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(2)
Geschichten des Abu Nuwasi
Abu Nuwasi war ein grosser Verführer; sogar der Frau des Djaafari, des Veziers des Sultans, stellte er nach. Djaafari erhielt Kunde davon, dass seine Frau dem Abu Nuwasi Gehör schenke. Er begab sich daher zum Sultan und sprach zu ihm: »Wir wollen einen guten Plan erdenken, um Abu Nuwasi zu töten.« Der Sultan entgegnete: »Dieser Abu Nuwasi ist ein schlauer Mensch, welch‘ listigen Plan könnten wir wohl ersinnen, um ihn hineinzulegen?« Der Vezier erwiderte: »Höre meinen Plan. Wir wollen ungefähr vierzig Mann hierher zusammenbringen. Jedem von ihnen geben wir ein Ei, das er in seine Kleider steckt, und nachher rufen wir Abu Nuwasi und sagen ihm: ›Wir sind vierzig Leute hier, jeder lege jetzt ein Ei und, wenn Abu Nuwasi sein Ei nicht legen kann, soll er getötet werden.‹ Der Sultan stimmte dem bei.«
Als Abu Nuwasi gerufen wurde, sprach er: »Gut, zeigt, was Ihr könnt.« Jene setzten sich alle nieder; ein jeder von ihnen zog ein Ei hervor, nur Abu Nuwasi blieb im Rückstand. Als er sah, dass alle Eier hervorgeholt hatten, nahm er seine Arme, schlug sie in die Seiten und geberdete sich wie ein Hahn und krähte: »Kokoiko.« Dann trat er vor den Sultan, schlug in seine Seiten und krähte noch einmal wie ein Hahn: »Kokoiko.« Jene Leute sprachen nun zu ihm: »Lege ein Ei, jeder von uns hat ein Ei gelegt, wie ihm gesagt worden.« Er spielte jedoch wieder den Hahn und krähte. Nachher wurde er gefragt: »Was soll das bedeuten, wir haben alle Eier gelegt und Du weisst nur kokoiko zu rufen?« Er antwortete: »Ihr seid die Hühner, ich bin der Hahn«; »ich habe mit dem Eierlegen nichts zu thun, sondern ich sorge dafür, dass Ihr Eier legen könnt. Es ist nicht möglich, dass ein Huhn Eier lege ohne Hahn. Ihr seid alle Hühner, ich aber bin Euer Hahn; sonst nennt mir Euren Hahn, der Euch in stand gesetzt hat, diese Eier zu legen!« So wurden jene durch die Worte des Abu Nuwasi besiegt.
Nun ersannen sie einen zweiten Plan. Jener Vezier Djaafari sprach zum Sultan: »Wir wollen einen Stein nehmen und ihn spalten; dann rufen wir Abu Nuwasi, um den Stein zusammenzunähen; kann er es nicht, so wird er getötet.« Als sie dies untereinander besprachen, war die Frau des Veziers Djaafari in der Nähe, und sie merkte, dass man ihren Liebhaber, den Abu Nuwasi, töten wolle. Deshalb schickte sie ihm Nachricht, um ihn dies wissen zu lassen.
Am nächsten Morgen wurde Abu Nuwasi gerufen und bekam einen Stein, welcher gespalten war, mit der Weisung: »Nähe diesen Stein zusammen; wenn Du ihn nicht zusammennähen kannst, werden wir Dich töten.« Abu Nuwasi zog einen kleinen Stein aus seinen Kleidern hervor, den er dort eingewickelt hatte, und gab dem Vezier des Sultans denselben und sprach zu ihm: »Fädele erst den Faden ein, damit ich den grossen Stein damit nähen kann.« Der Vezier des Sultans konnte den Faden nicht durchziehen; denn wie sollte es möglich sein, einen Faden durch einen Stein zu ziehen? So wurde der Vezier wiederum geschlagen, denn Abu Nuwasi sagte: »Ich nähe nicht eher, bis Ihr diesen Faden eingefädelt habt.« Sie gaben ihn frei und er ging seiner Wege.
