Es war einmal ein Rumäne, der hatte einen Sohn mit großem Verstand. Eines Tages fuhr der Greisler am Fenster vorbei, da sagte der Knabe: »Väterchen, mein Verstand übertrifft Euren und den des Greislers, der jetzt vorbeifährt, und den von sieben Königen.« Darüber wurde der Alte zornig, nahm die Peitsche und prügelte ihn, daß er immer »tulai« schrie. Der Greisler sah es, wie der Alte den Knaben schlug, und kam herbei, um zu fragen, warum er das Kind so schlage. Der Rumäne sagte, er habe sich gelobt, er habe einen größern Verstand als sein Vater. »Wenn der Knabe so klug ist, gib mir ihn, ich gebe dir ein Viertel Dukaten.« Der Greisler nahm den Knaben, schickte ihn in die Schule. Als ein Jahr vergangen, fragte er ihn, was er gelernt. Der antwortete: »Mein Verstand übertrifft deinen und den von sieben Königen, ich habe soviel gelernt wie in ein dünnes Sieb hineingeht.« Über diese Worte wurde der Greisler so zornig und schlug ihn, da kam grade der König vorüber und fragte, warum er den Knaben so schlage. Der Greisler antwortete, er habe sich gelobt einen größern Verstand als er zu haben. »Wenn er so viel Verstand hat, gib ihn mir, ich gebe dir zwei Viertel Dukaten.« Der Greisler gab ihn. Jetzt hielt der König den Knaben zehn Jahre. In dieser Zeit hatte er gut in der Schule gelernt und war mit der Tochter des Königs sehr gut, sie hatten sich auch vorgenommen, wenn die Zeit käme, sich zu heiraten. Eines Tages fragte der König den Iuon, was er gelernt habe, da antwortete der Bursch: »Ich habe so viel gelernt wie in ein dünnes Sieb hineingeht, und mein Verstand übertrifft den von sieben Königen.« Über diese Worte wurde der König so zornig, daß er ihn in das Loch der napîrca warf (eine Art Schlange), damit sie ihn verschlucke. Dieses Loch war so tief, daß die ganze Welt hineinging, aber was hineinkommt, kann nicht mehr heraus, alles verschluckt die napîrca. Als aber der Iuon hineinfiel, sagte sie: »Nun, kommst du Iuon, seit langem habe ich auf dich gewartet.« Jetzt lebte er dort, und die Königstochter brachte ihm das Essen immer an das Loch. Dann kam er und nahm es sich. Eines Tages schickte Negru-Voda mit einer sieben Ellen breiten Stirne zwei Füllen, ganz gleich groß, und ließ fragen, welches das ältere wäre, wenn er es nicht erraten könne, so käme er mit Krieg. Der König konnte sich nicht helfen und war traurig. Das Mädchen ging ans Loch und fragte den Iuon, der sagte: »Sage deinem Vater, du hättest geträumt, er solle alle Stuten melken lassen und in einen Trog Milch, in den andern Hafer tun. Das ältere würde zum Hafer gehen, das jüngere zur Milch.« Er hatte recht.
Der Negru-Voda wunderte sich, daß der König gut geraten, und warf einen buzdugan (dicken Klotz), welcher so groß war wie der Hof des Königs, über sieben Königreiche in den Hof, der wurde voll davon, und niemand konnte ihn rühren. Er ließ sagen, wenn man ihm ihn nicht zurückschicke, käme er mit Krieg. Der König wußte sich wieder nicht zu helfen, da sagte ihm seine Tochter, Iuon lebe noch, und er habe ihm das erstemal geholfen, er solle ihn zurückrufen, damit er auch diese Aufgabe löse. Dann ging der König und rief ihn zurück. Als er den buzdugan sah, hob er ihn mit dem kleinen Finger und warf ihn über sieben Königreiche zum Negru-Voda.
Jetzt hatte dieser nur noch eine Aufgabe zu stellen, die aber übertraf alle bisherigen. Hier zeigte nun Iuon, daß sein Verstand sieben Könige übertraf. Negru-Voda mit der sieben Ellen breiten Stirne ließ sagen, es solle ein Mensch kommen und mit ihm wetten, welcher am meisten essen und trinken könne und die meiste Hitze aushalte, dem solle der andere das Fell über den Kopf ziehen. Iuon verlangte dem König zwölf Soldaten, die grade so wären wie er, damit er mit ihnen gehe und auch diese Arbeit vollbringe. Dann redete er mit dem Hunger, mit dem Durst und der Kälte, wenn er an sie denke, sollten sie kommen und ihm helfen. Als sie zum Negru-Voda kamen, brachte der 13 Backofen voll Brot, 13 gebratene Ochsen und 13 Faß Wein. Nun fingen sie an zu essen und zu trinken. Er nahm immer ein ganzes Brot auf einmal in den Mund und trank einen Eimer Wein wie ein kleines Branntweingläschen aus. Aber Iuon dachte: »Du Hunger, du Durst, kommt!« Gleich standen die beiden neben ihm, daß sie auch niemand sah, und aßen und tranken immer zwei Brote auf einmal und auf einen Schluck zwei Eimer Wein. Und bis sich der Negru-Voda nur gut bedachte, hatte Iuon seine Hälfte fertig und fing an der andern an. Als sie alles gegessen, gingen sie in eine glühend geheizte eiserne Stube, um dort zu schlafen. Iuon dachte an die Kälte, da war sie auch gleich da und hatte Eis mitgebracht und ging voran in die Stube, sogleich wurde sie nur gut warm. Morgens als er zum Negru-Voda kam, erschrak er, denn er war überzeugt, dieser wäre verkohlt. Aber Iuon zog ihm das Fell über den Kopf. Nun war er in Negru-Vodas Stelle und hatte erreicht, womit er sich als Kind gelobt, er übertreffe mit dem Verstand seinen Vater, den Greisler und sieben Könige. Dann ging er noch einmal zum König zurück, verlangte seine Tochter und hielt Hochzeit, dann gingen sie beide zusammen in das Königreich des Negru-Voda mit der sieben Ellen breiten Stirne, dort regierte er sieben Königreiche. Und wenn sie nicht gestorben, leben sie noch heute.
Nicolai Duda, Alzen
[Rumänien: Pauline Schullerus: Rumänische Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtal]