5
(1)
Es war an einem Weihnachtsabend, da kamen zwei arme Wanderer zu einem Hofe und baten, die Nacht über dableiben zu dürfen. Nein, sagten die Hofbewohner, sie könnten solchen Prachern kein Obdach geben. Da gingen sie weiter und kamen zu einer Hütte, in der ein armer Häusler mit seiner Frau wohnte. Sie klopften an und frugen, ob sie dort die Nacht über bleiben könnten. Ja, sagten die Leute, das könnten sie gern, wenn sie mit dem, was sich vorfinde, vorlieb nehmen wollten, denn sie seien ja nur geringe Leute.
Die beiden Fremdlinge dankten herzlich und traten ein. Da flüsterte die Frau dem Manne zu und sagte: »Wir müssen doch an diesem hochheiligen Abend den Fremden etwas zum besten geben. Wir müssen wohl unser Widderlamm schlachten.« – »Ja, laß uns das thun!« sagte der Mann; und sie schlachteten das Lamm, und ein guter Braten kam auf den Tisch, und sie aßen und waren vergnügt mit einander an dem heiligen Abend. Als es dann Schlafenszeit war, wiesen sie den Gästen ihr eigenes Bett an; es war das einzige, das sie hatten. Und dann breiteten sie Stroh auf die Diele, und dort schliefen sie selber.
Am nächsten Morgen gingen sie allesammt zur Kirche, und die Häusler baten die beiden Wanderer, doch während der beiden Feiertage noch bei ihnen zu verweilen. »Denn jetzt haben wir ja all das gute Essen,« sagten sie, »das müßt ihr uns verzehren helfen.« Die Fremden dankten, und sie blieben die beiden Weihnachtstage über da. Am Morgen des dritten Weihnachtstags, als sie fortgehen wollten, bedankten sich die beiden Fremden für die gute Aufnahme. Es sei schlimm, sagten sie, daß sie ihnen keine Bezahlung anbieten könnten. Ach, das bliebe sich gleich, sagten Mann und Frau; sie hätten sie nicht um irgend eines Lohnes willen aufgenommen.
Gerade als sie aus der Thür gehen wollten, sagte der eine der beiden Wanderer: »Aber das ist wahr, hatte das Lamm keine Hörner?« – »Doch,« sagte der Mann, »aber sie waren zu nichts nütze.« Er dachte, daß die Fremdlinge vielleicht Verwendung für Widderhörner haben könnten und ihn um dieselben bitten wollten. »Wie viele Hörner hatte das Lamm?« hob der Fremde wieder an. »Zwei,« sagte der Mann, ganz verwundert über die Frage. »Dann mögen euch zwei Wünsche erfüllt werden,« sagte der Fremde, »welche ihr wollt.« Da sagte der Mann, sie hätten keine anderen Wünsche, als daß sie hier auf Erden ihr tägliches Brod und Auskommen haben und nach ihrem Tode ins Himmelreich kommen möchten. »Das gewähre euch Gott!« sagte der Fremde; »über ein Jahr sprechen wir wieder bei euch vor.« Und dann gingen die beiden Wanderer fort.
Seit dem Tage gedieh und vermehrte sich alles bei den Häuslern auf die wunderbarste Art: sie bekamen drei große Kälber statt eines von ihrer einzigen Kuh, sie bekamen acht gute Lämmer von ihren zwei Schafen, und sie bekamen so viele Ferkel von ihrer Sau, daß sie fast nicht zu zählen waren; und von allem, was in ihrem bischen Ackerland gesäet war oder gesäet wurde, erhielten sie wohl hundertfältige Frucht. Sie wurden daher recht wohlhabend, und bauten ihr Hüttchen aus, so daß es größer und behaglicher ward. Und sie freuten sich auf Weihnachten, wo die beiden Fremdlinge wiederkommen wollten. Denn sie merkten wohl, daß sie ihnen all den Segen zu verdanken hätten.
Ihre Nachbarn und alle Leute im Dorfe verwunderten sich höchlich über den Wohlstand, der in das ärmliche Haus strömte, und die Bewohner des Hofes ihnen gerade gegenüber, wo die beiden Wanderer abgewiesen worden waren, verwunderten sich nicht am wenigsten; und als sie erfuhren, woraus die Häusler kein Geheimniß machten, daß all der Segen den guten Wünschen der armen Wanderer zu verdanken sei, welche am letzten Weihnachten bei ihnen eingekehrt waren, wurden sie schrecklich neidisch und meinten, das alles sei ihnen selbst gleichsam gestohlen; denn die guten Wünsche hätten ja ihnen zu Theil werden können, wenn sie sie nur aufgenommen hätten. Als sie nun hörten, daß die Fremdlinge versprochen hätten, um Weihnachten wieder zu kommen, baten und bettelten und drohten sie den Häuslern das Versprechen ab, dieselben bei ihrer Auskunft nach dem Hofe hinüber zu weisen.
In der Dämmerungsstunde des Weihnachtsabends kamen dieselben zwei Wanderer und klopften bei den Häuslern an. Sowohl der Mann wie die Frau gingen hinaus und begrüßten sie und dankten ihnen für all den Segen, den ihr Besuch ihnen gebracht habe. Die Fremdlinge baten, ob sie die Nacht über dableiben und das Fest mit ihnen feiern dürften. Ja, sagten die Häusler, nichts würde ihnen lieber sein; aber sie hätten den Hofbewohnern gerade gegenüber versprochen, sie bei ihrer Ankunft dorthin zu weisen. Es thäte ihnen so leid, daß sie sie voriges Jahr abgewiesen hätten, und sie wollten es gern wieder gutmachen. »Und ihr bekommt es auch drüben viel besser, als wir es euch bieten könnten,« sagten die Häusler. »Wenn ihr es wünscht,« sagten die Fremden, »gehen wir heute Abend dort hinüber, allein morgen früh gehen wir mit euch zur Kirche.« Dann gingen sie nach dem Hofe hinüber. Der Junge schaute schon draußen vor dem Thore nach ihnen aus, und er lief gleich hinein, um ihre Ankunft zu melden. Der Hofbesitzer und seine Frau kamen beide hinaus geschossen und nahmen die Fremdlinge in Empfang und führten sie in ihre beste Stube und brachten viele Entschuldigungen vor, daß sie sie voriges Jahr abgewiesen hätten. Der Hofesherr hatte einen fetten Ochsen geschlachtet, und es ward ihnen reichlich aufgetischt: sie erhielten Suppe und Braten und Kuchen, und es war gutes Bier und alter Meth da, und Wein obendrein. Sie erhielten ihr eigenes Schlafzimmer mit zwei großen Betten, mit Federdecken und Kissen bis an die Decke.
Am nächsten Morgen standen die Fremdlinge frühzeitig auf; die Hofbewohner baten sie, doch die Feiertage über dazubleiben; aber die Fremdlinge sagten, sie müßten fort: sie wollten noch zur Kirche und dann von dortaus weiter gehen. Der Hofherr ließ darauf seinen Staatswagen anspannen: sie dürften nicht zur Kirche gehen, sie müßten durchaus fahren. Sie bedankten sich, und als sie abfahren sollten, sagte der eine der Fremden zu dem Wirthe und der Wirthin, sie wüßten nicht, wie sie ihnen dafür lohnen sollten, daß sie so glänzend traktirt worden; Geld hätten sie leider nicht. – »Aber das ist wahr,« sagte er, »hatte der Ochse Hörner?« – »Ja, das hatte er allerdings,« sagte der Mann; – er hatte nämlich von den Häuslern gehört, was für Gespräche voriges Jahr geführt worden waren, und so verstand er gleich, worauf dies hinauslief. – »Wie viele Hörner hatte er?« frug nun der Fremde. Die Frau zupfte den Mann am Aermel und sagte: »Sage vier!« Da antwortete der Mann, der Ochse habe vier Hörner gehabt. »Dann sollen euch auch vier Wünsche erfüllt werden,« sagte der Fremde; »jedem von euch mögen zwei freistehen.« Und dann stiegen sie in den Wagen, und die Häusler fuhren bei der Gelegenheit auch mit zur Kirche. Der Hofherr fuhr selbst; er beeilte sich nach Möglichkeit, um recht bald wieder zu Hause sein zu können. Dann würden er und seine Frau sich über ihre vier Wünsche verständigen. Sie könnten dann ja alles bekommen, was ihr Herz begehrte.
