Eines Morgens kam er auf seinem Wege in den Wald, und als er durch das Dickicht ein Rauschen hörte, das eine nahe Quelle verriet, beeilte er sich, um dort zu rasten und sich zu laben. Da begegnete ihm ein armer Alter und bat: ‚Erbarm dich meiner, Soldat, und schenke mir ein Stückchen Brot, ich bin so erschöpft vom Hunger, daß ich mich nicht mehr aufrecht halten kann!‘
Der Soldat langte in den Tornister und gab dem Alten sein letztes Stück Brot, obgleich er selber hungrig war. Als er dann an die Quelle kam, dachte er: ‚Ein Schluck klares Wasser muß diesmal für Hunger und Durst gelten!‘, labte sich, füllte seine Flasche von neuem und marschierte weiter. Die Sonne fing an heiß niederzubrennen, und während er um Mittagszeit über die offene Heide ging, wurde er recht müde, beschleunigte aber doch seinen Schritt, da er vor sich ein paar Bäume erblickte, unter deren Schatten er sich mit frischem Trunk erquicken wollte. Da begegnete ihm abermals ein Greis und bat: ‚Erbarme dich und gib mir zu trinken, ich komme um vor Durst!‘
Da reichte ihm der Soldat seine Feldflasche, der Alte trank sie leer bis auf den letzten Tropfen, dankte und ging weiter. Hunger und Durst quälten den Soldaten nicht wenig, und weit und breit war weder Dorf noch Herberge zu sehen, kein Mensch auf den Feldern, die er durchwanderte. Auf einmal sah er am Saume der Landstraße einen armseligen Krüppel liegen, der nur mit wenig Lumpen bekleidet auf dem sonnenheißen Boden lag und stöhnte. Dies Elend erbarmte den Soldaten, er schnallte seinen Mantel vom Tornister los, breitete ihn über den Armen und ging weiter.
Gegen Abend wurde er aber so hungrig und durstig, daß er sich ganz erschöpft fühlte; er riß einige Ähren aus dem Weizenfelde, rieb sie zwischen den Händen und aß die Körner, während er sich unter einem am Wege aufgerichteten Kreuze niederließ.
Plötzlich standen dieselben drei Greise vor ihm, denen er im Laufe des Tages begegnet war. ‚Du hast den Hungrigen gespeist,‘ sprach der erste, ‚fordere dafür einen Lohn von der unerschöpflichen Gnade Gottes!‘
‚Ei,‘ antwortete der Soldat, ‚wenn’s erlaubt ist, so wünsche ich mir einen Beutel voll Gold, der nie leer würde, wenn ich auch noch so viel für die Dürftigen und für mich selbst herausnähme!‘
Da reichte ihm der Greis einen gefüllten Beutel und verschwand.
Nun sprach der zweite: ‚Du hast den Durstigen mit deinem letzten Tropfen getränkt, fordere deinen Lohn dafür!‘
‚Ja, weißt du, Alterchen, am liebsten wäre mir eine Pfeife von Gottes Gnaden, die immer voll Tabak bleibt, wenn ich auch noch so oft rauche oder sie anderen zum Rauchen borge.‘
Der Greis reichte ihm eine kurze Pfeife und verschwand.
