2.1
(7)
Es war einmal ein Mädchen. Ihr Name war Milena, was soviel wie „die Freundliche“ bedeutet. Die Eltern der Kleinen waren überglücklich, als sie zur Welt kam. Milena wuchs gut behütet heran. Doch ihr Name schien so gar nicht zu ihrem Wesen zu passen, denn sie war unfreundlich, frech und ungehorsam. Die Eltern machten sich immer größere Sorgen, je älter ihre geliebte Tochter wurde.
Als Milena so alt war, dass ihre Eltern sie verheiraten wollten, verschwand sie, wenn ihr ein Freier vorgestellt werden sollte und tauchte erst spät in der Nacht wieder auf. Vor lauter Gram darüber wurde die Mutter sehr leidend und schließlich krank.
Von Jahr zu Jahr wurde es schlimmer mit Milena. Eines Abends ging sie zu ihrer Mutter in deren Schlafkammer. Milena rüttelte sie und rief nach ihr, doch sie wurde nicht wach. Dem Mädchen wurde es schwer ums Herz und eine Träne rollte ihr über die Wange. Sie flüchtete in den nahe gelegenen Wald und setzte sich an einen kleinen Teich. Milena sah ihr Spiegelbild im Wasser und fing bitterlich an zu weinen. Ihre Mutter weilte nicht mehr unter den Lebenden. „Wie hatte das nur passieren können?“, fragte sie sich im Stillen und weinte noch mehr. Das Wasser des Sees kräuselte sich unter ihren Tränen und verzerrte ihr Bild. Auf einmal war das durchdringende Krächzen eines Raben zu hören. Milena sah erschrocken auf. Auf einem Stein am Rande des Teiches saß er und musterte das Mädchen mit geneigtem Kopf. Milena begann von ihrer Mutter zu erzählen, einfach nur, um jemandem ihr Leid zu klagen und wäre beinah in den See gepurzelt, als der Rabe ihr antwortete: „Du allein bist schuld an ihrem Tode. Dein störrisches Verhalten hat ihr das Herz gebrochen. Vor lauter Sorge um dich wurde sie leidend. Auch sah sie keinen Weg, dich zur Vernunft zu bringen.“
Da fing Milena wieder bitterlich zu weinen an. Dem Raben tat das Mädchen nun doch leid und er meinte, es gäbe eine Möglichkeit Milenas Mutter wieder zurückzuholen. Dazu müsste sie drei Aufgaben bewältigen. Milena war sofort einverstanden und der Rabe brachte sie tief in den Wald zu einer Höhle, in der die erste Aufgabe wartete. Das Mädchen schluckte ängstlich und wagte sich schließlich in die Höhle hinein. Nach einigen Schritten öffnete sich der Gang und vor ihr saß ein alter Mann auf einem hölzernen Lehnstuhl. Sein Bart reichte bis zum Boden und in der Hand hielt er ein langes Rohr. Milena näherte sich ihm, er lächelte, winkte sie zu sich und drückte ihr das Rohr in die Hand. Er sagte, ihre erste Aufgabe sei es, in der Nacht durch das Rohr zu schauen und auf die Sterne zu achten. Milena fragte, warum sie ausgerechnet auf die Sterne aufpassen sollte. Das würde sie schon noch merken, meinte der Alte. Also tat Milena wie ihr geheißen und beobachtete die Sterne. Schon bald wurden ihr die Augen schwer und beinah wäre sie eingeschlafen. Doch bei dem Gedanken, ihre Mutter retten zu können, raffte sie sich wieder auf. Es wurden in unregelmäßigen Abständen mehr und mehr Sterne, doch verschwand auch hin und wieder einer.
Der alte Mann fragte am nächsten Morgen, was sie beobachte hätte. Und Milena erzählte von ihrer Entdeckung.
