der fragt ihn, wo er hin will. „Oh, nach dem nächsten Orte“, sagte Ferdinand getreu. Und wie er denn heiße? „Ferdinand getreu.“ – „Sieh“, sagt der andere, „da haben wir ja fast den selben Namen; ich heiße Ferdinand ungetreu.“ Sie zogen nun beide zusammen zum nächsten Ort ins Wirtshaus.
Nun aber war es schlimm, dass Ferdinand ungetreu alles wusste, was ein anderer gedacht hatte und tun wollte; das wusste er durch allerhand so schlimme Künste. Es war aber im Wirtshaus ein wackeres Mädchen; das hatte ein klares Angesicht und trug sich so hübsch. Das verliebte sich in Ferdinand getreu, denn er war ein hübscher Bursche, und fragte ihn, wo er hin wolle. Oh, er wolle so herumreisen, sagte Ferdinand getreu. Da sagte sie, er solle doch nur dableiben; es wäre hierzulande ein König, der nehme wohl gern einen Bedienten oder einen Vorreiter; zu dem solle er in Dienste gehen. Er antwortete, er könne nicht gut zu jemandem hingehen und sich anbieten. Da sagte das Mädchen: „Oh, das will ich dann schon tun.“ Und so ging sie denn auch sogleich hin zum König und sagte ihm, sie wüsste einen hübschen Bedienten für ihm. Der war damit wohl zufrieden und ließ ihn zu sich kommen und wollte ihn zum Bedienten machen. Er wollte aber lieber Vorreiter sein; denn wo sein Pferd wäre, da müsste er auch sein. Da machte ihn der König zum Vorreiter. Wie das Ferdinand ungetreu gewahr wurde, da sagte er zu dem Mädchen: „Wart! Hilfst du dem und mir nicht?“ – „Oh“, sagte das Mädchen, „ich will dir auch helfen.“ Sie dachte: den musst du dir zum Freunde behalten, denn dem ist nicht zu trauen. Sie ging also zum König und bot ihn als Bedienten an; und der König war es zufrieden.
Wenn nun Ferdinand ungetreu des Morgens seinen Herrn anzog, da jammerte der immer: „Ach, wenn ich doch erst meine Liebste bei mir hätte!“ Der Ferdinand ungetreu war aber dem Ferdinand getreu immer aufsässig; und als der König wieder einmal so jammerte, da sagte er: „Sie haben ja den Vorreiter, den schicken Sie hin, der muss sie herbeischaffen; und wenn er es nicht tut, so muss ihm der Kopf vor die Füße gelegt werden.“ Da ließ der König den Ferdinand getreu zu sich kommen und sagte ihm, er hätte da und da eine Liebste, die solle er herbeischaffen; und wenn er das nicht täte, dann sollte er sterben.
Da ging Ferdinand getreu in den Stall zu seinem Schimmel und weinte und jammerte: „Oh, was bin ich für ein unglückliches Menschenkind!“ Plötzlich rief jemand hinter ihm: „Ferdinand getreu, was weinst du?“ Er sieht sich um, sieht aber niemanden und jammert immerfort: „O mein liebes Schimmelchen, nun muss ich dich verlassen, nun muss ich sterben.“ Da ruft es wieder: „Ferdinand getreu, was weinst du?“ Da merkte er erst, dass sein Schimmelchen ihn fragte. „Bist du das, mein Schimmelchen, kannst du reden?“ Und sagt wieder: „Ich soll da und da hin und soll die Braut holen. Weißt du nicht, wie ich das wohl anfange?“ Da antwortete das Schimmelchen. „Geh du nur zum Könige und sage, wenn er dir geben wolle, was du haben müsstest, so wolltest du sie ihm schon herbeischaffen; wenn er dir ein Schiff voll Fleisch und ein Schiff voll Brot geben wollte, so sollte es wohl gelingen. Da wären die großen Riesen auf dem Wasser, wenn du denen kein Fleisch mitbrachtest, so würden sie dich zerreißen; und da wären die großen Vögel, die pickten dir die Augen aus dem Kopfe, wenn du kein Brot für sie hättest.“ Da befahl der König allen Schlächtern im Lande zu schlachten und allen Bäckern zu backen, dass die Schiffe voll wurden.