Sobald er die Fremdlinge und die Häusler an der Kirche abgesetzt hatte, ließ er sich denn auch keine Zeit, dem Gottesdienste beizuwohnen, sondern kehrte gleich um und peitschte auf die Pferde, um so rasch wie möglich nach Hause zu kommen. Aber da strauchelt das eine Pferd und zerreißt den Strang. »Den Henker auch!« sagt er, und er muß absteigen, um den Strang wieder zu befestigen. Dann fährt er wieder weiter. Aber es dauert nicht lange, da strauchelt auch das andere Pferd. »Hole euch beide der Teufel!« sagt der Mann. Und kaum hat er das gesagt, wupps! sind beide Pferde verschwunden, und er sitzt auf dem Wagen mit den Zügeln in der Hand. Es blieb nichts anders übrig, als den Wagen stehn zu lassen und die Reise zu Fuße fortzusetzen. Der eine Wunsch war also in Rauch aufgegangen. Aber das nahm er sich nicht weiter zu Herzen, da er bedachte, daß ihnen noch drei Wünsche blieben. Sie konnten ja leicht so viele Pferde, wie sie wollten, und alle sonstigen guten Dinge dazu erhalten. Er marschirte also ganz getrost auf der Landstraße dahin.
Mittlerweile geht die Frau im Hause umher und wartet und wartet. Sie sehnte sich von Herzen, daß ihr Mann kommen möge, damit sie mit dem Wünschen beginnen könnten. Sie geht hinaus und späht die Straße entlang; aber die Zeit verstreicht, und er kommt nicht. »Ach, wäre er doch da, der Nölpeter!« sagte sie, und in demselben Augenblick stand er vor ihr. »O weh!« sagte sie, »da hab‘ ich den einen Wunsch verscherzt! – Aber du kommst ja angestiefelt wie ein rechter Pracher!« sagte sie; »wo hast du Wagen und Pferde gelassen?« – »Ja, das ist deine Schuld,« sagte der Mann; »ich habe meine Prachtpferde zur Hölle gewünscht. Es ist kein Glück bei solchem Betrug. Du warst es, die mir einblies, daß der Ochse vier Hörner gehabt hätte. Mir wäre es schon recht, wenn dir die beiden erlogenen Hörner im Genick säßen!« Wupps! da saßen sie auch.
Jetzt hatten sie also drei von ihren vier Wünschen erfüllt bekommen, und es war nur noch einer übrig, welcher der Frau zukam. Da begann der Mann ihr freundlich zuzureden und sagte: »Liebes Frauchen! wende jetzt deinen Wunsch gut an, und wünsche uns einen ungeheuren Haufen Geld! Dann kann ja alles noch gut werden.« – »Nein, danke schön!« sagte die Frau, »und ich sollte dann bis an meinen Sterbetag mit den Hörnern herumlaufen!« Das wollte sie nicht, und so wünschte sie sogleich die beiden Hörner zum Teufel. Die waren denn auch auf der Stelle fort. Aber die Hofbesitzer waren mit all ihren Wünschen nicht reicher, sondern nur um ein Paar gute Pferde ärmer geworden.
Die beiden Fremdlinge dankten herzlich und traten ein. Da flüsterte die Frau dem Manne zu und sagte: »Wir müssen doch an diesem hochheiligen Abend den Fremden etwas zum besten geben. Wir müssen wohl unser Widderlamm schlachten.« – »Ja, laß uns das thun!« sagte der Mann; und sie schlachteten das Lamm, und ein guter Braten kam auf den Tisch, und sie aßen und waren vergnügt mit einander an dem heiligen Abend. Als es dann Schlafenszeit war, wiesen sie den Gästen ihr eigenes Bett an; es war das einzige, das sie hatten. Und dann breiteten sie Stroh auf die Diele, und dort schliefen sie selber.
Am nächsten Morgen gingen sie allesammt zur Kirche, und die Häusler baten die beiden Wanderer, doch während der beiden Feiertage noch bei ihnen zu verweilen. »Denn jetzt haben wir ja all das gute Essen,« sagten sie, »das müßt ihr uns verzehren helfen.« Die Fremden dankten, und sie blieben die beiden Weihnachtstage über da. Am Morgen des dritten Weihnachtstags, als sie fortgehen wollten, bedankten sich die beiden Fremden für die gute Aufnahme. Es sei schlimm, sagten sie, daß sie ihnen keine Bezahlung anbieten könnten. Ach, das bliebe sich gleich, sagten Mann und Frau; sie hätten sie nicht um irgend eines Lohnes willen aufgenommen.
Gerade als sie aus der Thür gehen wollten, sagte der eine der beiden Wanderer: »Aber das ist wahr, hatte das Lamm keine Hörner?« – »Doch,« sagte der Mann, »aber sie waren zu nichts nütze.« Er dachte, daß die Fremdlinge vielleicht Verwendung für Widderhörner haben könnten und ihn um dieselben bitten wollten. »Wie viele Hörner hatte das Lamm?« hob der Fremde wieder an. »Zwei,« sagte der Mann, ganz verwundert über die Frage. »Dann mögen euch zwei Wünsche erfüllt werden,« sagte der Fremde, »welche ihr wollt.« Da sagte der Mann, sie hätten keine anderen Wünsche, als daß sie hier auf Erden ihr tägliches Brod und Auskommen haben und nach ihrem Tode ins Himmelreich kommen möchten. »Das gewähre euch Gott!« sagte der Fremde; »über ein Jahr sprechen wir wieder bei euch vor.« Und dann gingen die beiden Wanderer fort.