‚Du hast den Nackten bekleidet,‘ sprach nun der dritte, ’sprich, was du dir dafür wünschest!‘
Der Soldat besann sich ein Weilchen, denn er wußte wahrhaftig nicht, was man sich noch auf der Welt wünschen könnte, wenn man immer Geld im Beutel und Tabak in der Pfeife hat. ‚Na,‘ sagte er zuletzt, ‚will mir der liebe Gott durchaus noch etwas schenken, so gefiele mir wohl ein Sack, in den man alles einfangen und stecken lassen könnte, was man möchte.‘
‚Hier ist, was du begehrst,‘ sprach der dritte Greis, und reichte dem Soldaten einen Sack. ‚Willst du ihn benützen, dann sprich so:
Wenn dich öffnet meine Hand,
Wundersäckchen fein,
Jeder, den ich dir genannt,
Schlüpf in dich hinein!‘
Als der Greis diese Worte gesprochen hatte, verschwand auch er. Der Soldat bekreuzigte sich, kniete nieder und betete ein andächtiges Vaterunser. Dann steckte er vergnügt den goldspendenden Beutel ein, zündete sich die Pfeife an, hängte den Sack über den linken Arm und wanderte singend weiter; Hunger, Durst und Müdigkeit waren vergessen. Noch ehe es Nacht geworden war, langte er in der Hauptstadt des Landes an, und das Tor, zu dem er einging, führte durch das Judenviertel, in dessen Straßen Laden an Laden grenzte. Sobald die Verkäufer den Fremdling erblickten, stürzten sie aus ihren Buden, umringten ihn und fingen an, ihre Waren mit lautem Geschrei anzupreisen, ihn an den Kleidern zu zerren, weil jeder ihn zu seinem Laden nötigen wollte, und sich so zudringlich um ihn zu streiten, daß sich der Soldat ihrer gar nicht mehr erwehren konnte. Ärgerlich zog er die Schnur seines Sackes auseinander und rief:
‚Wenn dich öffnet meine Hand,
Wundersäckchen fein,
Jeder, den ich dir genannt,
Schlüpf in dich hinein,
Juden, alle hinein!‘
Da öffnete sich der Sack ganz weit, und alle, die sich um den Soldaten hergedrängt hatten, Händler, Weiber und Kinder fuhren Hals über Kopf hinein, wie Wasser durch die Schleusen, worauf die Schnur sich von selbst wieder zuzog. Der Soldat schüttelte den Sack, warf ihn auf den Rücken und wanderte singend weiter. Die Juden fingen an zu schreien und zu lärmen, sie wimmerten und flehten um Freiheit. ‚Sobald ich euch herauslasse, werdet ihr wieder anfangen, die Vorübergehenden zu belästigen!‘ sagte der Soldat.
‚Nein, nein, das tun wir gewiß nicht mehr,‘ schrien sie.
Da band der Soldat den Sack los, schüttelte alle heraus und ging weiter, um sich in der großen Hauptstadt umzusehen.
Der König erfuhr noch an demselben Abend diesen Vorfall, er ließ den Soldaten zu sich rufen und sagte: ‚Du bist ja ein wackerer Soldat, hast den ganzen Haufen Juden allein bezwungen! Möchtest du dich nicht auch mit Teufeln messen, die sich in der Königsburg meines Vaters so sehr eingenistet haben, daß ich ihnen weichen und den neuen Palast beziehen mußte? Gelingt es dir, sie zu verscheuchen, so gebe ich dir Gold in Fülle und ernenne dich zum Herzog.‘
‚Ich weiß nicht, ob es glücken wird, mein König, doch will ich es gerne versuchen‘, antwortete der Soldat und ging auf der Stelle in die Burg, die ganz leer stand, um dort zu übernachten. Er brachte eine Laterne mit, setzte sich im großen Saale auf einen eisernen Sessel, stellte seine Leuchte auf den Tisch, zündete die Pfeife an und wartete ab, was es jetzt geben würde.
Als es Mitternacht schlug, ertönte ein schrecklicher Lärm, die Türen flogen von selbst auf, und auf der Schwelle erschien ein gehörnter Teufel, der mit seinem langen Schweife auf dem Boden Takt schlug. ‚Wie kannst du so keck sein, dich hierher zu wagen?‘ sagte er grimmig. ‚Antworte, oder ich drehe dir den Hals um.‘
‚Ich bin ein Soldat auf der Wanderschaft,‘ sagte dieser, indem er ruhig weiter rauchte. ‚Wenn du mir den Hals umdrehen willst, so warte damit, bis meine Pfeife ausgeraucht ist.‘
‚Das verspreche ich dir,‘ sagte der Teufel, setzte sich hin und wartete. Auf einmal rief er ärgerlich: ‚Das dauert mir zu lang! Her mit der Pfeife, ich will sie selbst ausrauchen. Bei dem Herren der Hölle, das tue ich!‘
Der Soldat nahm die Pfeife aus dem Munde, reichte sie dem Teufel, und dieser fing nun an, den Rauch mit voller Kraft in sich zu ziehen, um ihn dann durch seine große Habichtsnase wieder ausströmen zu lassen. Gewaltige Dampfsäulen stiegen aus seinen Nasenlöchern und verbreiteten sich wie dunkles Gewölk im ganzen Saale, aber die Pfeife blieb voll Tabak wie zuvor.
