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Es war einmal eine Wäscherin, die hatte eine Tochter. Als die Wäscherin eines Tages unterwegs war, erwischte sie ein Unwetter, sodaß sie krank nach Hause kam. Es blieb ihr wenig Zeit, sie gab der Tochter einen Laib Brot und eine Flasche Oel und sprach: »Nimm dies Brot und dies Oel, daß du mir nicht Hunger leidest, ich gehe ins Krankenhaus.« Darauf schloß sie die Hausthür ab und steckte den Schlüssel in die Tasche. Im Krankenhause ging es schlimm, sie bekam das Fieber und verlangte den Beichtiger. Nachdem sie gebeichtet, übergab sie ihm den Schlüssel und sprach: »Frommer Vater, ich muß in Verzweiflung von hinnen gehen, denn ich habe eine Tochter, der ich auch gar nichts hinterlassen kann.« Der Beichtiger tröstete sie und sagte: »Verzage nicht, liebe Tochter, für dein Kind werde ich sorgen. Gern will ich sie in mein Haus aufnehmen, wo ihr meine Mutter und Schwester zur Seite stehen werden.« So starb die Frau. Der Priester hatte den Schlüssel in der Tasche, aber an das Mädchen dachte er nicht mehr. Es kam der Samstag, wo seine Mutter ihm die Taschen zu wechseln pflegte, da fand sie den Schlüssel. »Mein Sohn, was für ein Schlüssel ist das?« Der rief: »O, wie konnte ich das vergessen!« – und eilt, dem Mädchen zu öffnen. Wie er den Schlüssel in die Pforte steckt, ruft das Mädchen von drinnen: »Mutter, bist du’s?« Da tritt der Priester ein: »Still, meine Tochter, deine Mutter ist in meinem Hause.« Und er führte sie fort. Kaum betritt sie des Priesters Haus, ruft sie auch wieder: »Mutter, Mutter!« – aber die Mutter war nicht da. Zuletzt mußten sie ihr es denn sagen: ihre Mutter sei im Paradiese. Von der Zeit an fand sie keine Ruhe mehr im Hause, und eines Tages war sie verschwunden.
Sie irrt durch das Land, hierhin und dorthin, und sieht endlich einen großen Palast, schwarz von oben bis unten. Sie tritt ein und durchwandert die weiten Räume. Sie kommt an die Küche: da liegen viele gute Dinge ungekocht herum; sie betritt die andern Zimmer: da fehlt die ordnende Hand schon lange. Behend nimmt sie einen Besen und fegt die Corridore, dann säubert sie die Kammern, putzt die Leuchter, ordnet die Betten, räumt das Weißzeug ein, scheuert und stäubt, sodaß der Palast gar bald in frischer Schöne glänzt. Dann geht sie in die Küche, nimmt ein Hühnlein und bereitet etwas Brühe, zündet die Kerzen an und zieht sich zurück.