Seit dem Tage gedieh und vermehrte sich alles bei den Häuslern auf die wunderbarste Art: sie bekamen drei große Kälber statt eines von ihrer einzigen Kuh, sie bekamen acht gute Lämmer von ihren zwei Schafen, und sie bekamen so viele Ferkel von ihrer Sau, daß sie fast nicht zu zählen waren; und von allem, was in ihrem bischen Ackerland gesäet war oder gesäet wurde, erhielten sie wohl hundertfältige Frucht. Sie wurden daher recht wohlhabend, und bauten ihr Hüttchen aus, so daß es größer und behaglicher ward. Und sie freuten sich auf Weihnachten, wo die beiden Fremdlinge wiederkommen wollten. Denn sie merkten wohl, daß sie ihnen all den Segen zu verdanken hätten.
Ihre Nachbarn und alle Leute im Dorfe verwunderten sich höchlich über den Wohlstand, der in das ärmliche Haus strömte, und die Bewohner des Hofes ihnen gerade gegenüber, wo die beiden Wanderer abgewiesen worden waren, verwunderten sich nicht am wenigsten; und als sie erfuhren, woraus die Häusler kein Geheimniß machten, daß all der Segen den guten Wünschen der armen Wanderer zu verdanken sei, welche am letzten Weihnachten bei ihnen eingekehrt waren, wurden sie schrecklich neidisch und meinten, das alles sei ihnen selbst gleichsam gestohlen; denn die guten Wünsche hätten ja ihnen zu Theil werden können, wenn sie sie nur aufgenommen hätten. Als sie nun hörten, daß die Fremdlinge versprochen hätten, um Weihnachten wieder zu kommen, baten und bettelten und drohten sie den Häuslern das Versprechen ab, dieselben bei ihrer Auskunft nach dem Hofe hinüber zu weisen.
In der Dämmerungsstunde des Weihnachtsabends kamen dieselben zwei Wanderer und klopften bei den Häuslern an. Sowohl der Mann wie die Frau gingen hinaus und begrüßten sie und dankten ihnen für all den Segen, den ihr Besuch ihnen gebracht habe. Die Fremdlinge baten, ob sie die Nacht über dableiben und das Fest mit ihnen feiern dürften. Ja, sagten die Häusler, nichts würde ihnen lieber sein; aber sie hätten den Hofbewohnern gerade gegenüber versprochen, sie bei ihrer Ankunft dorthin zu weisen. Es thäte ihnen so leid, daß sie sie voriges Jahr abgewiesen hätten, und sie wollten es gern wieder gutmachen. »Und ihr bekommt es auch drüben viel besser, als wir es euch bieten könnten,« sagten die Häusler. »Wenn ihr es wünscht,« sagten die Fremden, »gehen wir heute Abend dort hinüber, allein morgen früh gehen wir mit euch zur Kirche.« Dann gingen sie nach dem Hofe hinüber. Der Junge schaute schon draußen vor dem Thore nach ihnen aus, und er lief gleich hinein, um ihre Ankunft zu melden. Der Hofbesitzer und seine Frau kamen beide hinaus geschossen und nahmen die Fremdlinge in Empfang und führten sie in ihre beste Stube und brachten viele Entschuldigungen vor, daß sie sie voriges Jahr abgewiesen hätten. Der Hofesherr hatte einen fetten Ochsen geschlachtet, und es ward ihnen reichlich aufgetischt: sie erhielten Suppe und Braten und Kuchen, und es war gutes Bier und alter Meth da, und Wein obendrein. Sie erhielten ihr eigenes Schlafzimmer mit zwei großen Betten, mit Federdecken und Kissen bis an die Decke.
