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Herr Marzipan

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Es war einmal ein König, der hatte eine Tochter, und viele wollten sie zur Frau haben, aber sie wollte niemanden, denn niemand gefiel ihr. Also beschloss sie, sich selbst einen Mann zu machen. Sie nahm drei Kilo Mandeln, drei Kilo Zucker und drei Kilo feinstes Grießmehl. Sie zerstieß die Mandeln und knetete alles zusammen, Zucker, Mandeln und Grießmehl, und ging daran und formte einen Mann und stellte ihn vor die Ikonenwand des Hauses. Dann fing sie an mit Kniefällen. Vierzig Tage und vierzig Nächte bat sie Gott, und nach vierzig Tagen erweckte Gott ihn zum Leben, und sie gaben ihm den Namen Herr Marzipan und Marzipanherr.

Er war wunderschön und sein Name in der ganzen Welt berühmt. Von dem Herrn Marzipan hörte auch die Königin eines weit entfernten Königreichs und wollte hingehen und ihn sich holen. Sie machte also eine goldene Galeere mit goldenen Rudern und fuhr dorthin, wo der Herr Marzipan wohnte. Als sie dort ankam, sagte sie zu den Schiffsleuten: „Ihr müsst den, der sich durch Schönheit vor allen andern auszeichnet, ergreifen und ihn mir auf die Galeere bringen.“

Als die Leute hörten, dass eine goldene Galeere angekommen sei, gingen alle hin, um sie zu sehen, und auch Herr Marzipan ging mit. Sobald die Schiffsleute ihn sahen, erkannten sie ihn gleich, und mit einem Mal packten sie ihn, und hinein in die Galeere!
Am Abend wartet die Königstochter auf Herrn Marzipan, sie wartet… nichts! Sie fragt diesen, sie fragt jenen, da erfährt sie, dass eine Königin ihn geraubt hat und fortgefahren ist.

Was soll geschehen, was soll sie tun? Sie lässt sich drei Paar eiserne Schuhe anfertigen und macht sich auf den Weg, um ihn zu suchen. Sie zieht landein und landaus, entfernt sich sehr weit von dieser Welt und kommt zur Mutter des Mondes. „Guten Tag, verehrte Mutter.“ – „Willkommen, mein Mädchen. Wie kommst du, liebes Mädchen, in diese Gegenden?“ – „Mein Schicksal hat mich hierher geführt. Hast du nicht irgendwo Herrn Marzipan gesehen, den Marzipanherrn?“ – „Wie, meine Tochter? Diesen Namen höre ich zum ersten Male. Setz dich, bis am Abend mein Sohn kommt, der geht über die ganze Welt, es kann gut sein, dass er ihn irgendwo gesehen hat.“

Als am Abend der Mond kam, sagte sie zu ihm: „Mein Sohn, dieses Mädchen bittet dich, ihr zu sagen, ob du nicht irgendwo Herrn Marzipan, den Marzipanherrn, gesehen hast?“ – „Wie? Den habe ich nicht gesehen, liebes Mädchen. Diesen Namen höre ich zum ersten Male. Geh doch zur Sonne, es ist möglich dass die ihn gesehen hat, denn die kommt viel weiter in der Welt herum.“

An jenem Abend schlief das Mädchen dort, und am nächsten Morgen gaben sie ihr eine Mandel und sagten: „Wenn du in Not kommst, brich sie auf.“

Da nahm die Königstochter die Mandel und zog davon. Sie zog straßauf, straßab und hatte das eine Paar Schuhe verschlissen, als sie zur Mutter der Sonne kam. „Guten Tag, verehrte Mutter.“ – „Willkommen, mein Mädchen! Wie kommst du, liebes Mädchen, in diese Gegenden?“ – „Mein Schicksal hat mich hierher geführt. Hast du nicht Herrn Marzipan gesehen, den Marzipanherrn?“ – „Wie liebes Mädchen? Den habe ich nicht gesehen. Aber setz dich, bis am Abend mein Sohn kommt, es ist möglich, dass der ihn gesehen hat, denn er kommt weit in der Welt herum.“

Am Abend kam der Sonnenball, die Königstochter kniete nieder vor ihm und sagte: „Lieber Sonnenball, lieber Herr Helios und Weltenwanderer, sahst du nicht Herrn Marzipan, den Marzipanherrn?“ – „Wie? Den sah ich nicht. Aber geh zu den Sternen, die sind so zahlreich, vielleicht hat einer ihn gesehen.“