Da erscholl ein wildes Getöse in allen Gängen des Schlosses, die Türen flogen auf, und Tausende von Teufeln stürzten herein, umringten den Soldaten und schrien: ‚Wo kommst du her, wo willst du hin?‘ Als sie von ihm erfuhren, daß ihr Oberster versprochen hätte, ihn leben zu lassen, bis die Pfeife ausgeraucht sei, und sahen, daß dieser damit nicht zustande kam, nahm einer nach dem anderen die Pfeife, paffte und dampfte, bis ihm fast der Atem ausging und zuletzt der Rauch zu allen Fenstern und Türen hinausströmte wie Gewitterwolken. Der letzte Teufel steckte sich das Pfeifenrohr bis zur Mitte in den Rachen, aber alles half nichts, der Tabak glimmte immer fort und wurde nicht weniger.
Mittlerweile entstand Lärm in der Hauptstadt, man sah die Rauchwolken aus dem Schlosse strömen, die Feuerglocke wurde geläutet, und die Feuerwehr zog aus, um zu löschen, damit der Brand nicht die Stadt ergreifen möge. Den Teufeln wurde es unheimlich, als sie sahen, daß diese Pfeife nie auszurauchen sei, und sie sprachen zum Soldaten: ‚Gib das Wort zurück, welches unser Oberster dir gegeben hat, wir lassen dich lebendig fortziehen.‘
‚Lebendig bleibe ich auch schon ohne euere Gnade; wenn ihr das Wort zurückhaben wollt, müßt ihr versprechen, diese Burg zu verlassen, und zwar auf immer!‘
‚Das können wir nicht!‘ riefen die Teufel. ‚Der verstorbene König hat in den unterirdischen Gewölben viel unrechtmäßiges Gut aufgehäuft, das nun dort insgeheim vergraben liegt und keinem Nutzen bringt; deshalb ist er dazu verdammt, jede Nacht aus seinem Grabe in diese Keller zu kommen, wo wir ihn so lange quälen, bis jemand die Schätze entdeckt und an die Armen verteilt.‘
Nachdem die Teufel so gesprochen, öffnete der Soldat seinen Sack und rief:
‚Wenn dich öffnet meine Hand,
Wundersäckchen fein,
Jeder, den ich dir genannt,
Schlüpf in dich hinein,
Teufel, alle hinein!‘
Im nächsten Augenblick befand sich der Soldat ganz allein im Saale, sämtliche Teufel waren im Sack und baten jammernd, wieder heraus zu dürfen, der Soldat aber schlug mit dem Sack gegen die Wand und sagte: ‚Ich lasse euch nicht eher heraus, bis ihr mir das Wort gebt, sogleich alle verwünschten Schätze herauf in diesen Saal zu schaffen und dann die Burg für immer zu verlassen!‘
‚Laß uns heraus. Wir geben dir unser Wort.‘
Da stach der Soldat mit einer Stecknadel in den Sack, und zu diesem kleinen Loch schoß ein Teufelchen heraus wie ein Stein aus der Schleuder. Schnell stopfte der Soldat die Öffnung wieder zu und gebot dem Teufel, der sich unaufhörlich vor ihm verneigte: ‚Gehe jetzt und tue, was ich gefordert! Sobald es geschehen ist, lasse ich auch die anderen heraus.‘
Da ließ sich das Teufelchen durch eine Ritze im Fußboden in die unterirdischen Gewölbe hinab, und nach Verlauf einer Stunde war der halbe Saal mit Silber und Gold überschüttet. Nun öffnete der Soldat den Sack, und ein ganzer Schwarm Fledermäuse flatterte winselnd heraus und verschwand durch die offenen Fenster.
Der Soldat streckte sich nun aus, um bis an den Morgen zu schlafen, ging dann zum Könige und berichtete ihm alles. Das Gold, das ihm zum Lohn versprochen war, bat er, statt seiner den Armen zu geben; auch für den Herzogstitel bedankte er sich schönstens und zog vor, wieder in die Welt hinauszuwandern, nachdem er gesehen, daß der König in seines Vaters Burg eingezogen war und alle dort aufgehäuften Schätze unter die Dürftigen verteilt hatte.