Da, um Mitternacht, hört sie eine Stimme, die klagt: »O, meine drei schönen Kronen! O, meine drei schönen Kronen!« … Und diese Stimme kam dem Palast immer näher. Dann trat eine schwarze Frau ein, die schaut sich verwundert um und spricht: »O, wie gut! wie schön! Woher kommt diese Schöne? Heran, mein Sohn! Heran, meine Tochter. Bist du ein Mann, so wirst du mein Sohn sein, bist du ein Weib, so lohne dir’s Gott!« Als das Mädchen das hört, kriecht sie hervor und wirft sich ihr zu Füßen. Da ruft die Frau: »O, meine Tochter, Gott lohne dir diese Liebe, die du mir darbringst. Sieh, des Morgens gehe ich aus, meine drei schönen Kronen zu suchen. Sei du also die Herrin. Du findest die Schlüssel an den Thüren stecken, schalte und walte, wie es dir gut däucht.«
Eines Tages, wie das Mädchen allein war, durchlief sie den ganzen weiten Palast. Sie kam an eine kleine Thür, öffnete sie und erblickte drei schöne Jünglinge, die lagen da mit offenen Augen, aber starr und stumm. Schnell schließt sie wieder ab und denkt bei sich: Ob dies nicht die drei Söhne dieser Frau sind? Am Abend dann kam die Frau zurück und jammerte wieder und rief: »O, meine drei schönen Kronen!« Wie sie aber durch die Zimmer schritt, sagte sie: »Tochter mein, Gott lohne dir die Liebe, die du mir darbringst.«
Wie das Mädchen eines Tages von den Fenstern herab in den Garten schaute, sah sie eine Eidechse mit drei kleinen Eidechsen. Augenblicks aber schießt eine andere hervor und tödtet die drei kleinen. Die Eidechsenmutter, kaum daß sie die todten Kinder sieht, dreht und wendet sich, kriecht dahin und dorthin, zuletzt beißt sie ein gewisses Kraut ab, eilt zu den Kleinen zurück und fängt an sie mit dem Kraute zu reiben, eins nach dem andern, und alle drei werden wieder lebendig. Wie der Blitz wirft das Mädchen einen Stein nach der Eidechse, sodaß diese das Kraut fallen ließ, läuft in den Garten, nimmt es und pflückt dann einen Korb voll davon. Nun erschließt sie die kleine Thür, wo die Jünglinge lagen, reibt den ersten mit dem Kraute, reibt und reibt, bis er wieder zu sich kam. Kaum schlug er die Augen auf, sagte er: »Lieb Schwesterchen, wie dank‘ ich dir, du hast mir das Leben wiedergegeben.« Sie aber geht zur Küche, tödtet ein Hähnchen, bereitet etwas Brühe und flößt sie dem Erwachten ein. Darauf macht sie ihm ein Bettchen, bettet ihn fein und geht zu den andern beiden Brüdern. Auch diese geben bald Lebenszeichen von sich, auch sie bekommen die Brühe und das Bettchen und legen sich nieder. Wie sie sich erholt haben, fragen sie, wo die Frau Kaiserin sei. Da dachte das Mädchen: Also die Frau ist eine Kaiserin? Und zu den Jünglingen sagte sie: »Bleibt hier still, die Frau Kaiserin sollt ihr sehen.« Wie die Frau nun zurückkam und klagte: »O, meine drei schönen Kronen!« – fing das Mädchen mit ihr zu plaudern an und fragte: »Wohin doch geht Ihr immer?« – »Ach, meine Tochter, ich gehe, meine drei schönen Kronen zu suchen!« – »Aber sagt mir, wer sind diese drei schönen Kronen?« – »Höre, meine Tochter! Als ich meinen Gatten noch hatte, besaß ich drei schöne Söhne, die verschwanden dann plötzlich und sie suche ich jetzt.« So sprach die Frau, das Mädchen aber sagte: »Ich bitte eine Gnade von Euch: geht von morgen an nicht mehr aus. Euere drei Söhne werdet Ihr finden.« – »O, Tochter, ist das die Wahrheit?« – »Glaubt mir, Ihr sollt sie finden.« – »Und wie lange soll ich daheimbleiben?« – »Acht Tage.« – »Acht Tage? Gut, von morgen an gehe ich nicht mehr aus.«
In der Zeit gab das Mädchen den Söhnen zu essen, ohne daß die Kaiserin etwas merkte, dann diente sie der Kaiserin, kämmte sie, schmückte sie und zeigte sie den Söhnen, ohne daß die Mutter sie sehen konnte, durch eine Thürspalte. So verstrichen vier Tage, da sagte das Mädchen zur Kaiserin: »Jetzt macht nur Euere Einladungen, denn nächsten Sonntag habt Ihr Euere Söhne.« Die Kaiserin weinte vor Rührung und Freude. »Meine Tochter, wie soll ich dir lohnen, was du an mir thust?« Und lud nun alle Großen des Landes ein und küßte das Mädchen vielemal auf den Mund. So kam der Sonnabend heran, und da rief sie das Mädchen und sprach: »Meine Tochter, wenn ich meine Söhne in Wahrheit wiederfinde, so sollst du den ältesten zum Gemahl haben.«
Am Festtage kamen alle Herren und Edelleute, die Grafen und die Großen, deren Herrin die Kaiserin war, die traten in den Thronsaal, und gleich darauf kam auch die Kaiserin, das Mädchen am Arm, das sie mit prächtigen Kleidern gekleidet hatte, und führte es den Herren vor.
