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Matipunuke

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Ein Mann heiratete eine Frau, und die Frau wurde schwanger. Als ihre Zeit gekommen war, sprach das Kind in ihrem Bauch: „Heute ist der Tag, an dem ich herauskommen werde. Legt mir meine Stöcke und Speere, meine Kleidung, meine Matte, den Fett-Topf, Schild und Streitaxt zurecht!“ Die Mutter wunderte sich sehr und sagte zu ihrem Mann: „Das Kind, das ich im Leibe trage, kann bereits sprechen“, und sie erzählte, was das Kind alles gefordert hatte. Der Vater legte die verlangten Sachen zurecht, und das Kind wurde geboren. Es war ein Knabe. Sein Vater nannte ihn Matipunuke, weil er mit einer Feder auf dem Kopf zur Welt gekommen war. Matipunuke machte sich gleich auf, um sich Kameraden zu suchen. Am Fluss traf er Jungen, und sie badeten gemeinsam. Dann nahm Matipunuke seine Matte, breitete sie aus, nahm sein Fett und rieb sich damit ein. Sein Vater und seine Mutter staunten sehr und fragten einander: „Was sollen wir mit solch einem Kind bloß machen?“ Sie beschlossen, Matipunuke zu töten. Sie gaben ihm den Auftrag, dass er eine Falle aufstellen solle, um die Ratten im Hause zu fangen. Matipunuke befragte seine Feder, ob er das tun solle. Als die Feder aufrecht stehen blieb, tat Matipunuke, wie ihm geheißen. Nach einer Weile verlangten die Eltern, er solle nach der Falle sehen. Da fragte Matipunuke wieder seine Feder, und dieses Mal legte sie sich nieder. Matipunuke weigerte sich zu gehen, denn die Feder hatte ihm gezeigt, dass die Eltern einen Leoparden in einem Korb versteckt hatten, der ihn beim Untersuchen der Falle auffressen sollte. Als die Eltern sahen, dass Matipunuke nicht zur Falle ging, sagten sie: „Dieses Kind ist schlau. Wir werden es schwer mit ihm haben.“
Sie versuchten es mit einer anderen List, indem sie einen Topf mit kochendem Wasser unter der Matte, auf der Matipunuke immer saß, versteckten. Sie luden ihren Sohn und seine Kameraden zum Trinken ein. Doch Matipunuke blieb an der. Tür stehen und sagte: „Ich brauche etwas frische Luft, in der Hütte ist es mir zu heiß.“
Die Feder hatte ihn wieder gewarnt. Die Eltern nahmen nun einen Leoparden, steckten ihn in einen Sack und bedeckten den Sack außen mit Hirsehalmen. Dann riefen sie Matipunuke und baten ihn, die Vögel, die den Hirsesamen auffraßen, zu verscheuchen. Matipunuke befragte wieder seine Feder, und sie warnte ihn. Da entfachte Matipunuke zusammen mit seinen Kameraden ein Feuer. Sie hielten ihre Speere hinein, bis sie glühten, und stachen dann in den Sack. Auf diese Weise töteten sie den Leoparden.
Matipunuke erkannte nun, dass seine Eltern es darauf anlegten, ihn zu töten. Da lief er fort und kam schließlich zu seiner Schwester, die in einem entfernten Dorf verheiratet war. Eines Morgens sagte der Mann seiner Schwester, dass er im Wald Fallgruben graben wolle, um darin Tiere zu fangen. Matipunuke bot sich an, mit ihm zu gehen und ihm zu helfen. Sie machten sich beide auf und fingen an, ein Loch zu graben. Bald war es sehr tief, und sie wechselten sich beim Graben ab. Als Matipunuke wieder Erde aus dem Loch schaufelte, forderte er seinen Schwager auf, er solle doch versuchen, ihn mit einem Pfeil zu treffen. Der Schwager nahm Pfeil und Bogen und schoss auf Matipunuke. Der aber war so schnell, dass er dem Pfeil immer ausweichen konnte, sooft der Schwager es auch versuchte. Schließlich meinte Matipunuke, dass sie nun die Rollen wechseln sollten. Der Schwager kletterte in das Loch, während Matipunuke Pfeil und Bogen nahm und verkündete: „Ich werde dich jetzt töten!“ Da meinte der andere: „Wenn ich dich nicht habe treffen können, obwohl du ein Kind bist, wie willst du mich dann treffen?“ Da spannte Matipunuke den Bogen, schoss den ersten Pfeil ab und traf, er nahm noch einen zweiten und einen dritten und tötete seinen Schwager. Dann deckte er das Loch mit Gras zu und ging nach Hause zu seiner Schwester. Dort spielte er mit seinem kleinen Neffen und erzählte ihm, dass er den Vater getötet hätte. Der Junge fing an zu weinen, und als die Mutter nach dem Grund fragte, sagte Matipunuke: „Er hat Hunger, er weint nach Brei.“ Bald darauf erzählte er seinem Neffen wieder, dass er den Vater getötet hätte, aber dieses Mal hatte es ein anderer Mann mit angehört. Er ging zur Schwester von Matipunuke und sprach: „Dein Bruder erzählt, dass er deinen Mann in der Fallgrube getötet hat!“ Da wurde die Schwester sehr böse, nahm ihren Stößel und lief auf Matipunuke zu, um ihn zu schlagen. Der aber blieb ruhig sitzen. Als die Schwester zum Schlag ausholte, verkroch er sich blitzschnell hinter dem Kind, so dass sie den Jungen und nicht Matipunuke traf.
Matipunuke verließ das Dorf seiner Schwester und begab sich zu einer Stelle am Fluss, an der immer Wasser geschöpft wurde. Dort legte er sich auf den Rücken und tat so, als ob er tot sei. Bald darauf kamen Mädchen aus dem Dorf, um Wasser zu schöpfen. Sie erschraken, als sie Matipunuke dort liegen sahen, und riefen: „Oh, Matipunuke ist gestorben!“ Kaum hatten sie das gesagt, fielen sie tot um. Ein anderes Mädchen näherte sich und rief ebenfalls: „Oh, Matipunuke ist gestorben.“ Gleich darauf fiel auch sie tot um. So ging es allen, die sagten, dass Matipunuke gestorben sei. Viele Dorfbewohner kamen herbei, und jeden von ihnen ereilte das gleiche Schicksal. Als alle tot daniederlagen, öffnete Matipunuke die Augen, stand auf und rief: „He, ihr Männer und Frauen, Mädchen und Jungen, wacht auf. Ihr wolltet, dass ich sterbe, doch seht, ihr habt den kürzeren gezogen. Wenn ich sterben muss, dann müsst ihr mit mir gehen.“ Und alle erhoben sich wieder, und sie wussten nun, dass sie gegen Matipunuke nichts ausrichten konnten.

Quelle:
(Südafrika – Tsonga)

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