Der Soldat ging und ging, rauchte mit Behagen seine Pfeife, und wenn er etwas nötig hatte oder armen Leuten begegnete, so machte er auch zuweilen Gebrauch von dem goldspendenden Beutel, der immer voll Dukaten blieb. Nach einiger Zeit gelangte er in eine andere Hauptstadt und begann dort wieder ganz soldatisch zu leben. Der Feind hatte sich nämlich in großer Menge in dieses Land geworfen, das Heer, das ihm entgegengesandt worden, besiegt und belagerte jetzt die Hauptstadt. Als der Soldat dort ankam, hatte der Feind die Stadt eben zur Übergabe aufgefordert und mit Feuer und Schwert bedroht. Der König des Landes, der sich gegen die Überzahl nicht zu helfen wußte, ließ öffentlich ankündigen, daß er dem, der die Belagerer verjage, seine einzige Tochter und sein halbes Reich zum Lohn geben wollte.
Als der Soldat dies erfuhr, eilte er auf den Wall, nahm seinen Goldbeutel und fing an, Gold auszuschütten. Er schüttete und schüttete ohne Aufhören, und als dies im feindlichen Heerlager bemerkt wurde, kam ein Trupp nach dem anderen herbeigelaufen, die Goldstücke aufzulesen. Sobald aber allesamt auf einem Haufen versammelt waren, öffnete er seinen Sack, sagte seinen Spruch und rief: Soldaten, alle hinein! Da donnerte und blitzte es, und das ganze feindliche Heer fuhr in den Sack.
Das erfreute Volk der Hauptstadt stürmte nun nach dem verlassenen Lager und machte große Beute an Lebensmitteln, reich gezäumten Pferden, Gewehren und anderen Waffen. Der Soldat hatte sich inzwischen zum Könige begeben und schüttete dort im Schloßhofe nach und nach das ganze Heer aus dem Sack, das alsbald von dem Gefolge des Königs in Haft gebracht wurde. Der König selbst führte dem Soldaten seine Tochter zu, eine wunderschöne junge Prinzessin und sprach: ‚Hier, mein Erretter, nimm die Hand meiner Tochter zum Lohne; heute noch verschreibe ich dir die Hälfte meines Reiches.‘
Der Soldat lächelte die schöne Prinzessin freundlich an. Als er aber bedachte, daß er als ihr Mann am Königshofe bleiben müßte, gefiel ihm das nicht, denn sein soldatisches Herz liebte die Freiheit über alles, und ohne zu wandern, mochte er nicht leben. Deshalb schlüpfte er unter die Volksmenge und machte sich mir nichts, dir nichts auf und davon.
Die Pfeife im Munde, wanderte er fort und fort, gar weit in der Welt herum, und zuletzt ward er alt und grau.
Da erkrankte er eines Tags und sah den Tod zu seinen Häupten stehen. Zu sterben gefiel ihm aber gar nicht; er meinte: in einer Welt, wo es Pfeifen gibt, die sich nie ausrauchen, und Beutel, die immer voll Dukaten sind, ließe sich’s ganz angenehm leben. Als nun der Tod den Arm nach ihm ausstreckte, machte er eiligst seinen Sack auf und rief:
‚Wenn dich öffnet meine Hand,
Wundersäckchen fein,
Jeder, den ich dir genannt,
Schlüpf in dich hinein,
Tod, marsch hinein!‘
Der Tod stöhnte und ächzte im Sack; seit vielen Jahrhunderten war er allerwärts hingekommen, wo er nur immer wollte; zu diesem Sack konnte er aber nicht hinaus.
Lange bat und flehte er jämmerlich, zuletzt wurde er still. Der Soldat genas, steckte seine Pfeife an und wanderte weiter von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt. Er wurde immer älter und älter, doch weder er noch sonst jemand in der Welt starb, seit er den Tod gefangen hielt.
Es fing an schlimm in der Welt auszusehen. Der Bruder verfolgte den Bruder, Kinder griffen ihre Eltern an, jeder suchte dem anderen den letzten Bissen zu entreißen, und blutige Kämpfe, welche die schrecklichsten Wunden hinterließen, fanden täglich statt, weil es zu viele Menschen gab. Selbst an den schlimmsten Verletzungen starb niemand. Zuletzt entstand solche Unordnung, daß dem Soldaten das Leben verleidet ward, und eines Tages öffnete er den Sack, um den Tod frei zu lassen. Ganz ermattet und klapperdürr sprang der Tod heraus und stürzte sich in die Welt hinein.