Der Vezier und der Sultan ersannen eine andere List, um dem Abu Nuwasi beizukommen, und sprachen: »Lasst uns Abu Nuwasi rufen und ihm sagen, er solle ein Haus in die Luft bauen; wenn er das nicht bauen kann, töten wir ihn.« Sie riefen ihn herbei und teilten ihm dies mit. Abu Nuwasi sprach: »Gut, ich werde ein Haus in der Luft bauen.«
Dann ging er nach Hause und strengte seinen Verstand an. Er suchte sich leichte Palmstangen und machte einen sehr grossen Drachen. Denselben befestigte er an einen Bindfaden und liess ihn fliegen, als der Wind wehte; und der Drache hob sich in die Höhe. Er fasste den Bindfaden fest und ging damit bis zum Sultan und seinem Vezier. Als er bei ihnen anlangte, setzte er sich und sprach: »Ich habe das Haus in die Luft gebaut, schaut, dort oben ist es, aber es ist noch nicht ganz fertiggestellt, ich wünsche, dass Ihr etwas Kalk und Steine nach oben bringt; es können ja Leute hingehen und Kalk nach oben bringen, ich werde alsdann die Arbeit beendigen.«
Der Sultan und der Vezier schauten hinauf, aber es war niemand da, der bis zu dem Drachen klettern konnte, so lang war keine Stange, dass jemand hätte hinaufkommen können. Genug, der Sultan und sein Vezier waren besiegt und konnten ihn nicht töten.
Bald darauf begab sich Abu Nuwasi zum Vezier Djaafari und sprach zu ihm: »Du hast mir dreimal bös mitgespielt in der Absicht, mich zu töten, und ich bin doch nicht erlegen, jetzt werde ich Dir eine Sache anthun, dass Du getötet wirst.« Der Vezier sprach: »Du bist ein Prahlhans, das kannst Du gar nicht.«
Genug, Abu Nuwasi verliess jene Stadt vier Monate lang, dann kehrte er zurück. Er brachte ein Spiel mit sich, desi genannt; als die Leute das sahen, fanden sie grossen Gefallen daran. Djaafari, der Vezier, übte es so lange selbst, bis er es spielen konnte. Er begab sich dann zum Sultan und teilte ihm mit, dass Abu Nuwasi mit einem sehr schönen Spiele zurückgekommen sei. Auch der Sultan erlernte es, bis er es konnte.
Der Sultan hatte noch eine zweite Tochter im Hause, die noch nicht verheiratet war. Auch sie erlernte das Spiel, bis sie es spielen konnte. Der Vezier ging jeden Tag zum Spiele zum Sultan; letzterer wurde immer von dem Vezier geschlagen. Eines Tages kam Abu Nuwasi und sprach zum Sultan: »Lass den Vezier einmal mit Deiner Tochter spielen, denn Deine Tochter spielt dieses Spiel sehr gut.« Der Sultan sprach darauf zu seinem Vezier: »Geh und spiele mit meiner Tochter.« Er ging hin und spielte mit der Sultanstochter, und sie wurde in allen sechs Punkten geschlagen.
Abu Nuwasi begab sich nun zu dem jungen Mädchen und fragte sie: »Hast Du den Vezier geschlagen?« Sie erwiderte: »Ich habe ihn nicht geschlagen, er hat mich in sechs Punkten geschlagen.« Da sprach Abu Nuwasi zu ihr: »Morgen, wenn er kommt, um mit Dir zu spielen, trage keinen Kopfschleier.« Am nächsten Tage kam der Vezier und spielte mit ihr; sie trug keinen Schleier, wurde aber gleichfalls wieder in sechs Punkten geschlagen.