Wie sie nun voll sind, da sagt das Schimmelchen zu Ferdinand getreu: „Nun setz‘ dich auf mich und reite mit mir zum Schiff; wenn dann die Riesen kommen, so sage: „Still, still, meine lieben Riesechen, Ich hab‘ euch wohlbedacht, Ich habe euch was mitgebracht.“ Und wenn die Vögel kommen, so sagst du wieder: „Still, still, meine lieben Vögelchen, Ich hab‘ euch wohlbedacht, Ich habe euch was mitgebracht.“
Dann tun sie dir nichts; und wenn du dann zu dem Schloss kommst, dann helfen dir die Riesen. Dann geh hinauf zum Schloss und nimm ein paar Riesen mit; da liegt die Prinzessin und schläft. Du darfst sie aber nicht aufwecken, sondern die Riesen müssen sie mit dem Bette aufnehmen und zum Schiffe tragen.“ Und da geschah nun alles, wie das Schimmelchen gesagt hatte, und den Riesen und den Vögeln gab der Ferdinand getreu, was er ihnen mitgebracht hatte; dafür wurden die Riesen willig und trugen die Prinzessin in ihrem Bett ins Schiff. Und als sie zum König kamen, da sagte die Prinzessin, sie könne nicht leben, sie musste ihre Schriften haben, die wären auf dem Schlosse liegengeblieben. Da wurde Ferdinand getreu auf Anstiften von Ferdinand ungetreu gerufen, und der König befahl ihm, er solle die Schriften vom Schlosse holen, sonst müsste er sterben. Da geht er wieder in den Stall und weint und sagt: „O mein liebes Schimmelchen, nun soll ich noch einmal weg. Wie soll ich das machen?“ Da sagt der Schimmel, sie sollten das Schiff nur wieder volladen. Da geht es wieder wie das vorige Mal; und die Riesen und die Vögel werden von dem Fleisch gesättigt und besänftigt. Als sie nun zu dem Schloss kommen, da sagt der Schimmel zu ihm, er solle nur hineingehen in das Schlafzimmer der Prinzessin; auf dem Tische da lägen die Schriften. Da geht Ferdinand getreu hin und holt sie. Als sie nun auf dem Wasser sind, da lässt er seine Schreibfeder ins Wasser fallen. Da sagt der Schimmel: „Nun kann ich dir aber nicht helfen.“ Da fällt ihm seine Flöte ein; er fängt an zu blasen; da kommt der Fisch und hat die Feder im Maul und reicht sie ihm hin. Nun brachte er die Schriften aufs Schloss, wo Hochzeit gehalten wurde.
Die Königin aber mochte den König nicht leiden, weil er keine Nase hatte; den Ferdinand getreu aber mochte sie gern leiden. Wie nun einmal alle Herren vom Hofe beisammen waren, da sagte die Königin, sie könnte auch Kunststücke machen; sie könnte einem den Kopf abhacken und wieder aufsetzen; es solle nur mal einer versuchen. Da wollte aber keiner der erste sein. Schließlich musste Ferdinand getreu heran, wieder auf Anstiften von Ferdinand ungetreu; dem hackte sie nun den Kopf ab und setzte ihn auch wieder auf. Es war auch gleich wieder zugeheilt, dass es aussah, als hätte er einen roten Faden um den Hals. Da sagte der König zu ihr: „Mein Kind, wo hast du denn das gelernt?“ – „Ja“, sagte sie, „die Kunst versteh ich; soll ich es an dir auch einmal versuchen?“ – „O ja“, sagte er. Da hackte sie ihm den Kopf ab, setzte ihn aber nicht wieder auf; sie tat so, als ob sie ihn nicht wieder draufkriegen könnte und als ob er nicht festsitzen wollte. Da wurde der König begraben; sie aber heiratete Ferdinand getreu.
Er aber ritt immer seinen Schimmel; und als er einmal darauf saß, da sagte der zu ihm, er sollte einmal auf eine andere Heide, die er ihm zeigen würde, reiten und da dreimal mit ihm herumjagen. Wie er das tat, da stellte sich der Schimmel auf die Hinterbeine und verwandelte sich in einen Königssohn.
Quelle: Brüder Grimm