Nun fingen die Leute wieder an zu sterben, und auf der Welt ging es in der gewöhnlichen Ordnung zu, nach kurzer Zeit war alles wie ehemals. Nur der Soldat war und blieb unglücklich. Da er schon 200 Jahre gelebt hatte, langweilte er sich auf Erden und wünschte zu sterben. Aber der Tod hatte Angst vor ihm, und wenn er den Soldaten nur von weitem sah, entfloh er meilenweit. ‚Ja, was ist da zu machen?‘ dachte der Soldat. ‚Wenn mich der Tod flieht, bleibt mir nichts übrig, als mich selbst auf die Wanderschaft nach der anderen Welt zu begeben.‘
Er zündete seine Pfeife an und ging, ging einen Monat und noch einen Monat, ein Jahr oder gar zweie immer nach Westen zu, bis er endlich das Tor der Hölle erreicht hatte. Dort klopfte er an.
‚Wer ist draußen?‘ rief der Pförtner-Teufel.
‚Ich bin’s, der wandernde Soldat.‘
‚Du bist nicht in die Liste der Verdammten eingeschrieben, geh anderswohin.‘
‚Laß mich doch hinein, ich bitte dich, die Welt ist mir so zuwider, daß ich mich wirklich noch lieber in der Hölle aufhalte.‘
‚Nein, ich lasse dich durchaus nicht herein, wir kennen dich und deinen Sack zu gut!‘
Der Soldat klopfte und klopfte, es half ihm nichts. Da zündete er seine Pfeife frisch an, steckte den Beutel tiefer in seine Tasche, warf den Sack über den Arm und wanderte in die entgegengesetzte Richtung gen Osten. Er ging lange, lange, viele Tage und Nächte durch, bis er endlich an das Himmelstor kam und dort schüchtern anklopfte.
‚Wer ist draußen?‘ fragte Sankt Petrus und klapperte mit den Schlüsseln.
‚Ich bin’s, Sankt Peter, der wandernde Soldat, ein treuer Diener Gottes.‘
‚Du kommst zu früh, der Tod hat dich noch nicht von der Erbsünde gereinigt.‘
‚Ja, was kann ich dafür! Der Tod flieht mich, die Teufel fürchten sich vor mir, wo soll ich denn bleiben?‘
Sankt Petrus schwieg, und der Soldat fing wieder an zu klopfen. Plötzlich ging die Himmelstüre auf, strahlendes Licht strömte heraus, und Sankt Petrus steckte den Kopf durch die Spalte und rief grimmig: ‚Fort, Plagegeist!‘
Da ward der Soldat aufgebracht, er öffnete seinen Sack, sprach seinen Spruch und wollte mit den Worten schließen: ‚Sankt Peter, gleich hinein!‘
Noch hatte er diese Worte aber nicht ausgesprochen, als es plötzlich donnerte und blitzte und alles ringsum erzitterte. Der Soldat erschrak und stand wie versteinert. Vor ihm war Gott selbst im Sonnengewande seiner Majestät erschienen. Der Soldat wußte sich vor Schreck nicht zu helfen, er ließ seine Pfeife fallen, und sie fiel geradeswegs auf den Vesuv hinunter; auch den goldspendenden Beutel verlor er, denn er glitt ihm aus der Tasche und fiel auf das Gebirge von Akush.
Da sprach Gott zu ihm: ‚Du hast nach meinem Gebot die Hungrigen gespeist, die Nackten bekleidet, die Durstigen getränkt, deshalb bin ich dir unter dem Kreuze erschienen und habe dir drei Wünsche freigegeben. Unter dem, was du verlangt hast, war kein Wunsch auf den Himmel gerichtet. Und jetzt willst du mit Gewalt in die Säle des ewigen Lichtes eindringen? Tapferkeit ist gut, Frechheit muß aber Strafe haben. Marsch, in den Sack hinein!‘
Der Sack tat sich weit auf, verschlang den Soldaten, und auf Gottes Befehl blieb er gerade über dem Himmelstor in der Luft hängen.
Noch heutigen Tages raucht die Pfeife des Soldaten aus dem Vesuv heraus, das Gebirge von Akush ist voll Gold, und in hellen Nächten kann man den Sack in Gestalt eines weißen Wölkchens sehen; darin muß der Soldat bleiben, bis die Zeit seiner Sühne zu Ende ist.
[Polen: Oskar Dähnhardt: Naturgeschichtliche Märchen]