Abu Nuwasi kam wieder und fragte das Mädchen: »Hast Du den Vezier geschlagen?« Sie antwortete: »Ich habe ihn nicht schlagen können, er hat mich wieder in sechs Punkten geschlagen.« Abu Nuwasi sprach zu ihr: »Morgen, wenn Du mit dem Vezier spielst, lege den Gesichtsschleier ab.«
Am dritten Tage kam der Vezier, um mit der Sultanstochter zu spielen, und sie wurde wiederum in sechs Punkten geschlagen. Abu Nuwasi fragte sie: »Hast Du den Vezier geschlagen?« Sie antwortete: »Ich habe ihn nicht geschlagen, er hat mich wieder in sechs Punkten geschlagen.« Da sprach er zu ihr: »Morgen, wenn Ihr spielt, ziehe nur ein Kleid an nach der Mode der Suaheli.«
Der Vezier kam wieder und spielte mit ihr. Als er sie so mit nur einem Tuche bekleidet sah, fand er Gefallen an ihr. Er wurde in zwei Punkten geschlagen, während er das junge Mädchen in vier Punkten schlug. Der Vezier wurde geschlagen, wert er mit seinen Augen nicht nach dem Spiele, sondern nach dem Busen des jungen Mädchens hinschaute. Deshalb verlor er zwei Punkte.
Abu Nuwasi kam zu ihr und fragte sie: »Hast Du heute den Vezier geschlagen?« Sie antwortete: »Ich habe ihn in zwei Punkten geschlagen, während er mich in vier geschlagen hat.« Abu Nuwasi sprach zu ihr: »Morgen suche eine Perlschnur1 hervor und trage sie um Deine Hüften. Suche ferner ein durchsichtiges Gewand und wirf es um; das sei Dein Kleid, ausser diesem ziehe kein anderes Kleid an.«
Als der Vezier zum Spiele zu ihr kam, fand er das junge Mädchen nur mit einem Schleier bekleidet, so dass die Hüftenperlschnur sichtbar war. So wie er die Perlschnur des jungen Mädchens sah, war es mit seinem Verstande vorbei und er wurde in allen sechs Punkten geschlagen. Alsdann hegte der Vezier das Verlangen, mit jenem jungen Mädchen zusammen zu bleiben, und er blieb bei ihr, und des Sultans Tochter ward seine Frau.
Abu Nuwasi hatte dies durchschaut, und als er merkte, dass der Vezier bei dem jungen Mädchen geblieben war, ging er hin zu ihrem Vater, dem Sultan, und sprach: »Dein Vezier hat deine Tochter verführt.« Der Sultan erwiderte: »Ist diese Nachricht wahr?« Abu Nuwasi sprach: »Es ist wahr; wenn Du es nicht glauben willst, so gieb mir ein Schwarzfärbemittel; ich werde es dem Sklavenmädchen geben, welches das Bett in ihrem Hause zurecht deckt, damit sie es an verschiedenen Stellen ins Bett lege. Zwischen der sechsten und siebenten Stunde, wenn der Vezier gegessen hat, wird er sich sicherlich niederlegen wollen. Wir beide nun, Du und ich, gehen zusammen und verstecken uns in der Nähe des Weges und schlagen plötzlich Feuerlärm, so muss er herauskommen; ist es nun wirklich so, dass er im Hause Deiner Tochter geblieben ist, dann werden wir das Zeichen davon, das schwarze Färbemittel, an seinem Kleide sehen.«
Abu Nuwasi nahm das Färbemittel mit sich und suchte eine Sklavin des Hauses und gab ihr viel Geld; diese ging hin und steckte das Färbemittel ins Bett. Nach dem Essen zwischen der sechsten und siebenten Stunde legte sich der Vezier nieder, sein Oberhemd legte er jedoch nicht ab.