„Das hast du gut erkannt“, schmunzelte er und erklärte: „Wenn ein Mensch geboren wird, erscheint ein neuer Stern. Stirbt jedoch einer, verschwindet sein Stern. Jedem Menschen gehört ein Stern.“
Die erste Aufgabe hatte sie erfolgreich gemeistert. Der Rabe erwartete sie bereits und brachte sie zum Teich zurück. Dort erwartete sie die zweite Aufgabe. Aus dem Wasser tauchten zwei Fische auf, sahen Milena aus großen Augen an und erklärten, dass sie bis zum Abend auf ihre zwölf Kinder aufpassen sollte und keines verloren gehen durfte. Das Mädchen watete also in den Teich und setzte sich auf einen Stein. Zu ihren Füßen flitzten die Fischlein munter hin und her. Sie ließen Luftblasen aufsteigen und spuckten Wasser in die Höhe. Milena lachte bei diesem Anblick und wünschte sich, einer von ihnen zu sein. Bald wurden die Fischkinder müde und schmiegten sich an Milenas nackte Füße. Rasch schliefen sie ein und schnarchten Luftblasen. Das Mädchen zählte sie, eines fehlte. „Oh, wo soll ich nur suchen?“
Vorsichtig stieg sie über die Schlafenden hinweg und tastete mit den Händen unter den im Wasser umliegenden Steinen.
„Nichts! Und da auch nicht! Aber da, da ist doch was …“, flüsterte sie aufgeregt und schon hielt sie den kleinen, ebenfalls schlafenden Ausreißer in der Hand. Behutsam tat sie ihn zu den anderen, gerade noch rechtzeitig, denn die Fischeltern kamen zurückgeschwommen.
Der Rabe beobachtete alles vom Ufer aus und rief schließlich, hiermit hätte sie auch die zweite Aufgabe erfüllt. Nun würde sie die dritte Aufgabe bewältigen müssen. Sie sollte versuchen, den Raben zu verwandeln. Er wäre ein verzauberter Junge, der vor langer Zeit großen Schaden angerichtet hatte. Da nahm Milena ihn vorsichtig auf den Arm und küsste ihn herzhaft auf den Schnabel. Der Rabe schloss die Augen und verwandelte sich in einen hübschen jungen Mann. Sein Haar war so schwarz wie ehemals sein Gefieder und er hatte das schönste Lächeln, das Milena je gesehen hatte. Sie strahlte ihn an. Sie hatte alle Aufgaben erfüllt und sich obendrein sogar verliebt. Sie fassten sich bei den Händen und schauten zum Himmel. Ein neuer Stern erschien und glänzte klar und rein.
Als Milena so alt war, dass ihre Eltern sie verheiraten wollten, verschwand sie, wenn ihr ein Freier vorgestellt werden sollte und tauchte erst spät in der Nacht wieder auf. Vor lauter Gram darüber wurde die Mutter sehr leidend und schließlich krank.
Von Jahr zu Jahr wurde es schlimmer mit Milena. Eines Abends ging sie zu ihrer Mutter in deren Schlafkammer. Milena rüttelte sie und rief nach ihr, doch sie wurde nicht wach. Dem Mädchen wurde es schwer ums Herz und eine Träne rollte ihr über die Wange. Sie flüchtete in den nahe gelegenen Wald und setzte sich an einen kleinen Teich. Milena sah ihr Spiegelbild im Wasser und fing bitterlich an zu weinen. Ihre Mutter weilte nicht mehr unter den Lebenden. „Wie hatte das nur passieren können?“, fragte sie sich im Stillen und weinte noch mehr. Das Wasser des Sees kräuselte sich unter ihren Tränen und verzerrte ihr Bild. Auf einmal war das durchdringende Krächzen eines Raben zu hören. Milena sah erschrocken auf. Auf einem Stein am Rande des Teiches saß er und musterte das Mädchen mit geneigtem Kopf. Milena begann von ihrer Mutter zu erzählen, einfach nur, um jemandem ihr Leid zu klagen und wäre beinah in den See gepurzelt, als der Rabe ihr antwortete: „Du allein bist schuld an ihrem Tode. Dein störrisches Verhalten hat ihr das Herz gebrochen. Vor lauter Sorge um dich wurde sie leidend. Auch sah sie keinen Weg, dich zur Vernunft zu bringen.“
Da fing Milena wieder bitterlich zu weinen an. Dem Raben tat das Mädchen nun doch leid und er meinte, es gäbe eine Möglichkeit Milenas Mutter wieder zurückzuholen. Dazu müsste sie drei Aufgaben bewältigen. Milena war sofort einverstanden und der Rabe brachte sie tief in den Wald zu einer Höhle, in der die erste Aufgabe wartete. Das Mädchen schluckte ängstlich und wagte sich schließlich in die Höhle hinein. Nach einigen Schritten öffnete sich der Gang und vor ihr saß ein alter Mann auf einem hölzernen Lehnstuhl. Sein Bart reichte bis zum Boden und in der Hand hielt er ein langes Rohr. Milena näherte sich ihm, er lächelte, winkte sie zu sich und drückte ihr das Rohr in die Hand. Er sagte, ihre erste Aufgabe sei es, in der Nacht durch das Rohr zu schauen und auf die Sterne zu achten. Milena fragte, warum sie ausgerechnet auf die Sterne aufpassen sollte. Das würde sie schon noch merken, meinte der Alte. Also tat Milena wie ihr geheißen und beobachtete die Sterne. Schon bald wurden ihr die Augen schwer und beinah wäre sie eingeschlafen. Doch bei dem Gedanken, ihre Mutter retten zu können, raffte sie sich wieder auf. Es wurden in unregelmäßigen Abständen mehr und mehr Sterne, doch verschwand auch hin und wieder einer.
