Als der Geburtstag des alten Königs herankam, da brachten ihm die zwei ältesten Töchter sehr notwendige, aber zugleich höchst kostbare Dinge zum Geschenke. Die jüngste aber brachte in einem verzierten Gefäße nichts mehr als ein Häuflein Salz. Wie der König dies ihr Geschenk sah, ward er über und über zornig, jagte seine Tochter aus dem Schlosse und verbot ihr, sich jemals wieder unter seine Augen zu wagen.
Die verstoßene Königstochter zog nun mit tiefem Herzeleid in die ihr unbekannte Welt hinaus und nur das Vertrauen auf ihre Verständigkeit vermochte sie einigermaßen zu trösten. Nachdem sie eine gute Zeit so fortgegangen war, kam sie zu einem Wirtshause. Da fand sie eine wackere Wirtin, die das Kochen von Grund aus verstand. Bei dieser ging sie in die Lehre und brachte es bald so weit, daß sie die Wirtin in der Kochkunst um ein gutes übertraf. Man redete nun weitum von der vortrefflichen Köchin, die in diesem Wirtshause sei, und jedermann, der des Weges kam und noch ein paar übrige Kreuzer in der Tasche klingen hörte, kehrte ein, um sich einen Braten oder was Vornehmeres geben zu lassen.
Der Ruf der berühmten Köchin drang auch zu den Ohren des Königs und bewog ihn, dieselbe als Hofköchin anzunehmen. Da trug es sich zu, daß die älteste Königstochter Hochzeit hatte und die berühmte Köchin das Hochzeitsmahl mit allem Aufwande bereiten mußte. Am Hochzeitstage wurde also die eine vornehme Speise nach der andern aufgetragen, so daß fast der Tisch krachte. Alles war vortrefflich gekocht und das Lob der Köchin ging von Mund zu Munde. Endlich kam auch die Lieblingsspeise des Königs. Dieser nahm schnell seinen Löffel und verkostete. „Die Speise da ist nicht gesalzen,“ rief er zornig, „laßt die Köchin vor mich kommen !“
Man lief also schnell um die Köchin und diese trat unerschrocken in den Saal. „Warum hast du meine Lieblingsspeise zu salzen vergessen, du nachlässiges Mädel !“ barschte sie der König gleich an. Die Köchin aber antwortete: „Ihr habt ja eure jüngste Tochter verstoßen, weil sie das Salz für so notwendig hielt. Seht ihr jetzt vielleicht ein, daß euer Kind so unrecht nicht hatte ?“
Wie der König diese Worte hörte, erkannte er seine Tochter, bat sie um Verzeihung, hieß sie an seine Seite sitzen und nahm sie wieder als sein liebes Kind auf. Jetzt wurde die Hochzeit erst recht lustig und der König lebte noch viele Jahre nach dem Hochzeitstage freudig und liebevoll bei seinen Kindern.
Quelle:
(Kinder- und Hausmärchen aus Tirol)