Plötzlich hörte er Feuerlärm und die Leute hin- und herlaufen. Auch er lief schnell heraus, um zum Feuer zu gelangen, ohne zu merken, dass sein Oberhemd geschwärzt war. Als er dort vorbei kam, wo der Sultan und Abu Nuwasi sich versteckt hatten, sahen sie, dass sein Oberhemd ganz schwarz gefärbt war. Der Sultan wusste nun, dass der Vezier in Wirklichkeit seine Tochter verführt hatte. Sofort befahl er den Leuten: »Ergreift den Vezier«. Sie ergriffen ihn, und sowohl er wie seine Verwandten und Kinder wurden gefesselt und alle getötet.
Als Abu Nuwasi gerufen wurde, sprach er: »Gut, zeigt, was Ihr könnt.« Jene setzten sich alle nieder; ein jeder von ihnen zog ein Ei hervor, nur Abu Nuwasi blieb im Rückstand. Als er sah, dass alle Eier hervorgeholt hatten, nahm er seine Arme, schlug sie in die Seiten und geberdete sich wie ein Hahn und krähte: »Kokoiko.« Dann trat er vor den Sultan, schlug in seine Seiten und krähte noch einmal wie ein Hahn: »Kokoiko.« Jene Leute sprachen nun zu ihm: »Lege ein Ei, jeder von uns hat ein Ei gelegt, wie ihm gesagt worden.« Er spielte jedoch wieder den Hahn und krähte. Nachher wurde er gefragt: »Was soll das bedeuten, wir haben alle Eier gelegt und Du weisst nur kokoiko zu rufen?« Er antwortete: »Ihr seid die Hühner, ich bin der Hahn«; »ich habe mit dem Eierlegen nichts zu thun, sondern ich sorge dafür, dass Ihr Eier legen könnt. Es ist nicht möglich, dass ein Huhn Eier lege ohne Hahn. Ihr seid alle Hühner, ich aber bin Euer Hahn; sonst nennt mir Euren Hahn, der Euch in stand gesetzt hat, diese Eier zu legen!« So wurden jene durch die Worte des Abu Nuwasi besiegt.
Nun ersannen sie einen zweiten Plan. Jener Vezier Djaafari sprach zum Sultan: »Wir wollen einen Stein nehmen und ihn spalten; dann rufen wir Abu Nuwasi, um den Stein zusammenzunähen; kann er es nicht, so wird er getötet.« Als sie dies untereinander besprachen, war die Frau des Veziers Djaafari in der Nähe, und sie merkte, dass man ihren Liebhaber, den Abu Nuwasi, töten wolle. Deshalb schickte sie ihm Nachricht, um ihn dies wissen zu lassen.
Am nächsten Morgen wurde Abu Nuwasi gerufen und bekam einen Stein, welcher gespalten war, mit der Weisung: »Nähe diesen Stein zusammen; wenn Du ihn nicht zusammennähen kannst, werden wir Dich töten.« Abu Nuwasi zog einen kleinen Stein aus seinen Kleidern hervor, den er dort eingewickelt hatte, und gab dem Vezier des Sultans denselben und sprach zu ihm: »Fädele erst den Faden ein, damit ich den grossen Stein damit nähen kann.« Der Vezier des Sultans konnte den Faden nicht durchziehen; denn wie sollte es möglich sein, einen Faden durch einen Stein zu ziehen? So wurde der Vezier wiederum geschlagen, denn Abu Nuwasi sagte: »Ich nähe nicht eher, bis Ihr diesen Faden eingefädelt habt.« Sie gaben ihn frei und er ging seiner Wege.