An jenem Abend schlief das Mädchen dort, und am nächsten Morgen gaben sie ihr eine Nuss und sagten: „Wenn du in Not kommst, brich sie auf.“

Danach zeigten sie ihr den Weg, und sie nahm Abschied und ging fort. Sie zog straßauf, straßab und hatte schon das zweite Paar Schuhe verschlissen, als sie bei der Mutter der Sterne ankam. „Guten Tag, verehrte Mutter.“ – „Willkommen, mein Mädchen. Wie kommst du, liebes Mädchen, in diese Gegenden?“ „Mein Schicksal hat mich hierher geführt. Hast du nicht Herrn Marzipan gesehen, den Marzipanherrn?“ – „Wie denn, liebes Mädchen? Den habe ich nicht gesehen. Aber setz dich, bis am Abend meine Kinder kommen, vielleicht dass einer ihn gesehen hat.“

Am Abend kamen ihre Söhne, und sie fragte sie: „Habt ihr wohl Herrn Marzipan, den Marzipanherrn gesehen?“ – „Nein, den haben wir nicht gesehen“, sagten die Sterne. Da stürzt ein kleiner Stern herbei und sagt: „Ich habe ihn gesehen.“ – „Wo hast du ihn gesehen?“ – „In den weißen Häusern, den Herbergen. Ihn hält dort die Königin fest und bewacht ihn, damit niemand kommt und ihn ihr wegnimmt.“
An jenem Abend schlief das Mädchen dort. Am nächsten Morgen zeigten sie ihr den Weg, gaben ihr eine Haselnuss und sagten: „Wenn du in Not kommst, brich sie auf.“

Sie zog straßauf, straßab und kam schließlich dorthin, wo Herr Marzipan wohnte. Als Bettlerin verkleidet ging sie ins Schloss und sah Herrn Marzipan, aber sie sagte nichts.

Im Schloss gab es viele Gänse. Sie ging zu den Mägden und sagte: „Lasst ihr mich wohl dort bei den Gänsen bleiben?“ Die Mägde gingen zur Königin und sagten zu ihr: „Frau Königin, draußen ist eine Bettlerin und bittet, dass sie bei den Gänsen bleiben darf. Was sollen wir tun?“ – „Lasst sie dort bleiben“, sagte die Königin.

Sie ließen sie dort, und dort schlief sie an jenem Abend. Als sie sich am Morgen erhob, knackte sie die Mandel auf, und eine goldene Garnwinde kam heraus mit goldenem Gestell und goldenen Spulen. Dies sahen die Mägde und gingen eilends zur Königin und erzählten es ihr. Als die Königin das hörte, sagte sie: „Geht hin, um ihr zu sagen, sie solle uns das geben. Was will sie denn damit?“ Die Mägde gingen und sprachen mit ihr: „Die Frau Königin lässt dich fragen, ob du uns nicht die goldene Garnwinde mit dem Gestell geben magst? Was willst du damit?“ – „Ich gebe sie euch, aber ihr müsst mir für eine Nacht den Herrn Marzipan geben.“

Die Mägde bestellten es der Königin. „Warum sollen wir ihn ihr nicht geben?“ sagte die Königin. „Was wird ihm viel geschehen?“ Am Abend also, als sie aßen, gab die Königin dem Herrn Marzipan einen Trank, und dieser Trank enthielt ein Schlafmittel. Kaum hatte er getrunken, schlief er ein, und die Mägde trugen ihn zu der Bettlerin und bekamen dafür die goldene Garnwinde mit dem Gestell.
Als die Mägde weggegangen waren, fing die Königstochter an, mit Herrn Marzipan zu reden. „Warum wachst du nicht auf? Bin ich es nicht, die dich gemacht hat? Die die Mandeln zerkleinert und mit Zucker und Grießmehl verknetet hat? Die drei Paar eiserne Schuhe vertragen hat, um dich zu finden? Und jetzt sprichst du nicht mit mir! Hast du denn kein Mitleid mit mir, mein Herz und mein Licht?“ Solches sagte die Königstochter die ganze Nacht, aber wie sollte der Marzipanmann aufwachen!