Der alte Mann fragte am nächsten Morgen, was sie beobachte hätte. Und Milena erzählte von ihrer Entdeckung.
„Das hast du gut erkannt“, schmunzelte er und erklärte: „Wenn ein Mensch geboren wird, erscheint ein neuer Stern. Stirbt jedoch einer, verschwindet sein Stern. Jedem Menschen gehört ein Stern.“
Die erste Aufgabe hatte sie erfolgreich gemeistert. Der Rabe erwartete sie bereits und brachte sie zum Teich zurück. Dort erwartete sie die zweite Aufgabe. Aus dem Wasser tauchten zwei Fische auf, sahen Milena aus großen Augen an und erklärten, dass sie bis zum Abend auf ihre zwölf Kinder aufpassen sollte und keines verloren gehen durfte. Das Mädchen watete also in den Teich und setzte sich auf einen Stein. Zu ihren Füßen flitzten die Fischlein munter hin und her. Sie ließen Luftblasen aufsteigen und spuckten Wasser in die Höhe. Milena lachte bei diesem Anblick und wünschte sich, einer von ihnen zu sein. Bald wurden die Fischkinder müde und schmiegten sich an Milenas nackte Füße. Rasch schliefen sie ein und schnarchten Luftblasen. Das Mädchen zählte sie, eines fehlte. „Oh, wo soll ich nur suchen?“
Vorsichtig stieg sie über die Schlafenden hinweg und tastete mit den Händen unter den im Wasser umliegenden Steinen.
„Nichts! Und da auch nicht! Aber da, da ist doch was …“, flüsterte sie aufgeregt und schon hielt sie den kleinen, ebenfalls schlafenden Ausreißer in der Hand. Behutsam tat sie ihn zu den anderen, gerade noch rechtzeitig, denn die Fischeltern kamen zurückgeschwommen.
Der Rabe beobachtete alles vom Ufer aus und rief schließlich, hiermit hätte sie auch die zweite Aufgabe erfüllt. Nun würde sie die dritte Aufgabe bewältigen müssen. Sie sollte versuchen, den Raben zu verwandeln. Er wäre ein verzauberter Junge, der vor langer Zeit großen Schaden angerichtet hatte. Da nahm Milena ihn vorsichtig auf den Arm und küsste ihn herzhaft auf den Schnabel. Der Rabe schloss die Augen und verwandelte sich in einen hübschen jungen Mann. Sein Haar war so schwarz wie ehemals sein Gefieder und er hatte das schönste Lächeln, das Milena je gesehen hatte. Sie strahlte ihn an. Sie hatte alle Aufgaben erfüllt und sich obendrein sogar verliebt. Sie fassten sich bei den Händen und schauten zum Himmel. Ein neuer Stern erschien und glänzte klar und rein.
Zu Hause angekommen, fiel Milena ihrer Mutter weinend vor Freude in die Arme. Auch der Vater war überglücklich, nach so vielen Entbehrungen und Trauer, seine geliebte Familie zurückbekommen zu haben. Milena und der junge Mann heirateten schon drei Tage darauf. Sie war nie mehr das unfreundliche Mädchen von damals und alle lebten zufrieden bis an ihr seliges Ende.
Quelle: Svea Weißbach