Der Vezier und der Sultan ersannen eine andere List, um dem Abu Nuwasi beizukommen, und sprachen: »Lasst uns Abu Nuwasi rufen und ihm sagen, er solle ein Haus in die Luft bauen; wenn er das nicht bauen kann, töten wir ihn.« Sie riefen ihn herbei und teilten ihm dies mit. Abu Nuwasi sprach: »Gut, ich werde ein Haus in der Luft bauen.«
Dann ging er nach Hause und strengte seinen Verstand an. Er suchte sich leichte Palmstangen und machte einen sehr grossen Drachen. Denselben befestigte er an einen Bindfaden und liess ihn fliegen, als der Wind wehte; und der Drache hob sich in die Höhe. Er fasste den Bindfaden fest und ging damit bis zum Sultan und seinem Vezier. Als er bei ihnen anlangte, setzte er sich und sprach: »Ich habe das Haus in die Luft gebaut, schaut, dort oben ist es, aber es ist noch nicht ganz fertiggestellt, ich wünsche, dass Ihr etwas Kalk und Steine nach oben bringt; es können ja Leute hingehen und Kalk nach oben bringen, ich werde alsdann die Arbeit beendigen.«
Der Sultan und der Vezier schauten hinauf, aber es war niemand da, der bis zu dem Drachen klettern konnte, so lang war keine Stange, dass jemand hätte hinaufkommen können. Genug, der Sultan und sein Vezier waren besiegt und konnten ihn nicht töten.
Bald darauf begab sich Abu Nuwasi zum Vezier Djaafari und sprach zu ihm: »Du hast mir dreimal bös mitgespielt in der Absicht, mich zu töten, und ich bin doch nicht erlegen, jetzt werde ich Dir eine Sache anthun, dass Du getötet wirst.« Der Vezier sprach: »Du bist ein Prahlhans, das kannst Du gar nicht.«
Genug, Abu Nuwasi verliess jene Stadt vier Monate lang, dann kehrte er zurück. Er brachte ein Spiel mit sich, desi genannt; als die Leute das sahen, fanden sie grossen Gefallen daran. Djaafari, der Vezier, übte es so lange selbst, bis er es spielen konnte. Er begab sich dann zum Sultan und teilte ihm mit, dass Abu Nuwasi mit einem sehr schönen Spiele zurückgekommen sei. Auch der Sultan erlernte es, bis er es konnte.
Der Sultan hatte noch eine zweite Tochter im Hause, die noch nicht verheiratet war. Auch sie erlernte das Spiel, bis sie es spielen konnte. Der Vezier ging jeden Tag zum Spiele zum Sultan; letzterer wurde immer von dem Vezier geschlagen. Eines Tages kam Abu Nuwasi und sprach zum Sultan: »Lass den Vezier einmal mit Deiner Tochter spielen, denn Deine Tochter spielt dieses Spiel sehr gut.« Der Sultan sprach darauf zu seinem Vezier: »Geh und spiele mit meiner Tochter.« Er ging hin und spielte mit der Sultanstochter, und sie wurde in allen sechs Punkten geschlagen.
Abu Nuwasi begab sich nun zu dem jungen Mädchen und fragte sie: »Hast Du den Vezier geschlagen?« Sie erwiderte: »Ich habe ihn nicht geschlagen, er hat mich in sechs Punkten geschlagen.« Da sprach Abu Nuwasi zu ihr: »Morgen, wenn er kommt, um mit Dir zu spielen, trage keinen Kopfschleier.« Am nächsten Tage kam der Vezier und spielte mit ihr; sie trug keinen Schleier, wurde aber gleichfalls wieder in sechs Punkten geschlagen.
