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Märchenbasar

Iuon, der Arme

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Es war einmal eine arme Witwe, die hatte nichts als einen Sohn, eine Henne und einen Hahn. Der Sohn hieß Iuon, und weil diese Leute so arm waren, hieß man ihn Iuon der Arme. Es kam die Zeit, daß seine Mutter starb, und es starb auch die Henne, und der Bursch blieb nun allein mit dem Hahn. Eines Tages kam der Hahn zu seinem Herrn und sprach: »Du Iuon, ich gehe zum König und verlange seine Tochter für dich zur Frau.« – »Höre, Hahn, wie kannst du dich unterstehen, zum König zu gehen um seine Tochter und siehst, wie arm ich bin, daß ich auch noch den Namen der Arme bekommen.« – »Laß diese Sache nur auf mich, es wird dein Glück sein.« Der Hahn machte sich auf den Weg, nachdem er sich die Sporen geputzt und überhaupt für eine solche Reise gerichtet. Als er nun ein Stück gegangen, begegneten ihm zwei Hennen: »Wohin gehst du, du Hahn?« – »Ich gehe zum König freien.« – »Nimmst du uns auch mit?« – »Kommt hinter mir.« Sie gingen nun alle drei. Da begegneten ihnen zwei Bären: »Wohin gehst du, Hahn?« – »Ich gehe zum König auf die Freite.« – »Nimmst du uns auch mit?« – »Ja, kommt nur hinter uns. »Sie gingen weiter und begegneten zwei Füchsen: »Wohin gehst du, du Hahn?« – »Ich gehe zum König auf die Freite.« – »Nimmst du uns auch mit?« – »Kommt nur mit, stellt euch hinter die andern.« Sie gingen weiter und begegneten zwei Mäusen: »Wohin gehst du, du Hahn?« – »Ich gehe zum König auf die Freite.« – »Kommen wir auch mit?« – »Kommt.« So ging es immer weiter, alle wilden Tiere, alle Tiere des Waldes schlossen sich dem Hahn an, bis er aus dem Walde herauskam, hatte er ein ganzes Regiment Waldtiere. Als er nun an das Tor des Königs kam, bat er, ihn in den Hof zu lassen; als man ihm das Tor geöffnet, kam der König ins Fenster und sah hinunter und verwunderte sich darüber, was die dort trieben. Der Hahn stand an der Spitze und sang »kukurigu«, die beiden Hennen neben ihm, die andern hinter ihm und sangen alle, jedes in seiner Sprache. Die Bären tanzten. Als sie das Lied beendigt, trat der Hahn näher und sprach zum König: »Herr König, mein Herr hat mich geschickt, um eure Tochter zu freien, wenn Ihr ihm sie zur Frau geben wollt, wird er selber herüberkommen. Er heißt Iuon der Arme, aber trotzdem er diesen Namen hat, ist er doch nicht arm. Er hat ein schöneres Haus und schönere Kleider als der König und ein großes Vermögen.« Der König verwunderte sich und dachte, es müßte so sein, wenn er auch so viele wilde Tiere habe, wie viele Rinder werde er erst im Hof haben, und sagte zum Hahn: »Ich lasse deinem Herrn einen guten Tag sagen und ihn bitten, er möge kommen.« Der Hahn nahm Abschied und kehrte mit seinem Regiment um. Als er nach Hause kam, sagte er dem Iuon, wie es ihm ergangen, und er solle jetzt auch zum König kommen und Hochzeit halten. Der Bursch erschrak und sagte: »Wie kann ich zum König gehen, ich habe keine Sonntagskleider, und wohin soll ich die Königstochter bringen, ich habe nur diese Hütte.« – »Laß all das meine Sorge sein, es wird dein Glück sein.« Sie gingen beide bis in die Nähe des königlichen Hauses, dann steckte der Hahn den Bursch in einen Sumpf, lief dann zum König und sagte, er wäre mit seinem Herrn auf dem Wege von Räubern überfallen worden, diese hätten ihm die Kleider genommen und ihn in die Tunke geworfen, jetzt habe er nichts zum Anziehen. Gleich schickte ihm der König von seinen schönsten Kleidern, ließ sechs Pferde an seinen Wagen spannen und ihn abholen. Als Iuon der Arme herausgekommen und sich mit den schönen königlichen Kleidern bekleidet, war er ein so schöner junger Herr, daß ihn die Königstochter gleich liebte, sobald sie ihn gesehen. Da machten sie Hochzeit, die dauerte eine ganze Woche, dann brachen alle auf um zu sehen, wo der junge Mann wohne.
Diesem war es aber nicht angenehm zumute, er hatte schwere Gedanken, er wußte nicht, wohin er so viele Leute führen sollte und seine junge Frau, aber der Hahn flog voraus und traf eine Pferdeherde, fragte den Hirten, wem er die Herde hüte? »Den 12 Drachen.« – »Das ist vorbei, Ihr hütet sie dem Iuon dem Armen, wenn der König Euch fragt, sagt ihm das.« Dann flog er weiter bis zu einer Ochsenherde und fragte den Hirten, wem er die Ochsen hüte? »Den 12 Drachen.« – »Wenn der König fragt, sag ihm, sie wären dem Iuon dem Armen, sie gehören jetzt dem.« Er flog weiter und kam zu einer Schafherde und fragte den Hirten, wem er sie hüte. »Den 12 Drachen.« – »Das ist jetzt vorüber, diese Schafe gehören dem Iuon dem Armen, wenn der König vorbeifährt und fragt, sag es ihm.« Er flog weiter und traf noch eine Schweineherde und Ziegen, sagte auch diesen Hirten, die Schweine und Ziegen gehörten jetzt dem Iuon dem Armen, sie sollten es dem König sagen. Dann flog er in das Haus der 12 Drachen. Dies war viel schöner als das des Königs und war gebaut auf einem Hahnenfuß, so daß es sich immer nach der Sonne drehte. Er ging hinein und wünschte den 12 Drachen einen guten Tag und sagte ihnen, sie sollten sich geschwind verstecken, der König käme, um sie umzubringen. Sie erschraken und liefen geschwind in das hinterste Kämmerlein, der Hahn schloß sie ein, zog den Schlüssel ab und steckte in das Schlüsselloch Schwefel. Diesen können die Drachen nicht vertragen und starben gleich. Als sie tot waren, begrub er sie schnell und befahl dann der Köchin, ein gutes Essen herzurichten, der Iuon der Arme habe von den 12 Drachen [das] Haus und das ganze Vermögen gekauft.
Als der König zur Pferdeherde kam und den Hirten fragte, wem sie gehöre, sagte der: »Dem Iuon dem Armen.« Alle Hirten hielten ihr Wort, und der König freute sich, daß seine Tochter ein so großes Glück gemacht. Als sie in das Haus der 12 Drachen kamen, war alles fertig, der Tisch beladen mit Speisen aller Art, und als die Wagen in den Hof fuhren, riefen die Knechte: »Es lebe unser Herr, der Iuon der Arme, und seine junge Frau!« Dann lebten sie gut in Frieden und Gesundheit viele Jahre. Als der alte König starb, kam sein Schwiegersohn in seine Stelle, und die Leute nannten ihn König Iuon der Arme.

Nicolae Duda, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]

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