Am nächsten Morgen standen die Fremdlinge frühzeitig auf; die Hofbewohner baten sie, doch die Feiertage über dazubleiben; aber die Fremdlinge sagten, sie müßten fort: sie wollten noch zur Kirche und dann von dortaus weiter gehen. Der Hofherr ließ darauf seinen Staatswagen anspannen: sie dürften nicht zur Kirche gehen, sie müßten durchaus fahren. Sie bedankten sich, und als sie abfahren sollten, sagte der eine der Fremden zu dem Wirthe und der Wirthin, sie wüßten nicht, wie sie ihnen dafür lohnen sollten, daß sie so glänzend traktirt worden; Geld hätten sie leider nicht. – »Aber das ist wahr,« sagte er, »hatte der Ochse Hörner?« – »Ja, das hatte er allerdings,« sagte der Mann; – er hatte nämlich von den Häuslern gehört, was für Gespräche voriges Jahr geführt worden waren, und so verstand er gleich, worauf dies hinauslief. – »Wie viele Hörner hatte er?« frug nun der Fremde. Die Frau zupfte den Mann am Aermel und sagte: »Sage vier!« Da antwortete der Mann, der Ochse habe vier Hörner gehabt. »Dann sollen euch auch vier Wünsche erfüllt werden,« sagte der Fremde; »jedem von euch mögen zwei freistehen.« Und dann stiegen sie in den Wagen, und die Häusler fuhren bei der Gelegenheit auch mit zur Kirche. Der Hofherr fuhr selbst; er beeilte sich nach Möglichkeit, um recht bald wieder zu Hause sein zu können. Dann würden er und seine Frau sich über ihre vier Wünsche verständigen. Sie könnten dann ja alles bekommen, was ihr Herz begehrte.
Sobald er die Fremdlinge und die Häusler an der Kirche abgesetzt hatte, ließ er sich denn auch keine Zeit, dem Gottesdienste beizuwohnen, sondern kehrte gleich um und peitschte auf die Pferde, um so rasch wie möglich nach Hause zu kommen. Aber da strauchelt das eine Pferd und zerreißt den Strang. »Den Henker auch!« sagt er, und er muß absteigen, um den Strang wieder zu befestigen. Dann fährt er wieder weiter. Aber es dauert nicht lange, da strauchelt auch das andere Pferd. »Hole euch beide der Teufel!« sagt der Mann. Und kaum hat er das gesagt, wupps! sind beide Pferde verschwunden, und er sitzt auf dem Wagen mit den Zügeln in der Hand. Es blieb nichts anders übrig, als den Wagen stehn zu lassen und die Reise zu Fuße fortzusetzen. Der eine Wunsch war also in Rauch aufgegangen. Aber das nahm er sich nicht weiter zu Herzen, da er bedachte, daß ihnen noch drei Wünsche blieben. Sie konnten ja leicht so viele Pferde, wie sie wollten, und alle sonstigen guten Dinge dazu erhalten. Er marschirte also ganz getrost auf der Landstraße dahin.
Mittlerweile geht die Frau im Hause umher und wartet und wartet. Sie sehnte sich von Herzen, daß ihr Mann kommen möge, damit sie mit dem Wünschen beginnen könnten. Sie geht hinaus und späht die Straße entlang; aber die Zeit verstreicht, und er kommt nicht. »Ach, wäre er doch da, der Nölpeter!« sagte sie, und in demselben Augenblick stand er vor ihr. »O weh!« sagte sie, »da hab‘ ich den einen Wunsch verscherzt! – Aber du kommst ja angestiefelt wie ein rechter Pracher!« sagte sie; »wo hast du Wagen und Pferde gelassen?« – »Ja, das ist deine Schuld,« sagte der Mann; »ich habe meine Prachtpferde zur Hölle gewünscht. Es ist kein Glück bei solchem Betrug. Du warst es, die mir einblies, daß der Ochse vier Hörner gehabt hätte. Mir wäre es schon recht, wenn dir die beiden erlogenen Hörner im Genick säßen!« Wupps! da saßen sie auch.
Jetzt hatten sie also drei von ihren vier Wünschen erfüllt bekommen, und es war nur noch einer übrig, welcher der Frau zukam. Da begann der Mann ihr freundlich zuzureden und sagte: »Liebes Frauchen! wende jetzt deinen Wunsch gut an, und wünsche uns einen ungeheuren Haufen Geld! Dann kann ja alles noch gut werden.« – »Nein, danke schön!« sagte die Frau, »und ich sollte dann bis an meinen Sterbetag mit den Hörnern herumlaufen!« Das wollte sie nicht, und so wünschte sie sogleich die beiden Hörner zum Teufel. Die waren denn auch auf der Stelle fort. Aber die Hofbesitzer waren mit all ihren Wünschen nicht reicher, sondern nur um ein Paar gute Pferde ärmer geworden.
[Dänemark: Svend Grundtvig: Dänische Volksmärchen]