Am Morgen kamen die Mägde und holten Herrn Marzipan, die Königin gab ihm einen andern Trank, von dem er wieder aufwachte. Als die Mägde fortgegangen waren, knackte die Königstochter die Walnuss auf, und eine goldene Henne mit goldenen Küken kam heraus. Bald sahen die Mägde die goldene Henne mit den goldenen Küken, und eilends gingen sie zur Königin und erzählten es ihr. „Lauft“, sagte die Königin, „bestellt ihr, dass sie uns das geben soll, was will sie denn damit! Und wenn sie von euch verlangt, dass wir ihr den Herrn Marzipan geben sollen, dann geben wir ihn ihr. Was soll ihm viel geschehen? Was ist ihm denn letzte Nacht geschehen, als wir ihn ihr gegeben haben?“

Die Mägde gingen hin und sagten zur Königstochter: „Gibst du uns wohl die goldene Henne mit den goldenen Küken? Was willst du damit?“ – „Wenn ihr mir Herrn Marzipan noch eine Nacht gebt…“ – „Gut, wir geben ihn dir“, sagten die Mägde.
Wieder gab die Königin Herrn Marzipan einen Schlaftrunk, und kaum war er eingeschlafen, da trugen die Mägde ihn zu der Bettlerin und bekamen die goldene Henne mit den goldenen Küchlein und gingen fort.

Als sie fortgegangen waren, fing die Königstochter wieder an, dasselbe zu sagen wie am ersten Abend, aber wie sollte Herr Marzipan aufwachen! Und am Morgen kamen wieder die Mägde, holten Herrn Marzipan und gingen fort. Da brach die Bettlerin die Haselnuss auf, und es kam ein Nelkenstock mit goldenen Nelken heraus. Als die Mägde den goldenen Nelkenstock mit den goldenen Nelken sahen, gingen sie eilends zur Königin und sagten es ihr. „Los, sagt ihr, dass sie uns den geben soll, was will denn sie damit? Und wenn sie wieder den Herrn Marzipan will, dann geben wir ihn ihr“, sagte die Königin. Die Mägde gingen und richteten es aus.

Aber ganz in der Nähe der Bettlerin wohnte auch ein Schneider, der nähte des Nachts und hörte alle Worte, die sie sprach. Der traf Herrn Marzipan und sagte zu ihm: „Mein König, mit Verlaub, ich möchte eine Frage an dich richten.“ – „Bitte schön“, sagte Herr Marzipan. „Wo schläfst du nachts?“ – „Warum fragst du mich? Zu Hause! Wo werde ich sonst schlafen?“ – „Herr Marzipan, seit zwei Nächten schließe ich kein Auge wegen der Bettlerin, die ihr bei den Gänsen habt. Die ganze Nacht ist sie wach und sagt: ‚Herr Marzipan, warum wachst du nicht auf? Ich habe drei Paar eiserne Schuhe verschlissen, um dich zu finden, und jetzt sprichst du nicht mit mir.“

Herr Marzipan verstand wohl, aber er sagte nichts. Er ging hin und sattelte sein Pferd und legte ihm einen Doppelsack mit Goldgulden auf. Am Abend gab ihm die Königin wieder den Trank, aber er trank ihn nicht, tat jedoch, als ob er einschliefe. Gleich trugen die Mägde ihn zur Bettlerin und erhielten den goldenen Nelkenstock mit den goldenen Nelken. Als die Mägde fortgegangen waren und die Königstochter wieder anfing, ihre Leiden zu erzählen, erhob sich Herr Marzipan, umarmte sie, und sofort setzten sie sich aufs Pferd und ritten davon.
Am Morgen wollten die Mägde Herrn Marzipan holen, wo sollten sie ihn finden! Eilends liefen sie mit lautem Gejammer zur Königin und erzählten es ihr. Da fing auch sie an zu jammern, aber was half es ihr? Dann sagte sie: „Ich werde mir auch einen Mann machen“, und sofort ließ sie die Mägde Mandeln zerstoßen, mischte sie mit Zucker und Grießmehl und formte einen Menschen und fing mit Kniefällen an. Aber statt der Gebete sprach sie Flüche, und nach vierzig Tagen war der Mensch schimmelig geworden, und sie warfen ihn weg.
Die Königstochter und der Herr Marzipan zogen in ihr Königreich und lebten gut und nicht besser. Ich war auch selbst dort und habe mir alles angeschaut.

Griechisches Volksmärchen

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