Dann ging eine Thür auf, und die drei Jünglinge traten heraus. Man denke sich die Freude! Die Mutter wirft sich ihnen an den Hals, umarmt sie und weint blutige Thränen. Die Musik fängt an zu spielen, der Kaplan war bei der Hand, die Trauung zwischen der Jungfrau und dem ältesten Sohne zu vollziehen, und dieser wurde auch sogleich Kaiser über das ganze Land.
Sie irrt durch das Land, hierhin und dorthin, und sieht endlich einen großen Palast, schwarz von oben bis unten. Sie tritt ein und durchwandert die weiten Räume. Sie kommt an die Küche: da liegen viele gute Dinge ungekocht herum; sie betritt die andern Zimmer: da fehlt die ordnende Hand schon lange. Behend nimmt sie einen Besen und fegt die Corridore, dann säubert sie die Kammern, putzt die Leuchter, ordnet die Betten, räumt das Weißzeug ein, scheuert und stäubt, sodaß der Palast gar bald in frischer Schöne glänzt. Dann geht sie in die Küche, nimmt ein Hühnlein und bereitet etwas Brühe, zündet die Kerzen an und zieht sich zurück.
Da, um Mitternacht, hört sie eine Stimme, die klagt: »O, meine drei schönen Kronen! O, meine drei schönen Kronen!« … Und diese Stimme kam dem Palast immer näher. Dann trat eine schwarze Frau ein, die schaut sich verwundert um und spricht: »O, wie gut! wie schön! Woher kommt diese Schöne? Heran, mein Sohn! Heran, meine Tochter. Bist du ein Mann, so wirst du mein Sohn sein, bist du ein Weib, so lohne dir’s Gott!« Als das Mädchen das hört, kriecht sie hervor und wirft sich ihr zu Füßen. Da ruft die Frau: »O, meine Tochter, Gott lohne dir diese Liebe, die du mir darbringst. Sieh, des Morgens gehe ich aus, meine drei schönen Kronen zu suchen. Sei du also die Herrin. Du findest die Schlüssel an den Thüren stecken, schalte und walte, wie es dir gut däucht.«
Eines Tages, wie das Mädchen allein war, durchlief sie den ganzen weiten Palast. Sie kam an eine kleine Thür, öffnete sie und erblickte drei schöne Jünglinge, die lagen da mit offenen Augen, aber starr und stumm. Schnell schließt sie wieder ab und denkt bei sich: Ob dies nicht die drei Söhne dieser Frau sind? Am Abend dann kam die Frau zurück und jammerte wieder und rief: »O, meine drei schönen Kronen!« Wie sie aber durch die Zimmer schritt, sagte sie: »Tochter mein, Gott lohne dir die Liebe, die du mir darbringst.«
Wie das Mädchen eines Tages von den Fenstern herab in den Garten schaute, sah sie eine Eidechse mit drei kleinen Eidechsen. Augenblicks aber schießt eine andere hervor und tödtet die drei kleinen. Die Eidechsenmutter, kaum daß sie die todten Kinder sieht, dreht und wendet sich, kriecht dahin und dorthin, zuletzt beißt sie ein gewisses Kraut ab, eilt zu den Kleinen zurück und fängt an sie mit dem Kraute zu reiben, eins nach dem andern, und alle drei werden wieder lebendig. Wie der Blitz wirft das Mädchen einen Stein nach der Eidechse, sodaß diese das Kraut fallen ließ, läuft in den Garten, nimmt es und pflückt dann einen Korb voll davon. Nun erschließt sie die kleine Thür, wo die Jünglinge lagen, reibt den ersten mit dem Kraute, reibt und reibt, bis er wieder zu sich kam. Kaum schlug er die Augen auf, sagte er: »Lieb Schwesterchen, wie dank‘ ich dir, du hast mir das Leben wiedergegeben.