Abu Nuwasi kam wieder und fragte das Mädchen: »Hast Du den Vezier geschlagen?« Sie antwortete: »Ich habe ihn nicht schlagen können, er hat mich wieder in sechs Punkten geschlagen.« Abu Nuwasi sprach zu ihr: »Morgen, wenn Du mit dem Vezier spielst, lege den Gesichtsschleier ab.«
Am dritten Tage kam der Vezier, um mit der Sultanstochter zu spielen, und sie wurde wiederum in sechs Punkten geschlagen. Abu Nuwasi fragte sie: »Hast Du den Vezier geschlagen?« Sie antwortete: »Ich habe ihn nicht geschlagen, er hat mich wieder in sechs Punkten geschlagen.« Da sprach er zu ihr: »Morgen, wenn Ihr spielt, ziehe nur ein Kleid an nach der Mode der Suaheli.«
Der Vezier kam wieder und spielte mit ihr. Als er sie so mit nur einem Tuche bekleidet sah, fand er Gefallen an ihr. Er wurde in zwei Punkten geschlagen, während er das junge Mädchen in vier Punkten schlug. Der Vezier wurde geschlagen, wert er mit seinen Augen nicht nach dem Spiele, sondern nach dem Busen des jungen Mädchens hinschaute. Deshalb verlor er zwei Punkte.
Abu Nuwasi kam zu ihr und fragte sie: »Hast Du heute den Vezier geschlagen?« Sie antwortete: »Ich habe ihn in zwei Punkten geschlagen, während er mich in vier geschlagen hat.« Abu Nuwasi sprach zu ihr: »Morgen suche eine Perlschnur1 hervor und trage sie um Deine Hüften. Suche ferner ein durchsichtiges Gewand und wirf es um; das sei Dein Kleid, ausser diesem ziehe kein anderes Kleid an.«
Als der Vezier zum Spiele zu ihr kam, fand er das junge Mädchen nur mit einem Schleier bekleidet, so dass die Hüftenperlschnur sichtbar war. So wie er die Perlschnur des jungen Mädchens sah, war es mit seinem Verstande vorbei und er wurde in allen sechs Punkten geschlagen. Alsdann hegte der Vezier das Verlangen, mit jenem jungen Mädchen zusammen zu bleiben, und er blieb bei ihr, und des Sultans Tochter ward seine Frau.
Abu Nuwasi hatte dies durchschaut, und als er merkte, dass der Vezier bei dem jungen Mädchen geblieben war, ging er hin zu ihrem Vater, dem Sultan, und sprach: »Dein Vezier hat deine Tochter verführt.« Der Sultan erwiderte: »Ist diese Nachricht wahr?« Abu Nuwasi sprach: »Es ist wahr; wenn Du es nicht glauben willst, so gieb mir ein Schwarzfärbemittel; ich werde es dem Sklavenmädchen geben, welches das Bett in ihrem Hause zurecht deckt, damit sie es an verschiedenen Stellen ins Bett lege. Zwischen der sechsten und siebenten Stunde, wenn der Vezier gegessen hat, wird er sich sicherlich niederlegen wollen. Wir beide nun, Du und ich, gehen zusammen und verstecken uns in der Nähe des Weges und schlagen plötzlich Feuerlärm, so muss er herauskommen; ist es nun wirklich so, dass er im Hause Deiner Tochter geblieben ist, dann werden wir das Zeichen davon, das schwarze Färbemittel, an seinem Kleide sehen.«
Abu Nuwasi nahm das Färbemittel mit sich und suchte eine Sklavin des Hauses und gab ihr viel Geld; diese ging hin und steckte das Färbemittel ins Bett. Nach dem Essen zwischen der sechsten und siebenten Stunde legte sich der Vezier nieder, sein Oberhemd legte er jedoch nicht ab.
Plötzlich hörte er Feuerlärm und die Leute hin- und herlaufen. Auch er lief schnell heraus, um zum Feuer zu gelangen, ohne zu merken, dass sein Oberhemd geschwärzt war. Als er dort vorbei kam, wo der Sultan und Abu Nuwasi sich versteckt hatten, sahen sie, dass sein Oberhemd ganz schwarz gefärbt war. Der Sultan wusste nun, dass der Vezier in Wirklichkeit seine Tochter verführt hatte. Sofort befahl er den Leuten: »Ergreift den Vezier«. Sie ergriffen ihn, und sowohl er wie seine Verwandten und Kinder wurden gefesselt und alle getötet.