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Märchenbasar

Liebe kleine Ratte

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Es lebte einmal ein König, der hatte drei Söhne.
Der Älteste war dick und gierig und so böse, dass er mit seinem Stock den Blumen die Köpfe abschlug.
Der zweite Sohn war lang und dünn wie eine Bohnenstange; auch er gönnte keinem etwas Gutes außer sich selbst.
Der Jüngste aber, der war freundlich zu jedermann, und ebenso zu Pflanzen und Tieren. Darum nannten ihn seine Brüder den „Dummling“.
Einmal rief der König alle drei zu sich: „Liebe Söhne! Ihr seid nun erwachsen und es wird Zeit für euch zu heiraten. Darum geht in die Welt hinaus und sucht euch eine Braut. Und zum Zeichen, dass eure Braut gut weben kann, bringt mir ein Tischtuch, das sie selber gewebt hat.“
Die drei Brüder ritten zusammen fort. Am Abend gelangten sie in einem tiefen Wald. Da fielen die beiden älteren Brüder über den Jüngsten her. Sie nahmen ihm alles weg – das Pferd, die Kleider und das Geld – und ritten weiter.
Da war der Jüngste ganz allein in dem dunklen Wald. Was sollte er nun tun? Wo konnte er hin?
Auf einmal raschelt es neben ihm im Gebüsch, und – rische, rusche – huscht eine kleine graue Ratte hervor und schaut den Königssohn an.
„Warum bist du traurig, lieber Prinz?
Komm mit mir in meine Höhle!
Willst du essen, so iss,
willst du trinken, so trink,
willst du sitzen, so sitz,
willst du schlafen, so schlaf.“
Da folgt der Königssohn der kleinen Ratte in ihre Höhle und bleibt bei ihr. Die Rattte ist lieb und gut zu ihm, sie gibt ihm zu essen und zu trinken, einen Stuhl zum Sitzen und ein Bett zum Schlafen.
Am nächsten Tag spricht sie zu ihm: „Lieber Prinz, nun höre wohl, was ich dir sage, und merke es dir gut: Jeden Morgen sollst du von dem Haselstrauch vor mei-ner Höhle ein Zweiglein abschneiden, jeden Tag ein Zweiglein, aber niemals mehr als ein einziges. Und alle Zweiglein sollst du zusammenlegen.“
Der Königssohn verspricht es und tut, was die Ratte gesagt hat. Jeden Morgen schneidet er ein Zweiglein ab von dem Haselstrauch vor der Höhle und legt es zu den anderen.
So vergeht ein Jahr. Es wird Zeit für den Königssohn, zum Vater heimzukehren.
„Liebe kleine Ratte, der Vater schickte mich in die Welt hinaus, mir eine Braut zu suchen. Nun bin ich schon ein Jahr bei dir und du warst immer gut zu mir. Willst du meine liebe Braut sein?“
Da freut sich die Ratte. „Ja, gern! Von ganzem Herzen gern will ich deine Braut sein.“
„Dann musst du mir ein Tischtuch geben, das du selber gewebt hast. Ich soll es dem Vater bringen.“
Die Ratte huscht fort, und gleich darauf ist sie wieder da und gibt dem Königssohn ein fein gefaltetes Tuch.
Als der Königssohn nach Hause kommt, sind die Brüder schon da.
Der Älteste hat ein Tuch mitgebracht, das ist ganz voller Knoten. Seine Braut war ungeduldig und immer wieder war ihr der Faden gerissen.
Die Braut des zweiten Bruders war ein Schmutzfink. Sein Tischtuch sieht aus wie ein Topflappen, den man ein halbes Jahr nicht gewaschen hat.
Nun breitet der Jüngste sein Tuch aus: Es schimmert weißer als Schnee, und Bäume, Blumen und Tiere sind kunstvoll hineingewebt. Ein prächtigeres Tischtuch gibt es nicht in drei Königreichen!