« Sie aber geht zur Küche, tödtet ein Hähnchen, bereitet etwas Brühe und flößt sie dem Erwachten ein. Darauf macht sie ihm ein Bettchen, bettet ihn fein und geht zu den andern beiden Brüdern. Auch diese geben bald Lebenszeichen von sich, auch sie bekommen die Brühe und das Bettchen und legen sich nieder. Wie sie sich erholt haben, fragen sie, wo die Frau Kaiserin sei. Da dachte das Mädchen: Also die Frau ist eine Kaiserin? Und zu den Jünglingen sagte sie: »Bleibt hier still, die Frau Kaiserin sollt ihr sehen.« Wie die Frau nun zurückkam und klagte: »O, meine drei schönen Kronen!« – fing das Mädchen mit ihr zu plaudern an und fragte: »Wohin doch geht Ihr immer?« – »Ach, meine Tochter, ich gehe, meine drei schönen Kronen zu suchen!« – »Aber sagt mir, wer sind diese drei schönen Kronen?« – »Höre, meine Tochter! Als ich meinen Gatten noch hatte, besaß ich drei schöne Söhne, die verschwanden dann plötzlich und sie suche ich jetzt.« So sprach die Frau, das Mädchen aber sagte: »Ich bitte eine Gnade von Euch: geht von morgen an nicht mehr aus. Euere drei Söhne werdet Ihr finden.« – »O, Tochter, ist das die Wahrheit?« – »Glaubt mir, Ihr sollt sie finden.« – »Und wie lange soll ich daheimbleiben?« – »Acht Tage.« – »Acht Tage? Gut, von morgen an gehe ich nicht mehr aus.«
In der Zeit gab das Mädchen den Söhnen zu essen, ohne daß die Kaiserin etwas merkte, dann diente sie der Kaiserin, kämmte sie, schmückte sie und zeigte sie den Söhnen, ohne daß die Mutter sie sehen konnte, durch eine Thürspalte. So verstrichen vier Tage, da sagte das Mädchen zur Kaiserin: »Jetzt macht nur Euere Einladungen, denn nächsten Sonntag habt Ihr Euere Söhne.« Die Kaiserin weinte vor Rührung und Freude. »Meine Tochter, wie soll ich dir lohnen, was du an mir thust?« Und lud nun alle Großen des Landes ein und küßte das Mädchen vielemal auf den Mund. So kam der Sonnabend heran, und da rief sie das Mädchen und sprach: »Meine Tochter, wenn ich meine Söhne in Wahrheit wiederfinde, so sollst du den ältesten zum Gemahl haben.«
Am Festtage kamen alle Herren und Edelleute, die Grafen und die Großen, deren Herrin die Kaiserin war, die traten in den Thronsaal, und gleich darauf kam auch die Kaiserin, das Mädchen am Arm, das sie mit prächtigen Kleidern gekleidet hatte, und führte es den Herren vor.
Dann ging eine Thür auf, und die drei Jünglinge traten heraus. Man denke sich die Freude! Die Mutter wirft sich ihnen an den Hals, umarmt sie und weint blutige Thränen. Die Musik fängt an zu spielen, der Kaplan war bei der Hand, die Trauung zwischen der Jungfrau und dem ältesten Sohne zu vollziehen, und dieser wurde auch sogleich Kaiser über das ganze Land.
Im Glücke erfreuten sie sich des Lichts;
Wir sitzen im Dunkeln und haben nichts.
[Italien: Waldemar Kaden: Unter den Olivenbäumen. Süditalienische Volksmärchen]