Nach einiger Zeit schickte der alte König seine Söhne wieder aus. „Und wenn ihr diesmal wieder heimkommt, bringt einen Kuchen mit, den eure Braut selber gebacken hat.“
Die drei Brüder ritten fort. Sie nahmen den gleichen Weg, und in dem dunklen Wald nahmen die Ältern dem Jüngsten wieder alles fort und ließen ihn allein.
Doch – rische, rusche – da ist die kleine graue Ratte wieder da. Sie hat schon auf den Königssohn gewartet.
„Warum bist du traurig, lieber Prinz?
Komm mit mir in meine Höhle!
Willst du essen, so iss,
willst du trinken, so trink,
willst du sitzen, so sitz,
willst du schlafen, so schlaf.“
Der Königssohn folgt ihr und gerne bleibt er bei ihr, der kleinen Ratte.
Am nächsten Tag gibt sie ihm ein Bündel roter Fäden. „Mein lieber Prinz, nun höre wohl, was ich dir sage, und merke es dir gut: Jeden Morgen sollst du einen roten Faden nehmen und ihn um eines der Zweiglein binden, die du abgeschnitten hast. Jeden Tag, aber niemals mehr als einen einzigen Faden um einen einzigen Zweig. Und alle gebundenen Zweiglein sollst du zusammenlegen.“
Sorgfältig verrichtet der Prinz jeden Morgen seine Arbeit, und die Ratte ist immer gleich freundlich zu ihm.
So vergeht wiederum ein Jahr.
„Liebe kleine Ratte, ich muss nun wieder heim zum Vater. Bist du noch meine liebe Braut?“
„Von Herzen gern will ich deine Braut sein!“
„Dann gib mir einen Kuchen, den du selber gebacken hast. Den muss ich dem Vater bringen.“
Die kleine Ratte huscht in ihre Küche und holt einen Kuchen. Den schlägt sie in ein Tüchlein ein und gibt ihn dem Königssohn.
Als der Königssohn im väterlichen Schloss ankommt, ist er wieder der letzte. Die beiden Brüder sind schon da.
Der Älteste hat einen Kuchen mitgebracht, der war schwarz wie Kohle. Seine Braut hatte ihn verbrennen lassen.
Der Kuchen des zweiten Sohnes war steinhart – seine Braut hatte die Hefe vergessen – und der alte König hat sich seinen letzten Zahn daran abgebrochen.
Nun packt der Jüngste seinen Kuchen aus, und das ganze Zimmer duftet nach Butter und Zimt! Schnell ist der Kuchen aufgegessen, denn so etwas Gutes hatte noch niemand bekommen.

Nach kurzer Zeit schon versammelte der alte König wiederum seine drei Söhne: „Nun sollt ihr ausziehen und jeder soll seine Braut heimholen. Dann wollen wir fröhliche Hochzeit feiern.“
Und wieder ritten die drei Brüder zusammen fort, und im dunklen Wald nahmen die beiden Älteren dem Jüngsten alles weg und ritten davon.
Doch – rische, rusche – schon läuft die kleine graue Ratte herbei.
„Warum bist du traurig, lieber Prinz?
Komm mit mir in meine Höhle!
Willst du essen, so iss,
willst du trinken, so trink,
willst du sitzen, so sitz,
willst du schlafen, so schlaf.“
Und der Königssohn geht mir ihr.
Doch diesmal gibt die Ratte ihm keine Arbeit, sie ist nur noch liebevoller und freundlicher zu ihm.
Der Königssohn aber wird immer trauriger.
„Was ist mit dir, lieber Prinz? Warum bist du gar nicht mehr fröhlich?“
„Ach, diesmal sollen wir unsere Braut heimholen, und meine Brüder haben richtige Menschenfrauen als Braut, aber du, – du bist doch nur eine kleine graue Ratte.“
Da lässt die kleine Ratte den Kopf hängen. „Ich war gut zu dir, als du allein warst.“
Dem Königssohn tun seine Worte schon bitter leid. „Verzeih mir, liebe kleine Ratte, du bist ja meine liebe Braut! Dich nehme ich mit zu meinem Vater! Sollen meine Brüder doch lachen, du bist meine Braut.“
„Dann musst du erst noch etwas für mich tun: Nimm die Zweige mit den roten Bändern, die du geschnitten und gebunden hast, lege sie zusammen zu einem Scheiterhaufen und zünde ihn an. Und wenn du in dem Feuer etwas siehst, dann rette es ohne Furcht.“
Der Königssohn tut, was die Ratte gesagt hat. Er schichtet die Zweige zu einem großen Scheiterhaufen zusammen. Den zündet er an.
Als die Flammen hoch auflodern, sieht er plötzlich mitten im Feuer ein Mädchen. Furchtlos springt er hinzu und reißt sie aus den Flammen heraus.
Er hält das Mädchen in seinen Armen und das Feuer fällt in sich zusammen.
Oh, wie schön sie ist! Etwas Schöneres hat er noch nie gesehen!
Sie lächelt ihn an: „Ich war die kleine graue Ratte. Eine Trollalte hatte mich verzaubert, und ich konnte nur erlöst werden, wenn jemand mich in der Rattengestalt lieb gewann und sein Leben für mich wagte.“
Wie glücklich und dankbar war da der Königssohn! Er küsste seine Rattenprinzessin, und dann fuhren sie nach Hause.

Die beiden Brüder waren schon da mit ihren Bräuten. Doch, oh weh! Wie sahen die aus!
Die Braut des Ältesten war doppelt so dick wie er selbst, und – knack und plumps – hatte sie bald alle Stühle und Sessel im Schloss zerbrochen.
Der zweite Bruder hatte sich eine ausgesucht, die war auch so dünn wie eine Bohnenstange wie er und so lang, dass sie grüne und blaue Flecken auf der Stirn hatte, weil sie immer an den Türrahmen stieß.
Der jüngste Königssohn aber blieb mit seiner Braut nicht lange im Schloss.
Er hob seinen alten Vater in die Kutsche und nahm ihn mit auf die Burg seiner Rattenprinzessin.
Dort feierten sie die fröhlichste Hochzeit, die man sich denken kann. Und alle Leute im ganzen Land freuten sich und feierten mit. Dann lebten und regierten sie viele Jahre in Glück und Frieden.

Schwedisches Volksmärchen

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